Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] chen. Er ließ alsofort auch die andern Adler
gegen selbige Seite wenden; er aber bedeckte
mit der zehenden Legion an einem engen Orte
das übrige Heer so lange/ biß Labienus Meister
des feindlichen Lägers ward/ die Uberbleibung
der andern Legionen sich darein gezogen hat-
ten/ und er endlich nach empfangenen breyen
Wunden daselbst seine Sicherheit fand; also
nach einem so blutigen Tage iedes Theil in dem
feindlichen Läger ausruhete; keines aber selbige
Nacht auf des andern Antastung/ sondern nur
auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver-
bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn
auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O-
berster/ ja auch selbst Fürst Boduognat nicht
unbeschädigt; fünff Häupter der Römischen
Legionen/ Egmont/ Areschot und Eroy auf der
Belgen Seite nebst vielen Kriegs-Obersten
todt. Ob nun zwar auf der Römer und Gal-
lier Seiten zweymahl so viel Volck/ als auf der
Belgen blieben war; so waren diese doch für sich
selbst noch kaum halb so starck/ als ihre Feinde;
das eroberte Römische Läger nicht nach dem
Vortheil der Deutschen Waffen befestigt; durch
Verlust ihres Lägers ihnen der Vortheil des
Flusses Sabis/ und die Gelegenheit mehr
Hülffs-Völcker an sich zu ziehen abgeschnitten.
Uber diß brachten die Kundschaffter der Nervi-
er noch selbige Nacht Gefangene ein/ mit
Schreiben vom Fürsten der Rhemer Vertis-
cus: daß er nicht allein mit zwantzig tausend
Galliern/ sondern auch Sergius Galba mit
den in Jllyricum gelegenen Legionen von sechs-
tausend außerlesener Romischer Mannschafft
im Anzuge wäre. Diese Zeitung bekümmer-
te den Hertzog Boduognat nicht wenig; inson-
derheit aber trug er Beysorge: daß selbte nicht
unter seinem Heere ruchbar würde/ und sie zu
einer glimpflichen Flucht veranlassete. Gleich-
wol aber befahl er die im Römischen Lager er-
oberte beste Beute aufzupacken/ und das gantze
Heer auf folgenden Tag sich so wol zur Schlacht
[Spaltenumbruch] als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi-
schen krie[g]te Cäsar ebenfalls Kundschafft: daß
dreyßig tausend streitbare Aduatiker/ welche ein
Theil von denen in Jtalien einbrechenden
Cimbern waren/ denen Nerviern zu Hülffe kä-
men. Welche Zeitung Cäsarn derogestalt
schreckte: daß er dem schon zu nächtlicher Zu-
rückweichung entschlossenem Boduognat einen
Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/
weil iedem Feinde zwar seine/ nicht aber seines
Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer
Unterredung dahin geschlossen ward: daß die
Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih-
rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/
hingegen sie Cäsars andern Feinden keine Hülf-
fe leisten solten. Wiewol nun diese Völcker für
sich nach gegenwärtigem Zustande einen vor-
träglichen Frieden erlangt zu haben schienen;
so war selbter doch der gemeinen Wolfarth der
Belgen über aus schädlich; und hatten die Ner-
vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß
die Reye der Dienstbarkeit an sie zum letzten
kommen würde. Sintemahl die Römer nicht
so wol ihre Tugend/ als der Mißverstand de-
rer nicht zusammen haltender Völcker zu Mei-
stern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn
auch die tapffersten eintzelich kämpffen/ werden
alle nach und nach überwunden; und die bey-
sammen stehenden Zwerge werden auch der ein-
zelen Riesen mächtig. Welchen Fehler die
Deutschen von dem unter gedrückten Grichen-
lande längst hätten lernen sollen; dessen sämtli-
che Städte dardurch ihre Herrschafft eingebüst;
weil eine iede herrschen wolte; indem sie nicht
alleine selbst einander ein Bein unterzufchla-
gen und zu Kopffe zu wachsen bemüht waren;
sondern auch lachende zusahen und die Hände
in die Schoß legten; als die Macedonier und
Römer bald dieser bald einer andern die Dienst-
barkeit aufhalseten; biß sie endlich alle es ehe
am Halse fühleten als sahen. Dieses Unglücke
traff zum ersten die streitbaren Aduaticher; wie-

der

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] chen. Er ließ alſofort auch die andern Adler
gegen ſelbige Seite wenden; er aber bedeckte
mit der zehenden Legion an einem engen Orte
das uͤbrige Heer ſo lange/ biß Labienus Meiſter
des feindlichen Laͤgers ward/ die Uberbleibung
der andern Legionen ſich darein gezogen hat-
ten/ und er endlich nach empfangenen breyen
Wunden daſelbſt ſeine Sicherheit fand; alſo
nach einem ſo blutigen Tage iedes Theil in dem
feindlichen Laͤger ausruhete; keines aber ſelbige
Nacht auf des andern Antaſtung/ ſondern nur
auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver-
bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn
auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O-
berſter/ ja auch ſelbſt Fuͤrſt Boduognat nicht
unbeſchaͤdigt; fuͤnff Haͤupter der Roͤmiſchen
Legionen/ Egmont/ Areſchot und Eroy auf der
Belgen Seite nebſt vielen Kriegs-Oberſten
todt. Ob nun zwar auf der Roͤmer und Gal-
lier Seiten zweymahl ſo viel Volck/ als auf der
Belgen blieben war; ſo waren dieſe doch fuͤr ſich
ſelbſt noch kaum halb ſo ſtarck/ als ihre Feinde;
das eroberte Roͤmiſche Laͤger nicht nach dem
Vortheil der Deutſchen Waffen befeſtigt; durch
Verluſt ihres Laͤgers ihnen der Vortheil des
Fluſſes Sabis/ und die Gelegenheit mehr
Huͤlffs-Voͤlcker an ſich zu ziehen abgeſchnitten.
Uber diß brachten die Kundſchaffter der Nervi-
er noch ſelbige Nacht Gefangene ein/ mit
Schreiben vom Fuͤrſten der Rhemer Vertiſ-
cus: daß er nicht allein mit zwantzig tauſend
Galliern/ ſondern auch Sergius Galba mit
den in Jllyricum gelegenen Legionen von ſechs-
tauſend außerleſener Romiſcher Mannſchafft
im Anzuge waͤre. Dieſe Zeitung bekuͤmmer-
te den Hertzog Boduognat nicht wenig; inſon-
derheit aber trug er Beyſorge: daß ſelbte nicht
unter ſeinem Heere ruchbar wuͤrde/ und ſie zu
einer glimpflichen Flucht veranlaſſete. Gleich-
wol aber befahl er die im Roͤmiſchen Lager er-
oberte beſte Beute aufzupacken/ und das gantze
Heer auf folgenden Tag ſich ſo wol zur Schlacht
[Spaltenumbruch] als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi-
ſchen krie[g]te Caͤſar ebenfalls Kundſchafft: daß
dreyßig tauſend ſtreitbare Aduatiker/ welche ein
Theil von denen in Jtalien einbrechenden
Cimbern waren/ denen Nerviern zu Huͤlffe kaͤ-
men. Welche Zeitung Caͤſarn derogeſtalt
ſchreckte: daß er dem ſchon zu naͤchtlicher Zu-
ruͤckweichung entſchloſſenem Boduognat einen
Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/
weil iedem Feinde zwar ſeine/ nicht aber ſeines
Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer
Unterredung dahin geſchloſſen ward: daß die
Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih-
rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/
hingegen ſie Caͤſars andern Feinden keine Huͤlf-
fe leiſten ſolten. Wiewol nun dieſe Voͤlcker fuͤr
ſich nach gegenwaͤrtigem Zuſtande einen vor-
traͤglichen Frieden erlangt zu haben ſchienen;
ſo war ſelbter doch der gemeinen Wolfarth der
Belgen uͤber aus ſchaͤdlich; und hatten die Ner-
vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß
die Reye der Dienſtbarkeit an ſie zum letzten
kommen wuͤrde. Sintemahl die Roͤmer nicht
ſo wol ihre Tugend/ als der Mißverſtand de-
rer nicht zuſammen haltender Voͤlcker zu Mei-
ſtern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn
auch die tapfferſten eintzelich kaͤmpffen/ werden
alle nach und nach uͤberwunden; und die bey-
ſammen ſtehenden Zwerge werden auch der ein-
zelen Rieſen maͤchtig. Welchen Fehler die
Deutſchen von dem unter gedruͤckten Grichen-
lande laͤngſt haͤtten lernen ſollen; deſſen ſaͤmtli-
che Staͤdte dardurch ihre Herꝛſchafft eingebuͤſt;
weil eine iede herꝛſchen wolte; indem ſie nicht
alleine ſelbſt einander ein Bein unterzufchla-
gen und zu Kopffe zu wachſen bemuͤht waren;
ſondern auch lachende zuſahen und die Haͤnde
in die Schoß legten; als die Macedonier und
Roͤmer bald dieſer bald einer andern die Dienſt-
barkeit aufhalſeten; biß ſie endlich alle es ehe
am Halſe fuͤhleten als ſahen. Dieſes Ungluͤcke
traff zum erſten die ſtreitbaren Aduaticher; wie-

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1071" n="1007[1009]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
chen. Er ließ al&#x017F;ofort auch die andern Adler<lb/>
gegen &#x017F;elbige Seite wenden; er aber bedeckte<lb/>
mit der zehenden Legion an einem engen Orte<lb/>
das u&#x0364;brige Heer &#x017F;o lange/ biß Labienus Mei&#x017F;ter<lb/>
des feindlichen La&#x0364;gers ward/ die Uberbleibung<lb/>
der andern Legionen &#x017F;ich darein gezogen hat-<lb/>
ten/ und er endlich nach empfangenen breyen<lb/>
Wunden da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Sicherheit fand; al&#x017F;o<lb/>
nach einem &#x017F;o blutigen Tage iedes Theil in dem<lb/>
feindlichen La&#x0364;ger ausruhete; keines aber &#x017F;elbige<lb/>
Nacht auf des andern Anta&#x017F;tung/ &#x017F;ondern nur<lb/>
auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver-<lb/>
bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn<lb/>
auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O-<lb/>
ber&#x017F;ter/ ja auch &#x017F;elb&#x017F;t Fu&#x0364;r&#x017F;t Boduognat nicht<lb/>
unbe&#x017F;cha&#x0364;digt; fu&#x0364;nff Ha&#x0364;upter der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Legionen/ Egmont/ Are&#x017F;chot und Eroy auf der<lb/>
Belgen Seite neb&#x017F;t vielen Kriegs-Ober&#x017F;ten<lb/>
todt. Ob nun zwar auf der Ro&#x0364;mer und Gal-<lb/>
lier Seiten zweymahl &#x017F;o viel Volck/ als auf der<lb/>
Belgen blieben war; &#x017F;o waren die&#x017F;e doch fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t noch kaum halb &#x017F;o &#x017F;tarck/ als ihre Feinde;<lb/>
das eroberte Ro&#x0364;mi&#x017F;che La&#x0364;ger nicht nach dem<lb/>
Vortheil der Deut&#x017F;chen Waffen befe&#x017F;tigt; durch<lb/>
Verlu&#x017F;t ihres La&#x0364;gers ihnen der Vortheil des<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;es Sabis/ und die Gelegenheit mehr<lb/>
Hu&#x0364;lffs-Vo&#x0364;lcker an &#x017F;ich zu ziehen abge&#x017F;chnitten.<lb/>
Uber diß brachten die Kund&#x017F;chaffter der Nervi-<lb/>
er noch &#x017F;elbige Nacht Gefangene ein/ mit<lb/>
Schreiben vom Fu&#x0364;r&#x017F;ten der Rhemer Verti&#x017F;-<lb/>
cus: daß er nicht allein mit zwantzig tau&#x017F;end<lb/>
Galliern/ &#x017F;ondern auch Sergius Galba mit<lb/>
den in Jllyricum gelegenen Legionen von &#x017F;echs-<lb/>
tau&#x017F;end außerle&#x017F;ener Romi&#x017F;cher Mann&#x017F;chafft<lb/>
im Anzuge wa&#x0364;re. Die&#x017F;e Zeitung beku&#x0364;mmer-<lb/>
te den Hertzog Boduognat nicht wenig; in&#x017F;on-<lb/>
derheit aber trug er Bey&#x017F;orge: daß &#x017F;elbte nicht<lb/>
unter &#x017F;einem Heere ruchbar wu&#x0364;rde/ und &#x017F;ie zu<lb/>
einer glimpflichen Flucht veranla&#x017F;&#x017F;ete. Gleich-<lb/>
wol aber befahl er die im Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Lager er-<lb/>
oberte be&#x017F;te Beute aufzupacken/ und das gantze<lb/>
Heer auf folgenden Tag &#x017F;ich &#x017F;o wol zur Schlacht<lb/><cb/>
als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi-<lb/>
&#x017F;chen krie<supplied>g</supplied>te Ca&#x0364;&#x017F;ar ebenfalls Kund&#x017F;chafft: daß<lb/>
dreyßig tau&#x017F;end &#x017F;treitbare Aduatiker/ welche ein<lb/>
Theil von denen in Jtalien einbrechenden<lb/>
Cimbern waren/ denen Nerviern zu Hu&#x0364;lffe ka&#x0364;-<lb/>
men. Welche Zeitung Ca&#x0364;&#x017F;arn deroge&#x017F;talt<lb/>
&#x017F;chreckte: daß er dem &#x017F;chon zu na&#x0364;chtlicher Zu-<lb/>
ru&#x0364;ckweichung ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enem Boduognat einen<lb/>
Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/<lb/>
weil iedem Feinde zwar &#x017F;eine/ nicht aber &#x017F;eines<lb/>
Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer<lb/>
Unterredung dahin ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en ward: daß die<lb/>
Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih-<lb/>
rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/<lb/>
hingegen &#x017F;ie Ca&#x0364;&#x017F;ars andern Feinden keine Hu&#x0364;lf-<lb/>
fe lei&#x017F;ten &#x017F;olten. Wiewol nun die&#x017F;e Vo&#x0364;lcker fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ich nach gegenwa&#x0364;rtigem Zu&#x017F;tande einen vor-<lb/>
tra&#x0364;glichen Frieden erlangt zu haben &#x017F;chienen;<lb/>
&#x017F;o war &#x017F;elbter doch der gemeinen Wolfarth der<lb/>
Belgen u&#x0364;ber aus &#x017F;cha&#x0364;dlich; und hatten die Ner-<lb/>
vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß<lb/>
die Reye der Dien&#x017F;tbarkeit an &#x017F;ie zum letzten<lb/>
kommen wu&#x0364;rde. Sintemahl die Ro&#x0364;mer nicht<lb/>
&#x017F;o wol ihre Tugend/ als der Mißver&#x017F;tand de-<lb/>
rer nicht zu&#x017F;ammen haltender Vo&#x0364;lcker zu Mei-<lb/>
&#x017F;tern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn<lb/>
auch die tapffer&#x017F;ten eintzelich ka&#x0364;mpffen/ werden<lb/>
alle nach und nach u&#x0364;berwunden; und die bey-<lb/>
&#x017F;ammen &#x017F;tehenden Zwerge werden auch der ein-<lb/>
zelen Rie&#x017F;en ma&#x0364;chtig. Welchen Fehler die<lb/>
Deut&#x017F;chen von dem unter gedru&#x0364;ckten Grichen-<lb/>
lande la&#x0364;ng&#x017F;t ha&#x0364;tten lernen &#x017F;ollen; de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;a&#x0364;mtli-<lb/>
che Sta&#x0364;dte dardurch ihre Her&#xA75B;&#x017F;chafft eingebu&#x0364;&#x017F;t;<lb/>
weil eine iede her&#xA75B;&#x017F;chen wolte; indem &#x017F;ie nicht<lb/>
alleine &#x017F;elb&#x017F;t einander ein Bein unterzufchla-<lb/>
gen und zu Kopffe zu wach&#x017F;en bemu&#x0364;ht waren;<lb/>
&#x017F;ondern auch lachende zu&#x017F;ahen und die Ha&#x0364;nde<lb/>
in die Schoß legten; als die Macedonier und<lb/>
Ro&#x0364;mer bald die&#x017F;er bald einer andern die Dien&#x017F;t-<lb/>
barkeit aufhal&#x017F;eten; biß &#x017F;ie endlich alle es ehe<lb/>
am Hal&#x017F;e fu&#x0364;hleten als &#x017F;ahen. Die&#x017F;es Unglu&#x0364;cke<lb/>
traff zum er&#x017F;ten die &#x017F;treitbaren Aduaticher; wie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1007[1009]/1071] Arminius und Thußnelda. chen. Er ließ alſofort auch die andern Adler gegen ſelbige Seite wenden; er aber bedeckte mit der zehenden Legion an einem engen Orte das uͤbrige Heer ſo lange/ biß Labienus Meiſter des feindlichen Laͤgers ward/ die Uberbleibung der andern Legionen ſich darein gezogen hat- ten/ und er endlich nach empfangenen breyen Wunden daſelbſt ſeine Sicherheit fand; alſo nach einem ſo blutigen Tage iedes Theil in dem feindlichen Laͤger ausruhete; keines aber ſelbige Nacht auf des andern Antaſtung/ ſondern nur auf die Beerdigung ihrer Todten/ und Ver- bindung ihrer Wunden bedacht war. Denn auf beyden Theilen war kein hoher Kriegs-O- berſter/ ja auch ſelbſt Fuͤrſt Boduognat nicht unbeſchaͤdigt; fuͤnff Haͤupter der Roͤmiſchen Legionen/ Egmont/ Areſchot und Eroy auf der Belgen Seite nebſt vielen Kriegs-Oberſten todt. Ob nun zwar auf der Roͤmer und Gal- lier Seiten zweymahl ſo viel Volck/ als auf der Belgen blieben war; ſo waren dieſe doch fuͤr ſich ſelbſt noch kaum halb ſo ſtarck/ als ihre Feinde; das eroberte Roͤmiſche Laͤger nicht nach dem Vortheil der Deutſchen Waffen befeſtigt; durch Verluſt ihres Laͤgers ihnen der Vortheil des Fluſſes Sabis/ und die Gelegenheit mehr Huͤlffs-Voͤlcker an ſich zu ziehen abgeſchnitten. Uber diß brachten die Kundſchaffter der Nervi- er noch ſelbige Nacht Gefangene ein/ mit Schreiben vom Fuͤrſten der Rhemer Vertiſ- cus: daß er nicht allein mit zwantzig tauſend Galliern/ ſondern auch Sergius Galba mit den in Jllyricum gelegenen Legionen von ſechs- tauſend außerleſener Romiſcher Mannſchafft im Anzuge waͤre. Dieſe Zeitung bekuͤmmer- te den Hertzog Boduognat nicht wenig; inſon- derheit aber trug er Beyſorge: daß ſelbte nicht unter ſeinem Heere ruchbar wuͤrde/ und ſie zu einer glimpflichen Flucht veranlaſſete. Gleich- wol aber befahl er die im Roͤmiſchen Lager er- oberte beſte Beute aufzupacken/ und das gantze Heer auf folgenden Tag ſich ſo wol zur Schlacht als zum Fortzuge fertig zu machen. Jnzwi- ſchen kriegte Caͤſar ebenfalls Kundſchafft: daß dreyßig tauſend ſtreitbare Aduatiker/ welche ein Theil von denen in Jtalien einbrechenden Cimbern waren/ denen Nerviern zu Huͤlffe kaͤ- men. Welche Zeitung Caͤſarn derogeſtalt ſchreckte: daß er dem ſchon zu naͤchtlicher Zu- ruͤckweichung entſchloſſenem Boduognat einen Friedens-Vergleich anbieten ließ; der auch/ weil iedem Feinde zwar ſeine/ nicht aber ſeines Feindes Wunden bekandt waren/ nach kurtzer Unterredung dahin geſchloſſen ward: daß die Nervier/ Atrebater/ und Veromanduer in ih- rer Freyheit ohne einige Schatzung bleiben/ hingegen ſie Caͤſars andern Feinden keine Huͤlf- fe leiſten ſolten. Wiewol nun dieſe Voͤlcker fuͤr ſich nach gegenwaͤrtigem Zuſtande einen vor- traͤglichen Frieden erlangt zu haben ſchienen; ſo war ſelbter doch der gemeinen Wolfarth der Belgen uͤber aus ſchaͤdlich; und hatten die Ner- vier hiervon keinen andern Vortheil/ als daß die Reye der Dienſtbarkeit an ſie zum letzten kommen wuͤrde. Sintemahl die Roͤmer nicht ſo wol ihre Tugend/ als der Mißverſtand de- rer nicht zuſammen haltender Voͤlcker zu Mei- ſtern des Erdbodens gemacht hat. Denn wenn auch die tapfferſten eintzelich kaͤmpffen/ werden alle nach und nach uͤberwunden; und die bey- ſammen ſtehenden Zwerge werden auch der ein- zelen Rieſen maͤchtig. Welchen Fehler die Deutſchen von dem unter gedruͤckten Grichen- lande laͤngſt haͤtten lernen ſollen; deſſen ſaͤmtli- che Staͤdte dardurch ihre Herꝛſchafft eingebuͤſt; weil eine iede herꝛſchen wolte; indem ſie nicht alleine ſelbſt einander ein Bein unterzufchla- gen und zu Kopffe zu wachſen bemuͤht waren; ſondern auch lachende zuſahen und die Haͤnde in die Schoß legten; als die Macedonier und Roͤmer bald dieſer bald einer andern die Dienſt- barkeit aufhalſeten; biß ſie endlich alle es ehe am Halſe fuͤhleten als ſahen. Dieſes Ungluͤcke traff zum erſten die ſtreitbaren Aduaticher; wie- der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1071
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1007[1009]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1071>, abgerufen am 22.11.2024.