Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
frey ihr eusserstes thun/ solches zu verwehren.Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieses Heiligthums nicht stimmen; weil die Entwei- hung des fremden/ ja auch so gar des gantz fal- schen Gottesdienstes/ als welcher ja besser/ als gar keiner wäre/ mehrmahls von Gott schreck- lich wäre bestrafft worden; so ließ er doch allent- halben die Bauern des Landes feste machen/ vor- gebende diesen an der Weichsel gelegenen Heyn mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom- men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch- bar würde. Es ist unglaublich/ wie diß Geschrey so geschwinde alle Wüsteneyen durchdrungen/ und wie es die Lygier so geschwinde nach Car- rodun gezogen. Unter allen diesen verbitterten Völckern waren am grausamsten die Arier an- zusehen/ derer Augen für Rache glüheten/ die Riesen-Leiber mit abscheulichen Merckmahlen blutig bezeichnet/ und alle mit kohlschwartzen Schilden versehen waren. Sie erkieseten zu ih- rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau- rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er- bärmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod sein Heer auffs vortheilhaffteste gestellt; ein ge- übtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wissenschaft und den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem aufgehenden Mohnden für den Lygiern einen grossen Vortheil hatte; so begonte doch unter- schiedene mahl seine Schlacht-Ordnung zu wancken. Denn die Lygier kämpfften mehr/ als menschlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige Thiere; lehrten also den Marbod: daß wie der beleidigte Gottesdienst die grimmigften Ge- müths-Entschlüssungen nach sich zeucht; die Verzweifelung auch die feigesten behertzt macht; also der gröste Fehler/ und die ärgste Gefahr sey im ersten einem Volcke ans Hertze greiffen; und mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das Morden und Blutstürtzen war so grausam; das Geheule der Streitenden/ und das Winseln der Sterbenden so erbärmlich: daß der Monde sich anfangs gantz blutroth färbte; gleich als selbter [Spaltenumbruch] zugleich von so viel verspritztem Blute befleckt würde/ hernach aber sich mit einer dicken Wol- cken verhüllte/ gleichsam seine Augen für so viel traurigen Todesverstellungen zu verschlüssen/ theils für so viel Wehklagen seine mitleidende Ohren zu verstopffen. König Marbod selbst ge- rieth zwischen einen Hauffen rasender Arier; welche zwölff seiner um sich habender Marck- männischer Ritter in Stücken hieben; und wäre es um ihn gethan gewest; wenn nicht Vannius/ Thurn und Posadof ein Burischer Ritter mit etlichen Reisigen ihm zu Hülffe kommen wären; und dem zu Fusse fechtenden Marbod wieder zu Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der Schild zerspalten war/ mit seinem Arme/ einen auf den Marbod von dem Fürsten der schwar- tzen Arier/ Siebenhertz genennt/ geführten hefti- gen Streich aufgefangen hätte; worüber Van- nius denn selbst ohnmächtig zu Bodem sanck. Endlich entsetzte ihn völlig Kunrad ein Fürst der Marsinger mit fünff hundert Edelleuten; dar- unter einer dem Fürsten Siebenhertz anfangs seine Bären-Haut mit einem grossen gelben Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm selbten gar zerspaltete; weßwegen ihm König Marbod das gelbe Horn nicht nur zu seinem Schilde/ son- dern auch zu seinem Geschlechts-Nahmen zu führen verlieh. Ein ander Marsinger begegne- te dem herzudringenden Fürsten der Naharva- ler dergestalt: daß er ihm mit seinem über den Kopff abhängenden Bären-Tatzen den halben Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht durch den Mund zum Nacken heraus schoß; welchem Marbod die Bären-Klauen im Schil- de zu führen/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier- über begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er- blassen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu verschwinden/ und der Marckmänner zuzu- nehmen; Gleich als wenn das Göttliche Ver- hängnüs diesen Völckern den Tag/ jenen die Nacht zum Obsiege eingetheilt hätte. Den Ly- giern war mit Hinfallung ihres Fürsten/ und Zertrennung der Arier auch guten Theils das Hertze E e e e e e e 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
frey ihr euſſerſtes thun/ ſolches zu verwehren.Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieſes Heiligthums nicht ſtimmen; weil die Entwei- hung des fremden/ ja auch ſo gar des gantz fal- ſchen Gottesdienſtes/ als welcher ja beſſer/ als gar keiner waͤre/ mehrmahls von Gott ſchreck- lich waͤre beſtrafft worden; ſo ließ er doch allent- halben die Bauern des Landes feſte machen/ vor- gebende dieſen an der Weichſel gelegenen Heyn mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom- men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch- bar wuͤrde. Es iſt unglaublich/ wie diß Geſchrey ſo geſchwinde alle Wuͤſteneyen durchdrungen/ und wie es die Lygier ſo geſchwinde nach Car- rodun gezogen. Unter allen dieſen verbitterten Voͤlckern waren am grauſamſten die Arier an- zuſehen/ derer Augen fuͤr Rache gluͤheten/ die Rieſen-Leiber mit abſcheulichen Merckmahlen blutig bezeichnet/ und alle mit kohlſchwartzen Schilden verſehen waren. Sie erkieſeten zu ih- rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau- rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er- baͤrmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod ſein Heer auffs vortheilhaffteſte geſtellt; ein ge- uͤbtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wiſſenſchaft und den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem aufgehenden Mohnden fuͤr den Lygiern einen groſſen Vortheil hatte; ſo begonte doch unter- ſchiedene mahl ſeine Schlacht-Ordnung zu wancken. Denn die Lygier kaͤmpfften mehr/ als menſchlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige Thiere; lehrten alſo den Marbod: daß wie der beleidigte Gottesdienſt die grimmigften Ge- muͤths-Entſchluͤſſungen nach ſich zeucht; die Verzweifelung auch die feigeſten behertzt macht; alſo der groͤſte Fehler/ und die aͤrgſte Gefahr ſey im erſten einem Volcke ans Hertze greiffen; und mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das Morden und Blutſtuͤrtzen war ſo grauſam; das Geheule der Streitenden/ und das Winſeln der Sterbenden ſo erbaͤrmlich: daß der Monde ſich anfangs gantz blutroth faͤrbte; gleich als ſelbter [Spaltenumbruch] zugleich von ſo viel verſpritztem Blute befleckt wuͤrde/ hernach aber ſich mit einer dicken Wol- cken verhuͤllte/ gleichſam ſeine Augen fuͤr ſo viel traurigen Todesverſtellungen zu verſchluͤſſen/ theils fuͤr ſo viel Wehklagen ſeine mitleidende Ohren zu verſtopffen. Koͤnig Marbod ſelbſt ge- rieth zwiſchen einen Hauffen raſender Arier; welche zwoͤlff ſeiner um ſich habender Marck- maͤñiſcher Ritter in Stuͤcken hieben; und waͤre es um ihn gethan geweſt; wenn nicht Vannius/ Thurn und Poſadof ein Buriſcher Ritter mit etlichen Reiſigen ihm zu Huͤlffe kommen waͤren; und dem zu Fuſſe fechtenden Marbod wieder zu Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der Schild zerſpalten war/ mit ſeinem Arme/ einen auf den Marbod von dem Fuͤrſten der ſchwar- tzen Arier/ Siebenhertz geneñt/ gefuͤhrten hefti- gen Streich aufgefangen haͤtte; woruͤber Van- nius denn ſelbſt ohnmaͤchtig zu Bodem ſanck. Endlich entſetzte ihn voͤllig Kunrad ein Fuͤrſt der Marſinger mit fuͤnff hundert Edelleuten; dar- unter einer dem Fuͤrſten Siebenhertz anfangs ſeine Baͤren-Haut mit einem groſſen gelben Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm ſelbten gar zerſpaltete; weßwegen ihm Koͤnig Marbod das gelbe Horn nicht nur zu ſeinem Schilde/ ſon- dern auch zu ſeinem Geſchlechts-Nahmen zu fuͤhren verlieh. Ein ander Marſinger begegne- te dem herzudringenden Fuͤrſten der Naharva- ler dergeſtalt: daß er ihm mit ſeinem uͤber den Kopff abhaͤngenden Baͤren-Tatzen den halben Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht durch den Mund zum Nacken heraus ſchoß; welchem Marbod die Baͤren-Klauen im Schil- de zu fuͤhren/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier- uͤber begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er- blaſſen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu verſchwinden/ und der Marckmaͤnner zuzu- nehmen; Gleich als wenn das Goͤttliche Ver- haͤngnuͤs dieſen Voͤlckern den Tag/ jenen die Nacht zum Obſiege eingetheilt haͤtte. Den Ly- giern war mit Hinfallung ihres Fuͤrſten/ und Zertrennung der Arier auch guten Theils das Hertze E e e e e e e 3
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Arminius und Thußnelda.
frey ihr euſſerſtes thun/ ſolches zu verwehren.
Marbod wolte zwar in die Verunehrung dieſes
Heiligthums nicht ſtimmen; weil die Entwei-
hung des fremden/ ja auch ſo gar des gantz fal-
ſchen Gottesdienſtes/ als welcher ja beſſer/ als
gar keiner waͤre/ mehrmahls von Gott ſchreck-
lich waͤre beſtrafft worden; ſo ließ er doch allent-
halben die Bauern des Landes feſte machen/ vor-
gebende dieſen an der Weichſel gelegenen Heyn
mit Strumpff und Stiel auszurotten; derer
aber ein gutes Theil wieder mit Fleiß entkom-
men: wormit diß Vorhaben allenthalben ruch-
bar wuͤrde. Es iſt unglaublich/ wie diß Geſchrey
ſo geſchwinde alle Wuͤſteneyen durchdrungen/
und wie es die Lygier ſo geſchwinde nach Car-
rodun gezogen. Unter allen dieſen verbitterten
Voͤlckern waren am grauſamſten die Arier an-
zuſehen/ derer Augen fuͤr Rache gluͤheten/ die
Rieſen-Leiber mit abſcheulichen Merckmahlen
blutig bezeichnet/ und alle mit kohlſchwartzen
Schilden verſehen waren. Sie erkieſeten zu ih-
rem Angrieffe ihrer Gewonheit nach die trau-
rige Nacht/ und begleiteten ihn mit einem er-
baͤrmlichen Geheule. Wiewol nun Marbod
ſein Heer auffs vortheilhaffteſte geſtellt; ein ge-
uͤbtes Kriegs-Heer an Kriegs-Wiſſenſchaft und
den Waffen ja vom Orte/ der Lufft und dem
aufgehenden Mohnden fuͤr den Lygiern einen
groſſen Vortheil hatte; ſo begonte doch unter-
ſchiedene mahl ſeine Schlacht-Ordnung zu
wancken. Denn die Lygier kaͤmpfften mehr/ als
menſchlich/ und gichtiger/ als wilde oder gifftige
Thiere; lehrten alſo den Marbod: daß wie der
beleidigte Gottesdienſt die grimmigften Ge-
muͤths-Entſchluͤſſungen nach ſich zeucht; die
Verzweifelung auch die feigeſten behertzt macht;
alſo der groͤſte Fehler/ und die aͤrgſte Gefahr ſey
im erſten einem Volcke ans Hertze greiffen; und
mit einem verzweiffelten Feinde treffen. Das
Morden und Blutſtuͤrtzen war ſo grauſam; das
Geheule der Streitenden/ und das Winſeln der
Sterbenden ſo erbaͤrmlich: daß der Monde ſich
anfangs gantz blutroth faͤrbte; gleich als ſelbter
zugleich von ſo viel verſpritztem Blute befleckt
wuͤrde/ hernach aber ſich mit einer dicken Wol-
cken verhuͤllte/ gleichſam ſeine Augen fuͤr ſo viel
traurigen Todesverſtellungen zu verſchluͤſſen/
theils fuͤr ſo viel Wehklagen ſeine mitleidende
Ohren zu verſtopffen. Koͤnig Marbod ſelbſt ge-
rieth zwiſchen einen Hauffen raſender Arier;
welche zwoͤlff ſeiner um ſich habender Marck-
maͤñiſcher Ritter in Stuͤcken hieben; und waͤre
es um ihn gethan geweſt; wenn nicht Vannius/
Thurn und Poſadof ein Buriſcher Ritter mit
etlichen Reiſigen ihm zu Huͤlffe kommen waͤren;
und dem zu Fuſſe fechtenden Marbod wieder zu
Pferde geholffen; ja Vannius/ weil ihm der
Schild zerſpalten war/ mit ſeinem Arme/ einen
auf den Marbod von dem Fuͤrſten der ſchwar-
tzen Arier/ Siebenhertz geneñt/ gefuͤhrten hefti-
gen Streich aufgefangen haͤtte; woruͤber Van-
nius denn ſelbſt ohnmaͤchtig zu Bodem ſanck.
Endlich entſetzte ihn voͤllig Kunrad ein Fuͤrſt der
Marſinger mit fuͤnff hundert Edelleuten; dar-
unter einer dem Fuͤrſten Siebenhertz anfangs
ſeine Baͤren-Haut mit einem groſſen gelben
Horne vom Kopfe rieß; hernach ihm ſelbten gar
zerſpaltete; weßwegen ihm Koͤnig Marbod das
gelbe Horn nicht nur zu ſeinem Schilde/ ſon-
dern auch zu ſeinem Geſchlechts-Nahmen zu
fuͤhren verlieh. Ein ander Marſinger begegne-
te dem herzudringenden Fuͤrſten der Naharva-
ler dergeſtalt: daß er ihm mit ſeinem uͤber den
Kopff abhaͤngenden Baͤren-Tatzen den halben
Schild abhieb; hernach ihm einen Pfeil recht
durch den Mund zum Nacken heraus ſchoß;
welchem Marbod die Baͤren-Klauen im Schil-
de zu fuͤhren/ und den Nahmen Pfeil gab. Hier-
uͤber begonte es zu tagen/ und die Sterne zu er-
blaſſen; zugleich auch der Vortheil der Lygier zu
verſchwinden/ und der Marckmaͤnner zuzu-
nehmen; Gleich als wenn das Goͤttliche Ver-
haͤngnuͤs dieſen Voͤlckern den Tag/ jenen die
Nacht zum Obſiege eingetheilt haͤtte. Den Ly-
giern war mit Hinfallung ihres Fuͤrſten/ und
Zertrennung der Arier auch guten Theils das
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1141[1143]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1205>, abgerufen am 26.06.2024. |