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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Richter-Stul. Die Serischen Könige nähmen
mit gebogenen Knien von ihren Weisen ihre
heilsame Erinnerungen an/ aber diese hielten
für höchste Thorheit sich weiser zu düncken/ als
ihr König/ der das Ebenbild Gottes auf Erden
wäre. Endlich möchten die Hermundurer wol
erwegen: daß sie nicht nur über Brittons/ son-
dern über aller Fürsten Häupter dem Volcke
eine Botmäßigkeit zuzueignen sich erkühneten;
welches Aergernüß alle die zu rächen bemühet
seyn würden/ derer Häupter man mit Ent-
hauptung Brittons erschütterte/ oder gar wa-
ckelnd machte. Und sein mächtiger Fürst der
Burier würde der erste seyn/ der den Degen zü-
cken/ und dem ermordeten Britton mit den
Flammen seines Landes zu Grabe leuchten
wolte.

Alleine weder dieses Einreden noch Dräuen
verfieng bey denen etwas; welche bereit in die-
sem Wercke so weit kommen waren/ dessen Aus-
führung ihnen keine grössere Gefahr zuzoh/ als
der bereits gemachte Anfang/ und die nicht so
wol dem Fürsten Britton/ als der Freyheit des
Volckes den Hals abzuschneiden beschlossen
hatten.

Ein schwaches Weib hätte gleichwol bey na-
he den letzten Tag das gantze Trauerspiel ver-
ändert. Denn des Facksariff Eh-Frau/ wel-
che von weitem dem Hertzoge Britton verwand
war/ und auf die selbter bey ihrem freyledigen
Stande ein Auge geworffen hatte; zohe ihr
seine bevorstehende Ermordung tieff zu Her-
tzen; beredete auch zwey der Kriegs-Häupter
dahin: daß wenn anders ihr Eh-Herr darein
stimmte; sie durch Verwechselung des zu dem
Blutgerüste bestimmten Kriegs-Volcks den
Hertzog Britton auf die Seite zu bringen/ und
zu denen Bastarnen zu flüchten hülffreiche
Hand versprachen. Als sie diese gewonnen/
setzte sie des Nachts mit denen beweglichsten Lie-
besbezeugungen/ und Vorstellung/ daß er sei-
ne bißherigen Siege durch Errettung des ver-
[Spaltenumbruch] dammten Fürsten allererst herrlich machen/ und
den grösten Ruhm der Nachwelt erwerben wür-
de/ an Facksariff. Wiewol dieser nun einwarff:
Es stünde so wol sein/ als des Reiches Unter-
gang auf der Wiedereinsetzung Brittons; er-
klärte sie sich doch: daß sie bloß um sein Leben/
nicht um seinen Fürsten-Hut bäte; dessen letztern
sich Britton entweder selbst willig begeben/ oder
Vermöge der Reichs-Gesetze verlustig machen
würde/ wenn er mit des Kriegs-Volckes Vor-
schub sich aus den Reichs-Gräntzen verfügte.
Facksariff ward von der Liebe/ als der höchsten
Gesetzgeberin in Helden Gemüthern/ gezwun-
gen sich dem Flehen seines mitleidenden Eh-
Weibes zu bequemen. Allein es ward dieses
gute Absehen abermahls gäntzlich verrückt.
Denn Britton/ welchen Facksariff durch an-
gestifftete Kriegs-Leute ausforschen ließ: Ob er
wol gegen Gewinn seines Lebens sich der Her-
zoglichen Würde zu enteussern entschlüssen kön-
te; verwarff diese Vorschläge/ fürschützende:
Ohne Schuld gewaltsam sterben/ wäre ein
blosser Zufall; sein Leben aber mit schimpflichen
Bedingungen retten/ ein Selbst-Mord seiner
Ehre. Welche Entschlüssung den Facksariff
etwas stutzig machte. Nichts desto weniger
gieng er noch für Tage nach Hofe/ und fragte
die zwey oben von seiner Ehfrauen gewonnene
Kriegs-Obersten: was sie von dem bevorstehen-
den Trauer-Spiele hielten? Diese unwissende:
Ob seme Eh-Frau bey ihm für den Hertzog
was ausgerichtet hätte/ antworteten allein:
Es wäre alles zur Hinrichtung fertig; und/ wie
in seiner Hand Brittons Leben und Tod bestün-
de; also wartete man nur auf ihn/ wenn er die
Losung geben würde. Facksariff/ welcher nicht
in einer so lange berathenen Sache zum ersten
eine Veränderung zeigen wolte; versetzte: daß er
niemals was ohne sie geschlossen hätte; und also
Brittons Tod nichts minder von dem Fademe
ihres/ als seines Willens hienge. Einer der
Kriegs-Obersten begegnete ihm: das Urthel

wäre

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Richter-Stul. Die Seriſchen Koͤnige naͤhmen
mit gebogenen Knien von ihren Weiſen ihre
heilſame Erinnerungen an/ aber dieſe hielten
fuͤr hoͤchſte Thorheit ſich weiſer zu duͤncken/ als
ihr Koͤnig/ der das Ebenbild Gottes auf Erden
waͤre. Endlich moͤchten die Hermundurer wol
erwegen: daß ſie nicht nur uͤber Brittons/ ſon-
dern uͤber aller Fuͤrſten Haͤupter dem Volcke
eine Botmaͤßigkeit zuzueignen ſich erkuͤhneten;
welches Aergernuͤß alle die zu raͤchen bemuͤhet
ſeyn wuͤrden/ derer Haͤupter man mit Ent-
hauptung Brittons erſchuͤtterte/ oder gar wa-
ckelnd machte. Und ſein maͤchtiger Fuͤrſt der
Burier wuͤrde der erſte ſeyn/ der den Degen zuͤ-
cken/ und dem ermordeten Britton mit den
Flammen ſeines Landes zu Grabe leuchten
wolte.

Alleine weder dieſes Einreden noch Draͤuen
verfieng bey denen etwas; welche bereit in die-
ſem Wercke ſo weit kommen waren/ deſſen Aus-
fuͤhrung ihnen keine groͤſſere Gefahr zuzoh/ als
der bereits gemachte Anfang/ und die nicht ſo
wol dem Fuͤrſten Britton/ als der Freyheit des
Volckes den Hals abzuſchneiden beſchloſſen
hatten.

Ein ſchwaches Weib haͤtte gleichwol bey na-
he den letzten Tag das gantze Trauerſpiel ver-
aͤndert. Denn des Fackſariff Eh-Frau/ wel-
che von weitem dem Hertzoge Britton verwand
war/ und auf die ſelbter bey ihrem freyledigen
Stande ein Auge geworffen hatte; zohe ihr
ſeine bevorſtehende Ermordung tieff zu Her-
tzen; beredete auch zwey der Kriegs-Haͤupter
dahin: daß wenn anders ihr Eh-Herꝛ darein
ſtimmte; ſie durch Verwechſelung des zu dem
Blutgeruͤſte beſtimmten Kriegs-Volcks den
Hertzog Britton auf die Seite zu bringen/ und
zu denen Baſtarnen zu fluͤchten huͤlffreiche
Hand verſprachen. Als ſie dieſe gewonnen/
ſetzte ſie des Nachts mit denen beweglichſten Lie-
besbezeugungen/ und Vorſtellung/ daß er ſei-
ne bißherigen Siege durch Errettung des ver-
[Spaltenumbruch] dammten Fuͤrſten allererſt herꝛlich machen/ und
den groͤſten Ruhm der Nachwelt erwerben wuͤr-
de/ an Fackſariff. Wiewol dieſer nun einwarff:
Es ſtuͤnde ſo wol ſein/ als des Reiches Unter-
gang auf der Wiedereinſetzung Brittons; er-
klaͤrte ſie ſich doch: daß ſie bloß um ſein Leben/
nicht um ſeinen Fuͤrſten-Hut baͤte; deſſen letztern
ſich Britton entweder ſelbſt willig begeben/ oder
Vermoͤge der Reichs-Geſetze verluſtig machen
wuͤrde/ wenn er mit des Kriegs-Volckes Vor-
ſchub ſich aus den Reichs-Graͤntzen verfuͤgte.
Fackſariff ward von der Liebe/ als der hoͤchſten
Geſetzgeberin in Helden Gemuͤthern/ gezwun-
gen ſich dem Flehen ſeines mitleidenden Eh-
Weibes zu bequemen. Allein es ward dieſes
gute Abſehen abermahls gaͤntzlich verruͤckt.
Denn Britton/ welchen Fackſariff durch an-
geſtifftete Kriegs-Leute ausforſchen ließ: Ob er
wol gegen Gewinn ſeines Lebens ſich der Her-
zoglichen Wuͤrde zu enteuſſern entſchluͤſſen koͤn-
te; verwarff dieſe Vorſchlaͤge/ fuͤrſchuͤtzende:
Ohne Schuld gewaltſam ſterben/ waͤre ein
bloſſer Zufall; ſein Leben aber mit ſchimpflichen
Bedingungen retten/ ein Selbſt-Mord ſeiner
Ehre. Welche Entſchluͤſſung den Fackſariff
etwas ſtutzig machte. Nichts deſto weniger
gieng er noch fuͤr Tage nach Hofe/ und fragte
die zwey oben von ſeiner Ehfrauen gewonnene
Kriegs-Oberſten: was ſie von dem bevorſtehen-
den Trauer-Spiele hielten? Dieſe unwiſſende:
Ob ſeme Eh-Frau bey ihm fuͤr den Hertzog
was ausgerichtet haͤtte/ antworteten allein:
Es waͤre alles zur Hinrichtung fertig; und/ wie
in ſeiner Hand Brittons Leben und Tod beſtuͤn-
de; alſo wartete man nur auf ihn/ wenn er die
Loſung geben wuͤrde. Fackſariff/ welcher nicht
in einer ſo lange berathenen Sache zum erſten
eine Veraͤnderung zeigen wolte; verſetzte: daß er
niemals was ohne ſie geſchloſſen haͤtte; und alſo
Brittons Tod nichts minder von dem Fademe
ihres/ als ſeines Willens hienge. Einer der
Kriegs-Oberſten begegnete ihm: das Urthel

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1086[1088]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1150>, abgerufen am 23.11.2024.