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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Hertzog Boduognat mit grosser Tapfferkeit
und Geschwindigkeit an dreyen Orten seinen
Feind an: daß Cäsar/ ob er vor die Schlacht-
Ordnung machen/ oder den Haupt-Adler auf-
stecken/ oder das Wort geben solte/ nicht wuste/
die Obersten ihre Federn/ die Haupt-Leute ihre
Helme nicht auffsetzen/ die Fähnriche ihre Bä-
ren-Häute umzunehmen/ die Kriegs-Knechte
die Decken von Schilden abzunehmen nicht
Zeit hatten; sondern ieder nicht seinem/ sondern
zu dem nechsten und besten Fahne zulauffen/
und/ wie es der Zufall traff/ fechten muste. Die
Atrebater/ welche Graf Egmont führte/ hatten
zwar anfangs den härtsten Stand/ und traffen
auf die neundte und zehende Legion/ als welche
in Bereitschafft gestanden hatten/ und von Cä-
sarn selbst angeführt wurden. Gleicher Ge-
stalt machte Labienus mit der eilfften und ach-
ten Legion denen unter des Ritters Areschott
Anführung streitenden Veromanduern nicht
wenig zu schaffen; also: daß jene so gar über den
Fluß/ diese biß zwischen die Hecken zurück wei-
chen musten. Alleine Fürst Boduognat traff
wie ein Blitz auf Cäsars Vettern den Quintus
Pedius/ trieb ihn und die Römische Reuterey
in die Flucht; machte sich alsofort auch an die
zwölffte Legion/ und der Ritter Croy an die sie-
bende; wiewol der erste ein Theil der Nervier
denen Atrebatern/ der andere denen Veroman-
duern zu Hülffe schicken konte und beyde wieder
zu rechtem Stande brachten. Ob nun wohl
Cäsar der nunmehr vom Hertzoge Boduognat/
der ihren Führer Sextius Baculus selbst durch-
stochen hatte/ am meisten bedrängten zwölfften
Legion selbst mit einem Kern der zehenden zu
Hülffe kam/ vom Pferde sprang/ einem gemei-
nen Kriegs-Knechte den Schild vom Arme
rieß/ und sich gegen den/ einem Löwen gleich-
fechtenden Boduognat hervor zückte; die Rö-
mer auch im Antlitze Cäsars so verzweiffelte
Gegenwehr thaten: daß fast alle ihre Haupt-
Leute todt blieben; so drang doch die Tapffer-
[Spaltenumbruch] keit der Nervier durch: daß der Ritter Brede-
rode nach durchstochenem Fähnriche den Rö-
mischen Adler zu Boden rieß; und Cäsar selbst
sich aus dem Staube machen/ die zwölffte und
siebende Legion auch mehr fliehen als weichen
muste. Jnzwischen hatte der Ritter Horn und
Hochstraten die fast unzehlbaren Gallier in die
Flucht bracht; und/ nach dem die Hülffs-Völ-
cker der Trevirer an statt des Gefechtes ohne
Schwerdstreich sich nach Hause gewendet/
stürmte und eroberte er das Läger/ ungeachtet
die darinnen gebliebenen zwey Legionen/ wie
auch die Cretensischen und Balearischen Schü-
tzen solches eusserst verfochten. Als nun diese
sich durch zwey Pforten heraus drängten/ wur-
den ihrer etliche tausend von denen grimmigen
Uberwindern abgeschlachtet. Gegen die Atre-
bater und Veromanduer stand die Römische
Schlacht-Ordnung zwar noch feste; iedoch kon-
ten sie es in die Länge gegen die erhitzten Deut-
schen nicht ausstehen. Denn wenn einer gleich
fiel/ trat ein ander bald in die Lücke; ja die Ner-
vier trugen aus denen todten Leichen Berge
zusammen/ wormit sie von der Höhe mit ihren
Waffen desto gewisser ihren Feind treffen kon-
ten. Wie nun die Römischen Kriegs-Häupter
sahen: daß die meisten Gallier und die Reute-
rey entlauffen/ vier Legionen grossen theils zer-
nichtet waren/ und es endlich um ihr gantzes
Heer gethan seyn würde; flehten sie den Kayser
an: er möchte dißmahl dem Glücke und denen
verzweiffelten Deutschen aus dem Wege tre-
ten. Cäsarn schossen für Grimm hierüber
die Thränen aus den Augen; und er wuste nicht
vernünfftig zu entschlüssen: was er heilsamlich
thun solte. Als er nun auf einer Höhe sich eine
gute Weile nach einem sichern Orte seiner Zu-
flucht umgesehen hatte; ließ Labienus ihn wis-
sen: daß Cotta hinterwerts einen Weg in der
Nervier wol befestigtes aber schlecht besetztes
Läger gefunden hätte. Worauff Cäsar ihm
befahl sein eusserstes zu thun in selbtes einzubre-

chen.

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Hertzog Boduognat mit groſſer Tapfferkeit
und Geſchwindigkeit an dreyen Orten ſeinen
Feind an: daß Caͤſar/ ob er vor die Schlacht-
Ordnung machen/ oder den Haupt-Adler auf-
ſtecken/ oder das Wort geben ſolte/ nicht wuſte/
die Oberſten ihre Federn/ die Haupt-Leute ihre
Helme nicht auffſetzen/ die Faͤhnriche ihre Baͤ-
ren-Haͤute umzunehmen/ die Kriegs-Knechte
die Decken von Schilden abzunehmen nicht
Zeit hatten; ſondern ieder nicht ſeinem/ ſondern
zu dem nechſten und beſten Fahne zulauffen/
und/ wie es der Zufall traff/ fechten muſte. Die
Atrebater/ welche Graf Egmont fuͤhrte/ hatten
zwar anfangs den haͤrtſten Stand/ und traffen
auf die neundte und zehende Legion/ als welche
in Bereitſchafft geſtanden hatten/ und von Caͤ-
ſarn ſelbſt angefuͤhrt wurden. Gleicher Ge-
ſtalt machte Labienus mit der eilfften und ach-
ten Legion denen unter des Ritters Areſchott
Anfuͤhrung ſtreitenden Veromanduern nicht
wenig zu ſchaffen; alſo: daß jene ſo gar uͤber den
Fluß/ dieſe biß zwiſchen die Hecken zuruͤck wei-
chen muſten. Alleine Fuͤrſt Boduognat traff
wie ein Blitz auf Caͤſars Vettern den Quintus
Pedius/ trieb ihn und die Roͤmiſche Reuterey
in die Flucht; machte ſich alſofort auch an die
zwoͤlffte Legion/ und der Ritter Croy an die ſie-
bende; wiewol der erſte ein Theil der Nervier
denen Atrebatern/ der andere denen Veroman-
duern zu Huͤlffe ſchicken konte und beyde wieder
zu rechtem Stande brachten. Ob nun wohl
Caͤſar der nunmehr vom Hertzoge Boduognat/
der ihren Fuͤhreꝛ Sextius Baculus ſelbſt durch-
ſtochen hatte/ am meiſten bedraͤngten zwoͤlfften
Legion ſelbſt mit einem Kern der zehenden zu
Huͤlffe kam/ vom Pferde ſprang/ einem gemei-
nen Kriegs-Knechte den Schild vom Arme
rieß/ und ſich gegen den/ einem Loͤwen gleich-
fechtenden Boduognat hervor zuͤckte; die Roͤ-
mer auch im Antlitze Caͤſars ſo verzweiffelte
Gegenwehr thaten: daß faſt alle ihre Haupt-
Leute todt blieben; ſo drang doch die Tapffer-
[Spaltenumbruch] keit der Nervier durch: daß der Ritter Brede-
rode nach durchſtochenem Faͤhnriche den Roͤ-
miſchen Adler zu Boden rieß; und Caͤſar ſelbſt
ſich aus dem Staube machen/ die zwoͤlffte und
ſiebende Legion auch mehr fliehen als weichen
muſte. Jnzwiſchen hatte der Ritter Horn und
Hochſtraten die faſt unzehlbaren Gallier in die
Flucht bracht; und/ nach dem die Huͤlffs-Voͤl-
cker der Trevirer an ſtatt des Gefechtes ohne
Schwerdſtreich ſich nach Hauſe gewendet/
ſtuͤrmte und eroberte er das Laͤger/ ungeachtet
die darinnen gebliebenen zwey Legionen/ wie
auch die Cretenſiſchen und Baleariſchen Schuͤ-
tzen ſolches euſſerſt verfochten. Als nun dieſe
ſich durch zwey Pforten heraus draͤngten/ wur-
den ihrer etliche tauſend von denen grimmigen
Uberwindern abgeſchlachtet. Gegen die Atre-
bater und Veromanduer ſtand die Roͤmiſche
Schlacht-Ordnung zwar noch feſte; iedoch kon-
ten ſie es in die Laͤnge gegen die erhitzten Deut-
ſchen nicht ausſtehen. Denn wenn einer gleich
fiel/ trat ein ander bald in die Luͤcke; ja die Ner-
vier trugen aus denen todten Leichen Berge
zuſammen/ wormit ſie von der Hoͤhe mit ihren
Waffen deſto gewiſſer ihren Feind treffen kon-
ten. Wie nun die Roͤmiſchen Kriegs-Haͤupter
ſahen: daß die meiſten Gallier und die Reute-
rey entlauffen/ vier Legionen groſſen theils zer-
nichtet waren/ und es endlich um ihr gantzes
Heer gethan ſeyn wuͤrde; flehten ſie den Kayſer
an: er moͤchte dißmahl dem Gluͤcke und denen
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ten. Caͤſarn ſchoſſen fuͤr Grimm hieruͤber
die Thraͤnen aus den Augen; und er wuſte nicht
vernuͤnfftig zu entſchluͤſſen: was er heilſamlich
thun ſolte. Als er nun auf einer Hoͤhe ſich eine
gute Weile nach einem ſichern Orte ſeiner Zu-
flucht umgeſehen hatte; ließ Labienus ihn wiſ-
ſen: daß Cotta hinterwerts einen Weg in der
Nervier wol befeſtigtes aber ſchlecht beſetztes
Laͤger gefunden haͤtte. Worauff Caͤſar ihm
befahl ſein euſſerſtes zu thun in ſelbtes einzubre-

chen.
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[1006[1008]/1070] Siebendes Buch Hertzog Boduognat mit groſſer Tapfferkeit und Geſchwindigkeit an dreyen Orten ſeinen Feind an: daß Caͤſar/ ob er vor die Schlacht- Ordnung machen/ oder den Haupt-Adler auf- ſtecken/ oder das Wort geben ſolte/ nicht wuſte/ die Oberſten ihre Federn/ die Haupt-Leute ihre Helme nicht auffſetzen/ die Faͤhnriche ihre Baͤ- ren-Haͤute umzunehmen/ die Kriegs-Knechte die Decken von Schilden abzunehmen nicht Zeit hatten; ſondern ieder nicht ſeinem/ ſondern zu dem nechſten und beſten Fahne zulauffen/ und/ wie es der Zufall traff/ fechten muſte. Die Atrebater/ welche Graf Egmont fuͤhrte/ hatten zwar anfangs den haͤrtſten Stand/ und traffen auf die neundte und zehende Legion/ als welche in Bereitſchafft geſtanden hatten/ und von Caͤ- ſarn ſelbſt angefuͤhrt wurden. Gleicher Ge- ſtalt machte Labienus mit der eilfften und ach- ten Legion denen unter des Ritters Areſchott Anfuͤhrung ſtreitenden Veromanduern nicht wenig zu ſchaffen; alſo: daß jene ſo gar uͤber den Fluß/ dieſe biß zwiſchen die Hecken zuruͤck wei- chen muſten. Alleine Fuͤrſt Boduognat traff wie ein Blitz auf Caͤſars Vettern den Quintus Pedius/ trieb ihn und die Roͤmiſche Reuterey in die Flucht; machte ſich alſofort auch an die zwoͤlffte Legion/ und der Ritter Croy an die ſie- bende; wiewol der erſte ein Theil der Nervier denen Atrebatern/ der andere denen Veroman- duern zu Huͤlffe ſchicken konte und beyde wieder zu rechtem Stande brachten. Ob nun wohl Caͤſar der nunmehr vom Hertzoge Boduognat/ der ihren Fuͤhreꝛ Sextius Baculus ſelbſt durch- ſtochen hatte/ am meiſten bedraͤngten zwoͤlfften Legion ſelbſt mit einem Kern der zehenden zu Huͤlffe kam/ vom Pferde ſprang/ einem gemei- nen Kriegs-Knechte den Schild vom Arme rieß/ und ſich gegen den/ einem Loͤwen gleich- fechtenden Boduognat hervor zuͤckte; die Roͤ- mer auch im Antlitze Caͤſars ſo verzweiffelte Gegenwehr thaten: daß faſt alle ihre Haupt- Leute todt blieben; ſo drang doch die Tapffer- keit der Nervier durch: daß der Ritter Brede- rode nach durchſtochenem Faͤhnriche den Roͤ- miſchen Adler zu Boden rieß; und Caͤſar ſelbſt ſich aus dem Staube machen/ die zwoͤlffte und ſiebende Legion auch mehr fliehen als weichen muſte. Jnzwiſchen hatte der Ritter Horn und Hochſtraten die faſt unzehlbaren Gallier in die Flucht bracht; und/ nach dem die Huͤlffs-Voͤl- cker der Trevirer an ſtatt des Gefechtes ohne Schwerdſtreich ſich nach Hauſe gewendet/ ſtuͤrmte und eroberte er das Laͤger/ ungeachtet die darinnen gebliebenen zwey Legionen/ wie auch die Cretenſiſchen und Baleariſchen Schuͤ- tzen ſolches euſſerſt verfochten. Als nun dieſe ſich durch zwey Pforten heraus draͤngten/ wur- den ihrer etliche tauſend von denen grimmigen Uberwindern abgeſchlachtet. Gegen die Atre- bater und Veromanduer ſtand die Roͤmiſche Schlacht-Ordnung zwar noch feſte; iedoch kon- ten ſie es in die Laͤnge gegen die erhitzten Deut- ſchen nicht ausſtehen. Denn wenn einer gleich fiel/ trat ein ander bald in die Luͤcke; ja die Ner- vier trugen aus denen todten Leichen Berge zuſammen/ wormit ſie von der Hoͤhe mit ihren Waffen deſto gewiſſer ihren Feind treffen kon- ten. Wie nun die Roͤmiſchen Kriegs-Haͤupter ſahen: daß die meiſten Gallier und die Reute- rey entlauffen/ vier Legionen groſſen theils zer- nichtet waren/ und es endlich um ihr gantzes Heer gethan ſeyn wuͤrde; flehten ſie den Kayſer an: er moͤchte dißmahl dem Gluͤcke und denen verzweiffelten Deutſchen aus dem Wege tre- ten. Caͤſarn ſchoſſen fuͤr Grimm hieruͤber die Thraͤnen aus den Augen; und er wuſte nicht vernuͤnfftig zu entſchluͤſſen: was er heilſamlich thun ſolte. Als er nun auf einer Hoͤhe ſich eine gute Weile nach einem ſichern Orte ſeiner Zu- flucht umgeſehen hatte; ließ Labienus ihn wiſ- ſen: daß Cotta hinterwerts einen Weg in der Nervier wol befeſtigtes aber ſchlecht beſetztes Laͤger gefunden haͤtte. Worauff Caͤſar ihm befahl ſein euſſerſtes zu thun in ſelbtes einzubre- chen.

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1006[1008]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1070>, abgerufen am 22.11.2024.