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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] ward doch des Craßus Meuchelmörder Ma-
xarthes ihm hierinnen für gezogen. Also sind
manche Fürsten geartet: daß sie ehe Laster be-
lohnen/ oder wahre Beleidigungen verzeihen;
als sie das Leid ver gessen/ welches ihnen ein ge-
schickter Diener anzuthun fähig ist; ob er schon
nie dran gedacht hat. Surena muste dieses Un-
recht verschmertzen/ und dem sich an ihn zu rei-
ben suchenden Orodes noch wegen überhobener
Müh Danck sagen; ob er schon sonst in seinem
Thun und Reden auch bey seiner Unterdrü-
ckung die Würde seiner Ankunfft derogestalt in
acht nahm: daß sich niemand ihn verächtlich zu
halten erkühnete. Wie er denn selbst das Her-
tze faste gegen den König die angemuthete
knechtische Aufwartung zu entschuldigen/ da
der/ welchen der König seinen Freund nennt/
unter die Taffel kriechen/ und was ihm her ab
geworffen wird/ wie ein Hund abnagen/ ja
noch darzu von Peitschen blutige Striemen
verschmertzen muß. Zeno fiel ein: Meinem Ur-
thel nach hat Maxarthes hierdurch weniger ge-
wonnen/ als Surena verlohren. Denn die
Entziehung verdienter Ehren gereichet dem
Beschimpfften nur zu grösserm Ruhme. Da-
her meinte Cato: es würde ihm rühmlicher seyn/
wenn die Nachwelt nach seiner unsichtbaren
Ehren-Seule fragen würde/ als wenn die Un-
achtsamkeit selbte zwar für Augen/ niemahls a-
ber im Gedächtnüße hätte. Hingegen ver-
schwinde der Glantz denen verunehrten Wür-
den. Sintemahl diese sodenn nicht nur ihr
Wesen/ sondern auch den Nahmen einbüsten/
wenn sie Unwürdigen zu theile würden. Daher
hätte für etlicher Zeit ein Römer/ als August
seinem Knechte Menas einen güldenen Ring
gegeben/ seinen Ring vom Finger genommen/
in die Tiber geworffen/ und angehoben: Diese
wären vormahls Merckmahle tapfferer Ritter
gewest; nunmehr würden sie Kennzeichen der
Freygelassenen. Jedoch machten die Fürsten
nicht allezeit Würden und Ehren-Mahle aus
[Spaltenumbruch] Unverstande und Leichtsinnigkeit gemein/ son-
dern es steckte zuweilen ein grosses Staats-Ge-
heimnüß darhinter. Denn es wäre der klügste
Handgrieff die Gewalt des Adels zu mäßigen/
wenn selbter vielen/ und zwar auch denen/ die
ihn so sehr nichtver dienten/ zukäme. Daher hät-
te August so viel fremde mit dem Römischen
Bürger-Rechte betheilt/ und so viel Freygelas-
sene zu Edelleuten gemacht. Es ist wahr/ sagte
Malovend. Und ich erinnere mich: daß Her-
zog Aembrich dardurch ihrer viel von der Euba-
gen Gottesdienste ablenckte: daß er nicht wenig
denen Druyden anhängende in hohe Aempter
und über die Eubagen setzte; die gleich wenig
Geschickligkeit hatten. Sintemahl nichts mehr
als der Verdruß einem Unwürdigen nachge-
setzt zu werden/ einem seltzame Entschlüssungen
abnöthigen kan. Aber Surena behielt bey seiner
Beschimpffung ein freudig Gesichte/ und ein
ruhiges Gemüthe. Nach dem aber zarte Seelen
der ihrigen Unrecht mehr als ihr einiges fühlen/
war es der Fürstin Asblaste/ welche in Deutsch-
land gelernt hatte: daß Beschimpffungen nur
durch Blut ausgetilget werden/ unmöglich/ ih-
res Vaters Unrecht ungeahntet zu lassen. Da-
her/ als folgenden Tag Pacor allerhand Ritter-
spiele anstellte/ fand sich Asblaste in unbekandter
Deutschen Rüstung auch auf die Rennebahn.
Und nach dem sie durch ihre Geschickligkeit un-
terschiedene Preiße erhalten; derer einen ihr
Maxarthes reichen solte/ weigerte sie sich solchen
aus seinen/ als eines Meuchel-Mörders Hän-
den/ anzunehmen; ja sie sagte ihm in die Augen/
sie hielte ihn so lange für keinen Edlen/ biß er ihr
zeugte: daß er auch vorwerts einen zu beleidigen
das Hertz hätte. Der dem Maxarthes wenig
günstige Adel gebährdete sich bey dieser Gele-
genheit derogestalt: daß Maxarthes Schande
halber mit Asblasten fechten muste. Aber bald im
ersten Rennen sprang Asblaste nach Deutscher
Art mit solcher Geschwindigkeit vom Pferde/
und durchstach Maxarthen: daß er sich ehe auff

dem

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] ward doch des Craßus Meuchelmoͤrder Ma-
xarthes ihm hierinnen fuͤr gezogen. Alſo ſind
manche Fuͤrſten geartet: daß ſie ehe Laſter be-
lohnen/ oder wahre Beleidigungen verzeihen;
als ſie das Leid ver geſſen/ welches ihnen ein ge-
ſchickter Diener anzuthun faͤhig iſt; ob er ſchon
nie dran gedacht hat. Surena muſte dieſes Un-
recht verſchmertzen/ und dem ſich an ihn zu rei-
ben ſuchenden Orodes noch wegen uͤberhobener
Muͤh Danck ſagen; ob er ſchon ſonſt in ſeinem
Thun und Reden auch bey ſeiner Unterdruͤ-
ckung die Wuͤrde ſeiner Ankunfft derogeſtalt in
acht nahm: daß ſich niemand ihn veraͤchtlich zu
halten erkuͤhnete. Wie er denn ſelbſt das Her-
tze faſte gegen den Koͤnig die angemuthete
knechtiſche Aufwartung zu entſchuldigen/ da
der/ welchen der Koͤnig ſeinen Freund nennt/
unter die Taffel kriechen/ und was ihm her ab
geworffen wird/ wie ein Hund abnagen/ ja
noch darzu von Peitſchen blutige Striemen
verſchmertzen muß. Zeno fiel ein: Meinem Ur-
thel nach hat Maxarthes hierdurch weniger ge-
wonnen/ als Surena verlohren. Denn die
Entziehung verdienter Ehren gereichet dem
Beſchimpfften nur zu groͤſſerm Ruhme. Da-
her meinte Cato: es wuͤrde ihm ruͤhmlicher ſeyn/
wenn die Nachwelt nach ſeiner unſichtbaren
Ehren-Seule fragen wuͤrde/ als wenn die Un-
achtſamkeit ſelbte zwar fuͤr Augen/ niemahls a-
ber im Gedaͤchtnuͤße haͤtte. Hingegen ver-
ſchwinde der Glantz denen verunehrten Wuͤr-
den. Sintemahl dieſe ſodenn nicht nur ihr
Weſen/ ſondern auch den Nahmen einbuͤſten/
wenn ſie Unwuͤrdigen zu theile wuͤrden. Daher
haͤtte fuͤr etlicher Zeit ein Roͤmer/ als Auguſt
ſeinem Knechte Menas einen guͤldenen Ring
gegeben/ ſeinen Ring vom Finger genommen/
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waͤren vormahls Merckmahle tapfferer Ritter
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Freygelaſſenen. Jedoch machten die Fuͤrſten
nicht allezeit Wuͤrden und Ehren-Mahle aus
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dern es ſteckte zuweilen ein groſſes Staats-Ge-
heimnuͤß darhinter. Denn es waͤre der kluͤgſte
Handgrieff die Gewalt des Adels zu maͤßigen/
wenn ſelbter vielen/ und zwar auch denen/ die
ihn ſo ſehr nichtver dienten/ zukaͤme. Daher haͤt-
te Auguſt ſo viel fremde mit dem Roͤmiſchen
Buͤrger-Rechte betheilt/ und ſo viel Freygelaſ-
ſene zu Edelleuten gemacht. Es iſt wahr/ ſagte
Malovend. Und ich erinnere mich: daß Her-
zog Aembrich dardurch ihrer viel von der Euba-
gen Gottesdienſte ablenckte: daß er nicht wenig
denen Druyden anhaͤngende in hohe Aempter
und uͤber die Eubagen ſetzte; die gleich wenig
Geſchickligkeit hatten. Sintemahl nichts mehr
als der Verdruß einem Unwuͤrdigen nachge-
ſetzt zu werden/ einem ſeltzame Entſchluͤſſungen
abnoͤthigen kan. Aber Surena behielt bey ſeiner
Beſchimpffung ein freudig Geſichte/ und ein
ruhiges Gemuͤthe. Nach dem aber zarte Seelen
der ihrigen Unrecht mehr als ihr einiges fuͤhlen/
war es der Fuͤrſtin Asblaſte/ welche in Deutſch-
land gelernt hatte: daß Beſchimpffungen nur
durch Blut ausgetilget werden/ unmoͤglich/ ih-
res Vaters Unrecht ungeahntet zu laſſen. Da-
her/ als folgenden Tag Pacor allerhand Ritter-
ſpiele anſtellte/ fand ſich Asblaſte in unbekandter
Deutſchen Ruͤſtung auch auf die Rennebahn.
Und nach dem ſie durch ihre Geſchickligkeit un-
terſchiedene Preiße erhalten; derer einen ihr
Maxarthes reichen ſolte/ weigeꝛte ſie ſich ſolchen
aus ſeinen/ als eines Meuchel-Moͤrders Haͤn-
den/ anzunehmen; ja ſie ſagte ihm in die Augen/
ſie hielte ihn ſo lange fuͤr keinen Edlen/ biß er ihr
zeugte: daß er auch vorwerts einen zu beleidigen
das Hertz haͤtte. Der dem Maxarthes wenig
guͤnſtige Adel gebaͤhrdete ſich bey dieſer Gele-
genheit derogeſtalt: daß Maxarthes Schande
halber mit Asblaſten fechten muſte. Aber bald im
erſten Rennen ſprang Asblaſte nach Deutſcher
Art mit ſolcher Geſchwindigkeit vom Pferde/
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1046[1048]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1110>, abgerufen am 23.11.2024.