Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Nordwerts in der Marsinger Gebiete mit gros-sem Geräusche abstürtzten/ auf den höchsten Gipfel des Sudetischen Riesen-Gebürges/ von welchem man nicht nur der Bojen/ sondern der Marsinger und Burier Landschafften weit und fern übersehen kan/ lenckten aber hernach in ein ziemlich tieffes Thal/ und kletterten durch aller- hand Verdrehungen über viel Felsen biß in die sinckende Nacht. Den dritten Tag schlieffen sie wegen ihrer Müdigkeit so lange: biß die Sonne schon mit ihren Strahlen selbiges Thal erfreute. Ariovist führte sie hierauf einen gantz ebenen Weg/ da man aber weder von Men- schen noch Thieren einigen Fußstapffen fand/ zu einer gleichsam gespaltenen Stein-Klippe/ machte hierauf ein Feuer/ wormit ieder zwey Kyn-Fackeln in die Hand nahm/ und dem vor- gehenden Ariovist in den Steinritz/ welcher ei- ne verborgene Pforte in einen von Graß und Pflantzen gantz kahlen Berg abgab/ durch den man sich seitwerts durch drängen muste/ folgten. Sie kamen aber bald in einen breiten aus dem schönsten weissen Marmel gehauenen Gang/ in welchem sie anfangs funffzig Schritte gera- de ein/ hernach dreyhundert Staffeln hinunter giengen. Zu Ende desselbten kamen sie in ei- ne Ey-rundte im Umkreyße siebendehalb hun- dert Schritte haltende/ und mit einer anständi- gen Höhe versehene Höle. Jhr erster Anblick verbländete durch übermäßigen Schimmer al- ler Augen. Denn die Wände rings herum waren das vollkommenste Gold-Ertzt/ oder vielmehr gediegenes Gold; weil man hin und her nur ein wenig Schlacke/ oder vielmehr Beysatz andern Ertztes erkiesen konte. Uber diß hatte die Natur in diesem Gold-Bergwer- cke auch auf mancherley Arten gespielet; in dem sie allerhand Bäume/ Berge/ Bäche/ gantze Landschafften/ aller hand vierfüßichte/ insonder- heit kriechende Thiere/ Geflügel/ Fische/ Mu- scheln/ und Gewürme so wol/ als kaum der künstlichste Bildhauer vermocht/ geetzt; ja selb- [Spaltenumbruch] ten so gar zuweilen die eigentliche Farbe und den Schatten gegeben hatte. Wie nun Mar- bod und seine Gefärthen etliche Stunden ihre Augen durch rings herum geschchende Ve- schauung dieser wunder würdigen Goldmau- ern geweidet hatten; fieng Ariovist an: Ob sie wol glaubten: daß sie was köstlichers mit Füssen treten; als woran sich ihre Augen ergetzten; Bückte sich auch hiermit zugleich/ und hob eine Hand voll allerhand theils grauer/ theils schwärtzlichter Steine/ welche sie anfangs für Kieselsteine angesehen/ auf; zeigte dem Köni- ge Marbod auch; wie aus selbten hin und wie- der die darinnen verborgenen Diamanten her- für strahleten; und versicherte ihn: daß zwar selbte nicht alle/ iedoch derer viel denen Mor- genländischen an Härte und Glantz gleiche kä- men; gantz Jndien aber schwerlich so viel edle Steine hätte/ als ihrer in diesem einigen Ber- ge vergraben lägen. Gleichwol aber wüste er nicht: ob das reiche Deutschland in ein schmähli- ches Armuth verfallen könte; als wenn diese Reichthümer desselbten Einwohnern entdeckt würden. Weßwegen er sie alle drey bey ihrer zum Vaterlande tragender Liebe beschwüre: daß sie diesen noch heiligen Schatz/ weil selbten keine geitzige Hand versehret und entweihet hätte/ keinem Menschen kund machen; und dardurch nicht so wol zu Durchwühlung dieses Gebürges/ als zur Peinigung ihrer Seelen/ und zum Verlust ihrer freyen Gemüther Ur- sach geben solten. Sintemahl/ wenn der Man- gel einmahl diesen gläntzenden Koth in sein Her- tze legte/ würde dieser zu einem Abgotte/ jenes zum Sclaven; und weil das Gold so gezüge wä- re: daß ein Knopff einer Kirsche groß sich von der Elbe biß an Rhein ausdehnen liesse/ umschling- te es im Augenblicke aller Menschen Her- tzen. Da doch die Natur dem Golde dar- um den Geruch und Geschmack/ wormit sie doch das unedlere Kupffer und Eisen begabte/ gleichsam zu dem Ende entzogen hätte: daß Erster Theil. B b b b b b b
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Nordwerts in der Marſinger Gebiete mit groſ-ſem Geraͤuſche abſtuͤrtzten/ auf den hoͤchſten Gipfel des Sudetiſchen Rieſen-Gebuͤrges/ von welchem man nicht nur der Bojen/ ſondern der Marſinger und Burier Landſchafften weit und fern uͤberſehen kan/ lenckten aber hernach in ein ziemlich tieffes Thal/ und kletterten durch aller- hand Verdrehungen uͤber viel Felſen biß in die ſinckende Nacht. Den dritten Tag ſchlieffen ſie wegen ihrer Muͤdigkeit ſo lange: biß die Sonne ſchon mit ihren Strahlen ſelbiges Thal erfreute. Arioviſt fuͤhrte ſie hierauf einen gantz ebenen Weg/ da man aber weder von Men- ſchen noch Thieren einigen Fußſtapffen fand/ zu einer gleichſam geſpaltenen Stein-Klippe/ machte hierauf ein Feuer/ wormit ieder zwey Kyn-Fackeln in die Hand nahm/ und dem vor- gehenden Arioviſt in den Steinritz/ welcher ei- ne verborgene Pforte in einen von Graß und Pflantzen gantz kahlen Berg abgab/ durch den man ſich ſeitwerts durch draͤngen muſte/ folgten. Sie kamen aber bald in einen breiten aus dem ſchoͤnſten weiſſen Marmel gehauenen Gang/ in welchem ſie anfangs funffzig Schritte gera- de ein/ hernach dreyhundert Staffeln hinunter giengen. Zu Ende deſſelbten kamen ſie in ei- ne Ey-rundte im Umkreyße ſiebendehalb hun- dert Schritte haltende/ und mit einer anſtaͤndi- gen Hoͤhe verſehene Hoͤle. Jhr erſter Anblick verblaͤndete durch uͤbermaͤßigen Schimmer al- ler Augen. Denn die Waͤnde rings herum waren das vollkommenſte Gold-Ertzt/ oder vielmehr gediegenes Gold; weil man hin und her nur ein wenig Schlacke/ oder vielmehr Beyſatz andern Ertztes erkieſen konte. Uber diß hatte die Natur in dieſem Gold-Bergwer- cke auch auf mancherley Arten geſpielet; in dem ſie allerhand Baͤume/ Berge/ Baͤche/ gantze Landſchafften/ aller hand vierfuͤßichte/ inſonder- heit kriechende Thiere/ Gefluͤgel/ Fiſche/ Mu- ſcheln/ und Gewuͤrme ſo wol/ als kaum der kuͤnſtlichſte Bildhauer vermocht/ geetzt; ja ſelb- [Spaltenumbruch] ten ſo gar zuweilen die eigentliche Farbe und den Schatten gegeben hatte. Wie nun Mar- bod und ſeine Gefaͤrthen etliche Stunden ihre Augen durch rings herum geſchchende Ve- ſchauung dieſer wunder wuͤrdigen Goldmau- ern geweidet hatten; fieng Arioviſt an: Ob ſie wol glaubten: daß ſie was koͤſtlichers mit Fuͤſſen treten; als woran ſich ihre Augen ergetzten; Buͤckte ſich auch hiermit zugleich/ und hob eine Hand voll allerhand theils grauer/ theils ſchwaͤrtzlichter Steine/ welche ſie anfangs fuͤr Kieſelſteine angeſehen/ auf; zeigte dem Koͤni- ge Marbod auch; wie aus ſelbten hin und wie- der die darinnen verborgenen Diamanten her- fuͤr ſtrahleten; und verſicherte ihn: daß zwar ſelbte nicht alle/ iedoch derer viel denen Mor- genlaͤndiſchen an Haͤrte und Glantz gleiche kaͤ- men; gantz Jndien aber ſchwerlich ſo viel edle Steine haͤtte/ als ihrer in dieſem einigen Ber- ge vergraben laͤgen. Gleichwol aber wuͤſte er nicht: ob das reiche Deutſchland in ein ſchmaͤhli- ches Armuth verfallen koͤnte; als wenn dieſe Reichthuͤmer deſſelbten Einwohnern entdeckt wuͤrden. Weßwegen er ſie alle drey bey ihrer zum Vaterlande tragender Liebe beſchwuͤre: daß ſie dieſen noch heiligen Schatz/ weil ſelbten keine geitzige Hand verſehret und entweihet haͤtte/ keinem Menſchen kund machen; und dardurch nicht ſo wol zu Durchwuͤhlung dieſes Gebuͤrges/ als zur Peinigung ihrer Seelen/ und zum Verluſt ihrer freyen Gemuͤther Ur- ſach geben ſolten. Sintemahl/ wenn der Man- gel einmahl dieſen glaͤntzenden Koth in ſein Her- tze legte/ wuͤrde dieſer zu einem Abgotte/ jenes zum Sclaven; und weil das Gold ſo gezuͤge waͤ- re: daß ein Knopff einer Kirſche groß ſich von der Elbe biß an Rhein ausdehnen lieſſe/ umſchling- te es im Augenblicke aller Menſchen Her- tzen. Da doch die Natur dem Golde dar- um den Geruch und Geſchmack/ wormit ſie doch das unedlere Kupffer und Eiſen begabte/ gleichſam zu dem Ende entzogen haͤtte: daß Erſter Theil. B b b b b b b
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Arminius und Thußnelda.
Nordwerts in der Marſinger Gebiete mit groſ-
ſem Geraͤuſche abſtuͤrtzten/ auf den hoͤchſten
Gipfel des Sudetiſchen Rieſen-Gebuͤrges/ von
welchem man nicht nur der Bojen/ ſondern der
Marſinger und Burier Landſchafften weit und
fern uͤberſehen kan/ lenckten aber hernach in ein
ziemlich tieffes Thal/ und kletterten durch aller-
hand Verdrehungen uͤber viel Felſen biß in die
ſinckende Nacht. Den dritten Tag ſchlieffen
ſie wegen ihrer Muͤdigkeit ſo lange: biß die
Sonne ſchon mit ihren Strahlen ſelbiges Thal
erfreute. Arioviſt fuͤhrte ſie hierauf einen gantz
ebenen Weg/ da man aber weder von Men-
ſchen noch Thieren einigen Fußſtapffen fand/ zu
einer gleichſam geſpaltenen Stein-Klippe/
machte hierauf ein Feuer/ wormit ieder zwey
Kyn-Fackeln in die Hand nahm/ und dem vor-
gehenden Arioviſt in den Steinritz/ welcher ei-
ne verborgene Pforte in einen von Graß und
Pflantzen gantz kahlen Berg abgab/ durch den
man ſich ſeitwerts durch draͤngen muſte/ folgten.
Sie kamen aber bald in einen breiten aus dem
ſchoͤnſten weiſſen Marmel gehauenen Gang/
in welchem ſie anfangs funffzig Schritte gera-
de ein/ hernach dreyhundert Staffeln hinunter
giengen. Zu Ende deſſelbten kamen ſie in ei-
ne Ey-rundte im Umkreyße ſiebendehalb hun-
dert Schritte haltende/ und mit einer anſtaͤndi-
gen Hoͤhe verſehene Hoͤle. Jhr erſter Anblick
verblaͤndete durch uͤbermaͤßigen Schimmer al-
ler Augen. Denn die Waͤnde rings herum
waren das vollkommenſte Gold-Ertzt/ oder
vielmehr gediegenes Gold; weil man hin und
her nur ein wenig Schlacke/ oder vielmehr
Beyſatz andern Ertztes erkieſen konte. Uber
diß hatte die Natur in dieſem Gold-Bergwer-
cke auch auf mancherley Arten geſpielet; in dem
ſie allerhand Baͤume/ Berge/ Baͤche/ gantze
Landſchafften/ aller hand vierfuͤßichte/ inſonder-
heit kriechende Thiere/ Gefluͤgel/ Fiſche/ Mu-
ſcheln/ und Gewuͤrme ſo wol/ als kaum der
kuͤnſtlichſte Bildhauer vermocht/ geetzt; ja ſelb-
ten ſo gar zuweilen die eigentliche Farbe und
den Schatten gegeben hatte. Wie nun Mar-
bod und ſeine Gefaͤrthen etliche Stunden ihre
Augen durch rings herum geſchchende Ve-
ſchauung dieſer wunder wuͤrdigen Goldmau-
ern geweidet hatten; fieng Arioviſt an: Ob ſie
wol glaubten: daß ſie was koͤſtlichers mit Fuͤſſen
treten; als woran ſich ihre Augen ergetzten;
Buͤckte ſich auch hiermit zugleich/ und hob eine
Hand voll allerhand theils grauer/ theils
ſchwaͤrtzlichter Steine/ welche ſie anfangs fuͤr
Kieſelſteine angeſehen/ auf; zeigte dem Koͤni-
ge Marbod auch; wie aus ſelbten hin und wie-
der die darinnen verborgenen Diamanten her-
fuͤr ſtrahleten; und verſicherte ihn: daß zwar
ſelbte nicht alle/ iedoch derer viel denen Mor-
genlaͤndiſchen an Haͤrte und Glantz gleiche kaͤ-
men; gantz Jndien aber ſchwerlich ſo viel edle
Steine haͤtte/ als ihrer in dieſem einigen Ber-
ge vergraben laͤgen. Gleichwol aber wuͤſte er
nicht: ob das reiche Deutſchland in ein ſchmaͤhli-
ches Armuth verfallen koͤnte; als wenn dieſe
Reichthuͤmer deſſelbten Einwohnern entdeckt
wuͤrden. Weßwegen er ſie alle drey bey ihrer
zum Vaterlande tragender Liebe beſchwuͤre:
daß ſie dieſen noch heiligen Schatz/ weil ſelbten
keine geitzige Hand verſehret und entweihet
haͤtte/ keinem Menſchen kund machen; und
dardurch nicht ſo wol zu Durchwuͤhlung dieſes
Gebuͤrges/ als zur Peinigung ihrer Seelen/
und zum Verluſt ihrer freyen Gemuͤther Ur-
ſach geben ſolten. Sintemahl/ wenn der Man-
gel einmahl dieſen glaͤntzenden Koth in ſein Her-
tze legte/ wuͤrde dieſer zu einem Abgotte/ jenes
zum Sclaven; und weil das Gold ſo gezuͤge waͤ-
re: daß ein Knopff einer Kirſche groß ſich von der
Elbe biß an Rhein ausdehnen lieſſe/ umſchling-
te es im Augenblicke aller Menſchen Her-
tzen. Da doch die Natur dem Golde dar-
um den Geruch und Geſchmack/ wormit ſie
doch das unedlere Kupffer und Eiſen begabte/
gleichſam zu dem Ende entzogen haͤtte:
daß
Erſter Theil. B b b b b b b
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