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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] glücklich nach Samosata; wie ihn denn Ter-
namene auch mit Briefen an den Antiochus be-
gleitet/ und ihn um die Befreyung der Parthi-
schen Fürsten auffs beweglichste ersucht hatte.
Wie aber Mithridat alldar erfuhr: daß die
Gefangenen des Fürsten Segimer nach Ty-
rus wären gebracht worden/ reisete er unter si-
chern Geleits-Briefen dahin/ und übergab dem
für Unmuth schier halb todten Segimer seine
Asblaste. Die Freude hemmete eine gute Weile
beyder Zungen/ und die bißherigen Trauer-
Wolcken verwandelten sich in einen Thränen-
Regen; worauf allererst der Sonnenschein
tausend Ergetzligkeiten ihre Gemüther erleuch-
tete/ und sie mehr mit annehmlichen Küssen/
als hierzu viel zu kaltsinnigen Worten ihre
Vergnügung gegen einander ausdrückten.
Hertzog Segimer ließ alsbald nicht alleine
Pharnabazen/ und den Orosmanes loß; son-
dern beschenckte auch Mithridaten und die an-
dern Parther Königlich. Wiewol diese Frey-
heit beyder Parthischen Fürsten und ihres Va-
ters Todten-Bret war; in dem der wütende
Phraates sie beyde an seinem Geburts-Tage
durch Gifft in gewissen bestellten köstlichen
Speisen/ welche gegen ausgesetztem Preiße
von den Persen auf die Königliche Taffel pfleg-
ten geliefert zu werden/ hinrichtete; und als
beym Orodes die anfangs in Wasser/ aus dem
Fluße Choaspes in Chalydonischem Weine/
welchen die Persischen Könige allein trancken/
ihm beygebrachte Wolffs-Milch ohne Scha-
den durchgieng/ seinen Vater mit eigenen Hän-
den erwürgte. Als die Parther derogestalt in
ihre eigene Glieder raseten/ und Antonius
durch seiner Feld-Hauptleute des Sosius und
Canidius Siege/ welche durch Jberien und Al-
banien biß an das Gebürge Caucasus seine
Herrschafft erweiterten/ lüstern gemacht ward/
des Craßus verlohrne Adler dem verhasten
Phraates abzugewinnen/ ließ Hertzog Segi-
mer ein gutes Theil seiner Deutschen unter
[Spaltenumbruch] dem Flavius zurücke; welcher denn auch durch
der Seinigen Tapfferkeit den Antonius von ei-
ner des Craßus gleichen Niederlage errettete/
hierüber aber durch vier tödtliche Bogenschüße
seinen Helden-Geist ausbließ. Segimer aber
kam durch Grichenland und Pannonien mit
seiner Asblasten zu allem Glücke in sein zerrüt-
tetes Vaterland/ um durch das Steuer-Ruder
seiner Klugheit selbtes aus dem für Augen
schwebenden Schiffbruche zu etretten. Denn
nach dem ein Reich ohne Fürsten einer des
Kopffes beraubten Natter gleichet/ welche sich
wol hin und wieder wendet/ aber nicht von der
Stelle kommt/ hatten die Cherusker in Segi-
mers Abwesenheit gleichsam in einer Ohnmacht
gelegen/ biß sie dieser Fürst durch seine Hertz-
hafftigkeit/ ja gantz Deutschland mit dem Son-
nenscheine des edlen Friedens wieder beseelte.
Ob auch wol die Trevirer und Moriner nach
der Zeit wieder die Römischen Landvögte einen
Auffstand machten/ und die Catten durch ihre
Hülffs-Völcker in solchen Krieg schienen einge-
flochten zu werden; weßwegen Nonius Galli-
us oberhalb der Mosel/ und Cajus Carinas o-
berhalb der Maaß mit etlichen Legionen biß an
den Rhein kam; so vermittelte doch der Feldherr
Segimer diesen Zwist/ und traff sich also nicht
ohne Nachdencken: daß als Augustus nach
überwundenem Antonius zu Rom den Tempel
des Janus zusperrete/ Segimer nicht nur
Deutschland/ sondern alle Nord-Völcker zu
Einsteckung ihrer Sebeln bewegte. Wiewol
auch Segimer Deutschland nicht mit so viel
Gold und Edelgesteinen anfüllte/ als August
derselben in seiner reichen Beute aus Egypten
und Syrien nach Rom brachte; so nahm jenes
doch für einen unschätzbaren Reichthum auff:
daß folgendes Jahr die holdselige Asblaste einen
Sohn gebahr/ welcher schon in der Wiege
Merckmahle der väterlichen Tugend und der
mütterlichen Holdseligkeit von sich blicken ließ;
nemlich den Fürsten Herrmann/ welcher nechst

hin

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] gluͤcklich nach Samoſata; wie ihn denn Ter-
namene auch mit Briefen an den Antiochus be-
gleitet/ und ihn um die Befreyung der Parthi-
ſchen Fuͤrſten auffs beweglichſte erſucht hatte.
Wie aber Mithridat alldar erfuhr: daß die
Gefangenen des Fuͤrſten Segimer nach Ty-
rus waͤren gebracht worden/ reiſete er unter ſi-
chern Geleits-Briefen dahin/ und uͤbergab dem
fuͤr Unmuth ſchier halb todten Segimer ſeine
Asblaſte. Die Freude hem̃ete eine gute Weile
beyder Zungen/ und die bißherigen Trauer-
Wolcken verwandelten ſich in einen Thraͤnen-
Regen; worauf allererſt der Sonnenſchein
tauſend Ergetzligkeiten ihre Gemuͤther erleuch-
tete/ und ſie mehr mit annehmlichen Kuͤſſen/
als hierzu viel zu kaltſinnigen Worten ihre
Vergnuͤgung gegen einander ausdruͤckten.
Hertzog Segimer ließ alsbald nicht alleine
Pharnabazen/ und den Oroſmanes loß; ſon-
dern beſchenckte auch Mithridaten und die an-
dern Parther Koͤniglich. Wiewol dieſe Frey-
heit beyder Parthiſchen Fuͤrſten und ihres Va-
ters Todten-Bret war; in dem der wuͤtende
Phraates ſie beyde an ſeinem Geburts-Tage
durch Gifft in gewiſſen beſtellten koͤſtlichen
Speiſen/ welche gegen ausgeſetztem Preiße
von den Perſen auf die Koͤnigliche Taffel pfleg-
ten geliefert zu werden/ hinrichtete; und als
beym Orodes die anfangs in Waſſer/ aus dem
Fluße Choaſpes in Chalydoniſchem Weine/
welchen die Perſiſchen Koͤnige allein trancken/
ihm beygebrachte Wolffs-Milch ohne Scha-
den durchgieng/ ſeinen Vater mit eigenen Haͤn-
den erwuͤrgte. Als die Parther derogeſtalt in
ihre eigene Glieder raſeten/ und Antonius
durch ſeiner Feld-Hauptleute des Soſius und
Canidius Siege/ welche durch Jberien und Al-
banien biß an das Gebuͤrge Caucaſus ſeine
Herꝛſchafft erweiterten/ luͤſtern gemacht ward/
des Craßus verlohrne Adler dem verhaſten
Phraates abzugewinnen/ ließ Hertzog Segi-
mer ein gutes Theil ſeiner Deutſchen unter
[Spaltenumbruch] dem Flavius zuruͤcke; welcher denn auch durch
der Seinigen Tapfferkeit den Antonius von ei-
ner des Craßus gleichen Niederlage errettete/
hieruͤber aber durch vier toͤdtliche Bogenſchuͤße
ſeinen Helden-Geiſt ausbließ. Segimer aber
kam durch Grichenland und Pannonien mit
ſeiner Asblaſten zu allem Gluͤcke in ſein zerruͤt-
tetes Vaterland/ um durch das Steuer-Ruder
ſeiner Klugheit ſelbtes aus dem fuͤr Augen
ſchwebenden Schiffbruche zu etretten. Denn
nach dem ein Reich ohne Fuͤrſten einer des
Kopffes beraubten Natter gleichet/ welche ſich
wol hin und wieder wendet/ aber nicht von der
Stelle kommt/ hatten die Cherusker in Segi-
mers Abweſenheit gleichſam in einer Ohnmacht
gelegen/ biß ſie dieſer Fuͤrſt durch ſeine Hertz-
hafftigkeit/ ja gantz Deutſchland mit dem Son-
nenſcheine des edlen Friedens wieder beſeelte.
Ob auch wol die Trevirer und Moriner nach
der Zeit wieder die Roͤmiſchen Landvoͤgte einen
Auffſtand machten/ und die Catten durch ihre
Huͤlffs-Voͤlcker in ſolchen Krieg ſchienen einge-
flochten zu werden; weßwegen Nonius Galli-
us oberhalb der Moſel/ und Cajus Carinas o-
berhalb der Maaß mit etlichen Legionen biß an
den Rhein kam; ſo vermittelte doch der Feldherꝛ
Segimer dieſen Zwiſt/ und traff ſich alſo nicht
ohne Nachdencken: daß als Auguſtus nach
uͤberwundenem Antonius zu Rom den Tempel
des Janus zuſperrete/ Segimer nicht nur
Deutſchland/ ſondern alle Nord-Voͤlcker zu
Einſteckung ihrer Sebeln bewegte. Wiewol
auch Segimer Deutſchland nicht mit ſo viel
Gold und Edelgeſteinen anfuͤllte/ als Auguſt
derſelben in ſeiner reichen Beute aus Egypten
und Syrien nach Rom brachte; ſo nahm jenes
doch fuͤr einen unſchaͤtzbaren Reichthum auff:
daß folgendes Jahr die holdſelige Asblaſte einen
Sohn gebahr/ welcher ſchon in der Wiege
Merckmahle der vaͤterlichen Tugend und der
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nemlich den Fuͤrſten Herrmann/ welcher nechſt

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1054[1056]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1118>, abgerufen am 23.11.2024.