Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
an der übrigen Milch und Wolle. Und Für-sten müssen die Brunnen ihrer Unterthanen derogestalt schöpffen: daß sie selbst nicht darbey erdürsten. Denn auf solchen Fall werden auch die getreuesten unwillig; und ihrer viel werden ehe einen Stich in ihrem Leibe/ als die Abdrü- ckung ihres Vermögens verschmertzen. Das den Leuten angebohrne oder durch Unglück ver- ursachte Armuth drücket zwar die Gemüther zu Bodem; welches aber von dem/ der ihr Schutz- Herr seyn/ und als ein hoher Berg sie wie Thä- ler selbst wässern soll/ entstehet/ bringet sie zu verzweiffeltem Auffstande wieder ihre Ober- Herren. Daher das Römische Volck zwar al- lemahl seine mit dem Rathe habende Zwistig- keiten wegen Verwaltung der Aempter bey- legte/ als aber dieser jenes durch das Acker-Ge- sätze in seinem Vermögen drückte/ gieng die gantze Herrschungs-Art zu Grunde/ und ward in eines eintzelen Menschen Botmäßigkeit ver- wandelt. Denn der/ welcher nichts mehr/ als das nothleidende Leben zu verlieren hat/ setzet selbtes leicht vollends in die Schantze; sonder- lich/ wenn er seinen Bissen Brodt anderwerts liederlich verschwenden/ oder Fremden zum be- sten anwenden sieht. Die Medischen Städte entbrachen sich wegen solcher Bedrängung vom Gehorsam gegen den Cyrus/ und Alcibiades bewegte unter diesem Schein die Asiatischen Städte zum Abfalle von seinem Vaterlande. Halb Africa blieb den Carthaginensern treu auch bey denen unglückseligsten Läufften; biß sie durch unersättliche Blut-Egeln den Ein- wohnern ihren halben Zuwachs abpresten. Aus gleichmäßiger Ursache fielen von ihnen die Hi- spanier/ und von Athen die Bundsgenossen ab. Herentgegen empfindet ein Volck nicht einst die Koppel der Dienstbarkeit an seinem Halse/ welches von Uberflusse wol ausgemästet wird; es bekümmert sich nicht um die Zerdrümmerung der alten Gesetze/ wenn es täglich vom Wolleben angefüllt ist. Es fraget nicht nach der Tichtig- keit seines Fürsten; Also ward von den Persi- [Spaltenumbruch] schen Weisen durch die Freyheit von den Gaben der an des Mergis Stelle auf den Stul gesetz- te Orpasta etliche Jahr nicht gerechtfertiget/ biß ihn endlich der Mangel der Ohren verrieth: Es vergisset endlich seiner angebohrnen Tapffer- keit: Also sind die Gallier/ von welchen wir re- den/ als von Uhrsprung Deutsche/ für Zeiten so streithar/ als wir gewest; aber unsers Wissens durch nichts anders/ als ihren Uberfluß so wei- bisch worden. Fürnehmlich aber hatte Kayser August Ursache Gallien nicht allzusehr mit zu nehmen; weil sie die eusserste Gräntze des Rei- ches halten; weßwegen auch Darius von Moh- ren und Colchiern keine Schatzung nam. Deß- halben befreyte der Kayser auch alle Edlen/ den Pöfel aber ließ er zinsen/ was er am leichsten aufbringen konte/ als die Friesen Leder/ die Si- cilier Getreyde/ die Corsen Wachs. Wormit aber jene unempfindlich das ihrige beytrügen/ setzte er auf Edelgesteine/ Perlen/ Würtzen gros- se Zölle; die unentpehrlichen Lebens-Mittel waren dem Armuth zum Schaden mit nichts belegt. Ja er ließ den Galliern selbst die Ver- waltung des Zinß-Kastens/ und bestellte darü- ber ihre Priester zu Auffsehern. Rhemetalces versetzte: von dieser Gelindigkeit hätte August kurtz hernach selbst abgesetzt/ und den Galliern durch den zwar eingebohrnen aber scharffen Knecht Licinius/ welchen Kayser Julius frey- gelassen/ eine bleyerne Hand aufgelegt; wel- cher des Jahrs vierzehen Monate rechnete/ um so viel öffter die monatliche Schatzung zu erheben/ das Gold- und Silber-Gewichte in der Einnahme der Rentmeister erhöhete/ ausser dem es aber in vorigem Stande ließ; Die Verkauffung alles Saltzes an sich zoh; auf den Rauch/ Lufft/ Wasser und die Begräbnüß-Er- de/ ja auff die Ergetzligkeiten des Ehstandes; insonderheit aber auff eines bey den Morinen noch vom Kayser Julius gepflantzten Ahorn- Baumes Schatten-Genüß/ einen ansehnli- chen Zoll schlug. Und ob schon gantz Gallien über ihn Ach und Weh schrieh/ besänfftigte er Erster Theil. S s s s s s
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
an der uͤbrigen Milch und Wolle. Und Fuͤr-ſten muͤſſen die Brunnen ihrer Unterthanen derogeſtalt ſchoͤpffen: daß ſie ſelbſt nicht darbey erduͤrſten. Denn auf ſolchen Fall werden auch die getreueſten unwillig; und ihrer viel werden ehe einen Stich in ihrem Leibe/ als die Abdruͤ- ckung ihres Vermoͤgens verſchmertzen. Das den Leuten angebohrne oder durch Ungluͤck ver- urſachte Armuth druͤcket zwar die Gemuͤther zu Bodem; welches aber von dem/ der ihr Schutz- Herꝛ ſeyn/ und als ein hoher Berg ſie wie Thaͤ- ler ſelbſt waͤſſern ſoll/ entſtehet/ bringet ſie zu verzweiffeltem Auffſtande wieder ihre Ober- Herꝛen. Daher das Roͤmiſche Volck zwar al- lemahl ſeine mit dem Rathe habende Zwiſtig- keiten wegen Verwaltung der Aempter bey- legte/ als aber dieſer jenes durch das Acker-Ge- ſaͤtze in ſeinem Vermoͤgen druͤckte/ gieng die gantze Herrſchungs-Art zu Grunde/ und ward in eines eintzelen Menſchen Botmaͤßigkeit ver- wandelt. Denn der/ welcher nichts mehr/ als das nothleidende Leben zu verlieren hat/ ſetzet ſelbtes leicht vollends in die Schantze; ſonder- lich/ wenn er ſeinen Biſſen Brodt anderwerts liederlich verſchwenden/ oder Fremden zum be- ſten anwenden ſieht. Die Mediſchen Staͤdte entbꝛachen ſich wegen ſolcheꝛ Bedraͤngung vom Gehorſam gegen den Cyrus/ und Alcibiades bewegte unter dieſem Schein die Aſiatiſchen Staͤdte zum Abfalle von ſeinem Vaterlande. Halb Africa blieb den Carthaginenſern treu auch bey denen ungluͤckſeligſten Laͤufften; biß ſie durch unerſaͤttliche Blut-Egeln den Ein- wohnern ihren halben Zuwachs abpreſten. Aus gleichmaͤßiger Urſache fielen von ihnen die Hi- ſpanier/ und von Athen die Bundsgenoſſen ab. Herentgegen empfindet ein Volck nicht einſt die Koppel der Dienſtbarkeit an ſeinem Halſe/ welches von Uberfluſſe wol ausgemaͤſtet wird; es bekuͤmmert ſich nicht um die Zerdruͤm̃erung der alten Geſetze/ weñ es taͤglich vom Wolleben angefuͤllt iſt. Es fraget nicht nach der Tichtig- keit ſeines Fuͤrſten; Alſo ward von den Perſi- [Spaltenumbruch] ſchen Weiſen durch die Freyheit von den Gaben der an des Mergis Stelle auf den Stul geſetz- te Orpaſta etliche Jahr nicht gerechtfertiget/ biß ihn endlich der Mangel der Ohren verrieth: Es vergiſſet endlich ſeiner angebohrnen Tapffer- keit: Alſo ſind die Gallier/ von welchen wir re- den/ als von Uhrſprung Deutſche/ fuͤr Zeiten ſo ſtreithar/ als wir geweſt; aber unſers Wiſſens durch nichts anders/ als ihren Uberfluß ſo wei- biſch worden. Fuͤrnehmlich aber hatte Kayſer Auguſt Urſache Gallien nicht allzuſehr mit zu nehmen; weil ſie die euſſerſte Graͤntze des Rei- ches halten; weßwegen auch Darius von Moh- ren und Colchiern keine Schatzung nam. Deß- halben befreyte der Kayſer auch alle Edlen/ den Poͤfel aber ließ er zinſen/ was er am leichſten aufbringen konte/ als die Frieſen Leder/ die Si- cilier Getreyde/ die Corſen Wachs. Wormit aber jene unempfindlich das ihrige beytruͤgen/ ſetzte er auf Edelgeſteine/ Perlen/ Wuͤrtzen groſ- ſe Zoͤlle; die unentpehrlichen Lebens-Mittel waren dem Armuth zum Schaden mit nichts belegt. Ja er ließ den Galliern ſelbſt die Ver- waltung des Zinß-Kaſtens/ und beſtellte daruͤ- ber ihre Prieſter zu Auffſehern. Rhemetalces verſetzte: von dieſer Gelindigkeit haͤtte Auguſt kurtz hernach ſelbſt abgeſetzt/ und den Galliern durch den zwar eingebohrnen aber ſcharffen Knecht Licinius/ welchen Kayſer Julius frey- gelaſſen/ eine bleyerne Hand aufgelegt; wel- cher des Jahrs vierzehen Monate rechnete/ um ſo viel oͤffter die monatliche Schatzung zu erheben/ das Gold- und Silber-Gewichte in der Einnahme der Rentmeiſter erhoͤhete/ auſſer dem es aber in vorigem Stande ließ; Die Verkauffung alles Saltzes an ſich zoh; auf den Rauch/ Lufft/ Waſſer und die Begraͤbnuͤß-Er- de/ ja auff die Ergetzligkeiten des Ehſtandes; inſonderheit aber auff eines bey den Morinen noch vom Kayſer Julius gepflantzten Ahorn- Baumes Schatten-Genuͤß/ einen anſehnli- chen Zoll ſchlug. Und ob ſchon gantz Gallien uͤber ihn Ach und Weh ſchrieh/ beſaͤnfftigte er Erſter Theil. S s s s s s
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Arminius und Thußnelda.
an der uͤbrigen Milch und Wolle. Und Fuͤr-
ſten muͤſſen die Brunnen ihrer Unterthanen
derogeſtalt ſchoͤpffen: daß ſie ſelbſt nicht darbey
erduͤrſten. Denn auf ſolchen Fall werden auch
die getreueſten unwillig; und ihrer viel werden
ehe einen Stich in ihrem Leibe/ als die Abdruͤ-
ckung ihres Vermoͤgens verſchmertzen. Das
den Leuten angebohrne oder durch Ungluͤck ver-
urſachte Armuth druͤcket zwar die Gemuͤther zu
Bodem; welches aber von dem/ der ihr Schutz-
Herꝛ ſeyn/ und als ein hoher Berg ſie wie Thaͤ-
ler ſelbſt waͤſſern ſoll/ entſtehet/ bringet ſie
zu verzweiffeltem Auffſtande wieder ihre Ober-
Herꝛen. Daher das Roͤmiſche Volck zwar al-
lemahl ſeine mit dem Rathe habende Zwiſtig-
keiten wegen Verwaltung der Aempter bey-
legte/ als aber dieſer jenes durch das Acker-Ge-
ſaͤtze in ſeinem Vermoͤgen druͤckte/ gieng die
gantze Herrſchungs-Art zu Grunde/ und ward
in eines eintzelen Menſchen Botmaͤßigkeit ver-
wandelt. Denn der/ welcher nichts mehr/ als
das nothleidende Leben zu verlieren hat/ ſetzet
ſelbtes leicht vollends in die Schantze; ſonder-
lich/ wenn er ſeinen Biſſen Brodt anderwerts
liederlich verſchwenden/ oder Fremden zum be-
ſten anwenden ſieht. Die Mediſchen Staͤdte
entbꝛachen ſich wegen ſolcheꝛ Bedraͤngung vom
Gehorſam gegen den Cyrus/ und Alcibiades
bewegte unter dieſem Schein die Aſiatiſchen
Staͤdte zum Abfalle von ſeinem Vaterlande.
Halb Africa blieb den Carthaginenſern treu
auch bey denen ungluͤckſeligſten Laͤufften; biß
ſie durch unerſaͤttliche Blut-Egeln den Ein-
wohnern ihren halben Zuwachs abpreſten. Aus
gleichmaͤßiger Urſache fielen von ihnen die Hi-
ſpanier/ und von Athen die Bundsgenoſſen ab.
Herentgegen empfindet ein Volck nicht einſt
die Koppel der Dienſtbarkeit an ſeinem Halſe/
welches von Uberfluſſe wol ausgemaͤſtet wird;
es bekuͤmmert ſich nicht um die Zerdruͤm̃erung
der alten Geſetze/ weñ es taͤglich vom Wolleben
angefuͤllt iſt. Es fraget nicht nach der Tichtig-
keit ſeines Fuͤrſten; Alſo ward von den Perſi-
ſchen Weiſen durch die Freyheit von den Gaben
der an des Mergis Stelle auf den Stul geſetz-
te Orpaſta etliche Jahr nicht gerechtfertiget/ biß
ihn endlich der Mangel der Ohren verrieth: Es
vergiſſet endlich ſeiner angebohrnen Tapffer-
keit: Alſo ſind die Gallier/ von welchen wir re-
den/ als von Uhrſprung Deutſche/ fuͤr Zeiten ſo
ſtreithar/ als wir geweſt; aber unſers Wiſſens
durch nichts anders/ als ihren Uberfluß ſo wei-
biſch worden. Fuͤrnehmlich aber hatte Kayſer
Auguſt Urſache Gallien nicht allzuſehr mit zu
nehmen; weil ſie die euſſerſte Graͤntze des Rei-
ches halten; weßwegen auch Darius von Moh-
ren und Colchiern keine Schatzung nam. Deß-
halben befreyte der Kayſer auch alle Edlen/ den
Poͤfel aber ließ er zinſen/ was er am leichſten
aufbringen konte/ als die Frieſen Leder/ die Si-
cilier Getreyde/ die Corſen Wachs. Wormit
aber jene unempfindlich das ihrige beytruͤgen/
ſetzte er auf Edelgeſteine/ Perlen/ Wuͤrtzen groſ-
ſe Zoͤlle; die unentpehrlichen Lebens-Mittel
waren dem Armuth zum Schaden mit nichts
belegt. Ja er ließ den Galliern ſelbſt die Ver-
waltung des Zinß-Kaſtens/ und beſtellte daruͤ-
ber ihre Prieſter zu Auffſehern. Rhemetalces
verſetzte: von dieſer Gelindigkeit haͤtte Auguſt
kurtz hernach ſelbſt abgeſetzt/ und den Galliern
durch den zwar eingebohrnen aber ſcharffen
Knecht Licinius/ welchen Kayſer Julius frey-
gelaſſen/ eine bleyerne Hand aufgelegt; wel-
cher des Jahrs vierzehen Monate rechnete/
um ſo viel oͤffter die monatliche Schatzung zu
erheben/ das Gold- und Silber-Gewichte in
der Einnahme der Rentmeiſter erhoͤhete/ auſſer
dem es aber in vorigem Stande ließ; Die
Verkauffung alles Saltzes an ſich zoh; auf den
Rauch/ Lufft/ Waſſer und die Begraͤbnuͤß-Er-
de/ ja auff die Ergetzligkeiten des Ehſtandes;
inſonderheit aber auff eines bey den Morinen
noch vom Kayſer Julius gepflantzten Ahorn-
Baumes Schatten-Genuͤß/ einen anſehnli-
chen Zoll ſchlug. Und ob ſchon gantz Gallien
uͤber ihn Ach und Weh ſchrieh/ beſaͤnfftigte
er
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