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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] ner höhern Gewalt anmaste. Die Völcker hät-
ten mehrmahls ein stummes Gesetze zu ihrem
Ab gotte gemacht; Da die Thasier die Todtes-
Straffe dem ausgesetzt/ welcher mit Athen in
Bündnüß zu treten/ Athen demselbten/ der zur
Behauptung des Eylandes Salamis/ die
Thurier den Strick selbtem/ der ihre Gesetze zu
verändern rathen würde. Ein Fürst aber wäre
das lebendige/ ja über alle Gesetze. Der Ober-
Richter antwortete: Es würde ihm nicht schwer
fallen alle wieder der Völcker Freyheit und die
allen Thieren von der Natur erlaubte Gewalt
ungerechte Gewalt durch eigene Beschirmung
abzutreiben streitende Einwürffe zu wiederle-
gen; aber/ wenn er alles nachgäbe/ was von ei-
nem durch keine gewisse Gesetze und seinen Eyd
umschränckten Oberhaupte wäre auf die Bahn
gebracht worden/ liesse sich doch auf die nur un-
ter gewissen Bedingungen angenommene Für-
sten der Hermundurer kein Schluß machen.
Diese wären nicht über/ sondern unter das
Gesetze und den Reichs-Rath gestellt/ auch/
ausser der enträumten Gewalt/ nichts anders
oder bessers/ als ein ander Bürger; welches der
Gesandte für keine Miß geburt aufnehmen sol-
te. Denn Theseus hätte zu Athen/ Agesilaus
zu Sparta/ die Kinder des Cisus zu Argos/ E-
vander in Jtalien/ Hanno zu Carthago in weni-
gen Dingen die Gewalt/ im meisten aber nur
den Königlichen Nahmen besessen. Vercinge-
torich habe in Gallien zwar den Titel eines
Fürsten gehabt; als er aber sich der Herrschafft
bemächtigen wollen/ wäre er mit dem Leben
auch ums erste kommen. Denn weil es schwer
wäre bey grossem Glücke seinen Begierden ei-
nen Riegel fürschieben; weil der Jrrthum den
Menschen mehr/ als der Schatten das Licht
verfolgte/ hätten/ wie viel andere Völcker/ also
auch die Hermundurer ihren Fürsten Ziel und
Maaß für geschrieben; zu Verhütung beforg-
licher Verschwendung ihm nur gewisse Ein-
kunfften ausgesetzt/ zu Hemmung der unersätt-
lichen Herrschenssucht für sich selbst Krieg an-
[Spaltenumbruch] zufangen verwehret. Welche Beschränckung
mit gutem Recht geschehe; weil das Volck ihn
aus Freywilligkeit nicht aus Schuld er wehlet/
dem beruffenen Fürsten aber frey stünde/ sich
solcher Bedingung mit der angebotenen Herr-
schafft zu enteussern. Und nach dem nieman-
den mehr/ als einem Fürsten daran: daß einem
Angelöbnüße nachgelebet würde/ gelegen wä-
re/ erforderte die höchste Noth: daß er keines
Nagels breit von seinem Versprechen absetzte.
Dieser Umschränckung benähme gar nichts: daß
Britton durch Erbrecht über die Hermundu-
rer zu herrschen vermeinte. Denn diß eignete
dem Sohne nichts mehr zu/ als was der Va-
ter gehabt; verstelle aber nicht die anfangs be-
liebte Herrschens-Art. Die Hofemeisterschafft
zu Sparta wäre zwar erblich; aber enge einge-
spannt gewest. Jnsonderheit aber wären Kö-
nigen die Flügel beschnitten; wenn das Volck
ihm einen Reichs-Rath an die Seite gesetzt/
und die Noth selbten jährlich oder zu wichtigen
Sachen zu verschreiben aufgebunden hätte/ und
seine Verknipffung nicht in das gemeine Ange-
löbnüß dem Volcke löblich fürzustehen/ sondern
in gewisse Verbündligkeit eingepflöckt/ ihm a-
ber selbst die Freyheit wiedrigen Falls nicht zu
gehorsamen vorbehalten/ oder gar: daß ein
Haupt seines Reiches verlustig seyn solte/ be-
dungen hätte. Also hätten die Sabeer ihrem
Könige die Burg nicht alleine zu seiner Woh-
nung/ sondern auch zum Ende seiner Herr-
schafft eingeräumt; und wenn er aus selbter nur
einen Fuß gesetzt/ ihn gesteiniget. Die Egyp-
tischen Könige vereydeten selbst ihre Richter:
daß sie dem unrecht urtheilenden Könige nicht
gehorsamen wolten. Die Taprobaner hätten
Erkäntnüß über ihres Königes Urthel; und ob
er schon keine Gewalt hätte einem andern den
Hals abzusprechen; büste er doch seinen eigenen
ein/ wenn er das Volck beleidigte. Von der
Römischen Könige Ausspruche hätte man sich
mit Rechte an das Volck ziehen können; und
Servius Tullius selbst ihm und folgenden Kö-

nigen

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] ner hoͤhern Gewalt anmaſte. Die Voͤlcker haͤt-
ten mehrmahls ein ſtummes Geſetze zu ihrem
Ab gotte gemacht; Da die Thaſier die Todtes-
Straffe dem ausgeſetzt/ welcher mit Athen in
Buͤndnuͤß zu treten/ Athen demſelbten/ der zur
Behauptung des Eylandes Salamis/ die
Thurier den Strick ſelbtem/ der ihre Geſetze zu
veraͤndern rathen wuͤrde. Ein Fuͤrſt aber waͤre
das lebendige/ ja uͤber alle Geſetze. Der Ober-
Richter antwortete: Es wuͤrde ihm nicht ſchwer
fallen alle wieder der Voͤlcker Freyheit und die
allen Thieren von der Natur erlaubte Gewalt
ungerechte Gewalt durch eigene Beſchirmung
abzutreiben ſtreitende Einwuͤrffe zu wiederle-
gen; aber/ wenn er alles nachgaͤbe/ was von ei-
nem durch keine gewiſſe Geſetze und ſeinen Eyd
umſchraͤnckten Oberhaupte waͤre auf die Bahn
gebracht worden/ lieſſe ſich doch auf die nur un-
ter gewiſſen Bedingungen angenom̃ene Fuͤr-
ſten der Hermundurer kein Schluß machen.
Dieſe waͤren nicht uͤber/ ſondern unter das
Geſetze und den Reichs-Rath geſtellt/ auch/
auſſer der entraͤumten Gewalt/ nichts anders
oder beſſers/ als ein ander Buͤrger; welches der
Geſandte fuͤr keine Miß geburt aufnehmen ſol-
te. Denn Theſeus haͤtte zu Athen/ Ageſilaus
zu Sparta/ die Kinder des Ciſus zu Argos/ E-
vander in Jtalien/ Hanno zu Carthago in weni-
gen Dingen die Gewalt/ im meiſten aber nur
den Koͤniglichen Nahmen beſeſſen. Vercinge-
torich habe in Gallien zwar den Titel eines
Fuͤrſten gehabt; als er aber ſich der Herꝛſchafft
bemaͤchtigen wollen/ waͤre er mit dem Leben
auch ums erſte kommen. Denn weil es ſchwer
waͤre bey groſſem Gluͤcke ſeinen Begierden ei-
nen Riegel fuͤrſchieben; weil der Jrrthum den
Menſchen mehr/ als der Schatten das Licht
verfolgte/ haͤtten/ wie viel andere Voͤlcker/ alſo
auch die Hermundurer ihren Fuͤrſten Ziel und
Maaß fuͤr geſchrieben; zu Verhuͤtung beforg-
licher Verſchwendung ihm nur gewiſſe Ein-
kunfften ausgeſetzt/ zu Hemmung der unerſaͤtt-
lichen Herꝛſchensſucht fuͤr ſich ſelbſt Krieg an-
[Spaltenumbruch] zufangen verwehret. Welche Beſchraͤnckung
mit gutem Recht geſchehe; weil das Volck ihn
aus Freywilligkeit nicht aus Schuld er wehlet/
dem beruffenen Fuͤrſten aber frey ſtuͤnde/ ſich
ſolcher Bedingung mit der angebotenen Herꝛ-
ſchafft zu enteuſſern. Und nach dem nieman-
den mehr/ als einem Fuͤrſten daran: daß einem
Angeloͤbnuͤße nachgelebet wuͤrde/ gelegen waͤ-
re/ erforderte die hoͤchſte Noth: daß er keines
Nagels breit von ſeinem Verſprechen abſetzte.
Dieſeꝛ Umſchraͤnckung benaͤhme gaꝛ nichts: daß
Britton durch Erbrecht uͤber die Hermundu-
rer zu herꝛſchen vermeinte. Denn diß eignete
dem Sohne nichts mehr zu/ als was der Va-
ter gehabt; verſtelle aber nicht die anfangs be-
liebte Herꝛſchens-Art. Die Hofemeiſterſchafft
zu Sparta waͤre zwar erblich; aber enge einge-
ſpannt geweſt. Jnſonderheit aber waͤren Koͤ-
nigen die Fluͤgel beſchnitten; wenn das Volck
ihm einen Reichs-Rath an die Seite geſetzt/
und die Noth ſelbten jaͤhrlich oder zu wichtigen
Sachen zu verſchreiben aufgebunden haͤtte/ und
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loͤbnuͤß dem Volcke loͤblich fuͤrzuſtehen/ ſondern
in gewiſſe Verbuͤndligkeit eingepfloͤckt/ ihm a-
ber ſelbſt die Freyheit wiedrigen Falls nicht zu
gehorſamen vorbehalten/ oder gar: daß ein
Haupt ſeines Reiches verluſtig ſeyn ſolte/ be-
dungen haͤtte. Alſo haͤtten die Sabeer ihrem
Koͤnige die Burg nicht alleine zu ſeiner Woh-
nung/ ſondern auch zum Ende ſeiner Herꝛ-
ſchafft eingeraͤumt; und wenn er aus ſelbter nur
einen Fuß geſetzt/ ihn geſteiniget. Die Egyp-
tiſchen Koͤnige vereydeten ſelbſt ihre Richter:
daß ſie dem unrecht urtheilenden Koͤnige nicht
gehorſamen wolten. Die Taprobaner haͤtten
Erkaͤntnuͤß uͤber ihres Koͤniges Urthel; und ob
er ſchon keine Gewalt haͤtte einem andern den
Hals abzuſprechen; buͤſte er doch ſeinen eigenen
ein/ wenn er das Volck beleidigte. Von der
Roͤmiſchen Koͤnige Ausſpruche haͤtte man ſich
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Servius Tullius ſelbſt ihm und folgenden Koͤ-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1084[1086]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1148>, abgerufen am 23.11.2024.