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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] hin den Ruhm verdienet ein Erhalter der Deut-
schen Freyheit genennt zu werden. Alleine wie
die Freude zu Rom bald als ein Schatten ver-
schwand/ oder die Erfahrung den Römern die
Augen öffnete: daß Kayser August zwar die
Ketten/ an denen er seine Gefangenen im
Siegs-Gepränge zu Rom einführte/ sehen las-
sen/ die aber/ welche er denen Römern selbst an
Hals zu werffen Sinnes war/ in dem Siegs-
Wagen versteckt hatte; also verstellte der Wol-
stand in Deutschland auch bald sein annehmli-
ches Gesichte; Gleich als wenn in der Welt so
wenig eine Glückseligkeit ohne Unlust seyn kön-
te/ als die Natur Rosen ohne Dornen zu zeugen
fähig wäre; und das Betrübnüß der Ergetz-
ligkeit so nothwendig/ als der Sturm auff die
Windstille und auff den hellesten Tag dennoch
eine tunckele Nacht folgen müste. Wiewol man
endlich nach geben muß: daß wir ins gemein
selbst unsers Unglückes Uhrheber sind/ und un-
sere eigene Thaten böse Sternen in den Kreiß
unserer Geburts-Lichter setzen.

Kayser August ließ sich bedüncken: daß seine
Gewalt und Siege aller vorigen Römer über-
treffe/ deßwegen hielt er es auch für eine Noth-
wendigkeit in Pracht und Schau-Spielen es
allen Vorfahren vorzuthun. Er weihete der
Minerva einen köstlichen Tempel/ seinem Va-
ter Julius ein Rath-Hauß und ein Heiligthum
ein. Beyde erfüllte er mit unschätzbaren Sel-
tzamkeiten Egyptens. Aus des Jupiters/ der
Juno und anderer Götter Tempeln räumte er
alle alte Zierrathen/ unter dem Scheine: daß
sie vermodert oder allzu befleckt wären; wormit
ihm alle ihren neuen Reichthum zu dancken
hätten. Auff das Altar der Venus setzte er
Cleopatrens Bild aus dichtem Golde. Mit
Löwen/ Tygern und Elefanten dem Volcke
Lust-Spiele zu halten/ war ihm schon allzuge-
mein. Denn Lucius Marcellus hatte schon
bey nahe für zweyhundert Jahren hundert und
zwey und viertzig den Mohren in Sicilien ab-
[Spaltenumbruch] genommene Elefanten in dem grossen Spiel-
Kreiße von den Bürgern mit Pfeilen erschiessen
lassen. Der grosse Pompejus hatte mit vielen
bey Einweihung seines Schauplatzes/ ein an-
dermahl mit sechshundert Löwen/ wie auch
Scipio Nasica zwischen Elefanten und Bären/
Mucius Scävola mit Löwen einen Kampf an-
gestellt. Sylla hatte nur als Stadtvogt hun-
dert grosse Löwen von Mohrischen Bogenschü-
tzen erlegen/ und hernach Elefanten und wilde
Ochsen mit einander eine blutige Schlacht hal-
ten lassen. Vom Kayser Julius waren eine
grosse Menge fremder Thiere in eitel silbernen
Kefichten/ vierhundert Löwen/ ein Camelpar-
del und zwantzig gethürmte wieder Menschen
fechtende Elefanten; vom Aurelius Scaurus
die ersten/ und zwar hundert und funffzig Pan-
therthiere/ etliche Krocodile und Wasserpferde/
ja auch die Gebeine von dem Meerwunder/
welchem in Syrien Andromede für gestellt ge-
west/ aufgestellet worden. Mit allem diesem
zusammen und noch mehrerm erlustigte August
das Römische Volck. Nun wären zwar seine
verordnete Schlachten zwischen Löwen und
Tigern/ zwischen Panthern und Bären/ zwi-
schen Wasserpferden und Krocodilen/ zwischen
Elefanten und denen vorhin nie zu Rom gese-
henen Thieren/ die von dem Horne auf ihrer
Nasen einen Nahmen bekommen; ja endlich
das Gefechte des hierzu freywilligen Raths-
Herren Vintelius hingegangen. Allein dieses
war unverantwortlich: daß er die in dem Par-
thischen Kriege so hoch verdienten/ in der
Schlacht bey Accium aber gefangenen edlen
Catten und Dacier zwang: daß sie nicht alleine
unter sich selbst/ sondern auch so gar wieder die
grimmigsten Thiere fechten/ zuletzt aber doch
von den Pfeilen Römischer Knaben sterben
musten. Ob auch wol drey deutsche Ritter in
dem grossen Spiel-Kreiße auf die in der Mit-
ten erhobene Marmelnen Geländer die heili-
gen Bilder/ als einer der Göttin Cybele/ der

ander

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] hin den Ruhm verdienet ein Erhalter der Deut-
ſchen Freyheit genennt zu werden. Alleine wie
die Freude zu Rom bald als ein Schatten ver-
ſchwand/ oder die Erfahrung den Roͤmern die
Augen oͤffnete: daß Kayſer Auguſt zwar die
Ketten/ an denen er ſeine Gefangenen im
Siegs-Gepraͤnge zu Rom einfuͤhrte/ ſehen laſ-
ſen/ die aber/ welche er denen Roͤmern ſelbſt an
Hals zu werffen Sinnes war/ in dem Siegs-
Wagen verſteckt hatte; alſo verſtellte der Wol-
ſtand in Deutſchland auch bald ſein annehmli-
ches Geſichte; Gleich als wenn in der Welt ſo
wenig eine Gluͤckſeligkeit ohne Unluſt ſeyn koͤn-
te/ als die Natur Roſen ohne Dornen zu zeugen
faͤhig waͤre; und das Betruͤbnuͤß der Ergetz-
ligkeit ſo nothwendig/ als der Sturm auff die
Windſtille und auff den helleſten Tag dennoch
eine tunckele Nacht folgen muͤſte. Wiewol man
endlich nach geben muß: daß wir ins gemein
ſelbſt unſers Ungluͤckes Uhrheber ſind/ und un-
ſere eigene Thaten boͤſe Sternen in den Kreiß
unſerer Geburts-Lichter ſetzen.

Kayſer Auguſt ließ ſich beduͤncken: daß ſeine
Gewalt und Siege aller vorigen Roͤmer uͤber-
treffe/ deßwegen hielt er es auch fuͤr eine Noth-
wendigkeit in Pracht und Schau-Spielen es
allen Vorfahren vorzuthun. Er weihete der
Minerva einen koͤſtlichen Tempel/ ſeinem Va-
ter Julius ein Rath-Hauß und ein Heiligthum
ein. Beyde erfuͤllte er mit unſchaͤtzbaren Sel-
tzamkeiten Egyptens. Aus des Jupiters/ der
Juno und anderer Goͤtter Tempeln raͤumte er
alle alte Zierrathen/ unter dem Scheine: daß
ſie vermodert oder allzu befleckt waͤren; wormit
ihm alle ihren neuen Reichthum zu dancken
haͤtten. Auff das Altar der Venus ſetzte er
Cleopatrens Bild aus dichtem Golde. Mit
Loͤwen/ Tygern und Elefanten dem Volcke
Luſt-Spiele zu halten/ war ihm ſchon allzuge-
mein. Denn Lucius Marcellus hatte ſchon
bey nahe fuͤr zweyhundert Jahren hundert und
zwey und viertzig den Mohren in Sicilien ab-
[Spaltenumbruch] genommene Elefanten in dem groſſen Spiel-
Kreiße von den Buͤrgern mit Pfeilen erſchieſſen
laſſen. Der groſſe Pompejus hatte mit vielen
bey Einweihung ſeines Schauplatzes/ ein an-
dermahl mit ſechshundert Loͤwen/ wie auch
Scipio Naſica zwiſchen Elefanten und Baͤꝛen/
Mucius Scaͤvola mit Loͤwen einen Kampf an-
geſtellt. Sylla hatte nur als Stadtvogt hun-
dert groſſe Loͤwen von Mohriſchen Bogenſchuͤ-
tzen erlegen/ und hernach Elefanten und wilde
Ochſen mit einander eine blutige Schlacht hal-
ten laſſen. Vom Kayſer Julius waren eine
groſſe Menge fremder Thiere in eitel ſilbernen
Kefichten/ vierhundert Loͤwen/ ein Camelpar-
del und zwantzig gethuͤrmte wieder Menſchen
fechtende Elefanten; vom Aurelius Scaurus
die erſten/ und zwar hundert und funffzig Pan-
therthiere/ etliche Krocodile und Waſſerpferde/
ja auch die Gebeine von dem Meerwunder/
welchem in Syrien Andromede fuͤr geſtellt ge-
weſt/ aufgeſtellet worden. Mit allem dieſem
zuſammen und noch mehrerm erluſtigte Auguſt
das Roͤmiſche Volck. Nun waͤren zwar ſeine
verordnete Schlachten zwiſchen Loͤwen und
Tigern/ zwiſchen Panthern und Baͤren/ zwi-
ſchen Waſſerpferden und Krocodilen/ zwiſchen
Elefanten und denen vorhin nie zu Rom geſe-
henen Thieren/ die von dem Horne auf ihrer
Naſen einen Nahmen bekommen; ja endlich
das Gefechte des hierzu freywilligen Raths-
Herren Vintelius hingegangen. Allein dieſes
war unverantwortlich: daß er die in dem Par-
thiſchen Kriege ſo hoch verdienten/ in der
Schlacht bey Accium aber gefangenen edlen
Catten und Dacier zwang: daß ſie nicht alleine
unter ſich ſelbſt/ ſondern auch ſo gar wieder die
grimmigſten Thiere fechten/ zuletzt aber doch
von den Pfeilen Roͤmiſcher Knaben ſterben
muſten. Ob auch wol drey deutſche Ritter in
dem groſſen Spiel-Kreiße auf die in der Mit-
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gen Bilder/ als einer der Goͤttin Cybele/ der

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[1055[1057]/1119] Arminius und Thußnelda. hin den Ruhm verdienet ein Erhalter der Deut- ſchen Freyheit genennt zu werden. Alleine wie die Freude zu Rom bald als ein Schatten ver- ſchwand/ oder die Erfahrung den Roͤmern die Augen oͤffnete: daß Kayſer Auguſt zwar die Ketten/ an denen er ſeine Gefangenen im Siegs-Gepraͤnge zu Rom einfuͤhrte/ ſehen laſ- ſen/ die aber/ welche er denen Roͤmern ſelbſt an Hals zu werffen Sinnes war/ in dem Siegs- Wagen verſteckt hatte; alſo verſtellte der Wol- ſtand in Deutſchland auch bald ſein annehmli- ches Geſichte; Gleich als wenn in der Welt ſo wenig eine Gluͤckſeligkeit ohne Unluſt ſeyn koͤn- te/ als die Natur Roſen ohne Dornen zu zeugen faͤhig waͤre; und das Betruͤbnuͤß der Ergetz- ligkeit ſo nothwendig/ als der Sturm auff die Windſtille und auff den helleſten Tag dennoch eine tunckele Nacht folgen muͤſte. Wiewol man endlich nach geben muß: daß wir ins gemein ſelbſt unſers Ungluͤckes Uhrheber ſind/ und un- ſere eigene Thaten boͤſe Sternen in den Kreiß unſerer Geburts-Lichter ſetzen. Kayſer Auguſt ließ ſich beduͤncken: daß ſeine Gewalt und Siege aller vorigen Roͤmer uͤber- treffe/ deßwegen hielt er es auch fuͤr eine Noth- wendigkeit in Pracht und Schau-Spielen es allen Vorfahren vorzuthun. Er weihete der Minerva einen koͤſtlichen Tempel/ ſeinem Va- ter Julius ein Rath-Hauß und ein Heiligthum ein. Beyde erfuͤllte er mit unſchaͤtzbaren Sel- tzamkeiten Egyptens. Aus des Jupiters/ der Juno und anderer Goͤtter Tempeln raͤumte er alle alte Zierrathen/ unter dem Scheine: daß ſie vermodert oder allzu befleckt waͤren; wormit ihm alle ihren neuen Reichthum zu dancken haͤtten. Auff das Altar der Venus ſetzte er Cleopatrens Bild aus dichtem Golde. Mit Loͤwen/ Tygern und Elefanten dem Volcke Luſt-Spiele zu halten/ war ihm ſchon allzuge- mein. Denn Lucius Marcellus hatte ſchon bey nahe fuͤr zweyhundert Jahren hundert und zwey und viertzig den Mohren in Sicilien ab- genommene Elefanten in dem groſſen Spiel- Kreiße von den Buͤrgern mit Pfeilen erſchieſſen laſſen. Der groſſe Pompejus hatte mit vielen bey Einweihung ſeines Schauplatzes/ ein an- dermahl mit ſechshundert Loͤwen/ wie auch Scipio Naſica zwiſchen Elefanten und Baͤꝛen/ Mucius Scaͤvola mit Loͤwen einen Kampf an- geſtellt. Sylla hatte nur als Stadtvogt hun- dert groſſe Loͤwen von Mohriſchen Bogenſchuͤ- tzen erlegen/ und hernach Elefanten und wilde Ochſen mit einander eine blutige Schlacht hal- ten laſſen. Vom Kayſer Julius waren eine groſſe Menge fremder Thiere in eitel ſilbernen Kefichten/ vierhundert Loͤwen/ ein Camelpar- del und zwantzig gethuͤrmte wieder Menſchen fechtende Elefanten; vom Aurelius Scaurus die erſten/ und zwar hundert und funffzig Pan- therthiere/ etliche Krocodile und Waſſerpferde/ ja auch die Gebeine von dem Meerwunder/ welchem in Syrien Andromede fuͤr geſtellt ge- weſt/ aufgeſtellet worden. Mit allem dieſem zuſammen und noch mehrerm erluſtigte Auguſt das Roͤmiſche Volck. Nun waͤren zwar ſeine verordnete Schlachten zwiſchen Loͤwen und Tigern/ zwiſchen Panthern und Baͤren/ zwi- ſchen Waſſerpferden und Krocodilen/ zwiſchen Elefanten und denen vorhin nie zu Rom geſe- henen Thieren/ die von dem Horne auf ihrer Naſen einen Nahmen bekommen; ja endlich das Gefechte des hierzu freywilligen Raths- Herren Vintelius hingegangen. Allein dieſes war unverantwortlich: daß er die in dem Par- thiſchen Kriege ſo hoch verdienten/ in der Schlacht bey Accium aber gefangenen edlen Catten und Dacier zwang: daß ſie nicht alleine unter ſich ſelbſt/ ſondern auch ſo gar wieder die grimmigſten Thiere fechten/ zuletzt aber doch von den Pfeilen Roͤmiſcher Knaben ſterben muſten. Ob auch wol drey deutſche Ritter in dem groſſen Spiel-Kreiße auf die in der Mit- ten erhobene Marmelnen Gelaͤnder die heili- gen Bilder/ als einer der Goͤttin Cybele/ der ander

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1055[1057]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1119>, abgerufen am 23.11.2024.