Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nen Hauffen/ weil die Römer wol zwölffmahlstärcker waren/ mit unbeschreiblicher Tapffer- keit. Endlich kamen zu allem Glücke Mar- bods Hülffs-Völcker an; also: daß die Römer/ welche schon an zwey Orten festen Fuß auf dem Ufer gesetzt hatten/ über Hals und Kopff in Strom zurücke weichen und etliche tausend den Deutschen Schwerdtern/ und nicht weniger dem Flusse zum Versöhn-Opffer hinterlassen musten. Weil nun wiedrige Zufälle denen Glückse- gobarden G g g g g g g 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nen Hauffen/ weil die Roͤmer wol zwoͤlffmahlſtaͤrcker waren/ mit unbeſchreiblicher Tapffer- keit. Endlich kamen zu allem Gluͤcke Mar- bods Huͤlffs-Voͤlcker an; alſo: daß die Roͤmer/ welche ſchon an zwey Orten feſten Fuß auf dem Ufer geſetzt hatten/ uͤber Hals und Kopff in Strom zuruͤcke weichen und etliche tauſend den Deutſchen Schwerdtern/ und nicht weniger dem Fluſſe zum Verſoͤhn-Opffer hinterlaſſen muſten. Weil nun wiedrige Zufaͤlle denen Gluͤckſe- gobarden G g g g g g g 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1221" n="1157[1159]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> nen Hauffen/ weil die Roͤmer wol zwoͤlffmahl<lb/> ſtaͤrcker waren/ mit unbeſchreiblicher Tapffer-<lb/> keit. Endlich kamen zu allem Gluͤcke Mar-<lb/> bods Huͤlffs-Voͤlcker an; alſo: daß die Roͤmer/<lb/> welche ſchon an zwey Orten feſten Fuß auf dem<lb/> Ufer geſetzt hatten/ uͤber Hals und Kopff in<lb/> Strom zuruͤcke weichen und etliche tauſend den<lb/> Deutſchen Schwerdtern/ und nicht weniger<lb/> dem Fluſſe zum Verſoͤhn-Opffer hinterlaſſen<lb/> muſten.</p><lb/> <p>Weil nun wiedrige Zufaͤlle denen Gluͤckſe-<lb/> ligen am empfindlichſten ſind; haͤtte der ſo vieler<lb/> Siege gewohnte Tiberius moͤgen von Siñen<lb/> kom̃en. Dieſemnach entſchloß er/ ſich an Mar-<lb/> bod zu raͤchen; beſetzte alſo die von ihm eroberten<lb/> Plaͤtze/ zohe mit dem gantzen Heere an der Elbe<lb/> gegen die Hermundurer hinauf/ in willens die-<lb/> ſes dem Marbod vielleicht nicht allzu holde<lb/> Volck/ unter dem Scheine fuͤr gebildeter Frey-<lb/> heit/ vom Marbod abwendig zu machen. Er<lb/> ſchickte aber vorher an ihn nach Marbods-<lb/> Stadt eine Geſandſchafft; welche wegen der<lb/> den Longobarden geſchickter Huͤlffe Vergnuͤ-<lb/> gung fordern ſolte; um bey derſelben Verwei-<lb/> gerung die Urſache ſeines Krieges deſto ſchein-<lb/> barer zu rechtfertigen. Marbod aber antworte-<lb/> te: Er waͤre der Roͤmer Freund/ wolte es auch<lb/> bleiben/ ſo lange ſie ihm keine Feindſchafft ab-<lb/> noͤthigten. Sein den Longobarden geleiſteter<lb/> Beyſtand aber waͤre darfuͤr nicht aufzunehmen;<lb/> weil das Buͤndnuͤs mit dieſem Volcke ihn dar-<lb/> zu verbunden; er aber ſolches mit ihnen aufge-<lb/> richtet haͤtte; ehe ihm traͤumen koͤnnen: daß die<lb/> Roͤmer mit den Longobarden brechen ſolten; zu-<lb/> mal ihm keine Beleidigung bekant waͤꝛe. Mein-<lb/> te nun Tiberius ſich an ihn zu reiben/ und an<lb/> Marckmaͤñern zum Ritter zu werden/ muͤſte er<lb/> es geſchehen laſſen; und gielte ihm gleich: Ob er<lb/> den Degen ſolte ausziehen/ oder in der Scheide<lb/> ſtecken laſſen. Auf den erſten Fall muͤſten ſie ge-<lb/> gen einander verſuchen: Ob Tiberius die Elbe<lb/> und den Herziniſchen Wald ehe bemeiſtern/ oder<lb/><cb/> er nach ſeiner Vorfahren Beyſpiel uͤber die Al-<lb/> pen in Jtalien/ dahin er von ſeiner Graͤntze nur<lb/> zweyhundert tauſend Schritte haͤtte/ einbrechen<lb/> wuͤrde. Marbod zohe hierauf in der Eyl ſein<lb/> Krieges-Heer zuſammen/ ſtellte es bey ſeiner<lb/> Hauptſtadt in Schlacht-Ordnung/ zeigte alſo<lb/> ſiebentzig tauſend Fußknechte/ und vierzehntau-<lb/> ſend Reuter des Tiberius Geſandten; mit Er-<lb/> mahnung: Sie ſolten ihm ſagen/ was er gere-<lb/> det/ und ſie geſehen haͤtten; Er wolte folgenden<lb/> Tag ihnen mit ſeinen Marckmaͤnnern folgen/<lb/> und an der Saale mit dem Tiberius entweder<lb/> wie mit ſeinem Bruder Druſus freundlich re-<lb/> den; oder verſuchen/ welche Schwerdter unter<lb/> beyden die ſchaͤrffſten waͤren. Als Tiberius nicht<lb/> nur dieſe Entſchluͤſſung Marbods vernahm;<lb/> ſondern auch diß ſeine folgende Botſchafft beſtaͤ-<lb/> tigte/ zohe er wie ein kluger Schiffer/ der bey<lb/> aufgehendem Geſtirne des Orions die Segel<lb/> fallen laͤſt/ oder ins Land ſetzt/ lindere Seiten<lb/> auf; weil er mit gegenwaͤrtigem Heere den<lb/> Marckmaͤnneꝛn und Longobarden nichts abzu-<lb/> jagen getraute; gab alſo den Geſandten gute<lb/> Worte/ ſtellte ſich an/ als wenn er mit Marbods<lb/> fuͤrgeſchuͤtztem Buͤndnuͤſſe aller dings zu frieden<lb/> waͤre; zohe/ allen Argwohn des Einbruchs zu<lb/> verhuͤten/ ſein Heer zuruͤcke/ und vertheilte es<lb/> in die Laͤnder der Chautzen und Cherusker un-<lb/> ter der Aufſicht des Sentius Saturninus; wel-<lb/> chem er befahl den Catten und andern deutſchen<lb/> Voͤlckern wol auf die Schantze zu ſehen/ und<lb/> auf kuͤnfftiges Jahr zu einem maͤchtigen Feld-<lb/> zuge ſich ins geheim zu ruͤſtẽ. Er ſelbſt eilte nach<lb/> Rom/ und bemuͤhte ſich den Kayſer zu bereden:<lb/> daß er fuͤr allen Dingen den Hertzog Herrmañ/<lb/> als einen nichts mindeꝛ ſchlauen als veꝛwegenen<lb/> Feind/ mit ſeinen hartnaͤckichten Cheruskern uͤ-<lb/> bern Hauffen werffen muͤſte. Saturnin hinge-<lb/> gen redete der Treue der Cherusker das Wort/<lb/> und ſtellte dem Kayſer fuͤr Augen: daß Mar-<lb/> bod ein den Roͤmern nunmehr ſelbſt zu<lb/> fuͤrchten noͤthiges Reich auffgerichtet/ die Lon-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g g g g g g 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gobarden</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1157[1159]/1221]
Arminius und Thußnelda.
nen Hauffen/ weil die Roͤmer wol zwoͤlffmahl
ſtaͤrcker waren/ mit unbeſchreiblicher Tapffer-
keit. Endlich kamen zu allem Gluͤcke Mar-
bods Huͤlffs-Voͤlcker an; alſo: daß die Roͤmer/
welche ſchon an zwey Orten feſten Fuß auf dem
Ufer geſetzt hatten/ uͤber Hals und Kopff in
Strom zuruͤcke weichen und etliche tauſend den
Deutſchen Schwerdtern/ und nicht weniger
dem Fluſſe zum Verſoͤhn-Opffer hinterlaſſen
muſten.
Weil nun wiedrige Zufaͤlle denen Gluͤckſe-
ligen am empfindlichſten ſind; haͤtte der ſo vieler
Siege gewohnte Tiberius moͤgen von Siñen
kom̃en. Dieſemnach entſchloß er/ ſich an Mar-
bod zu raͤchen; beſetzte alſo die von ihm eroberten
Plaͤtze/ zohe mit dem gantzen Heere an der Elbe
gegen die Hermundurer hinauf/ in willens die-
ſes dem Marbod vielleicht nicht allzu holde
Volck/ unter dem Scheine fuͤr gebildeter Frey-
heit/ vom Marbod abwendig zu machen. Er
ſchickte aber vorher an ihn nach Marbods-
Stadt eine Geſandſchafft; welche wegen der
den Longobarden geſchickter Huͤlffe Vergnuͤ-
gung fordern ſolte; um bey derſelben Verwei-
gerung die Urſache ſeines Krieges deſto ſchein-
barer zu rechtfertigen. Marbod aber antworte-
te: Er waͤre der Roͤmer Freund/ wolte es auch
bleiben/ ſo lange ſie ihm keine Feindſchafft ab-
noͤthigten. Sein den Longobarden geleiſteter
Beyſtand aber waͤre darfuͤr nicht aufzunehmen;
weil das Buͤndnuͤs mit dieſem Volcke ihn dar-
zu verbunden; er aber ſolches mit ihnen aufge-
richtet haͤtte; ehe ihm traͤumen koͤnnen: daß die
Roͤmer mit den Longobarden brechen ſolten; zu-
mal ihm keine Beleidigung bekant waͤꝛe. Mein-
te nun Tiberius ſich an ihn zu reiben/ und an
Marckmaͤñern zum Ritter zu werden/ muͤſte er
es geſchehen laſſen; und gielte ihm gleich: Ob er
den Degen ſolte ausziehen/ oder in der Scheide
ſtecken laſſen. Auf den erſten Fall muͤſten ſie ge-
gen einander verſuchen: Ob Tiberius die Elbe
und den Herziniſchen Wald ehe bemeiſtern/ oder
er nach ſeiner Vorfahren Beyſpiel uͤber die Al-
pen in Jtalien/ dahin er von ſeiner Graͤntze nur
zweyhundert tauſend Schritte haͤtte/ einbrechen
wuͤrde. Marbod zohe hierauf in der Eyl ſein
Krieges-Heer zuſammen/ ſtellte es bey ſeiner
Hauptſtadt in Schlacht-Ordnung/ zeigte alſo
ſiebentzig tauſend Fußknechte/ und vierzehntau-
ſend Reuter des Tiberius Geſandten; mit Er-
mahnung: Sie ſolten ihm ſagen/ was er gere-
det/ und ſie geſehen haͤtten; Er wolte folgenden
Tag ihnen mit ſeinen Marckmaͤnnern folgen/
und an der Saale mit dem Tiberius entweder
wie mit ſeinem Bruder Druſus freundlich re-
den; oder verſuchen/ welche Schwerdter unter
beyden die ſchaͤrffſten waͤren. Als Tiberius nicht
nur dieſe Entſchluͤſſung Marbods vernahm;
ſondern auch diß ſeine folgende Botſchafft beſtaͤ-
tigte/ zohe er wie ein kluger Schiffer/ der bey
aufgehendem Geſtirne des Orions die Segel
fallen laͤſt/ oder ins Land ſetzt/ lindere Seiten
auf; weil er mit gegenwaͤrtigem Heere den
Marckmaͤnneꝛn und Longobarden nichts abzu-
jagen getraute; gab alſo den Geſandten gute
Worte/ ſtellte ſich an/ als wenn er mit Marbods
fuͤrgeſchuͤtztem Buͤndnuͤſſe aller dings zu frieden
waͤre; zohe/ allen Argwohn des Einbruchs zu
verhuͤten/ ſein Heer zuruͤcke/ und vertheilte es
in die Laͤnder der Chautzen und Cherusker un-
ter der Aufſicht des Sentius Saturninus; wel-
chem er befahl den Catten und andern deutſchen
Voͤlckern wol auf die Schantze zu ſehen/ und
auf kuͤnfftiges Jahr zu einem maͤchtigen Feld-
zuge ſich ins geheim zu ruͤſtẽ. Er ſelbſt eilte nach
Rom/ und bemuͤhte ſich den Kayſer zu bereden:
daß er fuͤr allen Dingen den Hertzog Herrmañ/
als einen nichts mindeꝛ ſchlauen als veꝛwegenen
Feind/ mit ſeinen hartnaͤckichten Cheruskern uͤ-
bern Hauffen werffen muͤſte. Saturnin hinge-
gen redete der Treue der Cherusker das Wort/
und ſtellte dem Kayſer fuͤr Augen: daß Mar-
bod ein den Roͤmern nunmehr ſelbſt zu
fuͤrchten noͤthiges Reich auffgerichtet/ die Lon-
gobarden
G g g g g g g 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |