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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] seinem Verstande und Sprache kam. Denn
ob wol das leichtgläubige Volck zufällige und
natürliche Begebenheiten ins gemein für nach-
denckliche Zeichen annimmt; gleich als wenn
Fürsten nicht allein über den Staub des gemei-
nen Volckes/ sondern auch über Zufälle und
Schwachheiten erhoben wären; so ist doch nicht
gäntzlich zu verwerffen: daß die göttliche Für-
sorge mehrmahls die Menschen durch unge-
meine Begebenheiten für Schaden warnige/
und zur Vorsicht aufmuntere. Der Ausgang
machte dieses mahl die Auslegung wahr. Denn
der sonst so kluge Friedlev hatte in diesem Kriege
weder Stern noch Glücke. Die vernünfftig-
sten Rathschläge giengen den Krebsgang; und
denen hurtigsten Entschlüssungen hieb die Na-
tur oder ein Zufall einen Span ein. Gleichen
Unstern hatten auch die zwey Cattischen Fürsten
Nasua und Cimber; welche bey dieser Gele-
genheit mit zweyen neuen Heeren in Deutsch-
land einbrachen. Nasua ward von Terbaln
einem Marckmännischen Edelmanne/ dem
Aembrich seiner Kriegs-Wissenschafft halber
eines seiner Krieges-Heere anvertrauet hatte/
als er über die Elbe zu den Marsingen und O-
sen dringen/ und von dem Könige der Dacier
Decebaln Hülffe an sich ziehen wolte/ geschla-
gen. Wiewol er sich gleichwol wieder erholte/
und biß zu denen Jazygen durchbrach/ allwo
der ihm nachfolgende Terbal durch Hunger
und Kranckheiten sein gantzes Heer/ Nasua a-
ber sein Leben einbüste. Der kühne Fürst Cim-
ber/ nach dem er die Cherusker durch öfftere
Einfälle abgemattet hatte/ kam auch früh zeitig
durch eine gifftige Seuche ins Grab. König
Friedlev aber verfiel mit dem Feldherrn Aem-
brich unter dem Semannischen Walde in eine
blutige Schlacht/ in welcher die Cherusker
zweymahl zum Weichen gedrungen wurden/
gleichwol aber endlich durch die Tapfferkeit ih-
res Fürsten den Sieg erhielten. Diesem Ver-
luste folgte eine neue Niederlage der bey den
[Spaltenumbruch] Lygiern eingesessenen Cimbern/ welche Ter-
bal so gar über die Peucinischen Gräntzen ver-
folgte; Der Cimbrische König aber ward von
dreyen mächtigen Heeren des Aembrichs in die
Gräntzen seines Gebietes zwischen den grossen
und Codanischen Meere getrieben; allwo der
Donner zu einem neuen Schrecken seiner drey
und zwantzig Vorfahren auffgerichtete Ge-
dächtnüß-Säulen auf den Bodem warff und
zerschmetterte. Welcher Zufall nicht wenig
zu einem Frieden zwischen den Cheruskern und
Cimbern halff; durch welchen Aembrich sich
nichts minder in der Welt in grosses Ansehen;
als in Deutschland seine Macht auf festen Fuß
setzte.

Der Rauch von dieser Krieges-Flamme ver-
düsterte die Augen der Deutschen derogestalt:
daß sie nicht sahen/ was mit denen Römern in
Gallien ihnen für eine gefährliche Nachbar-
schafft zuhieng; und was über ihre Lands-Leu-
te im Belgischen Gallien für ein Gewitter auf-
zoh. Denn die Belgen/ welche meist alle aus
Deutschland dahin kommen waren/ und die al-
ten Gallier vertrieben hatten/ sahen wol: daß
der herrschsüchtige Cäsar nach überwundenen
Galliern auch sie antasten würde; zumahl er
über vorige sechs/ noch zwey Legionen in dem
nunmehr willig dienenden Gallien werben/
und aus denen überwundenen Galliern die hur-
tigsten Jünglinge zu Hülffs-Völckern ausmu-
stern und unterstecken ließ. Boduognat der
tapffern Nervier Hertzog am Flusse Sabis/
welcher wie die Catten und nach dem Beyspiele
der Locrenser/ und dem Gesetze ihres Zalevcus
in sein Gebiete keinen fremden Kauffmann/ we-
niger Wein/ Gewürtze/ Balsam/ oder einige
zur Uppigkeit dienende Wahren kommen ließ/
und der mit dem deutschen Uhrsprunge auch die
Liebe der Feryheit behielt/ war der erste/ der nicht
allein auf allen Fall sich in Kriegs-Verfassung
stellte; sondern auch den Hertzog der Bellova-
ken/ welche von ihren alten Bundsverwandten

den
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſeinem Verſtande und Sprache kam. Denn
ob wol das leichtglaͤubige Volck zufaͤllige und
natuͤrliche Begebenheiten ins gemein fuͤr nach-
denckliche Zeichen annimmt; gleich als wenn
Fuͤrſten nicht allein uͤber den Staub des gemei-
nen Volckes/ ſondern auch uͤber Zufaͤlle und
Schwachheiten erhoben waͤren; ſo iſt doch nicht
gaͤntzlich zu verwerffen: daß die goͤttliche Fuͤr-
ſorge mehrmahls die Menſchen durch unge-
meine Begebenheiten fuͤr Schaden warnige/
und zur Vorſicht aufmuntere. Der Ausgang
machte dieſes mahl die Auslegung wahr. Denn
der ſonſt ſo kluge Friedlev hatte in dieſem Kriege
weder Stern noch Gluͤcke. Die vernuͤnfftig-
ſten Rathſchlaͤge giengen den Krebsgang; und
denen hurtigſten Entſchluͤſſungen hieb die Na-
tur oder ein Zufall einen Span ein. Gleichen
Unſtern hatten auch die zwey Cattiſchen Fuͤrſten
Naſua und Cimber; welche bey dieſer Gele-
genheit mit zweyen neuen Heeren in Deutſch-
land einbrachen. Naſua ward von Terbaln
einem Marckmaͤnniſchen Edelmanne/ dem
Aembrich ſeiner Kriegs-Wiſſenſchafft halber
eines ſeiner Krieges-Heere anvertrauet hatte/
als er uͤber die Elbe zu den Marſingen und O-
ſen dringen/ und von dem Koͤnige der Dacier
Decebaln Huͤlffe an ſich ziehen wolte/ geſchla-
gen. Wiewol er ſich gleichwol wieder erholte/
und biß zu denen Jazygen durchbrach/ allwo
der ihm nachfolgende Terbal durch Hunger
und Kranckheiten ſein gantzes Heer/ Naſua a-
ber ſein Leben einbuͤſte. Der kuͤhne Fuͤrſt Cim-
ber/ nach dem er die Cherusker durch oͤfftere
Einfaͤlle abgemattet hatte/ kam auch fruͤh zeitig
durch eine gifftige Seuche ins Grab. Koͤnig
Friedlev aber verfiel mit dem Feldherrn Aem-
brich unter dem Semanniſchen Walde in eine
blutige Schlacht/ in welcher die Cherusker
zweymahl zum Weichen gedrungen wurden/
gleichwol aber endlich durch die Tapfferkeit ih-
res Fuͤrſten den Sieg erhielten. Dieſem Ver-
luſte folgte eine neue Niederlage der bey den
[Spaltenumbruch] Lygiern eingeſeſſenen Cimbern/ welche Ter-
bal ſo gar uͤber die Peuciniſchen Graͤntzen ver-
folgte; Der Cimbriſche Koͤnig aber ward von
dreyen maͤchtigen Heeren des Aembrichs in die
Graͤntzen ſeines Gebietes zwiſchen den groſſen
und Codaniſchen Meere getrieben; allwo der
Donner zu einem neuen Schrecken ſeiner drey
und zwantzig Vorfahren auffgerichtete Ge-
daͤchtnuͤß-Saͤulen auf den Bodem warff und
zerſchmetterte. Welcher Zufall nicht wenig
zu einem Frieden zwiſchen den Cheruskern und
Cimbern halff; durch welchen Aembrich ſich
nichts minder in der Welt in groſſes Anſehen;
als in Deutſchland ſeine Macht auf feſten Fuß
ſetzte.

Der Rauch von dieſer Krieges-Flamme ver-
duͤſterte die Augen der Deutſchen derogeſtalt:
daß ſie nicht ſahen/ was mit denen Roͤmern in
Gallien ihnen fuͤr eine gefaͤhrliche Nachbar-
ſchafft zuhieng; und was uͤber ihre Lands-Leu-
te im Belgiſchen Gallien fuͤr ein Gewitter auf-
zoh. Denn die Belgen/ welche meiſt alle aus
Deutſchland dahin kommen waren/ und die al-
ten Gallier vertrieben hatten/ ſahen wol: daß
der herꝛſchſuͤchtige Caͤſar nach uͤberwundenen
Galliern auch ſie antaſten wuͤrde; zumahl er
uͤber vorige ſechs/ noch zwey Legionen in dem
nunmehr willig dienenden Gallien werben/
und aus denen uͤberwundenen Gallieꝛn die hur-
tigſten Juͤnglinge zu Huͤlffs-Voͤlckern ausmu-
ſtern und unterſtecken ließ. Boduognat der
tapffern Nervier Hertzog am Fluſſe Sabis/
welcher wie die Catten und nach dem Beyſpiele
der Locrenſer/ und dem Geſetze ihres Zalevcus
in ſein Gebiete keinen fremden Kauffmann/ we-
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zur Uppigkeit dienende Wahren kommen ließ/
und der mit dem deutſchen Uhrſprunge auch die
Liebe der Feꝛyheit behielt/ waꝛ der eꝛſte/ der nicht
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1003[1005]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1067>, abgerufen am 28.09.2024.