Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] noch den Marbod des zugedachten Raubes ent-
schütten konte; eilte er zu ihm/ eröffnete ihm be-
vorstehende Gefahr; und wie sehr gleich Mar-
bod seine Unschuld betheuerte/ und derogestalt
durch die Flucht sich schuldig zu machen an-
stund; so heredete ihn doch endlich Tiberius: daß
er bey seinem zwar guten Gewissen/ diß mahl
dem Glücke als einer Stieff-Mutter einen
Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und
der Zeit aus dem Wege treten müste; weil die
Unschuld ein genungsamer Schild wieder Ver-
dacht und Eyversucht/ niemahls aber in den
Händen der Erzürnten sicher wäre. Also muste
Marbod nur Rom mit dem Rücken anseben/
wiewol Tiberius durch seine Entfernung end-
lich Vipsanien bewegte: daß sie Juliens An-
schlag Agrippen verschwieg; welche sich hierü-
ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete
Liebe gegen den Marbod/ welchen sie vorsätzlich
weggereiset zu seyn glaubte/ in Gall und Gifft
verwandelte.

Marbod kam derogestalt in sein Vaterland/
als der Hermundurer und Marckmänner
Kriegs-Zustand gegen dem Hertzoge Britton
ziemlich schlecht beschaffen war. Alleine weil
es der Marckmännische Adel für den höchsten
Glantz eines Geschlechtes hält/ wenn ihrer viel
aus selbtem den Degen wieder Fürsten gezückt
haben/ wenn schon selbte hierüber den Hals un-
ter das Beil des Scharffrichters bücken müssen/
über diß die Geryonische Weissagung ihm ei-
nen Muth machte auff was hohes zu dencken;
schlug er sich auff die Seite des Volckes; und
ward ein Oberster über zwey tausend Marck-
männer. Facksariff rückte hierauf mit einem
verstärckten Heere für die Stadt Samulocen/
und als der Narisker Fürst Patalin solches ent-
setzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti-
ge Feld-Schlacht/ Facksariff mit allem Kriegs-
Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit
seinen zweytausend Marckmännern Stand;
sonderlich als Patalin abermahls den lincken
[Spaltenumbruch] Flügel allzuweit verfolgte/ und sein übriges
Volck der Hermundurer Geräthe zu plündern
anfieng. Dieses Beyspiel des behertzten Mar-
bods/ welcher hierüber gleichsam Meister im
Felde blieb/ bewegte die Flüchtigen: daß sie sich
wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und ü-
ber sie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff
gieng Samolucen/ und alle Städte zwischen
der Donau und dem Meyn über; Marbod a-
ber ward für einen Erhalter der Freyheit aus-
geruffen. Sekkes schlug unter dem Hercini-
schen Gebürge mit dem Fürsten Britton selbst
nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er
etliche Plätze/ die Britton besetzte. Worüber
der Reichs-Rath den Sekkes aus geschöpftem
Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fürsten
hielte/ seine Feldhauptmannschafft nieder zule-
gen zwange; hingegen Facksariff an seine
Stelle/ und Marbod ihm an die Seite gesetzt
ward. Diesemnach zohen beyde Theile ihre
eusserste Kräfften zusammen. Britton ward
von denen Sedusiern/ derer Druyden seine
Gemahlin güldene Berge versprochen hatte/
die Hermundurer aber von Marckmännern an-
sehnlich verstärcket. Hierauf rückten sie schwer-
müthig zusammen; gleich als wenn dieser einige
Tag den Ausschlag der Sache geben solte. Die
Kriegs-Häupter konten für Grimm ihre Völ-
cker nicht einst zur Tapfferkeit ermahnen; aber
die Verbitterung reitzte einen ieden schon zur
Rache und Blutstürtzung an. Der hitzige Streit
gab ein Gethöne von sich/ als wenn Felsen ge-
gen Felsen rennten/ und sich auf einander zer-
scheuterten. Der kühne Fürst Patalin und
sein Bruder Zomir fochten im rechten Flügel
wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener stieß
dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths
lincken Flügel führte/ einen Spieß durch das
dicke Bein; dieser aber schmieß ihm eine lange
Hacke ins Gesichte: daß er zu Bodem fiel und
gefangen ward; worüber der lincke Flügel in
offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton

setzte

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] noch den Marbod des zugedachten Raubes ent-
ſchuͤtten konte; eilte er zu ihm/ eroͤffnete ihm be-
vorſtehende Gefahr; und wie ſehr gleich Mar-
bod ſeine Unſchuld betheuerte/ und derogeſtalt
durch die Flucht ſich ſchuldig zu machen an-
ſtund; ſo heredete ihn doch endlich Tiberius: daß
er bey ſeinem zwar guten Gewiſſen/ diß mahl
dem Gluͤcke als einer Stieff-Mutter einen
Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und
der Zeit aus dem Wege treten muͤſte; weil die
Unſchuld ein genungſamer Schild wieder Ver-
dacht und Eyverſucht/ niemahls aber in den
Haͤnden der Erzuͤrnten ſicher waͤre. Alſo muſte
Marbod nur Rom mit dem Ruͤcken anſeben/
wiewol Tiberius durch ſeine Entfernung end-
lich Vipſanien bewegte: daß ſie Juliens An-
ſchlag Agrippen verſchwieg; welche ſich hieruͤ-
ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete
Liebe gegen den Marbod/ welchen ſie vorſaͤtzlich
weggereiſet zu ſeyn glaubte/ in Gall und Gifft
verwandelte.

Marbod kam derogeſtalt in ſein Vaterland/
als der Hermundurer und Marckmaͤnner
Kriegs-Zuſtand gegen dem Hertzoge Britton
ziemlich ſchlecht beſchaffen war. Alleine weil
es der Marckmaͤnniſche Adel fuͤr den hoͤchſten
Glantz eines Geſchlechtes haͤlt/ wenn ihrer viel
aus ſelbtem den Degen wieder Fuͤrſten gezuͤckt
haben/ wenn ſchon ſelbte hieruͤber den Hals un-
ter das Beil des Scharffrichters buͤcken muͤſſen/
uͤber diß die Geryoniſche Weiſſagung ihm ei-
nen Muth machte auff was hohes zu dencken;
ſchlug er ſich auff die Seite des Volckes; und
ward ein Oberſter uͤber zwey tauſend Marck-
maͤnner. Fackſariff ruͤckte hierauf mit einem
verſtaͤrckten Heere fuͤr die Stadt Samulocen/
und als der Narisker Fuͤrſt Patalin ſolches ent-
ſetzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti-
ge Feld-Schlacht/ Fackſariff mit allem Kriegs-
Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit
ſeinen zweytauſend Marckmaͤnnern Stand;
ſonderlich als Patalin abermahls den lincken
[Spaltenumbruch] Fluͤgel allzuweit verfolgte/ und ſein uͤbriges
Volck der Hermundurer Geraͤthe zu pluͤndern
anfieng. Dieſes Beyſpiel des behertzten Mar-
bods/ welcher hieruͤber gleichſam Meiſter im
Felde blieb/ bewegte die Fluͤchtigen: daß ſie ſich
wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und uͤ-
ber ſie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff
gieng Samolucen/ und alle Staͤdte zwiſchen
der Donau und dem Meyn uͤber; Marbod a-
ber ward fuͤr einen Erhalter der Freyheit aus-
geruffen. Sekkes ſchlug unter dem Hercini-
ſchen Gebuͤrge mit dem Fuͤrſten Britton ſelbſt
nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er
etliche Plaͤtze/ die Britton beſetzte. Woruͤber
der Reichs-Rath den Sekkes aus geſchoͤpftem
Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fuͤrſten
hielte/ ſeine Feldhauptmannſchafft nieder zule-
gen zwange; hingegen Fackſariff an ſeine
Stelle/ und Marbod ihm an die Seite geſetzt
ward. Dieſemnach zohen beyde Theile ihre
euſſerſte Kraͤfften zuſammen. Britton ward
von denen Seduſiern/ derer Druyden ſeine
Gemahlin guͤldene Berge verſprochen hatte/
die Hermundurer aber von Marckmaͤñern an-
ſehnlich verſtaͤrcket. Hierauf ruͤckten ſie ſchwer-
muͤthig zuſammen; gleich als wenn dieſer einige
Tag den Ausſchlag der Sache geben ſolte. Die
Kriegs-Haͤupter konten fuͤr Grimm ihre Voͤl-
cker nicht einſt zur Tapfferkeit ermahnen; aber
die Verbitterung reitzte einen ieden ſchon zur
Rache und Blutſtuͤrtzung an. Der hitzige Streit
gab ein Gethoͤne von ſich/ als wenn Felſen ge-
gen Felſen rennten/ und ſich auf einander zer-
ſcheuterten. Der kuͤhne Fuͤrſt Patalin und
ſein Bruder Zomir fochten im rechten Fluͤgel
wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener ſtieß
dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths
lincken Fluͤgel fuͤhrte/ einen Spieß durch das
dicke Bein; dieſer aber ſchmieß ihm eine lange
Hacke ins Geſichte: daß er zu Bodem fiel und
gefangen ward; woruͤber der lincke Fluͤgel in
offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton

ſetzte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1136" n="1072[1074]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
noch den Marbod des zugedachten Raubes ent-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tten konte; eilte er zu ihm/ ero&#x0364;ffnete ihm be-<lb/>
vor&#x017F;tehende Gefahr; und wie &#x017F;ehr gleich Mar-<lb/>
bod &#x017F;eine Un&#x017F;chuld betheuerte/ und deroge&#x017F;talt<lb/>
durch die Flucht &#x017F;ich &#x017F;chuldig zu machen an-<lb/>
&#x017F;tund; &#x017F;o heredete ihn doch endlich Tiberius: daß<lb/>
er bey &#x017F;einem zwar guten Gewi&#x017F;&#x017F;en/ diß mahl<lb/>
dem Glu&#x0364;cke als einer Stieff-Mutter einen<lb/>
Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und<lb/>
der Zeit aus dem Wege treten mu&#x0364;&#x017F;te; weil die<lb/>
Un&#x017F;chuld ein genung&#x017F;amer Schild wieder Ver-<lb/>
dacht und Eyver&#x017F;ucht/ niemahls aber in den<lb/>
Ha&#x0364;nden der Erzu&#x0364;rnten &#x017F;icher wa&#x0364;re. Al&#x017F;o mu&#x017F;te<lb/>
Marbod nur Rom mit dem Ru&#x0364;cken an&#x017F;eben/<lb/>
wiewol Tiberius durch &#x017F;eine Entfernung end-<lb/>
lich Vip&#x017F;anien bewegte: daß &#x017F;ie Juliens An-<lb/>
&#x017F;chlag Agrippen ver&#x017F;chwieg; welche &#x017F;ich hieru&#x0364;-<lb/>
ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete<lb/>
Liebe gegen den Marbod/ welchen &#x017F;ie vor&#x017F;a&#x0364;tzlich<lb/>
weggerei&#x017F;et zu &#x017F;eyn glaubte/ in Gall und Gifft<lb/>
verwandelte.</p><lb/>
          <p>Marbod kam deroge&#x017F;talt in &#x017F;ein Vaterland/<lb/>
als der Hermundurer und Marckma&#x0364;nner<lb/>
Kriegs-Zu&#x017F;tand gegen dem Hertzoge Britton<lb/>
ziemlich &#x017F;chlecht be&#x017F;chaffen war. Alleine weil<lb/>
es der Marckma&#x0364;nni&#x017F;che Adel fu&#x0364;r den ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Glantz eines Ge&#x017F;chlechtes ha&#x0364;lt/ wenn ihrer viel<lb/>
aus &#x017F;elbtem den Degen wieder Fu&#x0364;r&#x017F;ten gezu&#x0364;ckt<lb/>
haben/ wenn &#x017F;chon &#x017F;elbte hieru&#x0364;ber den Hals un-<lb/>
ter das Beil des Scharffrichters bu&#x0364;cken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
u&#x0364;ber diß die Geryoni&#x017F;che Wei&#x017F;&#x017F;agung ihm ei-<lb/>
nen Muth machte auff was hohes zu dencken;<lb/>
&#x017F;chlug er &#x017F;ich auff die Seite des Volckes; und<lb/>
ward ein Ober&#x017F;ter u&#x0364;ber zwey tau&#x017F;end Marck-<lb/>
ma&#x0364;nner. Fack&#x017F;ariff ru&#x0364;ckte hierauf mit einem<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;rckten Heere fu&#x0364;r die Stadt Samulocen/<lb/>
und als der Narisker Fu&#x0364;r&#x017F;t Patalin &#x017F;olches ent-<lb/>
&#x017F;etzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti-<lb/>
ge Feld-Schlacht/ Fack&#x017F;ariff mit allem Kriegs-<lb/>
Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit<lb/>
&#x017F;einen zweytau&#x017F;end Marckma&#x0364;nnern Stand;<lb/>
&#x017F;onderlich als Patalin abermahls den lincken<lb/><cb/>
Flu&#x0364;gel allzuweit verfolgte/ und &#x017F;ein u&#x0364;briges<lb/>
Volck der Hermundurer Gera&#x0364;the zu plu&#x0364;ndern<lb/>
anfieng. Die&#x017F;es Bey&#x017F;piel des behertzten Mar-<lb/>
bods/ welcher hieru&#x0364;ber gleich&#x017F;am Mei&#x017F;ter im<lb/>
Felde blieb/ bewegte die Flu&#x0364;chtigen: daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und u&#x0364;-<lb/>
ber &#x017F;ie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff<lb/>
gieng Samolucen/ und alle Sta&#x0364;dte zwi&#x017F;chen<lb/>
der Donau und dem Meyn u&#x0364;ber; Marbod a-<lb/>
ber ward fu&#x0364;r einen Erhalter der Freyheit aus-<lb/>
geruffen. Sekkes &#x017F;chlug unter dem Hercini-<lb/>
&#x017F;chen Gebu&#x0364;rge mit dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Britton &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er<lb/>
etliche Pla&#x0364;tze/ die Britton be&#x017F;etzte. Woru&#x0364;ber<lb/>
der Reichs-Rath den Sekkes aus ge&#x017F;cho&#x0364;pftem<lb/>
Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
hielte/ &#x017F;eine Feldhauptmann&#x017F;chafft nieder zule-<lb/>
gen zwange; hingegen Fack&#x017F;ariff an &#x017F;eine<lb/>
Stelle/ und Marbod ihm an die Seite ge&#x017F;etzt<lb/>
ward. Die&#x017F;emnach zohen beyde Theile ihre<lb/>
eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Kra&#x0364;fften zu&#x017F;ammen. Britton ward<lb/>
von denen Sedu&#x017F;iern/ derer Druyden &#x017F;eine<lb/>
Gemahlin gu&#x0364;ldene Berge ver&#x017F;prochen hatte/<lb/>
die Hermundurer aber von Marckma&#x0364;n&#x0303;ern an-<lb/>
&#x017F;ehnlich ver&#x017F;ta&#x0364;rcket. Hierauf ru&#x0364;ckten &#x017F;ie &#x017F;chwer-<lb/>
mu&#x0364;thig zu&#x017F;ammen; gleich als wenn die&#x017F;er einige<lb/>
Tag den Aus&#x017F;chlag der Sache geben &#x017F;olte. Die<lb/>
Kriegs-Ha&#x0364;upter konten fu&#x0364;r Grimm ihre Vo&#x0364;l-<lb/>
cker nicht ein&#x017F;t zur Tapfferkeit ermahnen; aber<lb/>
die Verbitterung reitzte einen ieden &#x017F;chon zur<lb/>
Rache und Blut&#x017F;tu&#x0364;rtzung an. Der hitzige Streit<lb/>
gab ein Getho&#x0364;ne von &#x017F;ich/ als wenn Fel&#x017F;en ge-<lb/>
gen Fel&#x017F;en rennten/ und &#x017F;ich auf einander zer-<lb/>
&#x017F;cheuterten. Der ku&#x0364;hne Fu&#x0364;r&#x017F;t Patalin und<lb/>
&#x017F;ein Bruder Zomir fochten im rechten Flu&#x0364;gel<lb/>
wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener &#x017F;tieß<lb/>
dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths<lb/>
lincken Flu&#x0364;gel fu&#x0364;hrte/ einen Spieß durch das<lb/>
dicke Bein; die&#x017F;er aber &#x017F;chmieß ihm eine lange<lb/>
Hacke ins Ge&#x017F;ichte: daß er zu Bodem fiel und<lb/>
gefangen ward; woru&#x0364;ber der lincke Flu&#x0364;gel in<lb/>
offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;etzte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1072[1074]/1136] Siebendes Buch noch den Marbod des zugedachten Raubes ent- ſchuͤtten konte; eilte er zu ihm/ eroͤffnete ihm be- vorſtehende Gefahr; und wie ſehr gleich Mar- bod ſeine Unſchuld betheuerte/ und derogeſtalt durch die Flucht ſich ſchuldig zu machen an- ſtund; ſo heredete ihn doch endlich Tiberius: daß er bey ſeinem zwar guten Gewiſſen/ diß mahl dem Gluͤcke als einer Stieff-Mutter einen Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und der Zeit aus dem Wege treten muͤſte; weil die Unſchuld ein genungſamer Schild wieder Ver- dacht und Eyverſucht/ niemahls aber in den Haͤnden der Erzuͤrnten ſicher waͤre. Alſo muſte Marbod nur Rom mit dem Ruͤcken anſeben/ wiewol Tiberius durch ſeine Entfernung end- lich Vipſanien bewegte: daß ſie Juliens An- ſchlag Agrippen verſchwieg; welche ſich hieruͤ- ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete Liebe gegen den Marbod/ welchen ſie vorſaͤtzlich weggereiſet zu ſeyn glaubte/ in Gall und Gifft verwandelte. Marbod kam derogeſtalt in ſein Vaterland/ als der Hermundurer und Marckmaͤnner Kriegs-Zuſtand gegen dem Hertzoge Britton ziemlich ſchlecht beſchaffen war. Alleine weil es der Marckmaͤnniſche Adel fuͤr den hoͤchſten Glantz eines Geſchlechtes haͤlt/ wenn ihrer viel aus ſelbtem den Degen wieder Fuͤrſten gezuͤckt haben/ wenn ſchon ſelbte hieruͤber den Hals un- ter das Beil des Scharffrichters buͤcken muͤſſen/ uͤber diß die Geryoniſche Weiſſagung ihm ei- nen Muth machte auff was hohes zu dencken; ſchlug er ſich auff die Seite des Volckes; und ward ein Oberſter uͤber zwey tauſend Marck- maͤnner. Fackſariff ruͤckte hierauf mit einem verſtaͤrckten Heere fuͤr die Stadt Samulocen/ und als der Narisker Fuͤrſt Patalin ſolches ent- ſetzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti- ge Feld-Schlacht/ Fackſariff mit allem Kriegs- Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit ſeinen zweytauſend Marckmaͤnnern Stand; ſonderlich als Patalin abermahls den lincken Fluͤgel allzuweit verfolgte/ und ſein uͤbriges Volck der Hermundurer Geraͤthe zu pluͤndern anfieng. Dieſes Beyſpiel des behertzten Mar- bods/ welcher hieruͤber gleichſam Meiſter im Felde blieb/ bewegte die Fluͤchtigen: daß ſie ſich wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und uͤ- ber ſie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff gieng Samolucen/ und alle Staͤdte zwiſchen der Donau und dem Meyn uͤber; Marbod a- ber ward fuͤr einen Erhalter der Freyheit aus- geruffen. Sekkes ſchlug unter dem Hercini- ſchen Gebuͤrge mit dem Fuͤrſten Britton ſelbſt nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er etliche Plaͤtze/ die Britton beſetzte. Woruͤber der Reichs-Rath den Sekkes aus geſchoͤpftem Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fuͤrſten hielte/ ſeine Feldhauptmannſchafft nieder zule- gen zwange; hingegen Fackſariff an ſeine Stelle/ und Marbod ihm an die Seite geſetzt ward. Dieſemnach zohen beyde Theile ihre euſſerſte Kraͤfften zuſammen. Britton ward von denen Seduſiern/ derer Druyden ſeine Gemahlin guͤldene Berge verſprochen hatte/ die Hermundurer aber von Marckmaͤñern an- ſehnlich verſtaͤrcket. Hierauf ruͤckten ſie ſchwer- muͤthig zuſammen; gleich als wenn dieſer einige Tag den Ausſchlag der Sache geben ſolte. Die Kriegs-Haͤupter konten fuͤr Grimm ihre Voͤl- cker nicht einſt zur Tapfferkeit ermahnen; aber die Verbitterung reitzte einen ieden ſchon zur Rache und Blutſtuͤrtzung an. Der hitzige Streit gab ein Gethoͤne von ſich/ als wenn Felſen ge- gen Felſen rennten/ und ſich auf einander zer- ſcheuterten. Der kuͤhne Fuͤrſt Patalin und ſein Bruder Zomir fochten im rechten Fluͤgel wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener ſtieß dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths lincken Fluͤgel fuͤhrte/ einen Spieß durch das dicke Bein; dieſer aber ſchmieß ihm eine lange Hacke ins Geſichte: daß er zu Bodem fiel und gefangen ward; woruͤber der lincke Fluͤgel in offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton ſetzte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1136
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1072[1074]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1136>, abgerufen am 23.11.2024.