Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nes wegen gleichmäßiger Ersteigung erlang-ten Nahmens Ehre ausbat/ das Schloß übermeistert. Ja ob sich wol die Fürstin der Naharvaler/ wie Asdrubals Gemahlin zu Car- thago/ aus dem Fenster in Graben stürtzte; brach sie doch nur einen Schenckel; ward also wieder ihren Willen aufgehoben und geheilet. Wormit aber der kluge Marbod nicht so wol der Naharvaler Mauern/ als ihre Hertzen ero- berte/ ließ er mit unglaublicher Mühe auff dem Bojischen Gebürge tausend der grösten Lier- Bäume ausheben/ und selbte rings um der Na- harvaler heiligen Heyn setzen. Denn er wuste wol: daß das Schiff eines Reiches nicht feste ste- hen könte/ wenn es nicht der eingesenckte An- cker der wahren/ oder wenigstens der angenom- menen Gottesfurcht hielte. Alleine diß war nicht so wol ein Geschencke Marbods/ als der Naharvaler selbst; welche unsäglich viel Schweiß nicht so wol der daselbst angebeteten Gottheit/ als Marbods Ehrsucht und Heuche- ley opfferten. Diesemnach denn die Andacht und Freygebigkeit/ wie auch alle dieselben Opf- fer/ welche Fürsten für erwürgte Menschen von dem aus gepreßten Schweiß und Blute der Uberwundenen GOtt zu bringen pflegen/ kei- ne geringere Flecken an sich kleben haben/ als das von der Phryne in den Grichischen Tem- pel gewiedmete goldene Bild/ welches Crates gar recht ein Sieges-Zeichen der Grichischen Unmäßigkeit hieß. König Marbod aber hatte kaum diß Werck vollbracht; als er Nachricht bekam: daß die zwischen den Brunnen der Oder und der Weichsel wohnenden Gothinen; derer Sprache anzeiget: daß sie von den Galliern ih- ren Uhrsprung haben/ auf Verleitung der Ly- gier nicht nur im Anzuge wären; sondern auch der Cheruskische über die Quaden zwischen der Donau/ dem Bojischen- und Mohnden-Ge- bürge gesetzte Stadthalter/ mächtige Krieges- Rüstungen machte; und weil ohne diß der Che- ruskische Feldherr Segimer seinen Feind den [Spaltenumbruch] Fürsten Jubil bey sich hielte/ und den Marck- männern wenig hold wäre/ solche nicht unbillich gegen ihm angesehen zu seyn schiene. Diesem- nach schickte er den Vannius mit zwölff tau- send Kriegs-Leuten den Gothinen entgegen; welcher sich in einen Wald versteckte/ die darein sonder einige Furcht und Vorsicht rückende Feinde auf allen Seiten überfiel und mit ihrem Fürsten auffs Haupt erlegte; hierauf ein Theil seines Volckes in der erschlagenen Gothinen Röcke verkleidete/ und den Ritter Oppersdorff darmit gegen die bey dem Brunnen der Oder gelegene Stadt Parienna schickte/ und selbte unter dem Scheine: daß sie darein von dem Hertzoge zur Besatzung geschickt würden/ ohne Wiederstand eroberte. Vannius selbst durch- streiffte das gantze Land/ und bemächtigte sich etlicher festen Plätze. Jnzwischen demüthigten sich die übrigen Lygier/ Logionen und Burgun- dier unter die Siegs-Hand des mit den dreyen Herren ihnen im Hertzen stehenden Königs Marbod; leisteten gegen Bestetigung ihrer al- ten Rechte ihm den Eyd der Treue; und ver- sicherten ihn im Wercke zu bezeugen: daß zwi- schen Sieger und Besiegten niemahls die Ver- träuligkeit fester klebte/ als wenn sie vorher aufs eusserste ihre Kräfften gegen einander geprüfet hätten. König Marbod schlug eine grosse An- zahl derer/ die in diesem Kriege sich tapffer ge- halten hatten; und darunter Seidlitzen/ Gerß- dorffen/ Pritwitzen/ Stoschen/ Rohren/ Zed- litzen/ Schmoltzen/ Kitlitzen/ Bocken/ Hauwi- tzen/ Pogrellen/ Retschin/ Hund/ Tschammer/ Abschatz/ Röder/ Schöneych/ Schindel/ Mül- heim/ Dier/ Braun/ Gafron/ Ratzbar/ Heyde/ Logau/ Strachwitz/ Borschnitz/ Waldau/ Lest- witz/ Hocke/ Studnitz/ Baruth/ Niemitz/ Nimptschen/ und noch viel andere Marsinger und Marckmänner zu Rittern; ließ durch sei- ne Kriegs-Obersten sich aller vortheilhafften Plätze/ besonders an der Weichsel gegen die Sarmater auffs beste versichern/ er aber rückte mit
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nes wegen gleichmaͤßiger Erſteigung erlang-ten Nahmens Ehre ausbat/ das Schloß uͤbermeiſtert. Ja ob ſich wol die Fuͤrſtin der Naharvaler/ wie Asdrubals Gemahlin zu Car- thago/ aus dem Fenſter in Graben ſtuͤrtzte; brach ſie doch nur einen Schenckel; ward alſo wieder ihren Willen aufgehoben und geheilet. Wormit aber der kluge Marbod nicht ſo wol der Naharvaler Mauern/ als ihre Hertzen ero- berte/ ließ er mit unglaublicher Muͤhe auff dem Bojiſchen Gebuͤrge tauſend der groͤſten Lier- Baͤume ausheben/ und ſelbte rings um der Na- harvaler heiligen Heyn ſetzen. Denn er wuſte wol: daß das Schiff eines Reiches nicht feſte ſte- hen koͤnte/ wenn es nicht der eingeſenckte An- cker der wahren/ oder wenigſtens der angenom- menen Gottesfurcht hielte. Alleine diß war nicht ſo wol ein Geſchencke Marbods/ als der Naharvaler ſelbſt; welche unſaͤglich viel Schweiß nicht ſo wol der daſelbſt angebeteten Gottheit/ als Marbods Ehrſucht und Heuche- ley opfferten. Dieſemnach denn die Andacht und Freygebigkeit/ wie auch alle dieſelben Opf- fer/ welche Fuͤrſten fuͤr erwuͤrgte Menſchen von dem aus gepreßten Schweiß und Blute der Uberwundenen GOtt zu bringen pflegen/ kei- ne geringere Flecken an ſich kleben haben/ als das von der Phryne in den Grichiſchen Tem- pel gewiedmete goldene Bild/ welches Crates gar recht ein Sieges-Zeichen der Grichiſchen Unmaͤßigkeit hieß. Koͤnig Marbod aber hatte kaum diß Werck vollbracht; als er Nachricht bekam: daß die zwiſchen den Brunnen der Oder und der Weichſel wohnenden Gothinen; derer Sprache anzeiget: daß ſie von den Galliern ih- ren Uhrſprung haben/ auf Verleitung der Ly- gier nicht nur im Anzuge waͤren; ſondern auch der Cheruskiſche uͤber die Quaden zwiſchen der Donau/ dem Bojiſchen- und Mohnden-Ge- buͤrge geſetzte Stadthalter/ maͤchtige Krieges- Ruͤſtungen machte; und weil ohne diß der Che- ruskiſche Feldherꝛ Segimer ſeinen Feind den [Spaltenumbruch] Fuͤrſten Jubil bey ſich hielte/ und den Marck- maͤnneꝛn wenig hold waͤre/ ſolche nicht unbillich gegen ihm angeſehen zu ſeyn ſchiene. Dieſem- nach ſchickte er den Vannius mit zwoͤlff tau- ſend Kriegs-Leuten den Gothinen entgegen; welcher ſich in einen Wald verſteckte/ die darein ſonder einige Furcht und Vorſicht ruͤckende Feinde auf allen Seiten uͤberfiel und mit ihrem Fuͤrſten auffs Haupt erlegte; hierauf ein Theil ſeines Volckes in der erſchlagenen Gothinen Roͤcke verkleidete/ und den Ritter Oppersdorff darmit gegen die bey dem Brunnen der Oder gelegene Stadt Parienna ſchickte/ und ſelbte unter dem Scheine: daß ſie darein von dem Hertzoge zur Beſatzung geſchickt wuͤrden/ ohne Wiederſtand eroberte. Vannius ſelbſt durch- ſtreiffte das gantze Land/ und bemaͤchtigte ſich etlicher feſten Plaͤtze. Jnzwiſchen demuͤthigten ſich die uͤbrigen Lygier/ Logionen und Burgun- dier unter die Siegs-Hand des mit den dreyen Herren ihnen im Hertzen ſtehenden Koͤnigs Marbod; leiſteten gegen Beſtetigung ihrer al- ten Rechte ihm den Eyd der Treue; und ver- ſicherten ihn im Wercke zu bezeugen: daß zwi- ſchen Sieger und Beſiegten niemahls die Ver- traͤuligkeit feſter klebte/ als wenn ſie vorher aufs euſſerſte ihre Kraͤfften gegen einander gepruͤfet haͤtten. Koͤnig Marbod ſchlug eine groſſe An- zahl derer/ die in dieſem Kriege ſich tapffer ge- halten hatten; und darunter Seidlitzen/ Gerß- dorffen/ Pritwitzen/ Stoſchen/ Rohren/ Zed- litzen/ Schmoltzen/ Kitlitzen/ Bocken/ Hauwi- tzen/ Pogrellen/ Retſchin/ Hund/ Tſchammer/ Abſchatz/ Roͤder/ Schoͤneych/ Schindel/ Muͤl- heim/ Dier/ Braun/ Gafron/ Ratzbar/ Heyde/ Logau/ Strachwitz/ Borſchnitz/ Waldau/ Leſt- witz/ Hocke/ Studnitz/ Baruth/ Niemitz/ Nimptſchen/ und noch viel andere Marſinger und Marckmaͤnner zu Rittern; ließ durch ſei- ne Kriegs-Oberſten ſich aller vortheilhafften Plaͤtze/ beſonders an der Weichſel gegen die Sarmater auffs beſte verſichern/ er aber ruͤckte mit
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Arminius und Thußnelda.
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ten Nahmens Ehre ausbat/ das Schloß
uͤbermeiſtert. Ja ob ſich wol die Fuͤrſtin der
Naharvaler/ wie Asdrubals Gemahlin zu Car-
thago/ aus dem Fenſter in Graben ſtuͤrtzte;
brach ſie doch nur einen Schenckel; ward alſo
wieder ihren Willen aufgehoben und geheilet.
Wormit aber der kluge Marbod nicht ſo wol
der Naharvaler Mauern/ als ihre Hertzen ero-
berte/ ließ er mit unglaublicher Muͤhe auff dem
Bojiſchen Gebuͤrge tauſend der groͤſten Lier-
Baͤume ausheben/ und ſelbte rings um der Na-
harvaler heiligen Heyn ſetzen. Denn er wuſte
wol: daß das Schiff eines Reiches nicht feſte ſte-
hen koͤnte/ wenn es nicht der eingeſenckte An-
cker der wahren/ oder wenigſtens der angenom-
menen Gottesfurcht hielte. Alleine diß war
nicht ſo wol ein Geſchencke Marbods/ als der
Naharvaler ſelbſt; welche unſaͤglich viel
Schweiß nicht ſo wol der daſelbſt angebeteten
Gottheit/ als Marbods Ehrſucht und Heuche-
ley opfferten. Dieſemnach denn die Andacht
und Freygebigkeit/ wie auch alle dieſelben Opf-
fer/ welche Fuͤrſten fuͤr erwuͤrgte Menſchen
von dem aus gepreßten Schweiß und Blute der
Uberwundenen GOtt zu bringen pflegen/ kei-
ne geringere Flecken an ſich kleben haben/ als
das von der Phryne in den Grichiſchen Tem-
pel gewiedmete goldene Bild/ welches Crates
gar recht ein Sieges-Zeichen der Grichiſchen
Unmaͤßigkeit hieß. Koͤnig Marbod aber hatte
kaum diß Werck vollbracht; als er Nachricht
bekam: daß die zwiſchen den Brunnen der Oder
und der Weichſel wohnenden Gothinen; derer
Sprache anzeiget: daß ſie von den Galliern ih-
ren Uhrſprung haben/ auf Verleitung der Ly-
gier nicht nur im Anzuge waͤren; ſondern auch
der Cheruskiſche uͤber die Quaden zwiſchen der
Donau/ dem Bojiſchen- und Mohnden-Ge-
buͤrge geſetzte Stadthalter/ maͤchtige Krieges-
Ruͤſtungen machte; und weil ohne diß der Che-
ruskiſche Feldherꝛ Segimer ſeinen Feind den
Fuͤrſten Jubil bey ſich hielte/ und den Marck-
maͤnneꝛn wenig hold waͤre/ ſolche nicht unbillich
gegen ihm angeſehen zu ſeyn ſchiene. Dieſem-
nach ſchickte er den Vannius mit zwoͤlff tau-
ſend Kriegs-Leuten den Gothinen entgegen;
welcher ſich in einen Wald verſteckte/ die darein
ſonder einige Furcht und Vorſicht ruͤckende
Feinde auf allen Seiten uͤberfiel und mit ihrem
Fuͤrſten auffs Haupt erlegte; hierauf ein Theil
ſeines Volckes in der erſchlagenen Gothinen
Roͤcke verkleidete/ und den Ritter Oppersdorff
darmit gegen die bey dem Brunnen der Oder
gelegene Stadt Parienna ſchickte/ und ſelbte
unter dem Scheine: daß ſie darein von dem
Hertzoge zur Beſatzung geſchickt wuͤrden/ ohne
Wiederſtand eroberte. Vannius ſelbſt durch-
ſtreiffte das gantze Land/ und bemaͤchtigte ſich
etlicher feſten Plaͤtze. Jnzwiſchen demuͤthigten
ſich die uͤbrigen Lygier/ Logionen und Burgun-
dier unter die Siegs-Hand des mit den dreyen
Herren ihnen im Hertzen ſtehenden Koͤnigs
Marbod; leiſteten gegen Beſtetigung ihrer al-
ten Rechte ihm den Eyd der Treue; und ver-
ſicherten ihn im Wercke zu bezeugen: daß zwi-
ſchen Sieger und Beſiegten niemahls die Ver-
traͤuligkeit feſter klebte/ als wenn ſie vorher aufs
euſſerſte ihre Kraͤfften gegen einander gepruͤfet
haͤtten. Koͤnig Marbod ſchlug eine groſſe An-
zahl derer/ die in dieſem Kriege ſich tapffer ge-
halten hatten; und darunter Seidlitzen/ Gerß-
dorffen/ Pritwitzen/ Stoſchen/ Rohren/ Zed-
litzen/ Schmoltzen/ Kitlitzen/ Bocken/ Hauwi-
tzen/ Pogrellen/ Retſchin/ Hund/ Tſchammer/
Abſchatz/ Roͤder/ Schoͤneych/ Schindel/ Muͤl-
heim/ Dier/ Braun/ Gafron/ Ratzbar/ Heyde/
Logau/ Strachwitz/ Borſchnitz/ Waldau/ Leſt-
witz/ Hocke/ Studnitz/ Baruth/ Niemitz/
Nimptſchen/ und noch viel andere Marſinger
und Marckmaͤnner zu Rittern; ließ durch ſei-
ne Kriegs-Oberſten ſich aller vortheilhafften
Plaͤtze/ beſonders an der Weichſel gegen die
Sarmater auffs beſte verſichern/ er aber ruͤckte
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1143[1145]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1207>, abgerufen am 26.06.2024. |