Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Deutschland zu fliehen nöthigten; welchemFürst Comius gleichfalls folgte/ nach dem sich Volusenus ihn meuchelmörderisch hinzurichten vergebens bemüht hatte. Als auch Caninius die Festung Uxellodun belägerte/ die Fürsten Drapes und Luterius aber in selbte einen gros- sen Vorrath zu bringen bemüht waren/ schlug die deutsche Reuterey diesem nicht allein alle Wagen ab/ sondern eroberte auch das Läger der Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg den Drapes selbst gefangen; welcher sich her- nach durch Abbruch der Speisen selbst entseelte; als er vernahm: daß Cäsar den Carnutischen Fürsten Guturvat hatte zu tode prügeln/ allen Gefangenen in Uxellodun aber die Hände ab- hauen lassen; wormit zugleich allen Galliern der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent- fiel. Gallien war derogestalt wol überwältigt/ a- anfiel/ P p p p p p 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Deutſchland zu fliehen noͤthigten; welchemFuͤrſt Comius gleichfalls folgte/ nach dem ſich Voluſenus ihn meuchelmoͤrderiſch hinzurichten vergebens bemuͤht hatte. Als auch Caninius die Feſtung Uxellodun belaͤgerte/ die Fuͤrſten Drapes und Luterius aber in ſelbte einen groſ- ſen Vorrath zu bringen bemuͤht waren/ ſchlug die deutſche Reuterey dieſem nicht allein alle Wagen ab/ ſondern eroberte auch das Laͤger der Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg den Drapes ſelbſt gefangen; welcher ſich her- nach durch Abbruch der Speiſen ſelbſt entſeelte; als er vernahm: daß Caͤſar den Carnutiſchen Fuͤrſten Guturvat hatte zu tode pruͤgeln/ allen Gefangenen in Uxellodun aber die Haͤnde ab- hauen laſſen; wormit zugleich allen Galliern der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent- fiel. Gallien war derogeſtalt wol uͤberwaͤltigt/ a- anfiel/ P p p p p p 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1099" n="1035[1037]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> Deutſchland zu fliehen noͤthigten; welchem<lb/> Fuͤrſt Comius gleichfalls folgte/ nach dem ſich<lb/> Voluſenus ihn meuchelmoͤrderiſch hinzurichten<lb/> vergebens bemuͤht hatte. Als auch Caninius<lb/> die Feſtung Uxellodun belaͤgerte/ die Fuͤrſten<lb/> Drapes und Luterius aber in ſelbte einen groſ-<lb/> ſen Vorrath zu bringen bemuͤht waren/ ſchlug<lb/> die deutſche Reuterey dieſem nicht allein alle<lb/> Wagen ab/ ſondern eroberte auch das Laͤger der<lb/> Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg<lb/> den Drapes ſelbſt gefangen; welcher ſich her-<lb/> nach durch Abbruch der Speiſen ſelbſt entſeelte;<lb/> als er vernahm: daß Caͤſar den Carnutiſchen<lb/> Fuͤrſten Guturvat hatte zu tode pruͤgeln/ allen<lb/> Gefangenen in Uxellodun aber die Haͤnde ab-<lb/> hauen laſſen; wormit zugleich allen Galliern<lb/> der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent-<lb/> fiel.</p><lb/> <p>Gallien war derogeſtalt wol uͤberwaͤltigt/ a-<lb/> ber Caͤſars Hertze nicht geſaͤttigt. Denn die<lb/> Herꝛſchſucht iſt geartet wie das Feuer/ das von<lb/> ſeinem Zunder nur mehr hungrig wird. Sie<lb/> iſt weder mit ſich noch mit andern vergnuͤgt; und<lb/> haͤlt ſelbſt die Zeit fuͤr ihren Feind/ weil ſie ſich<lb/> zwiſchen ſeine Begierde und den Beſitz verlang-<lb/> ter Dinge eindringet/ und zwiſchen beyden eine<lb/> Entfernung macht. Die Wehen ihrer Sehn-<lb/> ſucht laſſen niemahls nach. Denn ihre Miß-<lb/> geburten laſſen immer Affter-Buͤrden der ohn-<lb/> maͤchtigen Ehrſucht hinter ſich. Weil nun Caͤ-<lb/> ſar nach uͤberwundenem Gallien keinen Ober-<lb/> herꝛen/ der groſſe Pompejus nach untergedruͤck-<lb/> tem Aſien aber nicht mehr ſeines gleichen ver-<lb/> tragen konte/ ſuchte das nunmehr allzugroſſe<lb/> Rom aus Mangel eines auslaͤndiſchen Feindes<lb/> ihm einen in ſich ſelbſt. Ein Ehrſuͤchtiger haͤlt<lb/> diß ſchon fuͤr einen Raub/ wenn er nicht bekom̃t/<lb/> was ſeine Hoffnung ſeinen Verdienſten zuge-<lb/> ſagt hat. Daher war es Caͤſarn zu Anſpinnung<lb/> des buͤrgerlichen Krieges ſchon genung: da der<lb/> Rath ihm die Buͤrgermeiſter-Wuͤrde verſagte/<lb/> und nach geendig<supplied>t</supplied>em Kriege die Waffen nie-<lb/><cb/> derzulegen ermahnte; gleich als wenn dieſe im<lb/> Kriege wieder die Feinde/ im Friede wieder die<lb/> Buͤrger zu brauchen waͤren: daß ſie niemahls<lb/> verroſteten. Beyde Uhrheber des grauſamen<lb/> Buͤrger-Krieges Caͤſar und Pompejus mein-<lb/> ten ſolchen allzu kaltſinnig anzufangen/ wenn<lb/> ſie nicht die hertzhaffteſten Auslaͤnder mit ins<lb/> Spiel wickelten. Dieſemnach nahm Caͤſar alle<lb/> in Gallien gepruͤffte Deutſche Kriegs-Voͤlcker<lb/> mit in Jtalien; Pompejus aber zohe deßhalben<lb/> Dejotarn mit ſeinen in Aſien eingeſeſſenen<lb/> Deutſchen an ſich. Dieſer allem Anſehen nach<lb/> nicht ſo wol aus Kurtzweil des Gluͤckes/ welches<lb/> durch unterſchiedene Unfaͤlle Caͤſars Siege ſo<lb/> viel herꝛlicher machen wolte/ als Dejotarn zu<lb/> Liebe er aus dem beſetzten Brunduſiſchen See-<lb/> Hafen mit genauer Noth auf einem lecken Na-<lb/> chen entkam/ durch deſſen Huͤlffe er ſeine Sa-<lb/> chen wieder zu Stande brachte/ dem Dolabella<lb/> und Antonius groſſen Abbruch that/ in Epirus<lb/> Caͤſarn friedſame Gedancken abnoͤthigte/ und<lb/> ihn mit groſſem Verluſt von der Stadt Dyr-<lb/> rhachium abſchlug. Hingegen halffen die Deut-<lb/> ſchen bey Eroberung der Stadt Maßilien/ bey<lb/> Uberwindung des Petrejus und Afranius in<lb/> Hiſpanien/ nicht wenig zu Caͤſars Siegen;<lb/> weßwegen auch in dem Caͤſarn auf dem Pyre-<lb/> neiſchen Gebuͤrge aufgerichteten Siegs-Mah-<lb/> le auf der einen Seite des Cattiſchen Fuͤrſten<lb/> Acrumers Nahme mit in Marmel eingegra-<lb/> ben ward. Den Gewinn aber der Pharſali-<lb/> ſchen Schlacht/ da nicht nur der Stadt Rom<lb/> und der beyden unerſaͤttlichen Kriegs-Haͤup-<lb/> ter/ ſondern gleichſam der Welt und des menſch-<lb/> lichen Geſchlechtes Verhaͤngnuͤß auf der Wag-<lb/> Schale lag/ hat Caͤſar niemanden/ als denen<lb/> dreytauſend deutſchen Reutern unter denen<lb/> Fuͤrſten Erdmund und Acrumern ohne Wie-<lb/> derrede zu dancken. Denn nach dem P<supplied>o</supplied>mpejus<lb/> faſt zweyfach ſtaͤrcker/ als Caͤſar war/ inſonder-<lb/> heit aber dreymahl mehr Reuterey hatte/ wor-<lb/> mit er Caͤſars Kriegs-Volck auf allen Seiten<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P p p p p p 2</fw><fw place="bottom" type="catch">anfiel/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1035[1037]/1099]
Arminius und Thußnelda.
Deutſchland zu fliehen noͤthigten; welchem
Fuͤrſt Comius gleichfalls folgte/ nach dem ſich
Voluſenus ihn meuchelmoͤrderiſch hinzurichten
vergebens bemuͤht hatte. Als auch Caninius
die Feſtung Uxellodun belaͤgerte/ die Fuͤrſten
Drapes und Luterius aber in ſelbte einen groſ-
ſen Vorrath zu bringen bemuͤht waren/ ſchlug
die deutſche Reuterey dieſem nicht allein alle
Wagen ab/ ſondern eroberte auch das Laͤger der
Gallier/ und kriegte der Ritter Waldenburg
den Drapes ſelbſt gefangen; welcher ſich her-
nach durch Abbruch der Speiſen ſelbſt entſeelte;
als er vernahm: daß Caͤſar den Carnutiſchen
Fuͤrſten Guturvat hatte zu tode pruͤgeln/ allen
Gefangenen in Uxellodun aber die Haͤnde ab-
hauen laſſen; wormit zugleich allen Galliern
der Degen/ oder vielmehr gar das Hertze ent-
fiel.
Gallien war derogeſtalt wol uͤberwaͤltigt/ a-
ber Caͤſars Hertze nicht geſaͤttigt. Denn die
Herꝛſchſucht iſt geartet wie das Feuer/ das von
ſeinem Zunder nur mehr hungrig wird. Sie
iſt weder mit ſich noch mit andern vergnuͤgt; und
haͤlt ſelbſt die Zeit fuͤr ihren Feind/ weil ſie ſich
zwiſchen ſeine Begierde und den Beſitz verlang-
ter Dinge eindringet/ und zwiſchen beyden eine
Entfernung macht. Die Wehen ihrer Sehn-
ſucht laſſen niemahls nach. Denn ihre Miß-
geburten laſſen immer Affter-Buͤrden der ohn-
maͤchtigen Ehrſucht hinter ſich. Weil nun Caͤ-
ſar nach uͤberwundenem Gallien keinen Ober-
herꝛen/ der groſſe Pompejus nach untergedruͤck-
tem Aſien aber nicht mehr ſeines gleichen ver-
tragen konte/ ſuchte das nunmehr allzugroſſe
Rom aus Mangel eines auslaͤndiſchen Feindes
ihm einen in ſich ſelbſt. Ein Ehrſuͤchtiger haͤlt
diß ſchon fuͤr einen Raub/ wenn er nicht bekom̃t/
was ſeine Hoffnung ſeinen Verdienſten zuge-
ſagt hat. Daher war es Caͤſarn zu Anſpinnung
des buͤrgerlichen Krieges ſchon genung: da der
Rath ihm die Buͤrgermeiſter-Wuͤrde verſagte/
und nach geendigtem Kriege die Waffen nie-
derzulegen ermahnte; gleich als wenn dieſe im
Kriege wieder die Feinde/ im Friede wieder die
Buͤrger zu brauchen waͤren: daß ſie niemahls
verroſteten. Beyde Uhrheber des grauſamen
Buͤrger-Krieges Caͤſar und Pompejus mein-
ten ſolchen allzu kaltſinnig anzufangen/ wenn
ſie nicht die hertzhaffteſten Auslaͤnder mit ins
Spiel wickelten. Dieſemnach nahm Caͤſar alle
in Gallien gepruͤffte Deutſche Kriegs-Voͤlcker
mit in Jtalien; Pompejus aber zohe deßhalben
Dejotarn mit ſeinen in Aſien eingeſeſſenen
Deutſchen an ſich. Dieſer allem Anſehen nach
nicht ſo wol aus Kurtzweil des Gluͤckes/ welches
durch unterſchiedene Unfaͤlle Caͤſars Siege ſo
viel herꝛlicher machen wolte/ als Dejotarn zu
Liebe er aus dem beſetzten Brunduſiſchen See-
Hafen mit genauer Noth auf einem lecken Na-
chen entkam/ durch deſſen Huͤlffe er ſeine Sa-
chen wieder zu Stande brachte/ dem Dolabella
und Antonius groſſen Abbruch that/ in Epirus
Caͤſarn friedſame Gedancken abnoͤthigte/ und
ihn mit groſſem Verluſt von der Stadt Dyr-
rhachium abſchlug. Hingegen halffen die Deut-
ſchen bey Eroberung der Stadt Maßilien/ bey
Uberwindung des Petrejus und Afranius in
Hiſpanien/ nicht wenig zu Caͤſars Siegen;
weßwegen auch in dem Caͤſarn auf dem Pyre-
neiſchen Gebuͤrge aufgerichteten Siegs-Mah-
le auf der einen Seite des Cattiſchen Fuͤrſten
Acrumers Nahme mit in Marmel eingegra-
ben ward. Den Gewinn aber der Pharſali-
ſchen Schlacht/ da nicht nur der Stadt Rom
und der beyden unerſaͤttlichen Kriegs-Haͤup-
ter/ ſondern gleichſam der Welt und des menſch-
lichen Geſchlechtes Verhaͤngnuͤß auf der Wag-
Schale lag/ hat Caͤſar niemanden/ als denen
dreytauſend deutſchen Reutern unter denen
Fuͤrſten Erdmund und Acrumern ohne Wie-
derrede zu dancken. Denn nach dem Pompejus
faſt zweyfach ſtaͤrcker/ als Caͤſar war/ inſonder-
heit aber dreymahl mehr Reuterey hatte/ wor-
mit er Caͤſars Kriegs-Volck auf allen Seiten
anfiel/
P p p p p p 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |