Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Fürsten müssen zwar ihre Art zu gebieten nachden Gemüthern des Volckes nichts minder als ein kluger Reuter den Zaum und die Stangen nach dem Maule des Pferdes richten. Aber den Zaum gar weg zu werffen wäre beyden unan- ständig; ja ihr selbst eigner Untergang. Denn ein Land könte so wenig ohne ein Oberhaupt/ als ein Schiff ohne Steuer-Ruder und die Welt ohne Sonne seyn. Ja wenn sich auch diese Verbindung zu weilen unter dem Pöfel zergliedere/ so ziehe sie sich doch so begierig wieder in wenig Köpffe zu- sammen/ als das Feuer empor zu glimmen be- müht wäre. Der Himmel zeugte durch den Vorsitz der Sonne/ durch den wunderlichen Lauff der Jrr-Sternen/ durch die vorgehende Grösse und Klarheit ein und des andern Ge- stirnes: daß auch auff der Erde/ als im Spie- gel des Himmels/ unter den Menschen müsse ein Unterscheid/ und über die Geringern ein Haupt seyn; welchem alle andere seinen Glantz und Wesen zu dancken hätten. Die zwey gros- sen Lichter des Tages und der Nacht würden keinmahl in ihrem Wesen/ sondern nur in den Augen der Menschen verfinstert. Sie verdü- sterten mit ihrer Gegenwart zwar alle andere Sternen/ alle Gestirne zusammen aber wären nicht mächtig/ einen Sonnen-Staub an ihnen zu versehren/ oder den geringsten Strahl ihres Glantzes zu vertilgen. Die Ameißen und Bie- nen verschmachteten lieber für Hunger/ ehe sie ihren König Noth leiden liessen. Keine Herr- schafft könte ohne Beschwerde seyn. Die voll- kommensten Sternen wären nicht ohne Fle- cken/ und der helleste Tag nicht ohne Wolcke. Man müste aber nicht die Beschwerligkeit Für- sten aufmutzen/ und ihre Wolthaten ausser Au- gen setzen. Wären zuweilen Völcker ihren Fürsten zu Kopffe gewachsen/ weil die Men- schen in gemein des gegenwärtigen Zustandes/ wie gut er auch wäre/ überdrüßig würden; hät- ten Ehrsüchtige Leute an Götter dieser Welt thätliche Hand gelegt/ um sich in ihre Stelle zu [Spaltenumbruch] schwingen/ oder auch ein Volck sich nicht so wol in Freyheit gesetzt/ als an statt eines sich vielen Herrschern dienstbar gemacht; wäre meist die Reue auf dem Fuße gefolgt; und hätte die- ses nach dem verworffenen Zustande geseuffzet/ die Uhrheber aber solcher Neuerungen hätten ins gemein ihre Köpffe darüber im Stiche ge- lassen. Hingegen pflegten vernünfftige Völ- cker tausend mahl öffter ihre Häupter/ wie sie ihnen das Verhängnüß für gesetzt/ zu vertra- gen/ und ihre Schwachheiten wie andere irrdi- sche Zufälle zu verschmertzen. Die dißfalls klu- gen Cappadocier hätten deßwegen die ihnen von den Römern angebotene und dem Pöfel so annehmliche Freyheit nicht auszustehen getrau- et/ und nach dem sie frey gestanden: daß sie ohne einen König nicht leben könten/ ihnen den Ario- barzanes erkieset. Denen Armeniern wäre die für gülden beschriene Freyheit ein unbekandter Traum/ oder ein fürgebildeter Bleyklumpen. Weil die verhaste Freyheit auch allemahl un- nachbleiblich gedrückt werden muß/ in dem nichts minder die Dienstbarkeit Gunst und Beförderung/ als die Herrschafft tausend Er- getzligkeiten zu ihrer Belohnung hat; hätten für Zeiten die dem Eumenes unterthänigen Städte mit keiner Freyheit ihr Glücke vertauschen wol- len; und ihrer viel aus dem freyen Grichenlande sich unter die Königliche Gewalt des Evagoras nach Salamis gewendet. Zu Rom wäre für längst das Joch ihrer blutigen Freyheit ver- dammet; und Augusten die abzulegen gemein- te Herrschafft aufgenöthigt worden. Weil denn nun wieder des Volckes eigene Wolfarth lieffe: daß ein Fürst selbtem über sein Thun/ welches die Staats-Gesetze in geheim zu halten nöthig erachteten/ Rechenschafft geben; und der/ wel- cher Gesetze zu geben und aufzuheben Macht hätte/ selbten unterworffen seyn solte; machte sich das Volck selbst zu einem Wütterich/ und zerstörte das erste Grund-Gesetze/ nehmlich den Gehorsam; wenn es sich über den Höchsten ei- ner X x x x x x 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Fuͤrſten muͤſſen zwar ihre Art zu gebieten nachden Gemuͤthern des Volckes nichts minder als ein kluger Reuter den Zaum und die Stangen nach dem Maule des Pferdes richten. Aber den Zaum gar weg zu werffen waͤre beyden unan- ſtaͤndig; ja ihr ſelbſt eigner Untergang. Deñ ein Land koͤnte ſo wenig ohne ein Obeꝛhaupt/ als ein Schiff ohne Steuer-Ruder und die Welt ohne Soñe ſeyn. Ja weñ ſich auch dieſe Verbindung zu weilen unteꝛ dem Poͤfel zergliedere/ ſo ziehe ſie ſich doch ſo begierig wieder in wenig Koͤpffe zu- ſammen/ als das Feuer empor zu glimmen be- muͤht waͤre. Der Himmel zeugte durch den Vorſitz der Sonne/ durch den wunderlichen Lauff der Jrr-Sternen/ durch die vorgehende Groͤſſe und Klarheit ein und des andern Ge- ſtirnes: daß auch auff der Erde/ als im Spie- gel des Himmels/ unter den Menſchen muͤſſe ein Unterſcheid/ und uͤber die Geringern ein Haupt ſeyn; welchem alle andere ſeinen Glantz und Weſen zu dancken haͤtten. Die zwey groſ- ſen Lichter des Tages und der Nacht wuͤrden keinmahl in ihrem Weſen/ ſondern nur in den Augen der Menſchen verfinſtert. Sie verduͤ- ſterten mit ihrer Gegenwart zwar alle andere Sternen/ alle Geſtirne zuſammen aber waͤren nicht maͤchtig/ einen Sonnen-Staub an ihnen zu verſehren/ oder den geringſten Strahl ihres Glantzes zu vertilgen. Die Ameißen und Bie- nen verſchmachteten lieber fuͤr Hunger/ ehe ſie ihren Koͤnig Noth leiden lieſſen. Keine Herꝛ- ſchafft koͤnte ohne Beſchwerde ſeyn. Die voll- kommenſten Sternen waͤren nicht ohne Fle- cken/ und der helleſte Tag nicht ohne Wolcke. Man muͤſte aber nicht die Beſchwerligkeit Fuͤr- ſten aufmutzen/ und ihre Wolthaten auſſer Au- gen ſetzen. Waͤren zuweilen Voͤlcker ihren Fuͤrſten zu Kopffe gewachſen/ weil die Men- ſchen in gemein des gegenwaͤrtigen Zuſtandes/ wie gut er auch waͤre/ uͤberdruͤßig wuͤrden; haͤt- ten Ehrſuͤchtige Leute an Goͤtter dieſer Welt thaͤtliche Hand gelegt/ um ſich in ihre Stelle zu [Spaltenumbruch] ſchwingen/ oder auch ein Volck ſich nicht ſo wol in Freyheit geſetzt/ als an ſtatt eines ſich vielen Herꝛſchern dienſtbar gemacht; waͤre meiſt die Reue auf dem Fuße gefolgt; und haͤtte die- ſes nach dem verworffenen Zuſtande geſeuffzet/ die Uhrheber aber ſolcher Neuerungen haͤtten ins gemein ihre Koͤpffe daruͤber im Stiche ge- laſſen. Hingegen pflegten vernuͤnfftige Voͤl- cker tauſend mahl oͤffter ihre Haͤupter/ wie ſie ihnen das Verhaͤngnuͤß fuͤr geſetzt/ zu vertra- gen/ und ihre Schwachheiten wie andere irrdi- ſche Zufaͤlle zu verſchmertzen. Die dißfalls klu- gen Cappadocier haͤtten deßwegen die ihnen von den Roͤmern angebotene und dem Poͤfel ſo annehmliche Fꝛeyheit nicht auszuſtehen getrau- et/ und nach dem ſie frey geſtanden: daß ſie ohne einen Koͤnig nicht leben koͤnten/ ihnen den Ario- barzanes erkieſet. Denen Armeniern waͤre die fuͤr guͤlden beſchriene Freyheit ein unbekandter Traum/ oder ein fuͤrgebildeter Bleyklumpen. Weil die verhaſte Freyheit auch allemahl un- nachbleiblich gedruͤckt werden muß/ in dem nichts minder die Dienſtbarkeit Gunſt und Befoͤrderung/ als die Herꝛſchafft tauſend Er- getzligkeiten zu ihrer Belohnung hat; haͤtten fuͤr Zeiten die dem Eumenes unterthaͤnigẽ Staͤdte mit keiner Freyheit ihr Gluͤcke vertauſchẽ wol- len; und ihrer viel aus dem freyen Grichenlande ſich unter die Koͤnigliche Gewalt des Evagoras nach Salamis gewendet. Zu Rom waͤre fuͤr laͤngſt das Joch ihrer blutigen Freyheit ver- dammet; und Auguſten die abzulegen gemein- te Herꝛſchafft aufgenoͤthigt worden. Weil denn nun wieder des Volckes eigene Wolfarth lieffe: daß ein Fuͤrſt ſelbtem uͤber ſein Thun/ welches die Staats-Geſetze in geheim zu halten noͤthig erachteten/ Rechenſchafft geben; und der/ wel- cher Geſetze zu geben und aufzuheben Macht haͤtte/ ſelbten unterworffen ſeyn ſolte; machte ſich das Volck ſelbſt zu einem Wuͤtterich/ und zerſtoͤrte das erſte Grund-Geſetze/ nehmlich den Gehorſam; wenn es ſich uͤber den Hoͤchſten ei- ner X x x x x x 2
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Arminius und Thußnelda.
Fuͤrſten muͤſſen zwar ihre Art zu gebieten nach
den Gemuͤthern des Volckes nichts minder als
ein kluger Reuter den Zaum und die Stangen
nach dem Maule des Pferdes richten. Aber den
Zaum gar weg zu werffen waͤre beyden unan-
ſtaͤndig; ja ihr ſelbſt eigner Untergang. Deñ ein
Land koͤnte ſo wenig ohne ein Obeꝛhaupt/ als ein
Schiff ohne Steuer-Ruder und die Welt ohne
Soñe ſeyn. Ja weñ ſich auch dieſe Verbindung
zu weilen unteꝛ dem Poͤfel zergliedere/ ſo ziehe ſie
ſich doch ſo begierig wieder in wenig Koͤpffe zu-
ſammen/ als das Feuer empor zu glimmen be-
muͤht waͤre. Der Himmel zeugte durch den
Vorſitz der Sonne/ durch den wunderlichen
Lauff der Jrr-Sternen/ durch die vorgehende
Groͤſſe und Klarheit ein und des andern Ge-
ſtirnes: daß auch auff der Erde/ als im Spie-
gel des Himmels/ unter den Menſchen muͤſſe
ein Unterſcheid/ und uͤber die Geringern ein
Haupt ſeyn; welchem alle andere ſeinen Glantz
und Weſen zu dancken haͤtten. Die zwey groſ-
ſen Lichter des Tages und der Nacht wuͤrden
keinmahl in ihrem Weſen/ ſondern nur in den
Augen der Menſchen verfinſtert. Sie verduͤ-
ſterten mit ihrer Gegenwart zwar alle andere
Sternen/ alle Geſtirne zuſammen aber waͤren
nicht maͤchtig/ einen Sonnen-Staub an ihnen
zu verſehren/ oder den geringſten Strahl ihres
Glantzes zu vertilgen. Die Ameißen und Bie-
nen verſchmachteten lieber fuͤr Hunger/ ehe ſie
ihren Koͤnig Noth leiden lieſſen. Keine Herꝛ-
ſchafft koͤnte ohne Beſchwerde ſeyn. Die voll-
kommenſten Sternen waͤren nicht ohne Fle-
cken/ und der helleſte Tag nicht ohne Wolcke.
Man muͤſte aber nicht die Beſchwerligkeit Fuͤr-
ſten aufmutzen/ und ihre Wolthaten auſſer Au-
gen ſetzen. Waͤren zuweilen Voͤlcker ihren
Fuͤrſten zu Kopffe gewachſen/ weil die Men-
ſchen in gemein des gegenwaͤrtigen Zuſtandes/
wie gut er auch waͤre/ uͤberdruͤßig wuͤrden; haͤt-
ten Ehrſuͤchtige Leute an Goͤtter dieſer Welt
thaͤtliche Hand gelegt/ um ſich in ihre Stelle zu
ſchwingen/ oder auch ein Volck ſich nicht ſo wol
in Freyheit geſetzt/ als an ſtatt eines ſich vielen
Herꝛſchern dienſtbar gemacht; waͤre meiſt
die Reue auf dem Fuße gefolgt; und haͤtte die-
ſes nach dem verworffenen Zuſtande geſeuffzet/
die Uhrheber aber ſolcher Neuerungen haͤtten
ins gemein ihre Koͤpffe daruͤber im Stiche ge-
laſſen. Hingegen pflegten vernuͤnfftige Voͤl-
cker tauſend mahl oͤffter ihre Haͤupter/ wie ſie
ihnen das Verhaͤngnuͤß fuͤr geſetzt/ zu vertra-
gen/ und ihre Schwachheiten wie andere irrdi-
ſche Zufaͤlle zu verſchmertzen. Die dißfalls klu-
gen Cappadocier haͤtten deßwegen die ihnen
von den Roͤmern angebotene und dem Poͤfel ſo
annehmliche Fꝛeyheit nicht auszuſtehen getrau-
et/ und nach dem ſie frey geſtanden: daß ſie ohne
einen Koͤnig nicht leben koͤnten/ ihnen den Ario-
barzanes erkieſet. Denen Armeniern waͤre die
fuͤr guͤlden beſchriene Freyheit ein unbekandter
Traum/ oder ein fuͤrgebildeter Bleyklumpen.
Weil die verhaſte Freyheit auch allemahl un-
nachbleiblich gedruͤckt werden muß/ in dem
nichts minder die Dienſtbarkeit Gunſt und
Befoͤrderung/ als die Herꝛſchafft tauſend Er-
getzligkeiten zu ihrer Belohnung hat; haͤtten fuͤr
Zeiten die dem Eumenes unterthaͤnigẽ Staͤdte
mit keiner Freyheit ihr Gluͤcke vertauſchẽ wol-
len; und ihrer viel aus dem freyen Grichenlande
ſich unter die Koͤnigliche Gewalt des Evagoras
nach Salamis gewendet. Zu Rom waͤre fuͤr
laͤngſt das Joch ihrer blutigen Freyheit ver-
dammet; und Auguſten die abzulegen gemein-
te Herꝛſchafft aufgenoͤthigt worden. Weil denn
nun wieder des Volckes eigene Wolfarth lieffe:
daß ein Fuͤrſt ſelbtem uͤber ſein Thun/ welches
die Staats-Geſetze in geheim zu halten noͤthig
erachteten/ Rechenſchafft geben; und der/ wel-
cher Geſetze zu geben und aufzuheben Macht
haͤtte/ ſelbten unterworffen ſeyn ſolte; machte
ſich das Volck ſelbſt zu einem Wuͤtterich/ und
zerſtoͤrte das erſte Grund-Geſetze/ nehmlich den
Gehorſam; wenn es ſich uͤber den Hoͤchſten ei-
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