Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Tage mit der Gewehr zubrachte. Er selbst
fuhr in einem so prächtigen Siegs-Gepränge/
als niemand für ihm/ auf einem mit Edelgestei-
nen gläntzenden Wagen/ mit des grossen Ale-
xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; für ihm
giengen der junge Tigranes/ König Olthaces/
und Aristobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa-
thres/ Darius/ Xerxes/ fünff Söhne/ wie auch
Osabaris und Eupatra zwey Töchter des Mi-
thridates; dessen aus Golde gegossenes sieben
Ellen langes Bild nebst vielen Uberschrifften
der Pompejischen Siege vor getragen ward.

Die Ubermasse so vielen die Römer gleich-
sam überschneienden Glückes/ war eine Mutter
des Ubermuthes/ und der sich täglich bey der
Wärmbde nach Art der Fliegen und Käfer
mehrenden Laster/ verursachte also: daß die Rö-
mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal-
lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an-
dere Deutschen übel und grausam hielten/ sie/
wenn sie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Mä-
stung der Murenen abschlachteten; insonder-
heit fingernackt des Morgens Löwen und Bä-
ren zu zerreissen fürwarffen; nach Mittage aber
sie täglich in die Schau-Plätze einschlossen: daß
sie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver-
wandte nur dem Pöfel zur Kurtzweil um Leib
und Leben fechten musten; welcher/ wenn sie
nicht geschwinde genung einander in die
Schwerdter renneten/ sie mit Peitschen schlug/
mit glüenden Zangen brennte/ und zum Tode
gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher
ward endlich dieser hertzhafften Leute Gedult
in Verzweiflung verwandelt; sonderlich/ als
sie hörten: daß bey des Lucullus und andern künf-
tigen Siegs-Geprängen sie nun nicht mehr
einzelich; sondern hundert gegen hundert fech-
ten solten. Worzu denn sie bereit zu tausenden
in die untersten Gemächer des grossen Capua-
nischen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem
Römischen Volcke allerhand Lustspiele zu ge-
ben entschlossen war/ eingesperret sassen. Es
[Spaltenumbruch] traff sich aber: daß Spartacus ein Skordiski-
scher Deutscher aus Thracien/ welcher selbst et-
liche Jahre den Römern wieder ihre Feinde
gedient hatte/ Granicus ein Friese/ Oenomaus
ein Noricher/ und Crixus ein Cimbrischer Edel-
mann in ein Gefängnüß kamen; und sich mit
ihren Gefährten verschwuren/ lieber biß in Tod
für ihre Freyheit/ als dem Römischen Pöfel zur
Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen
sie den Kercker/ erwürgten ihre Hüter/ und ent-
kamen ihrer siebenzig von denen Hunderten
in Campanien; da sie denn unter weges nie-
manden als die Römer insonderheit ihrer Waf-
fen beraubten/ sich auf dem Berge Vesuvius
feste setzten/ daselbst eine grosse weisse Fahne/ in
welcher auf einer Seite ein Löwe/ mit einem
blutigen Klauen ein eisernes Gegitter zermal-
mete; mit der Uberschrifft: Wolangewehr-
tes Blut.
Auf der andern Seite ein Adler/
der in dem Schnabel einen güldenen Apffel
hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der
Uberschrifft: Die güldene Freyheit/
abwehen liessen; wordurch sie in weniger Zeit
über dreyßig tausend unter der Römischen
Dienstbarkeit schmachtende Deutschen/ und
noch zwantzig tausend andere ausländische
Knechte an sich zohen/ und die Landschafft
Campanien unter sich brachten; sonderlich;
weil ihre vier Kriegs-Obersten für sich keinen
Vortheil suchten/ sondern alle eroberte Beute
gleich eintheileten. Diese alle erwehlten den
Spartacus seiner Klugheit und Tapfferkeit/
wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil sich
zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra-
che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr-
sagerin auch ihm daher eine grosse Herrschafft
geweissagt/ und ihn deßhalben in seiner Dienst-
barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher
meinte diese verächtlichen Flüchtlinge mit
schlechter Müh zu erdrücken; sie jagten ihn a-
ber in die schimpflichste Flucht. Welch glück-

licher

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Tage mit der Gewehr zubrachte. Er ſelbſt
fuhr in einem ſo praͤchtigen Siegs-Gepraͤnge/
als niemand fuͤr ihm/ auf einem mit Edelgeſtei-
nen glaͤntzenden Wagen/ mit des groſſen Ale-
xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; fuͤr ihm
giengen der junge Tigranes/ Koͤnig Olthaces/
und Ariſtobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa-
thres/ Darius/ Xerxes/ fuͤnff Soͤhne/ wie auch
Oſabaris und Eupatra zwey Toͤchter des Mi-
thridates; deſſen aus Golde gegoſſenes ſieben
Ellen langes Bild nebſt vielen Uberſchrifften
der Pompejiſchen Siege vor getragen ward.

Die Ubermaſſe ſo vielen die Roͤmer gleich-
ſam uͤberſchneienden Gluͤckes/ war eine Mutter
des Ubermuthes/ und der ſich taͤglich bey der
Waͤrmbde nach Art der Fliegen und Kaͤfer
mehrenden Laſter/ verurſachte alſo: daß die Roͤ-
mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal-
lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an-
dere Deutſchen uͤbel und grauſam hielten/ ſie/
wenn ſie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Maͤ-
ſtung der Murenen abſchlachteten; inſonder-
heit fingernackt des Morgens Loͤwen und Baͤ-
ren zu zerreiſſen fuͤrwarffen; nach Mittage aber
ſie taͤglich in die Schau-Plaͤtze einſchloſſen: daß
ſie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver-
wandte nur dem Poͤfel zur Kurtzweil um Leib
und Leben fechten muſten; welcher/ wenn ſie
nicht geſchwinde genung einander in die
Schwerdter renneten/ ſie mit Peitſchen ſchlug/
mit gluͤenden Zangen brennte/ und zum Tode
gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher
ward endlich dieſer hertzhafften Leute Gedult
in Verzweiflung verwandelt; ſonderlich/ als
ſie hoͤrten: daß bey des Lucullus uñ andern kuͤnf-
tigen Siegs-Gepraͤngen ſie nun nicht mehr
einzelich; ſondern hundert gegen hundert fech-
ten ſolten. Worzu denn ſie bereit zu tauſenden
in die unterſten Gemaͤcher des groſſen Capua-
niſchen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem
Roͤmiſchen Volcke allerhand Luſtſpiele zu ge-
ben entſchloſſen war/ eingeſperret ſaſſen. Es
[Spaltenumbruch] traff ſich aber: daß Spartacus ein Skordiski-
ſcher Deutſcher aus Thracien/ welcher ſelbſt et-
liche Jahre den Roͤmern wieder ihre Feinde
gedient hatte/ Granicus ein Frieſe/ Oenomaus
ein Noricher/ und Crixus ein Cimbriſcher Edel-
mann in ein Gefaͤngnuͤß kamen; und ſich mit
ihren Gefaͤhrten verſchwuren/ lieber biß in Tod
fuͤr ihre Freyheit/ als dem Roͤmiſchen Poͤfel zur
Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen
ſie den Kercker/ erwuͤrgten ihre Huͤter/ und ent-
kamen ihrer ſiebenzig von denen Hunderten
in Campanien; da ſie denn unter weges nie-
manden als die Roͤmer inſonderheit ihrer Waf-
fen beraubten/ ſich auf dem Berge Veſuvius
feſte ſetzten/ daſelbſt eine groſſe weiſſe Fahne/ in
welcher auf einer Seite ein Loͤwe/ mit einem
blutigen Klauen ein eiſernes Gegitter zermal-
mete; mit der Uberſchrifft: Wolangewehr-
tes Blut.
Auf der andern Seite ein Adler/
der in dem Schnabel einen guͤldenen Apffel
hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der
Uberſchrifft: Die guͤldene Freyheit/
abwehen lieſſen; wordurch ſie in weniger Zeit
uͤber dreyßig tauſend unter der Roͤmiſchen
Dienſtbarkeit ſchmachtende Deutſchen/ und
noch zwantzig tauſend andere auslaͤndiſche
Knechte an ſich zohen/ und die Landſchafft
Campanien unter ſich brachten; ſonderlich;
weil ihre vier Kriegs-Oberſten fuͤr ſich keinen
Vortheil ſuchten/ ſondern alle eroberte Beute
gleich eintheileten. Dieſe alle erwehlten den
Spartacus ſeiner Klugheit und Tapfferkeit/
wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil ſich
zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra-
che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr-
ſagerin auch ihm daher eine groſſe Herrſchafft
geweiſſagt/ und ihn deßhalben in ſeiner Dienſt-
barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher
meinte dieſe veraͤchtlichen Fluͤchtlinge mit
ſchlechter Muͤh zu erdruͤcken; ſie jagten ihn a-
ber in die ſchimpflichſte Flucht. Welch gluͤck-

licher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1013" n="951[953]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Tage mit der Gewehr zubrachte. Er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
fuhr in einem &#x017F;o pra&#x0364;chtigen Siegs-Gepra&#x0364;nge/<lb/>
als niemand fu&#x0364;r ihm/ auf einem mit Edelge&#x017F;tei-<lb/>
nen gla&#x0364;ntzenden Wagen/ mit des gro&#x017F;&#x017F;en Ale-<lb/>
xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; fu&#x0364;r ihm<lb/>
giengen der junge Tigranes/ Ko&#x0364;nig Olthaces/<lb/>
und Ari&#x017F;tobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa-<lb/>
thres/ Darius/ Xerxes/ fu&#x0364;nff So&#x0364;hne/ wie auch<lb/>
O&#x017F;abaris und Eupatra zwey To&#x0364;chter des Mi-<lb/>
thridates; de&#x017F;&#x017F;en aus Golde gego&#x017F;&#x017F;enes &#x017F;ieben<lb/>
Ellen langes Bild neb&#x017F;t vielen Uber&#x017F;chrifften<lb/>
der Pompeji&#x017F;chen Siege vor getragen ward.</p><lb/>
          <p>Die Uberma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o vielen die Ro&#x0364;mer gleich-<lb/>
&#x017F;am u&#x0364;ber&#x017F;chneienden Glu&#x0364;ckes/ war eine Mutter<lb/>
des Ubermuthes/ und der &#x017F;ich ta&#x0364;glich bey der<lb/>
Wa&#x0364;rmbde nach Art der Fliegen und Ka&#x0364;fer<lb/>
mehrenden La&#x017F;ter/ verur&#x017F;achte al&#x017F;o: daß die Ro&#x0364;-<lb/>
mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal-<lb/>
lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an-<lb/>
dere Deut&#x017F;chen u&#x0364;bel und grau&#x017F;am hielten/ &#x017F;ie/<lb/>
wenn &#x017F;ie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Ma&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tung der Murenen ab&#x017F;chlachteten; in&#x017F;onder-<lb/>
heit fingernackt des Morgens Lo&#x0364;wen und Ba&#x0364;-<lb/>
ren zu zerrei&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;rwarffen; nach Mittage aber<lb/>
&#x017F;ie ta&#x0364;glich in die Schau-Pla&#x0364;tze ein&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en: daß<lb/>
&#x017F;ie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver-<lb/>
wandte nur dem Po&#x0364;fel zur Kurtzweil um Leib<lb/>
und Leben fechten mu&#x017F;ten; welcher/ wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht ge&#x017F;chwinde genung einander in die<lb/>
Schwerdter renneten/ &#x017F;ie mit Peit&#x017F;chen &#x017F;chlug/<lb/>
mit glu&#x0364;enden Zangen brennte/ und zum Tode<lb/>
gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher<lb/>
ward endlich die&#x017F;er hertzhafften Leute Gedult<lb/>
in Verzweiflung verwandelt; &#x017F;onderlich/ als<lb/>
&#x017F;ie ho&#x0364;rten: daß bey des Lucullus un&#x0303; andern ku&#x0364;nf-<lb/>
tigen Siegs-Gepra&#x0364;ngen &#x017F;ie nun nicht mehr<lb/>
einzelich; &#x017F;ondern hundert gegen hundert fech-<lb/>
ten &#x017F;olten. Worzu denn &#x017F;ie bereit zu tau&#x017F;enden<lb/>
in die unter&#x017F;ten Gema&#x0364;cher des gro&#x017F;&#x017F;en Capua-<lb/>
ni&#x017F;chen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Volcke allerhand Lu&#x017F;t&#x017F;piele zu ge-<lb/>
ben ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war/ einge&#x017F;perret &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en. Es<lb/><cb/>
traff &#x017F;ich aber: daß Spartacus ein Skordiski-<lb/>
&#x017F;cher Deut&#x017F;cher aus Thracien/ welcher &#x017F;elb&#x017F;t et-<lb/>
liche Jahre den Ro&#x0364;mern wieder ihre Feinde<lb/>
gedient hatte/ Granicus ein Frie&#x017F;e/ Oenomaus<lb/>
ein Noricher/ und Crixus ein Cimbri&#x017F;cher Edel-<lb/>
mann in ein Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß kamen; und &#x017F;ich mit<lb/>
ihren Gefa&#x0364;hrten ver&#x017F;chwuren/ lieber biß in Tod<lb/>
fu&#x0364;r ihre Freyheit/ als dem Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Po&#x0364;fel zur<lb/>
Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen<lb/>
&#x017F;ie den Kercker/ erwu&#x0364;rgten ihre Hu&#x0364;ter/ und ent-<lb/>
kamen ihrer &#x017F;iebenzig von denen Hunderten<lb/>
in Campanien; da &#x017F;ie denn unter weges nie-<lb/>
manden als die Ro&#x0364;mer in&#x017F;onderheit ihrer Waf-<lb/>
fen beraubten/ &#x017F;ich auf dem Berge Ve&#x017F;uvius<lb/>
fe&#x017F;te &#x017F;etzten/ da&#x017F;elb&#x017F;t eine gro&#x017F;&#x017F;e wei&#x017F;&#x017F;e Fahne/ in<lb/>
welcher auf einer Seite ein Lo&#x0364;we/ mit einem<lb/>
blutigen Klauen ein ei&#x017F;ernes Gegitter zermal-<lb/>
mete; mit der Uber&#x017F;chrifft: <hi rendition="#fr">Wolangewehr-<lb/>
tes Blut.</hi> Auf der andern Seite ein Adler/<lb/>
der in dem Schnabel einen gu&#x0364;ldenen Apffel<lb/>
hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der<lb/>
Uber&#x017F;chrifft: <hi rendition="#fr">Die gu&#x0364;ldene Freyheit/</hi><lb/>
abwehen lie&#x017F;&#x017F;en; wordurch &#x017F;ie in weniger Zeit<lb/>
u&#x0364;ber dreyßig tau&#x017F;end unter der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Dien&#x017F;tbarkeit &#x017F;chmachtende Deut&#x017F;chen/ und<lb/>
noch zwantzig tau&#x017F;end andere ausla&#x0364;ndi&#x017F;che<lb/>
Knechte an &#x017F;ich zohen/ und die Land&#x017F;chafft<lb/>
Campanien unter &#x017F;ich brachten; &#x017F;onderlich;<lb/>
weil ihre vier Kriegs-Ober&#x017F;ten fu&#x0364;r &#x017F;ich keinen<lb/>
Vortheil &#x017F;uchten/ &#x017F;ondern alle eroberte Beute<lb/>
gleich eintheileten. Die&#x017F;e alle erwehlten den<lb/>
Spartacus &#x017F;einer Klugheit und Tapfferkeit/<lb/>
wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil &#x017F;ich<lb/>
zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra-<lb/>
che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr-<lb/>
&#x017F;agerin auch ihm daher eine gro&#x017F;&#x017F;e Herr&#x017F;chafft<lb/>
gewei&#x017F;&#x017F;agt/ und ihn deßhalben in &#x017F;einer Dien&#x017F;t-<lb/>
barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher<lb/>
meinte die&#x017F;e vera&#x0364;chtlichen Flu&#x0364;chtlinge mit<lb/>
&#x017F;chlechter Mu&#x0364;h zu erdru&#x0364;cken; &#x017F;ie jagten ihn a-<lb/>
ber in die &#x017F;chimpflich&#x017F;te Flucht. Welch glu&#x0364;ck-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">licher</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[951[953]/1013] Arminius und Thußnelda. Tage mit der Gewehr zubrachte. Er ſelbſt fuhr in einem ſo praͤchtigen Siegs-Gepraͤnge/ als niemand fuͤr ihm/ auf einem mit Edelgeſtei- nen glaͤntzenden Wagen/ mit des groſſen Ale- xanders Kriegs-Rocke angethan/ ein; fuͤr ihm giengen der junge Tigranes/ Koͤnig Olthaces/ und Ariſtobulus/ Artaphernes/ Cyrus/ Opa- thres/ Darius/ Xerxes/ fuͤnff Soͤhne/ wie auch Oſabaris und Eupatra zwey Toͤchter des Mi- thridates; deſſen aus Golde gegoſſenes ſieben Ellen langes Bild nebſt vielen Uberſchrifften der Pompejiſchen Siege vor getragen ward. Die Ubermaſſe ſo vielen die Roͤmer gleich- ſam uͤberſchneienden Gluͤckes/ war eine Mutter des Ubermuthes/ und der ſich taͤglich bey der Waͤrmbde nach Art der Fliegen und Kaͤfer mehrenden Laſter/ verurſachte alſo: daß die Roͤ- mer die in Jtalien noch gefangen habende Gal- lier/ Scordisker/ Teutonen/ Cimbern und an- dere Deutſchen uͤbel und grauſam hielten/ ſie/ wenn ſie etwan ein Glaß zerbrachen/ zu Maͤ- ſtung der Murenen abſchlachteten; inſonder- heit fingernackt des Morgens Loͤwen und Baͤ- ren zu zerreiſſen fuͤrwarffen; nach Mittage aber ſie taͤglich in die Schau-Plaͤtze einſchloſſen: daß ſie wieder ihre Landes-Leute und Blut-Ver- wandte nur dem Poͤfel zur Kurtzweil um Leib und Leben fechten muſten; welcher/ wenn ſie nicht geſchwinde genung einander in die Schwerdter renneten/ ſie mit Peitſchen ſchlug/ mit gluͤenden Zangen brennte/ und zum Tode gleich einem Freuden-Spiele antrieb. Daher ward endlich dieſer hertzhafften Leute Gedult in Verzweiflung verwandelt; ſonderlich/ als ſie hoͤrten: daß bey des Lucullus uñ andern kuͤnf- tigen Siegs-Gepraͤngen ſie nun nicht mehr einzelich; ſondern hundert gegen hundert fech- ten ſolten. Worzu denn ſie bereit zu tauſenden in die unterſten Gemaͤcher des groſſen Capua- niſchen Schau-Platzes/ allwo Lentulus dem Roͤmiſchen Volcke allerhand Luſtſpiele zu ge- ben entſchloſſen war/ eingeſperret ſaſſen. Es traff ſich aber: daß Spartacus ein Skordiski- ſcher Deutſcher aus Thracien/ welcher ſelbſt et- liche Jahre den Roͤmern wieder ihre Feinde gedient hatte/ Granicus ein Frieſe/ Oenomaus ein Noricher/ und Crixus ein Cimbriſcher Edel- mann in ein Gefaͤngnuͤß kamen; und ſich mit ihren Gefaͤhrten verſchwuren/ lieber biß in Tod fuͤr ihre Freyheit/ als dem Roͤmiſchen Poͤfel zur Ergetzligkeit zu fechten. Hiermit erbrachen ſie den Kercker/ erwuͤrgten ihre Huͤter/ und ent- kamen ihrer ſiebenzig von denen Hunderten in Campanien; da ſie denn unter weges nie- manden als die Roͤmer inſonderheit ihrer Waf- fen beraubten/ ſich auf dem Berge Veſuvius feſte ſetzten/ daſelbſt eine groſſe weiſſe Fahne/ in welcher auf einer Seite ein Loͤwe/ mit einem blutigen Klauen ein eiſernes Gegitter zermal- mete; mit der Uberſchrifft: Wolangewehr- tes Blut. Auf der andern Seite ein Adler/ der in dem Schnabel einen guͤldenen Apffel hatte/ aus einem Kefichte empor flohe; mit der Uberſchrifft: Die guͤldene Freyheit/ abwehen lieſſen; wordurch ſie in weniger Zeit uͤber dreyßig tauſend unter der Roͤmiſchen Dienſtbarkeit ſchmachtende Deutſchen/ und noch zwantzig tauſend andere auslaͤndiſche Knechte an ſich zohen/ und die Landſchafft Campanien unter ſich brachten; ſonderlich; weil ihre vier Kriegs-Oberſten fuͤr ſich keinen Vortheil ſuchten/ ſondern alle eroberte Beute gleich eintheileten. Dieſe alle erwehlten den Spartacus ſeiner Klugheit und Tapfferkeit/ wie auch deßhalben zu ihrem Hertzoge: weil ſich zu Rom um des Schlaffenden Haupt ein Dra- che wie ein Krantz gewunden; eine edle Wahr- ſagerin auch ihm daher eine groſſe Herrſchafft geweiſſagt/ und ihn deßhalben in ſeiner Dienſt- barkeit geheyrathet hatte. Claudius Pulcher meinte dieſe veraͤchtlichen Fluͤchtlinge mit ſchlechter Muͤh zu erdruͤcken; ſie jagten ihn a- ber in die ſchimpflichſte Flucht. Welch gluͤck- licher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1013
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 951[953]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1013>, abgerufen am 22.11.2024.