Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
er doch durch die Auslieferung des erpreßtenGutes den Kayser nicht allein; sondern trug auch den Ruhm davon: Er hätte denen Galli- ern dem Kayser zum besten die übrigen Schwung-Federn wol ausgezogen. Malo- vend begegnete ihm: Fürsten müssen zu ihrer Diener Fehlern offt wieder Willen ein Auge zudrücken/ um sich der eigenen Schande zu entbrechen: daß sie in Bestellung der Aempter nicht vorsichtiger gewest. Denn es versöhnet zwar kein Opffer so kräfftig des unwilligen Volckes ver gällte Gemüther/ als das Blut ei- nes verhasten Dieners; ja selbst-schuldige Für- sten können sich offt hierdurch weiß brennen. A- ber es benimmet doch einem Fürsten nichts min- der das Ansehen/ wenn er Diener ihrer Boß- heit halber absetzen muß; als einem Leibe/ dem man wegen des Krebses ein Glied abschneidet. Gleichwol aber ließ August den Licinius nicht in Gallien; sondern versetzte ihn nach Art gewis- ser Kräuter/ welche sich in allzu fettem Bodem in Unkraut verwandeln/ in das sändichte Ara- bien. Welch Mittel den Fürsten bey Liebe/ den Diener bey Ehren/ die Länder beym Ge- horsam behält. Alleine diese Erleichterung Galliens wahrsagte den Deutschen eine grosse Bürde. Denn nach dem die Britannier durch Botschafften und Geschäncke den Kayser be- gütigten; mit ihm auch der Handlung wegen einen gewissen Vergleich trafen/ richtete er auch bey dem Altare der Ubier am Rheine eine Nie- derlage auff; von dar er Wein/ Gewürtze/ Sei- de/ und andere zur Uppigkeit dienende Waa- ren häufig in Deutschland verführen ließ. Weil nun die Catten nicht alleine in ihrem Lande kei- ne Handlung verstattet hatten/ sondern auch augenscheinlich wahr nahmen: daß die Römer durch dieses Gewerbe die Härte der Deutschen weich und weibisch zu machen anzielten/ ließen sie auf den Gräntzen bey Leib- und Lebens- Straffe allen Eintritt fremder Handels-Leute verbieten. Der Kayser nahm diß zwar übel/ [Spaltenumbruch] und gleichsam für eine Fehde auf. Sintemahl nicht nur das Recht der Völcker/ sondern die Natur zwischen allen Menschen eine Gemein- schafft aufgerichtet; und ihr getroffener Friede so wol die Deutschen/ als Römer zur Freund- schafft gegen einander verknipfft hätte. Die Catten aber antworteten: Es wäre andern Rö- mern/ ausser Kauff-Leuten/ ihr Land unver- schlossen. Jedes Volck aber wäre berechtiget/ die ausser seiner Gräntze zu halten/ die den in- nerlichen Wolstand verterben könten. Uber diß wäre ihr Verbot nicht neu/ gienge auch nicht nur die Römer/ sondern alle Völcker an. Denn sie hätten niemahls diese Art Menschen bey ih- nen gelitten/ auch noch neulich Sarmatische Handelsleute wieder zurück gewiesen/ und de- nen Svionischen Fürsten das Verlangen ihren Handelsleuten der berühmten Stadt Wisbye auf dem Eylande Gothland Gewerbe zu ver- statten abgeschlagen. Wenn der Kayser sich erinnern würde: daß er keinem Raths-Herrn aus Jtalien/ insonderheit in Egypten zu reisen/ sein Vater Julius keinem über zwantzig Jahr alten Bürger zu Rom länger/ als drey Jahr ausser Jtalien zu leben verboten hätte; daß die Serer und Ripheer keinen Einwohner ausser Landes reisen liessen/ könte er auch das Verbot der Cattischen Fürsten/ welche in ihren Ländern diß/ was August zu Rom/ wären/ keiner Feind- seligkeit beschuldigen. Zeno fieng an: die Cat- ten haben hierinnen wol Recht gehabt. Sinte- temahl es so gar in eines Fürsten Willkühr ste- het: Ob er von fremden Fürsten einige Bot- schafft einlassen wolle. Alleine nach dem die Handlung uns nicht nur mit Würtzen der Wol- lust; sondern auch mit vielen zum Leben nöthi- gen Dingen versorget/ und gleichsam der Sparsamkeit der Natur oder den Mängeln der Länder aushilfft; kan ich kaum glauben: daß die einige Beysorge einschleichender Wollüste die Cattischen Fürsten zum gäntzlichen Verbote der Handlung bewegt haben solle. Nach dem auch
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
er doch durch die Auslieferung des erpreßtenGutes den Kayſer nicht allein; ſondern trug auch den Ruhm davon: Er haͤtte denen Galli- ern dem Kayſer zum beſten die uͤbrigen Schwung-Federn wol ausgezogen. Malo- vend begegnete ihm: Fuͤrſten muͤſſen zu ihrer Diener Fehlern offt wieder Willen ein Auge zudruͤcken/ um ſich der eigenen Schande zu entbrechen: daß ſie in Beſtellung der Aempter nicht vorſichtiger geweſt. Denn es verſoͤhnet zwar kein Opffer ſo kraͤfftig des unwilligen Volckes ver gaͤllte Gemuͤther/ als das Blut ei- nes verhaſten Dieners; ja ſelbſt-ſchuldige Fuͤr- ſten koͤnnen ſich offt hierdurch weiß brennen. A- ber es benimmet doch einem Fuͤrſten nichts min- der das Anſehen/ wenn er Diener ihrer Boß- heit halber abſetzen muß; als einem Leibe/ dem man wegen des Krebſes ein Glied abſchneidet. Gleichwol abeꝛ ließ Auguſt den Licinius nicht in Gallien; ſondern verſetzte ihn nach Art gewiſ- ſer Kraͤuter/ welche ſich in allzu fettem Bodem in Unkraut verwandeln/ in das ſaͤndichte Ara- bien. Welch Mittel den Fuͤrſten bey Liebe/ den Diener bey Ehren/ die Laͤnder beym Ge- horſam behaͤlt. Alleine dieſe Erleichterung Galliens wahrſagte den Deutſchen eine groſſe Buͤrde. Denn nach dem die Britannier durch Botſchafften und Geſchaͤncke den Kayſer be- guͤtigten; mit ihm auch der Handlung wegen einen gewiſſen Vergleich trafen/ richtete er auch bey dem Altare der Ubier am Rheine eine Nie- derlage auff; von dar er Wein/ Gewuͤrtze/ Sei- de/ und andere zur Uppigkeit dienende Waa- ren haͤufig in Deutſchland verfuͤhren ließ. Weil nun die Catten nicht alleine in ihrem Lande kei- ne Handlung verſtattet hatten/ ſondern auch augenſcheinlich wahr nahmen: daß die Roͤmer durch dieſes Gewerbe die Haͤrte der Deutſchen weich und weibiſch zu machen anzielten/ ließen ſie auf den Graͤntzen bey Leib- und Lebens- Straffe allen Eintritt fremder Handels-Leute verbieten. Der Kayſer nahm diß zwar uͤbel/ [Spaltenumbruch] und gleichſam fuͤr eine Fehde auf. Sintemahl nicht nur das Recht der Voͤlcker/ ſondern die Natur zwiſchen allen Menſchen eine Gemein- ſchafft aufgerichtet; und ihr getroffener Friede ſo wol die Deutſchen/ als Roͤmer zur Freund- ſchafft gegen einander verknipfft haͤtte. Die Catten aber antworteten: Es waͤre andern Roͤ- mern/ auſſer Kauff-Leuten/ ihr Land unver- ſchloſſen. Jedes Volck aber waͤre berechtiget/ die auſſer ſeiner Graͤntze zu halten/ die den in- nerlichen Wolſtand verterben koͤnten. Uber diß waͤre ihr Verbot nicht neu/ gienge auch nicht nur die Roͤmer/ ſondern alle Voͤlcker an. Denn ſie haͤtten niemahls dieſe Art Menſchen bey ih- nen gelitten/ auch noch neulich Sarmatiſche Handelsleute wieder zuruͤck gewieſen/ und de- nen Svioniſchen Fuͤrſten das Verlangen ihren Handelsleuten der beruͤhmten Stadt Wisbye auf dem Eylande Gothland Gewerbe zu ver- ſtatten abgeſchlagen. Wenn der Kayſer ſich erinnern wuͤrde: daß er keinem Raths-Herrn aus Jtalien/ inſonderheit in Egypten zu reiſen/ ſein Vater Julius keinem uͤber zwantzig Jahr alten Buͤrger zu Rom laͤnger/ als drey Jahr auſſer Jtalien zu leben verboten haͤtte; daß die Serer und Ripheer keinen Einwohner auſſer Landes reiſen lieſſen/ koͤnte er auch das Verbot der Cattiſchen Fuͤrſten/ welche in ihren Laͤndern diß/ was Auguſt zu Rom/ waͤren/ keiner Feind- ſeligkeit beſchuldigen. Zeno fieng an: die Cat- ten haben hierinnen wol Recht gehabt. Sinte- temahl es ſo gar in eines Fuͤrſten Willkuͤhr ſte- het: Ob er von fremden Fuͤrſten einige Bot- ſchafft einlaſſen wolle. Alleine nach dem die Handlung uns nicht nur mit Wuͤrtzen der Wol- luſt; ſondern auch mit vielen zum Leben noͤthi- gen Dingen verſorget/ und gleichſam der Sparſamkeit der Natur oder den Maͤngeln der Laͤnder aushilfft; kan ich kaum glauben: daß die einige Beyſorge einſchleichender Wolluͤſte die Cattiſchen Fuͤrſten zum gaͤntzlichen Verbote der Handlung bewegt haben ſolle. Nach dem auch
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Siebendes Buch
er doch durch die Auslieferung des erpreßten
Gutes den Kayſer nicht allein; ſondern trug
auch den Ruhm davon: Er haͤtte denen Galli-
ern dem Kayſer zum beſten die uͤbrigen
Schwung-Federn wol ausgezogen. Malo-
vend begegnete ihm: Fuͤrſten muͤſſen zu ihrer
Diener Fehlern offt wieder Willen ein Auge
zudruͤcken/ um ſich der eigenen Schande zu
entbrechen: daß ſie in Beſtellung der Aempter
nicht vorſichtiger geweſt. Denn es verſoͤhnet
zwar kein Opffer ſo kraͤfftig des unwilligen
Volckes ver gaͤllte Gemuͤther/ als das Blut ei-
nes verhaſten Dieners; ja ſelbſt-ſchuldige Fuͤr-
ſten koͤnnen ſich offt hierdurch weiß brennen. A-
ber es benimmet doch einem Fuͤrſten nichts min-
der das Anſehen/ wenn er Diener ihrer Boß-
heit halber abſetzen muß; als einem Leibe/ dem
man wegen des Krebſes ein Glied abſchneidet.
Gleichwol abeꝛ ließ Auguſt den Licinius nicht in
Gallien; ſondern verſetzte ihn nach Art gewiſ-
ſer Kraͤuter/ welche ſich in allzu fettem Bodem
in Unkraut verwandeln/ in das ſaͤndichte Ara-
bien. Welch Mittel den Fuͤrſten bey Liebe/
den Diener bey Ehren/ die Laͤnder beym Ge-
horſam behaͤlt. Alleine dieſe Erleichterung
Galliens wahrſagte den Deutſchen eine groſſe
Buͤrde. Denn nach dem die Britannier durch
Botſchafften und Geſchaͤncke den Kayſer be-
guͤtigten; mit ihm auch der Handlung wegen
einen gewiſſen Vergleich trafen/ richtete er auch
bey dem Altare der Ubier am Rheine eine Nie-
derlage auff; von dar er Wein/ Gewuͤrtze/ Sei-
de/ und andere zur Uppigkeit dienende Waa-
ren haͤufig in Deutſchland verfuͤhren ließ. Weil
nun die Catten nicht alleine in ihrem Lande kei-
ne Handlung verſtattet hatten/ ſondern auch
augenſcheinlich wahr nahmen: daß die Roͤmer
durch dieſes Gewerbe die Haͤrte der Deutſchen
weich und weibiſch zu machen anzielten/ ließen
ſie auf den Graͤntzen bey Leib- und Lebens-
Straffe allen Eintritt fremder Handels-Leute
verbieten. Der Kayſer nahm diß zwar uͤbel/
und gleichſam fuͤr eine Fehde auf. Sintemahl
nicht nur das Recht der Voͤlcker/ ſondern die
Natur zwiſchen allen Menſchen eine Gemein-
ſchafft aufgerichtet; und ihr getroffener Friede
ſo wol die Deutſchen/ als Roͤmer zur Freund-
ſchafft gegen einander verknipfft haͤtte. Die
Catten aber antworteten: Es waͤre andern Roͤ-
mern/ auſſer Kauff-Leuten/ ihr Land unver-
ſchloſſen. Jedes Volck aber waͤre berechtiget/
die auſſer ſeiner Graͤntze zu halten/ die den in-
nerlichen Wolſtand verterben koͤnten. Uber diß
waͤre ihr Verbot nicht neu/ gienge auch nicht
nur die Roͤmer/ ſondern alle Voͤlcker an. Denn
ſie haͤtten niemahls dieſe Art Menſchen bey ih-
nen gelitten/ auch noch neulich Sarmatiſche
Handelsleute wieder zuruͤck gewieſen/ und de-
nen Svioniſchen Fuͤrſten das Verlangen ihren
Handelsleuten der beruͤhmten Stadt Wisbye
auf dem Eylande Gothland Gewerbe zu ver-
ſtatten abgeſchlagen. Wenn der Kayſer ſich
erinnern wuͤrde: daß er keinem Raths-Herrn
aus Jtalien/ inſonderheit in Egypten zu reiſen/
ſein Vater Julius keinem uͤber zwantzig Jahr
alten Buͤrger zu Rom laͤnger/ als drey Jahr
auſſer Jtalien zu leben verboten haͤtte; daß die
Serer und Ripheer keinen Einwohner auſſer
Landes reiſen lieſſen/ koͤnte er auch das Verbot
der Cattiſchen Fuͤrſten/ welche in ihren Laͤndern
diß/ was Auguſt zu Rom/ waͤren/ keiner Feind-
ſeligkeit beſchuldigen. Zeno fieng an: die Cat-
ten haben hierinnen wol Recht gehabt. Sinte-
temahl es ſo gar in eines Fuͤrſten Willkuͤhr ſte-
het: Ob er von fremden Fuͤrſten einige Bot-
ſchafft einlaſſen wolle. Alleine nach dem die
Handlung uns nicht nur mit Wuͤrtzen der Wol-
luſt; ſondern auch mit vielen zum Leben noͤthi-
gen Dingen verſorget/ und gleichſam der
Sparſamkeit der Natur oder den Maͤngeln
der Laͤnder aushilfft; kan ich kaum glauben: daß
die einige Beyſorge einſchleichender Wolluͤſte
die Cattiſchen Fuͤrſten zum gaͤntzlichen Verbote
der Handlung bewegt haben ſolle. Nach dem
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