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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] wäre gesprochen/ nun fragte es sich um die
Vollziehung. Fack sariff/ dem seine hierinnen
allzu vorsichtige Eh-Frau nicht vertrauet hatte:
daß sie diese zwey Obersten auf ihre Seite ge-
bracht hätte/ fieng aus geschöpfftem Mißtrau-
en sein Vorhaben durchzubringen; und weil
er ohne diß den Marbod in Saal treten sahe/
aus Verdruß an: So sterbe er denn.
Fügte sich hiermit ins innere Gemach; Die
zwey Obersten aber wusten nichts ferner zu
thun; kamen auch darüber in Gedancken: Es
wäre Gottes Wille nicht: Daß Britton bey
Leben bliebe. Daher ward Britton alsbald
auf eine schwartz beschlagene Trauer-Bühne
gestellt/ und auf einen [s]eidenen Stul gesetzt/ den
tödtlichen Streich zu empfangen. Gleich als
wenn das Gepränge Laster zu rechtfertigen
vermöchte/ oder die aufgeputzte Grausamkeit
weniger eine Unholdin wäre/ als die nackte/ und
der Blutschreyer auf Tapezereyen eine an-
nehmlichere Stimme/ als auf Stein oder Ra-
sen hätte. Britton verlohr also mit einem Strei-
che seine Herrschafft und sein Haupt/ aber nicht
die Obmäßigkeit seines Hertzens/ und den
Muth itzt so standhafft dem Tode/ als vorher
dem Glücke in die Augen zu sehen. Sein Leib
ward zwar gebalsamt und kostbar begraben;
Gleichwol aber zu seiner mehrern Beschimpf-
fung/ als mit ärgerlichen Seuchen behafftet/
ausgeschrien. Nach ihm wurden noch fünff
Marckmännern hoher Ankunfft/ die für seine
Errettung die Waffen ergrieffen hatten/ gleich
als wenn ein so grosser Baum nicht ohne Zer-
schmetterung vieler Aeste fallen könte/ zugleich
die Häupter abgeschlagen. Wiewol nun ihrer
viel den itzt erblasten Fürsten Britton für dem
Streiche des Scharffrichters mit den Augen
getödtet hatten; vermochte doch die Grausam-
keit nicht zu verhindern: daß das meiste Volck/
dem das Schwerdt ehe durch die Seele/ als dem
Britton durch den Hals gieng/ mit bittern
Thränen seinen Fürsten beweinte/ die Mörder
[Spaltenumbruch] aber bey der Göttlichen Rache verklagte. Ja
Facksarif selbst muste wieder seine Einwilligung
hierbey in der Klage gehn. Denn seine Gemah-
lin/ welche für den Hertzog Britton umsonst sich
bemühet hatte/ grämte sich über seiner Hinrich-
tung zu tode. Hingegen ließ der Reichs-Rath
für höchste Verräther ausruffen: Da iemand
sich würde gelüsten lassen nur in Berathschla-
gung zu ziehen: Ob ein ander Fürst über die
Hermundurer herrschen solte. Nach dem auch
viel aus dem Pöfel sich der höchsten Gewalt
theilhafftig gemacht hatten/ diese aber wol wu-
sten: daß der Adel nicht allein neuen Leuten/
wie tugendhafft sie sich auch erzeigen/ allezeit
über Achsel; sondern auch nach der Königlichen
Gewalt ins gemein lüstern wären; stiessen sie
allen hohen Adel aus dem Reichs-Rathe; und
besetzten den neuen grösten theils mit denen ge-
wesenen Kriegs-Häuptern; hoben auch theils
um seine Kräfften zu vermindern/ theils aller
abgestatteten Gewogenheit zu gewinnen das
Vorrecht der Erstgebohrnen in Erbschafften
auf. Welche hefftige Veränderung zwar an-
fangs von den Staats-klugen für eine Mutter
eines bürgerlichen Krieges gehalten/ endlich a-
ber befunden ward: daß das Volck/ welches ins
gemein aus allen Neuerungen ihm güldene
Berge verheisset/ mit höchstem Frolocken die
neue Herrschens-Art billigte.

Viel anders aber nahmen die Marckmän-
ner und Sedusier diese Neuerung auf. Denn
sie erklärten den funfzehnjährigen Fürsten Ju-
bill Brittons Sohn für ihr Oberhaupt. Alleine
das Verhängnüß schien sich gleichsam gantz
wieder Brittons Hauß verschworen zu haben.
Denn Marbod/ dessen gröste Sorgfalt nun-
mehr war das Hefft des Kriegs-Volckes aus
seinen Händen in keine fremde mehr kommen zu
lassen/ brach bey den Sedusiern ein; eroberte
ihre beste Festung mit stürmender Hand; und
ließ alles/ was Waffen tragen konte/ erwürgen.
Dieser glückliche Streich eröffnete alle andere

Festun-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] waͤre geſprochen/ nun fragte es ſich um die
Vollziehung. Fack ſariff/ dem ſeine hierinnen
allzu vorſichtige Eh-Frau nicht vertrauet hatte:
daß ſie dieſe zwey Oberſten auf ihre Seite ge-
bracht haͤtte/ fieng aus geſchoͤpfftem Mißtrau-
en ſein Vorhaben durchzubringen; und weil
er ohne diß den Marbod in Saal treten ſahe/
aus Verdruß an: So ſterbe er denn.
Fuͤgte ſich hiermit ins innere Gemach; Die
zwey Oberſten aber wuſten nichts ferner zu
thun; kamen auch daruͤber in Gedancken: Es
waͤre Gottes Wille nicht: Daß Britton bey
Leben bliebe. Daher ward Britton alsbald
auf eine ſchwartz beſchlagene Trauer-Buͤhne
geſtellt/ und auf einen [ſ]eidenen Stul geſetzt/ den
toͤdtlichen Streich zu empfangen. Gleich als
wenn das Gepraͤnge Laſter zu rechtfertigen
vermoͤchte/ oder die aufgeputzte Grauſamkeit
weniger eine Unholdin waͤre/ als die nackte/ und
der Blutſchreyer auf Tapezereyen eine an-
nehmlichere Stimme/ als auf Stein oder Ra-
ſen haͤtte. Britton verlohr alſo mit einem Strei-
che ſeine Herꝛſchafft und ſein Haupt/ aber nicht
die Obmaͤßigkeit ſeines Hertzens/ und den
Muth itzt ſo ſtandhafft dem Tode/ als vorher
dem Gluͤcke in die Augen zu ſehen. Sein Leib
ward zwar gebalſamt und koſtbar begraben;
Gleichwol aber zu ſeiner mehrern Beſchimpf-
fung/ als mit aͤrgerlichen Seuchen behafftet/
ausgeſchrien. Nach ihm wurden noch fuͤnff
Marckmaͤnnern hoher Ankunfft/ die fuͤr ſeine
Errettung die Waffen ergrieffen hatten/ gleich
als wenn ein ſo groſſer Baum nicht ohne Zer-
ſchmetterung vieler Aeſte fallen koͤnte/ zugleich
die Haͤupter abgeſchlagen. Wiewol nun ihrer
viel den itzt erblaſten Fuͤrſten Britton fuͤr dem
Streiche des Scharffrichters mit den Augen
getoͤdtet hatten; vermochte doch die Grauſam-
keit nicht zu verhindern: daß das meiſte Volck/
dem das Schwerdt ehe durch die Seele/ als dem
Britton durch den Hals gieng/ mit bittern
Thraͤnen ſeinen Fuͤrſten beweinte/ die Moͤrder
[Spaltenumbruch] aber bey der Goͤttlichen Rache verklagte. Ja
Fackſarif ſelbſt muſte wiedeꝛ ſeine Einwilligung
hierbey in der Klage gehn. Denn ſeine Gemah-
lin/ welche fuͤr den Hertzog Britton umſonſt ſich
bemuͤhet hatte/ graͤmte ſich uͤber ſeiner Hinrich-
tung zu tode. Hingegen ließ der Reichs-Rath
fuͤr hoͤchſte Verraͤther ausruffen: Da iemand
ſich wuͤrde geluͤſten laſſen nur in Berathſchla-
gung zu ziehen: Ob ein ander Fuͤrſt uͤber die
Hermundurer herꝛſchen ſolte. Nach dem auch
viel aus dem Poͤfel ſich der hoͤchſten Gewalt
theilhafftig gemacht hatten/ dieſe aber wol wu-
ſten: daß der Adel nicht allein neuen Leuten/
wie tugendhafft ſie ſich auch erzeigen/ allezeit
uͤber Achſel; ſondern auch nach der Koͤniglichen
Gewalt ins gemein luͤſtern waͤren; ſtieſſen ſie
allen hohen Adel aus dem Reichs-Rathe; und
beſetzten den neuen groͤſten theils mit denen ge-
weſenen Kriegs-Haͤuptern; hoben auch theils
um ſeine Kraͤfften zu vermindern/ theils aller
abgeſtatteten Gewogenheit zu gewinnen das
Vorrecht der Erſtgebohrnen in Erbſchafften
auf. Welche hefftige Veraͤnderung zwar an-
fangs von den Staats-klugen fuͤr eine Mutter
eines buͤrgerlichen Krieges gehalten/ endlich a-
ber befunden ward: daß das Volck/ welches ins
gemein aus allen Neuerungen ihm guͤldene
Berge verheiſſet/ mit hoͤchſtem Frolocken die
neue Herꝛſchens-Art billigte.

Viel anders aber nahmen die Marckmaͤn-
ner und Seduſier dieſe Neuerung auf. Denn
ſie erklaͤrten den funfzehnjaͤhrigen Fuͤrſten Ju-
bill Brittons Sohn fuͤr ihr Oberhaupt. Alleine
das Verhaͤngnuͤß ſchien ſich gleichſam gantz
wieder Brittons Hauß verſchworen zu haben.
Denn Marbod/ deſſen groͤſte Sorgfalt nun-
mehr war das Hefft des Kriegs-Volckes aus
ſeinen Haͤnden in keine fremde mehr kommen zu
laſſen/ brach bey den Seduſiern ein; eroberte
ihre beſte Feſtung mit ſtuͤrmender Hand; und
ließ alles/ was Waffen tragen konte/ erwuͤrgen.
Dieſer gluͤckliche Streich eroͤffnete alle andere

Feſtun-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1087[1089]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1151>, abgerufen am 23.11.2024.