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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dem Walle seines Lägers lauter todte Leich-
name an Pfälen empor; ließ auch etliche Pfeif-
fer und Drommelschläger nach gewöhnlicher
Art darinnen die Umgänge halten; er aber zohe
um Mitternacht in solcher Stille davon: daß
die Römer erst bey hellem Tage und also allzu
spat solches gewar wurden. Wiewol auch der
Bürgermeister Cneus Cornelius Lentulus in
dem Mugellischen Thale ihnen vorbeugen wol-
te/ schlugen sie doch das Römische Heer daselbst
auffs Haupt; und bey Mutina erstürmten sie
das Läger des Cajus Caßius; schlachteten auch
des erlegten Crixus erblastem Geiste zu Liebe
drey hundert edle Römer ab; und noch etliche
hundert andere Gefangene wurden gezwun-
gen bey dem Holtzstosse des Crixus auf Leib und
Leben mit einander zu fechten/ oder andere
Schauspiele fürzustellen. Wie nun Sparta-
cus sein Heer mit denen eroberten Römischen
Waffen ziemlich ausgerüstet hatte/ schöpffte
diß verbitterte Kriegs-Volck mehr nach dem
Mäß-Stabe ihrer Rachgier/ und des ihnen
heuchelnden Glückes/ als nach Uberlegung ih-
rer und der Römischen Kräfften höhere Ge-
dancken; und muste Spartacus wegen Hart-
neckigkeit des Granicus und des gantzen Hee-
res seine vorhin heilsame Gedancken wieder
Willen ändern/ und mit hundert und zwantzig
tausend Mann gerade auf Rom zu ziehen.
Weil aber beyde Römische Bürgermeister mit
allen eussersten Kräfften den Apenninus besetzt
hatten/ lenckte er durch Umbrien in die Piceni-
sche Landschafft. Als nun jene ihm mit ge-
sammleter Macht folgten/ verfielen sie bey A-
sculum an dem Flusse Truentus in eine so heff-
tige Schlacht: daß auf Römischer Seiten über
viertzig-auf deutscher Seiten zwantzig tausend
Mann ins Graß bissen. Ja als die Bürger-
meister noch einst ihnen die Stirne boten/ schlu-
gen sie sie abermahls auffs Haupt/ und Grani-
cus selbst rennte den Caßius über einen Hauffen;
wegen welchen Verlustes zu Rom der zehnde
[Spaltenumbruch] Mann aller flüchtigen Römer zum Tode ver-
urtheilt ward. Die überbleibenden stieß Mar-
cus Licinius Craßus zu sechs frischen Legionen
und allen nur aufzutreiben möglichen Kräfften
des Reiches/ mit welchen er den mit zehn tausend
Mann bey dem Fucinischen See gelagerten
Granicus umringte; welche zwar alle Mittel
der Klugheit und Tapfferkeit herfür suchte sich
durchzuschlagen; welches einem dritten Theile
seines Heeres auch gelückte; er aber büste mit
denen meisten/ derer keiner sich den Römern ge-
fangen geben wolte/ sein Leben ein; welchen
ihr eigener Feind das Zeugnüß geben muste:
daß keiner nichts knechtisches begangen/ sondern
durch ihre Tapfferkeit viel Edle beschämthät-
ten. Hierauf kamen beyde gantze Heere in dem
Harpinischen Gebiethe zu einer Haupt-
Schlacht; welche mit der aufgehenden Son-
nen anfieng/ mit der untergehenden sich endig-
te. Jn dieser blieb Oenomaus mit viertzig tau-
send Mann; Hingegen zwantzig tausend auff
Seiten der Römer. Spartacus muste sich in
sein Läger ziehen; und behielten die Römer
zwar das Feld; die Knechte aber den Ruhm.
Als nun Spartacus in Samnium/ und so fort
in Gallien durchbrechen wolte; kam es bey
Taurasium abermahls zu zwey harten Treffen;
da denn Spartacus nach Verlust zehn tausend
Mann in Lucanien/ weil ihn Craßus unauff-
hörlich verfolgte/ biß an die eusserste Ecke des
Brutischen Winckels weichen/ und sich an der
Rheginischen Meer-Enge verschantzen muste.
Damit nun sein Kriegs-Volck aus keiner
Hoffnung der Gnade sich ergeben möchte/ ließ
er den fürnehmsten gefangenen Römer für dem
Lager aufhencken; thät auch durch öfftere Fäl-
le dem Craßus mercklichen Abbruch; welcher
endlich/ nach dem Spartacus auf Fässern/ Na-
chen und Flössen in Sicilien überzusetzen sich
mühte/ und der aus Hispanien zurück kommen-
de Pompejus dem Craßus zu Hülffe ziehen sol-
te/ das Läger mit aller Macht stürmte und zum

Theil
Erster Theil. E e e e e e

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dem Walle ſeines Laͤgers lauter todte Leich-
name an Pfaͤlen empor; ließ auch etliche Pfeif-
fer und Drommelſchlaͤger nach gewoͤhnlicher
Art darinnen die Umgaͤnge halten; er aber zohe
um Mitternacht in ſolcher Stille davon: daß
die Roͤmer erſt bey hellem Tage und alſo allzu
ſpat ſolches gewar wurden. Wiewol auch der
Buͤrgermeiſter Cneus Cornelius Lentulus in
dem Mugelliſchen Thale ihnen vorbeugen wol-
te/ ſchlugen ſie doch das Roͤmiſche Heer daſelbſt
auffs Haupt; und bey Mutina erſtuͤrmten ſie
das Laͤger des Cajus Caßius; ſchlachteten auch
des erlegten Crixus erblaſtem Geiſte zu Liebe
drey hundert edle Roͤmer ab; und noch etliche
hundert andere Gefangene wurden gezwun-
gen bey dem Holtzſtoſſe des Crixus auf Leib und
Leben mit einander zu fechten/ oder andere
Schauſpiele fuͤrzuſtellen. Wie nun Sparta-
cus ſein Heer mit denen eroberten Roͤmiſchen
Waffen ziemlich ausgeruͤſtet hatte/ ſchoͤpffte
diß verbitterte Kriegs-Volck mehr nach dem
Maͤß-Stabe ihrer Rachgier/ und des ihnen
heuchelnden Gluͤckes/ als nach Uberlegung ih-
rer und der Roͤmiſchen Kraͤfften hoͤhere Ge-
dancken; und muſte Spartacus wegen Hart-
neckigkeit des Granicus und des gantzen Hee-
res ſeine vorhin heilſame Gedancken wieder
Willen aͤndern/ und mit hundert und zwantzig
tauſend Mann gerade auf Rom zu ziehen.
Weil aber beyde Roͤmiſche Buͤrgermeiſter mit
allen euſſerſten Kraͤfften den Apenninus beſetzt
hatten/ lenckte er durch Umbrien in die Piceni-
ſche Landſchafft. Als nun jene ihm mit ge-
ſammleter Macht folgten/ verfielen ſie bey A-
ſculum an dem Fluſſe Truentus in eine ſo heff-
tige Schlacht: daß auf Roͤmiſcher Seiten uͤber
viertzig-auf deutſcher Seiten zwantzig tauſend
Mann ins Graß biſſen. Ja als die Buͤrger-
meiſter noch einſt ihnen die Stirne boten/ ſchlu-
gen ſie ſie abermahls auffs Haupt/ und Grani-
cus ſelbſt rennte den Caßius uͤber einen Hauffen;
wegen welchen Verluſtes zu Rom der zehnde
[Spaltenumbruch] Mann aller fluͤchtigen Roͤmer zum Tode ver-
urtheilt ward. Die uͤberbleibenden ſtieß Mar-
cus Licinius Craßus zu ſechs friſchen Legionen
und allen nur aufzutreiben moͤglichen Kraͤfften
des Reiches/ mit welchen er den mit zehn tauſend
Mann bey dem Fuciniſchen See gelagerten
Granicus umringte; welche zwar alle Mittel
der Klugheit und Tapfferkeit herfuͤr ſuchte ſich
durchzuſchlagen; welches einem dritten Theile
ſeines Heeres auch geluͤckte; er aber buͤſte mit
denen meiſten/ derer keiner ſich den Roͤmern ge-
fangen geben wolte/ ſein Leben ein; welchen
ihr eigener Feind das Zeugnuͤß geben muſte:
daß keiner nichts knechtiſches begangen/ ſondern
durch ihre Tapfferkeit viel Edle beſchaͤmthaͤt-
ten. Hierauf kamen beyde gantze Heere in dem
Harpiniſchen Gebiethe zu einer Haupt-
Schlacht; welche mit der aufgehenden Son-
nen anfieng/ mit der untergehenden ſich endig-
te. Jn dieſer blieb Oenomaus mit viertzig tau-
ſend Mann; Hingegen zwantzig tauſend auff
Seiten der Roͤmer. Spartacus muſte ſich in
ſein Laͤger ziehen; und behielten die Roͤmer
zwar das Feld; die Knechte aber den Ruhm.
Als nun Spartacus in Samnium/ und ſo fort
in Gallien durchbrechen wolte; kam es bey
Tauraſium abermahls zu zwey harten Treffen;
da denn Spartacus nach Verluſt zehn tauſend
Mann in Lucanien/ weil ihn Craßus unauff-
hoͤrlich verfolgte/ biß an die euſſerſte Ecke des
Brutiſchen Winckels weichen/ und ſich an der
Rheginiſchen Meer-Enge verſchantzen muſte.
Damit nun ſein Kriegs-Volck aus keiner
Hoffnung der Gnade ſich ergeben moͤchte/ ließ
er den fuͤrnehmſten gefangenen Roͤmer fuͤr dem
Lager aufhencken; thaͤt auch durch oͤfftere Faͤl-
le dem Craßus mercklichen Abbruch; welcher
endlich/ nach dem Spartacus auf Faͤſſern/ Na-
chen und Floͤſſen in Sicilien uͤberzuſetzen ſich
muͤhte/ und der aus Hiſpanien zuruͤck kommen-
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te/ das Laͤger mit aller Macht ſtuͤrmte und zum

Theil
Erſter Theil. E e e e e e
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[953[955]/1015] Arminius und Thußnelda. dem Walle ſeines Laͤgers lauter todte Leich- name an Pfaͤlen empor; ließ auch etliche Pfeif- fer und Drommelſchlaͤger nach gewoͤhnlicher Art darinnen die Umgaͤnge halten; er aber zohe um Mitternacht in ſolcher Stille davon: daß die Roͤmer erſt bey hellem Tage und alſo allzu ſpat ſolches gewar wurden. Wiewol auch der Buͤrgermeiſter Cneus Cornelius Lentulus in dem Mugelliſchen Thale ihnen vorbeugen wol- te/ ſchlugen ſie doch das Roͤmiſche Heer daſelbſt auffs Haupt; und bey Mutina erſtuͤrmten ſie das Laͤger des Cajus Caßius; ſchlachteten auch des erlegten Crixus erblaſtem Geiſte zu Liebe drey hundert edle Roͤmer ab; und noch etliche hundert andere Gefangene wurden gezwun- gen bey dem Holtzſtoſſe des Crixus auf Leib und Leben mit einander zu fechten/ oder andere Schauſpiele fuͤrzuſtellen. Wie nun Sparta- cus ſein Heer mit denen eroberten Roͤmiſchen Waffen ziemlich ausgeruͤſtet hatte/ ſchoͤpffte diß verbitterte Kriegs-Volck mehr nach dem Maͤß-Stabe ihrer Rachgier/ und des ihnen heuchelnden Gluͤckes/ als nach Uberlegung ih- rer und der Roͤmiſchen Kraͤfften hoͤhere Ge- dancken; und muſte Spartacus wegen Hart- neckigkeit des Granicus und des gantzen Hee- res ſeine vorhin heilſame Gedancken wieder Willen aͤndern/ und mit hundert und zwantzig tauſend Mann gerade auf Rom zu ziehen. Weil aber beyde Roͤmiſche Buͤrgermeiſter mit allen euſſerſten Kraͤfften den Apenninus beſetzt hatten/ lenckte er durch Umbrien in die Piceni- ſche Landſchafft. Als nun jene ihm mit ge- ſammleter Macht folgten/ verfielen ſie bey A- ſculum an dem Fluſſe Truentus in eine ſo heff- tige Schlacht: daß auf Roͤmiſcher Seiten uͤber viertzig-auf deutſcher Seiten zwantzig tauſend Mann ins Graß biſſen. Ja als die Buͤrger- meiſter noch einſt ihnen die Stirne boten/ ſchlu- gen ſie ſie abermahls auffs Haupt/ und Grani- cus ſelbſt rennte den Caßius uͤber einen Hauffen; wegen welchen Verluſtes zu Rom der zehnde Mann aller fluͤchtigen Roͤmer zum Tode ver- urtheilt ward. Die uͤberbleibenden ſtieß Mar- cus Licinius Craßus zu ſechs friſchen Legionen und allen nur aufzutreiben moͤglichen Kraͤfften des Reiches/ mit welchen er den mit zehn tauſend Mann bey dem Fuciniſchen See gelagerten Granicus umringte; welche zwar alle Mittel der Klugheit und Tapfferkeit herfuͤr ſuchte ſich durchzuſchlagen; welches einem dritten Theile ſeines Heeres auch geluͤckte; er aber buͤſte mit denen meiſten/ derer keiner ſich den Roͤmern ge- fangen geben wolte/ ſein Leben ein; welchen ihr eigener Feind das Zeugnuͤß geben muſte: daß keiner nichts knechtiſches begangen/ ſondern durch ihre Tapfferkeit viel Edle beſchaͤmthaͤt- ten. Hierauf kamen beyde gantze Heere in dem Harpiniſchen Gebiethe zu einer Haupt- Schlacht; welche mit der aufgehenden Son- nen anfieng/ mit der untergehenden ſich endig- te. Jn dieſer blieb Oenomaus mit viertzig tau- ſend Mann; Hingegen zwantzig tauſend auff Seiten der Roͤmer. Spartacus muſte ſich in ſein Laͤger ziehen; und behielten die Roͤmer zwar das Feld; die Knechte aber den Ruhm. Als nun Spartacus in Samnium/ und ſo fort in Gallien durchbrechen wolte; kam es bey Tauraſium abermahls zu zwey harten Treffen; da denn Spartacus nach Verluſt zehn tauſend Mann in Lucanien/ weil ihn Craßus unauff- hoͤrlich verfolgte/ biß an die euſſerſte Ecke des Brutiſchen Winckels weichen/ und ſich an der Rheginiſchen Meer-Enge verſchantzen muſte. Damit nun ſein Kriegs-Volck aus keiner Hoffnung der Gnade ſich ergeben moͤchte/ ließ er den fuͤrnehmſten gefangenen Roͤmer fuͤr dem Lager aufhencken; thaͤt auch durch oͤfftere Faͤl- le dem Craßus mercklichen Abbruch; welcher endlich/ nach dem Spartacus auf Faͤſſern/ Na- chen und Floͤſſen in Sicilien uͤberzuſetzen ſich muͤhte/ und der aus Hiſpanien zuruͤck kommen- de Pompejus dem Craßus zu Huͤlffe ziehen ſol- te/ das Laͤger mit aller Macht ſtuͤrmte und zum Theil Erſter Theil. E e e e e e

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 953[955]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1015>, abgerufen am 22.11.2024.