Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
Hertze entfallen; die Marckmänner konten sichbesser besehen; und also fielen der Ritter Ber- cka/ Schaf/ und Promnitz auff beyden Seiten denen wie eine Mauer noch unbeweglich-ste- henden Helvekenen und Elysiern mit ihrem Reistgen-Zeuge ein: daß alle Lygier gegen den Mittag in offenbare Flucht geriethen; wiewol mehr als die Helffte Fuß für Fuß fechtende auf dem Platze todt blieb; der vierdte Theil und darunter sieben Fürsten gefangen wurden/ und kaum ein vierdtes Theil in die Länder entran. Also über wältigte Marbod/ wiewol mit Ver- lust/ zwölff tausend streitbarer Krieges-Leute die Lygier/ Logionen/ und Burgundier/ welche sich biß auf diesen Tag gerühmt hatten: daß kein Feind noch gegen ihre gleich sam höllische Ge- sichter stehen können; sondern sie mit ihrem blos- sen Anblicke schon den halben/ mit ihren Schwerdtern allezeit den völligen Sieg erlan- get hätten. Vannius ward mit Marbods höchster Bekümmernüs für todt von der Wall- statt auffgehoben; endlich aber durch Erquik- kungen wieder zum Athmen/ und endlich durch Aderlassen; weil das Geblüte wegen verhinder- ter Umkreissung das Hertze erstecken wolte/ zu Kräfften gebracht. König Marbod rückte noch selbigen Tagfür die an der Weichsel auff einem Berge liegende Festung Carrodun; darinnen die Hertzogin der Naharvaler Hermegild des Longobardischen Fürsten Tochter selbst ihr Eh- Herr in der Schlacht erschlagen; ihre zwey Söhne aber gefangen waren. Weil nun der Ort feste; ließ Marbod selbten mit Bedräuung: daß er bey verweigerter Aufgabe der Fürstin Söhne um Carrodun zu tode schleiffen/ und den Hunden fürwerffen wolte/ auffordern. Die Fürstin ließ anfangs dem Marbod zur Ant- wort wissen: der Hunde Magen wäre ein edler Grab ihrer Söhne/ als todter Marmel. Und als er einen Knecht in der Tracht eines ihrer Söhne um die Stadt schleiffen ließ; schickte sie ihm einen Korb voll Rosen her aus/ und ließ ihm [Spaltenumbruch] entbieten: Er möchte doch darmit ihres Soh- nes Leiche bestreuen lassen/ um zu schauen: Ob die Naharvalischen Blumen so kräfftig/ als die Trojanischen wären/ wormit Venus Hectors Leiche für Zerreissung der Hunde beschirmet haben solte. Endlich ersuchte sie den Marbod: er möchte auff gutes Vertrauen mit ihr selbst die Bedingungen der Ubergabe zu schlüssen be- lieben; und sich dem eussersten Thurme nä- hern; darauff sie bey Fürstlichen treuen Wor- ten alleine erscheinen wolte. Marbod/ wel- cher diese Fürstin ihrer Großmüthigkeit halber sehr hatte rühmen hören/ kam/ ungeachtet alles Wiederrathens/ an denselben thurn; da er denn von ihr allein die Bitte vernahm: er möchte sie mit der Leiche ihres Eh-Herrn beschencken. Marbod sagte: Sie solte diß und alle Höflig- keit bey Ubergebung der Stadt erlangen. Sie aber antwortete lachende: Es wäre eine grosse Thorheit die Todten mit Lebenden verwechseln; in dem ein Feind zwar diesen Schaden/ jenen aber kein Haar mehr krümmen könte. Marbod fuhr fort: So wolte er denn ihre Söhne in ih- rem Gesichte abschlachten lassen. Sie lachte abermahls/ entblöste ihren Untertheil des Lei- bes/ und sagte: Siehe Marbod: daß die Werck- stadt mehrer Söhne hier noch gantz unverletzt sey. Marbod wendete schamroth das Pferd um/ kehrte spornstreichs zurück; und befahl mit allen Kräfften die Belägerung zu befördern. Wiewol nun die Mauerbrecher wegen der Höhe nicht zu brauchen waren; so drangen die Marckmänner doch durch Untergrabung in die Stadt. Die Fürstin zohe sich hierauf mit dem Kriegs-Volcke in das Schloß; und ließ unter die Eroberer dreyhundert wilde Schwei- ne loß; mit welchen sie ihnen genung zu thun machte/ und inzwischen alles ihr Volck sicher in das Schloß brachte. Aber diese wilden Thiere wurden auch bald gefället; und hiervon zehen Rittern der Nahme Schweinitz zugeeignet; folgends von dem Ritter Thurn/ der ihm die sei- nes
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
Hertze entfallen; die Marckmaͤnner konten ſichbeſſer beſehen; und alſo fielen der Ritter Ber- cka/ Schaf/ und Promnitz auff beyden Seiten denen wie eine Mauer noch unbeweglich-ſte- henden Helvekenen und Elyſiern mit ihrem Reiſtgen-Zeuge ein: daß alle Lygier gegen den Mittag in offenbare Flucht geriethen; wiewol mehr als die Helffte Fuß fuͤr Fuß fechtende auf dem Platze todt blieb; der vierdte Theil und darunter ſieben Fuͤrſten gefangen wurden/ und kaum ein vierdtes Theil in die Laͤnder entran. Alſo uͤber waͤltigte Marbod/ wiewol mit Ver- luſt/ zwoͤlff tauſend ſtreitbarer Krieges-Leute die Lygier/ Logionen/ und Burgundier/ welche ſich biß auf dieſen Tag geruͤhmt hatten: daß kein Feind noch gegen ihre gleich ſam hoͤlliſche Ge- ſichter ſtehen koͤnnen; ſondern ſie mit ihrem bloſ- ſen Anblicke ſchon den halben/ mit ihren Schwerdtern allezeit den voͤlligen Sieg erlan- get haͤtten. Vannius ward mit Marbods hoͤchſter Bekuͤmmernuͤs fuͤr todt von der Wall- ſtatt auffgehoben; endlich aber durch Erquik- kungen wieder zum Athmen/ und endlich durch Aderlaſſen; weil das Gebluͤte wegen verhinder- ter Umkreiſſung das Hertze erſtecken wolte/ zu Kraͤfften gebracht. Koͤnig Marbod ruͤckte noch ſelbigen Tagfuͤr die an der Weichſel auff einem Berge liegende Feſtung Carrodun; darinnen die Hertzogin der Naharvaler Hermegild des Longobardiſchen Fuͤrſten Tochter ſelbſt ihr Eh- Herr in der Schlacht erſchlagen; ihre zwey Soͤhne aber gefangen waren. Weil nun der Ort feſte; ließ Marbod ſelbten mit Bedraͤuung: daß er bey verweigerter Aufgabe der Fuͤrſtin Soͤhne um Carrodun zu tode ſchleiffen/ und den Hunden fuͤrwerffen wolte/ auffordern. Die Fuͤrſtin ließ anfangs dem Marbod zur Ant- wort wiſſen: der Hunde Magen waͤre ein edler Grab ihrer Soͤhne/ als todter Marmel. Und als er einen Knecht in der Tracht eines ihrer Soͤhne um die Stadt ſchleiffen ließ; ſchickte ſie ihm einen Korb voll Roſen her aus/ und ließ ihm [Spaltenumbruch] entbieten: Er moͤchte doch darmit ihres Soh- nes Leiche beſtreuen laſſen/ um zu ſchauen: Ob die Naharvaliſchen Blumen ſo kraͤfftig/ als die Trojaniſchen waͤren/ wormit Venus Hectors Leiche fuͤr Zerreiſſung der Hunde beſchirmet haben ſolte. Endlich erſuchte ſie den Marbod: er moͤchte auff gutes Vertrauen mit ihr ſelbſt die Bedingungen der Ubergabe zu ſchluͤſſen be- lieben; und ſich dem euſſerſten Thurme naͤ- hern; darauff ſie bey Fuͤrſtlichen treuen Wor- ten alleine erſcheinen wolte. Marbod/ wel- cher dieſe Fuͤrſtin ihrer Großmuͤthigkeit halber ſehr hatte ruͤhmen hoͤren/ kam/ ungeachtet alles Wiederrathens/ an denſelben thurn; da er deñ von ihr allein die Bitte vernahm: er moͤchte ſie mit der Leiche ihres Eh-Herꝛn beſchencken. Marbod ſagte: Sie ſolte diß und alle Hoͤflig- keit bey Ubergebung der Stadt erlangen. Sie aber antwortete lachende: Es waͤre eine groſſe Thorheit die Todten mit Lebenden verwechſeln; in dem ein Feind zwar dieſen Schaden/ jenen aber kein Haar mehr kruͤmmen koͤnte. Marbod fuhr fort: So wolte er denn ihre Soͤhne in ih- rem Geſichte abſchlachten laſſen. Sie lachte abermahls/ entbloͤſte ihren Untertheil des Lei- bes/ und ſagte: Siehe Marbod: daß die Werck- ſtadt mehrer Soͤhne hier noch gantz unverletzt ſey. Marbod wendete ſchamroth das Pferd um/ kehrte ſpornſtreichs zuruͤck; und befahl mit allen Kraͤfften die Belaͤgerung zu befoͤrdern. Wiewol nun die Mauerbrecher wegen der Hoͤhe nicht zu brauchen waren; ſo drangen die Marckmaͤnner doch durch Untergrabung in die Stadt. Die Fuͤrſtin zohe ſich hierauf mit dem Kriegs-Volcke in das Schloß; und ließ unter die Eroberer dreyhundert wilde Schwei- ne loß; mit welchen ſie ihnen genung zu thun machte/ und inzwiſchen alles ihr Volck ſicher in das Schloß brachte. Aber dieſe wilden Thiere wurden auch bald gefaͤllet; und hiervon zehen Rittern der Nahme Schweinitz zugeeignet; folgends von dem Ritter Thurn/ der ihm die ſei- nes
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Siebendes Buch
Hertze entfallen; die Marckmaͤnner konten ſich
beſſer beſehen; und alſo fielen der Ritter Ber-
cka/ Schaf/ und Promnitz auff beyden Seiten
denen wie eine Mauer noch unbeweglich-ſte-
henden Helvekenen und Elyſiern mit ihrem
Reiſtgen-Zeuge ein: daß alle Lygier gegen den
Mittag in offenbare Flucht geriethen; wiewol
mehr als die Helffte Fuß fuͤr Fuß fechtende auf
dem Platze todt blieb; der vierdte Theil und
darunter ſieben Fuͤrſten gefangen wurden/ und
kaum ein vierdtes Theil in die Laͤnder entran.
Alſo uͤber waͤltigte Marbod/ wiewol mit Ver-
luſt/ zwoͤlff tauſend ſtreitbarer Krieges-Leute die
Lygier/ Logionen/ und Burgundier/ welche ſich
biß auf dieſen Tag geruͤhmt hatten: daß kein
Feind noch gegen ihre gleich ſam hoͤlliſche Ge-
ſichter ſtehen koͤnnen; ſondern ſie mit ihrem bloſ-
ſen Anblicke ſchon den halben/ mit ihren
Schwerdtern allezeit den voͤlligen Sieg erlan-
get haͤtten. Vannius ward mit Marbods
hoͤchſter Bekuͤmmernuͤs fuͤr todt von der Wall-
ſtatt auffgehoben; endlich aber durch Erquik-
kungen wieder zum Athmen/ und endlich durch
Aderlaſſen; weil das Gebluͤte wegen verhinder-
ter Umkreiſſung das Hertze erſtecken wolte/ zu
Kraͤfften gebracht. Koͤnig Marbod ruͤckte noch
ſelbigen Tagfuͤr die an der Weichſel auff einem
Berge liegende Feſtung Carrodun; darinnen
die Hertzogin der Naharvaler Hermegild des
Longobardiſchen Fuͤrſten Tochter ſelbſt ihr Eh-
Herr in der Schlacht erſchlagen; ihre zwey
Soͤhne aber gefangen waren. Weil nun der
Ort feſte; ließ Marbod ſelbten mit Bedraͤuung:
daß er bey verweigerter Aufgabe der Fuͤrſtin
Soͤhne um Carrodun zu tode ſchleiffen/ und den
Hunden fuͤrwerffen wolte/ auffordern. Die
Fuͤrſtin ließ anfangs dem Marbod zur Ant-
wort wiſſen: der Hunde Magen waͤre ein edler
Grab ihrer Soͤhne/ als todter Marmel. Und
als er einen Knecht in der Tracht eines ihrer
Soͤhne um die Stadt ſchleiffen ließ; ſchickte ſie
ihm einen Korb voll Roſen her aus/ und ließ ihm
entbieten: Er moͤchte doch darmit ihres Soh-
nes Leiche beſtreuen laſſen/ um zu ſchauen: Ob
die Naharvaliſchen Blumen ſo kraͤfftig/ als die
Trojaniſchen waͤren/ wormit Venus Hectors
Leiche fuͤr Zerreiſſung der Hunde beſchirmet
haben ſolte. Endlich erſuchte ſie den Marbod:
er moͤchte auff gutes Vertrauen mit ihr ſelbſt
die Bedingungen der Ubergabe zu ſchluͤſſen be-
lieben; und ſich dem euſſerſten Thurme naͤ-
hern; darauff ſie bey Fuͤrſtlichen treuen Wor-
ten alleine erſcheinen wolte. Marbod/ wel-
cher dieſe Fuͤrſtin ihrer Großmuͤthigkeit halber
ſehr hatte ruͤhmen hoͤren/ kam/ ungeachtet alles
Wiederrathens/ an denſelben thurn; da er deñ
von ihr allein die Bitte vernahm: er moͤchte ſie
mit der Leiche ihres Eh-Herꝛn beſchencken.
Marbod ſagte: Sie ſolte diß und alle Hoͤflig-
keit bey Ubergebung der Stadt erlangen. Sie
aber antwortete lachende: Es waͤre eine groſſe
Thorheit die Todten mit Lebenden verwechſeln;
in dem ein Feind zwar dieſen Schaden/ jenen
aber kein Haar mehr kruͤmmen koͤnte. Marbod
fuhr fort: So wolte er denn ihre Soͤhne in ih-
rem Geſichte abſchlachten laſſen. Sie lachte
abermahls/ entbloͤſte ihren Untertheil des Lei-
bes/ und ſagte: Siehe Marbod: daß die Werck-
ſtadt mehrer Soͤhne hier noch gantz unverletzt
ſey. Marbod wendete ſchamroth das Pferd
um/ kehrte ſpornſtreichs zuruͤck; und befahl mit
allen Kraͤfften die Belaͤgerung zu befoͤrdern.
Wiewol nun die Mauerbrecher wegen der
Hoͤhe nicht zu brauchen waren; ſo drangen die
Marckmaͤnner doch durch Untergrabung in
die Stadt. Die Fuͤrſtin zohe ſich hierauf mit
dem Kriegs-Volcke in das Schloß; und ließ
unter die Eroberer dreyhundert wilde Schwei-
ne loß; mit welchen ſie ihnen genung zu thun
machte/ und inzwiſchen alles ihr Volck ſicher in
das Schloß brachte. Aber dieſe wilden Thiere
wurden auch bald gefaͤllet; und hiervon zehen
Rittern der Nahme Schweinitz zugeeignet;
folgends von dem Ritter Thurn/ der ihm die ſei-
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