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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] heit des Gewitters sattsam bezeugen/ ungeach-
tet der zwischen diesem und jenem Orte stehen-
de Berg desselbten Empfindligkeit diesen gu-
ten Leuten entzogen hat. Tannenberg fiel
ein: Er hielte zwar das Gewitter für allzu-
wahr; aber weil es nicht so weit gereichet/ noch
die grausamen Donnerschläge in einer so gering-
sten Ferne wären gehöret worden/ mehr für
ein Werck des Gespenstes/ als natürlichen Ur-
sachen. Marbod antwortete: wer hat dich den
Aberglauben überredet: daß die Gespenste oder
Geister Regen/ Schlossen/ Blitz und Donner
schaffen/ also der Göttlichen Allmacht Eingriff
thun/ oder sich ihr vergleichen können. Tan-
nenberg warff ein: weil man von denen Sito-
nen/ und denen um das Gebürge Sevo woh-
nenden Nord-Völckern für unzweifelbare Ge-
wißheit glaubte: daß sie denen um die Rubeische
Nord-Spitze schiffenden Leuten in dreyerley
Knoten dreyerley Arten von Winde verkauff-
ten; daß die Einwohner der Cycladischen Ey-
lande durch gewisse Opffer die kühlen Lüffte in
Hunds-Tagen erregten; daß die Zauberer
durch ihre Künste/ worbey sie zusammen ge-
mischtes Mehl/ Honig/ Menschen-Schweiß
und Gans-Blut in die Lufft sprengen/ übrige
Dürre mit Regen abkühlen; ja durch einen in
den Lucernischen See bey den Helvetiern ge-
worffenen Stein Wetter erreget würden;
traute er denen Geistern/ welche zweiffelsfrey
von denen Geheimnüssen der Natur mehr
Wissenschafft hätten/ als die Menschen/ so viel
mehr die Krafft zu/ mit der Göttlichen Zulas-
sung sich durch solche Würckungen zu erlusti-
gen. Der Wurtzelmann lachte hierüber; weß-
wegen Marbod ihm alle ihre Ebentheuer er-
zehlte/ und sein Gutachten hierüber zu eröffnen
beständig anhielt. Dieser sagte hierauff: Ge-
genwärtiges Gebürge wäre von Gespenstern
mehr beschrien; als er selbst glauben könte.
Daß zwischen so viel hohen Bergen/ an wel-
chen die Sonnen-Strahlen sich hin und wie-
[Spaltenumbruch] der stiessen/ aus so viel gewässerten Thälern
häuffige Ausdampffungen empor stiegen/ und
daraus oft Gewitter entstünden/ wäre der Ver-
nunfft gemäß/ und also kein Gemächte der
Gespenster. So pflegten sich auch mehrmals
mehr/ als fleischichte Menschen in Geister zu
verstellen/ und mit Einfältigen ihre Kurtzweil
zu treiben. Wiewol er nicht umstünde: daß
zuweilen die Geister auch allhier mit gewissen
Erscheinungen ihr Spiel hätten/ und wäre in
seiner Jugend ihm wol ehe einer erschienen/ der
in einem Augenblicke einen Wurtzelmann/ im
andern einen Jäger/ im dritten einen Fischer
für gebildet hätte. Jnsonderheit pflegten diese
Berg-Geister die Fremdlinge zu äffen; nie-
mahls aber hätten sie seines Wissens iemanden
einen empfindlichen Schaden zugefügt. Mar-
bod und beyde Ritter überfiel hierüber der
Schlaff/ und sie erwachten nicht ehe/ als biß die
Sonne mit ihren Strahlen sie in dem Gema-
che begrüssete. Der Wurtzelmann führte sie
hierauf in seine Kräuter-Kammer/ zeigte ihnen
wol tausenderley Arten/ und darunter viel sel-
tzamer nur auf diesem Gebürge wachsender
Kräuter; und erklärte ihnen mit einer annehm-
lichen Bescheidenheit ihre wundersame Wür-
ckungen. Hierauf brachte er sie auch für eine
fest verschlossene Höle; bey derer Eröffnung sie
für Schrecken zurück prellten/ weil der erste
Anblick ihnen viel tausend in einander gewi-
ckelte Nattern und Schlangen zeigte. Der
gute Alte aber versicherte sie: daß sie ausser
Gefahr wären/ gieng hierauff mitten in
dieses grausame Loch/ und laß daraus al-
lerhand Arten abscheulicher Würmer; zer-
gliederte selbte/ und zeigte seinen Gä-
sten augenscheinlich/ was er ihnen den A-
bend vorher versprochen hatte; erzehlte
zugleich/ wie er aus den gifftigsten Mol-
chen/ und anderm Gewürme für köst-
liche Salben/ Saltz/ Staub/ und an-
dere bewehrte Artzneyen bereitete. Unter

welchem
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] heit des Gewitters ſattſam bezeugen/ ungeach-
tet der zwiſchen dieſem und jenem Orte ſtehen-
de Berg deſſelbten Empfindligkeit dieſen gu-
ten Leuten entzogen hat. Tannenberg fiel
ein: Er hielte zwar das Gewitter fuͤr allzu-
wahr; aber weil es nicht ſo weit gereichet/ noch
die grauſamen Doñerſchlaͤge in einer ſo gering-
ſten Ferne waͤren gehoͤret worden/ mehr fuͤr
ein Werck des Geſpenſtes/ als natuͤrlichen Ur-
ſachen. Marbod antwortete: wer hat dich den
Aberglauben uͤberredet: daß die Geſpenſte oder
Geiſter Regen/ Schloſſen/ Blitz und Donner
ſchaffen/ alſo der Goͤttlichen Allmacht Eingriff
thun/ oder ſich ihr vergleichen koͤnnen. Tan-
nenberg warff ein: weil man von denen Sito-
nen/ und denen um das Gebuͤrge Sevo woh-
nenden Nord-Voͤlckern fuͤr unzweifelbare Ge-
wißheit glaubte: daß ſie denen um die Rubeiſche
Nord-Spitze ſchiffenden Leuten in dreyerley
Knoten dreyerley Arten von Winde verkauff-
ten; daß die Einwohner der Cycladiſchen Ey-
lande durch gewiſſe Opffer die kuͤhlen Luͤffte in
Hunds-Tagen erregten; daß die Zauberer
durch ihre Kuͤnſte/ worbey ſie zuſammen ge-
miſchtes Mehl/ Honig/ Menſchen-Schweiß
und Gans-Blut in die Lufft ſprengen/ uͤbrige
Duͤrre mit Regen abkuͤhlen; ja durch einen in
den Lucerniſchen See bey den Helvetiern ge-
worffenen Stein Wetter erreget wuͤrden;
traute er denen Geiſtern/ welche zweiffelsfrey
von denen Geheimnuͤſſen der Natur mehr
Wiſſenſchafft haͤtten/ als die Menſchen/ ſo viel
mehr die Krafft zu/ mit der Goͤttlichen Zulaſ-
ſung ſich durch ſolche Wuͤrckungen zu erluſti-
gen. Der Wurtzelmann lachte hieruͤber; weß-
wegen Marbod ihm alle ihre Ebentheuer er-
zehlte/ und ſein Gutachten hieruͤber zu eroͤffnen
beſtaͤndig anhielt. Dieſer ſagte hierauff: Ge-
genwaͤrtiges Gebuͤrge waͤre von Geſpenſtern
mehr beſchrien; als er ſelbſt glauben koͤnte.
Daß zwiſchen ſo viel hohen Bergen/ an wel-
chen die Sonnen-Strahlen ſich hin und wie-
[Spaltenumbruch] der ſtieſſen/ aus ſo viel gewaͤſſerten Thaͤlern
haͤuffige Ausdampffungen empor ſtiegen/ und
daraus oft Gewitter entſtuͤnden/ waͤre der Ver-
nunfft gemaͤß/ und alſo kein Gemaͤchte der
Geſpenſter. So pflegten ſich auch mehrmals
mehr/ als fleiſchichte Menſchen in Geiſter zu
verſtellen/ und mit Einfaͤltigen ihre Kurtzweil
zu treiben. Wiewol er nicht umſtuͤnde: daß
zuweilen die Geiſter auch allhier mit gewiſſen
Erſcheinungen ihr Spiel haͤtten/ und waͤre in
ſeiner Jugend ihm wol ehe einer erſchienen/ der
in einem Augenblicke einen Wurtzelmann/ im
andern einen Jaͤger/ im dritten einen Fiſcher
fuͤr gebildet haͤtte. Jnſonderheit pflegten dieſe
Berg-Geiſter die Fremdlinge zu aͤffen; nie-
mahls aber haͤtten ſie ſeines Wiſſens iemanden
einen empfindlichen Schaden zugefuͤgt. Mar-
bod und beyde Ritter uͤberfiel hieruͤber der
Schlaff/ und ſie erwachten nicht ehe/ als biß die
Sonne mit ihren Strahlen ſie in dem Gema-
che begruͤſſete. Der Wurtzelmann fuͤhrte ſie
hierauf in ſeine Kraͤuter-Kammer/ zeigte ihnen
wol tauſenderley Arten/ und darunter viel ſel-
tzamer nur auf dieſem Gebuͤrge wachſender
Kraͤuter; und erklaͤrte ihnen mit einer annehm-
lichen Beſcheidenheit ihre wunderſame Wuͤr-
ckungen. Hierauf brachte er ſie auch fuͤr eine
feſt verſchloſſene Hoͤle; bey derer Eroͤffnung ſie
fuͤr Schrecken zuruͤck prellten/ weil der erſte
Anblick ihnen viel tauſend in einander gewi-
ckelte Nattern und Schlangen zeigte. Der
gute Alte aber verſicherte ſie: daß ſie auſſer
Gefahr waͤren/ gieng hierauff mitten in
dieſes grauſame Loch/ und laß daraus al-
lerhand Arten abſcheulicher Wuͤrmer; zer-
gliederte ſelbte/ und zeigte ſeinen Gaͤ-
ſten augenſcheinlich/ was er ihnen den A-
bend vorher verſprochen hatte; erzehlte
zugleich/ wie er aus den gifftigſten Mol-
chen/ und anderm Gewuͤrme fuͤr koͤſt-
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dere bewehrte Artzneyen bereitete. Unter

welchem
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[1125[1127]/1189] Arminius und Thußnelda. heit des Gewitters ſattſam bezeugen/ ungeach- tet der zwiſchen dieſem und jenem Orte ſtehen- de Berg deſſelbten Empfindligkeit dieſen gu- ten Leuten entzogen hat. Tannenberg fiel ein: Er hielte zwar das Gewitter fuͤr allzu- wahr; aber weil es nicht ſo weit gereichet/ noch die grauſamen Doñerſchlaͤge in einer ſo gering- ſten Ferne waͤren gehoͤret worden/ mehr fuͤr ein Werck des Geſpenſtes/ als natuͤrlichen Ur- ſachen. Marbod antwortete: wer hat dich den Aberglauben uͤberredet: daß die Geſpenſte oder Geiſter Regen/ Schloſſen/ Blitz und Donner ſchaffen/ alſo der Goͤttlichen Allmacht Eingriff thun/ oder ſich ihr vergleichen koͤnnen. Tan- nenberg warff ein: weil man von denen Sito- nen/ und denen um das Gebuͤrge Sevo woh- nenden Nord-Voͤlckern fuͤr unzweifelbare Ge- wißheit glaubte: daß ſie denen um die Rubeiſche Nord-Spitze ſchiffenden Leuten in dreyerley Knoten dreyerley Arten von Winde verkauff- ten; daß die Einwohner der Cycladiſchen Ey- lande durch gewiſſe Opffer die kuͤhlen Luͤffte in Hunds-Tagen erregten; daß die Zauberer durch ihre Kuͤnſte/ worbey ſie zuſammen ge- miſchtes Mehl/ Honig/ Menſchen-Schweiß und Gans-Blut in die Lufft ſprengen/ uͤbrige Duͤrre mit Regen abkuͤhlen; ja durch einen in den Lucerniſchen See bey den Helvetiern ge- worffenen Stein Wetter erreget wuͤrden; traute er denen Geiſtern/ welche zweiffelsfrey von denen Geheimnuͤſſen der Natur mehr Wiſſenſchafft haͤtten/ als die Menſchen/ ſo viel mehr die Krafft zu/ mit der Goͤttlichen Zulaſ- ſung ſich durch ſolche Wuͤrckungen zu erluſti- gen. Der Wurtzelmann lachte hieruͤber; weß- wegen Marbod ihm alle ihre Ebentheuer er- zehlte/ und ſein Gutachten hieruͤber zu eroͤffnen beſtaͤndig anhielt. Dieſer ſagte hierauff: Ge- genwaͤrtiges Gebuͤrge waͤre von Geſpenſtern mehr beſchrien; als er ſelbſt glauben koͤnte. Daß zwiſchen ſo viel hohen Bergen/ an wel- chen die Sonnen-Strahlen ſich hin und wie- der ſtieſſen/ aus ſo viel gewaͤſſerten Thaͤlern haͤuffige Ausdampffungen empor ſtiegen/ und daraus oft Gewitter entſtuͤnden/ waͤre der Ver- nunfft gemaͤß/ und alſo kein Gemaͤchte der Geſpenſter. So pflegten ſich auch mehrmals mehr/ als fleiſchichte Menſchen in Geiſter zu verſtellen/ und mit Einfaͤltigen ihre Kurtzweil zu treiben. Wiewol er nicht umſtuͤnde: daß zuweilen die Geiſter auch allhier mit gewiſſen Erſcheinungen ihr Spiel haͤtten/ und waͤre in ſeiner Jugend ihm wol ehe einer erſchienen/ der in einem Augenblicke einen Wurtzelmann/ im andern einen Jaͤger/ im dritten einen Fiſcher fuͤr gebildet haͤtte. Jnſonderheit pflegten dieſe Berg-Geiſter die Fremdlinge zu aͤffen; nie- mahls aber haͤtten ſie ſeines Wiſſens iemanden einen empfindlichen Schaden zugefuͤgt. Mar- bod und beyde Ritter uͤberfiel hieruͤber der Schlaff/ und ſie erwachten nicht ehe/ als biß die Sonne mit ihren Strahlen ſie in dem Gema- che begruͤſſete. Der Wurtzelmann fuͤhrte ſie hierauf in ſeine Kraͤuter-Kammer/ zeigte ihnen wol tauſenderley Arten/ und darunter viel ſel- tzamer nur auf dieſem Gebuͤrge wachſender Kraͤuter; und erklaͤrte ihnen mit einer annehm- lichen Beſcheidenheit ihre wunderſame Wuͤr- ckungen. Hierauf brachte er ſie auch fuͤr eine feſt verſchloſſene Hoͤle; bey derer Eroͤffnung ſie fuͤr Schrecken zuruͤck prellten/ weil der erſte Anblick ihnen viel tauſend in einander gewi- ckelte Nattern und Schlangen zeigte. Der gute Alte aber verſicherte ſie: daß ſie auſſer Gefahr waͤren/ gieng hierauff mitten in dieſes grauſame Loch/ und laß daraus al- lerhand Arten abſcheulicher Wuͤrmer; zer- gliederte ſelbte/ und zeigte ſeinen Gaͤ- ſten augenſcheinlich/ was er ihnen den A- bend vorher verſprochen hatte; erzehlte zugleich/ wie er aus den gifftigſten Mol- chen/ und anderm Gewuͤrme fuͤr koͤſt- liche Salben/ Saltz/ Staub/ und an- dere bewehrte Artzneyen bereitete. Unter welchem C c c c c c c 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1125[1127]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1189>, abgerufen am 23.11.2024.