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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] drey der behertzesten Jäger/ trieb die übrigen
Auffseher über den jungen Herrmann in die
Flucht/ trug ihn aber selbst in ihre felsichte Höle
sonder die geringste Beleidigung; und versahe
ihn gleichsam wie die berühmte Wölffin den
Romulus mit ihrer Nahrung; biß die Bärin
endlich von denen ihr auff die Spur kommen-
den Jägern und dem Segimer selbst erlegt/
dieses Kind aber aus einer so gefährlichen Amme
Klauen errettet ward. Als er nur vier Jahr
hinter sich gelegt hatte; und mit denen ihm zu-
geordneten Edel-Knaben spielte/ rieß in dem
Burghofe ein Tiger-Thier loß; welches zwey
Knaben tödtete; als es aber an den Herrmann
kam/ liebkosete es ihm; gleich als wenn die Tu-
gend nicht nur die Gemüther der Menschen zu
gewinnen; sondern auch die grimmigsten Thie-
re zu zähmen mächtig wäre. Jm Ringen/
reiten/ fechten/ wettelauffen/ und andern Waf-
fen-Ubungen that er es allen seinen Gefärthen
zuvor; also: daß auff der Rennebahn nichts
minder Herrmann/ als Cyrus in der Hirten-
Höle für einen Fürsten wäre geachtet worden;
wenn schon iemand seine Ankunfft nicht gewüst
hätte. Fürnehmlich musten alle an Geschwin-
digkeit ihm ausweichen; gleich als wenn die
Bewegung der Glieder der feurigen Regung
seines Gemüthes ein Zeugnüs ablegen müste.
Er stach zwar mit Schönheit des Leibes alle
andere weg; er hielt selbte aber als einen dem
Frauen-Zimmer zugeeigneten Schatz verächt-
lich/ und ließ sich mehrmahls heraus: daß die
Tugend die einige Schönheit des Gemüthes;
und das rühmlichste Eigenthum der Fürsten
wäre. Seine Reden waren seiner Ankunfft
gemäß/ seinem Alter aber überlegen. Sein
Thun kam den Jahren zuvor; und die/ welche
andern ein Beyspiel abgaben/ schämten sich
nicht in des jungen Herrmanns Fußstapffen
zu treten. Ja als er noch nicht einmahl zeitig
zum Kämpffen war; wieß er in etlichen Bege-
benheiten sich schon reiff zum siegen. Er mühte
[Spaltenumbruch] sich niemanden/ als denen edelsten und voll-
kommensten Gefärthen in seinem Beginnen
vorzukommen; ja er eiverte mit seinen eigenen
Ahnen; wenn er von ihnen was ruhmwürdi-
ges erzehlen hörte; und mit seinem Vater/ w[e]nn
er einen Sieg erwarb. Er empfand es gegen
die Reichs-Räthe: daß sie Segimern es wie-
derriethen ihn nicht mit ins Läger und in die
Schlachten zu nehmen; als er gleich nur zwölf
Jahr alt war. Er war gegen iederman frer-
dig/ gegen wolverdiente freygebig; gegen de-
müthige mitleidig; gegen die Feinde eiffrig;
und nichts minder den eigenen/ als der auslän-
dischen Reiche Zustand zu erkundigen begierig.
Er gieng ins sechzehende Jahr; als die Fürstin
Asblaste mit ihm und seinem Bruder Flavius
in einem nur eine halbe Meile von hier entle-
genem Lust-Hause von des Drusus Reutercy
überfallen ward. Keine hundert bewehrte
Männer waren zur Gegenwehr gegen vier
tausend Römer verhanden. Denn kein Mensch
hatte sich eines so unverhofften Feindes verse-
hen. Gleichwol munterte dieser junge Held
nicht allein mit Worten/ sondern mit seinem
Beyspiele die wenigen Cherusker zur Gegen-
wehre auf; ja er erlegte mit seinem Bogen und
einem Wurff-Spieße drey Römer; wolte sich
auch/ ungeachtet ihm die Klinge am Degen ge-
sprungen war/ keinem gemeinen Römer/ die
ihn umringten/ gefangen geben; biß des Bür-
germeisters Cneus Cornelius Sohn/ der als
Haupt die gantze Römische Reuterey führte/
selbst herzu drang und dem Fürsten Herrmann
den Degen abheischte; nach dem kurtz vorher
Junius Silanus den auch auffs eusserste sich
beschirmenden vierzehnjährigen Flavius mit
der Fürstin Asblaste gefangen genommen hat-
te. Also erwarb dieser junge Held schon in so
wenigen Jahren einen Ruhm von viel künffti-
gen/ und wormit seine Tapfferkeit viel zeitlicher
vorsichtig würde/ fieng das Glücke desto ge-
schwinder an ihm ein Bein unterzuschlagen.

Drusus
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] drey der behertzeſten Jaͤger/ trieb die uͤbrigen
Auffſeher uͤber den jungen Herrmann in die
Flucht/ trug ihn aber ſelbſt in ihre felſichte Hoͤle
ſonder die geringſte Beleidigung; und verſahe
ihn gleichſam wie die beruͤhmte Woͤlffin den
Romulus mit ihrer Nahrung; biß die Baͤrin
endlich von denen ihr auff die Spur kommen-
den Jaͤgern und dem Segimer ſelbſt erlegt/
dieſes Kind aber aus einer ſo gefaͤhrlichen Am̃e
Klauen errettet ward. Als er nur vier Jahr
hinter ſich gelegt hatte; und mit denen ihm zu-
geordneten Edel-Knaben ſpielte/ rieß in dem
Burghofe ein Tiger-Thier loß; welches zwey
Knaben toͤdtete; als es aber an den Herrmann
kam/ liebkoſete es ihm; gleich als wenn die Tu-
gend nicht nur die Gemuͤther der Menſchen zu
gewinnen; ſondern auch die grimmigſten Thie-
re zu zaͤhmen maͤchtig waͤre. Jm Ringen/
reiten/ fechten/ wettelauffen/ und andern Waf-
fen-Ubungen that er es allen ſeinen Gefaͤrthen
zuvor; alſo: daß auff der Rennebahn nichts
minder Herrmann/ als Cyrus in der Hirten-
Hoͤle fuͤr einen Fuͤrſten waͤre geachtet worden;
wenn ſchon iemand ſeine Ankunfft nicht gewuͤſt
haͤtte. Fuͤrnehmlich muſten alle an Geſchwin-
digkeit ihm ausweichen; gleich als wenn die
Bewegung der Glieder der feurigen Regung
ſeines Gemuͤthes ein Zeugnuͤs ablegen muͤſte.
Er ſtach zwar mit Schoͤnheit des Leibes alle
andere weg; er hielt ſelbte aber als einen dem
Frauen-Zimmer zugeeigneten Schatz veraͤcht-
lich/ und ließ ſich mehrmahls heraus: daß die
Tugend die einige Schoͤnheit des Gemuͤthes;
und das ruͤhmlichſte Eigenthum der Fuͤrſten
waͤre. Seine Reden waren ſeiner Ankunfft
gemaͤß/ ſeinem Alter aber uͤberlegen. Sein
Thun kam den Jahren zuvor; und die/ welche
andern ein Beyſpiel abgaben/ ſchaͤmten ſich
nicht in des jungen Herrmanns Fußſtapffen
zu treten. Ja als er noch nicht einmahl zeitig
zum Kaͤmpffen war; wieß er in etlichen Bege-
benheiten ſich ſchon reiff zum ſiegen. Er muͤhte
[Spaltenumbruch] ſich niemanden/ als denen edelſten und voll-
kommenſten Gefaͤrthen in ſeinem Beginnen
vorzukommen; ja er eiverte mit ſeinen eigenen
Ahnen; wenn er von ihnen was ruhmwuͤrdi-
ges erzehlen hoͤrte; und mit ſeinem Vater/ w[e]ñ
er einen Sieg erwarb. Er empfand es gegen
die Reichs-Raͤthe: daß ſie Segimern es wie-
derriethen ihn nicht mit ins Laͤger und in die
Schlachten zu nehmen; als er gleich nur zwoͤlf
Jahr alt war. Er war gegen iederman frer-
dig/ gegen wolverdiente freygebig; gegen de-
muͤthige mitleidig; gegen die Feinde eiffrig;
und nichts minder den eigenen/ als der auslaͤn-
diſchen Reiche Zuſtand zu erkundigen begierig.
Er gieng ins ſechzehende Jahr; als die Fuͤrſtin
Asblaſte mit ihm und ſeinem Bruder Flavius
in einem nur eine halbe Meile von hier entle-
genem Luſt-Hauſe von des Druſus Reutercy
uͤberfallen ward. Keine hundert bewehrte
Maͤnner waren zur Gegenwehr gegen vier
tauſend Roͤmer verhanden. Denn kein Menſch
hatte ſich eines ſo unverhofften Feindes verſe-
hen. Gleichwol munterte dieſer junge Held
nicht allein mit Worten/ ſondern mit ſeinem
Beyſpiele die wenigen Cherusker zur Gegen-
wehre auf; ja er erlegte mit ſeinem Bogen und
einem Wurff-Spieße drey Roͤmer; wolte ſich
auch/ ungeachtet ihm die Klinge am Degen ge-
ſprungen war/ keinem gemeinen Roͤmer/ die
ihn umringten/ gefangen geben; biß des Buͤr-
germeiſters Cneus Cornelius Sohn/ der als
Haupt die gantze Roͤmiſche Reuterey fuͤhrte/
ſelbſt herzu drang und dem Fuͤrſten Herrmann
den Degen abheiſchte; nach dem kurtz vorher
Junius Silanus den auch auffs euſſerſte ſich
beſchirmenden vierzehnjaͤhrigen Flavius mit
der Fuͤrſtin Asblaſte gefangen genommen hat-
te. Alſo erwarb dieſer junge Held ſchon in ſo
wenigen Jahren einen Ruhm von viel kuͤnffti-
gen/ und wormit ſeine Tapfferkeit viel zeitlicher
vorſichtig wuͤrde/ fieng das Gluͤcke deſto ge-
ſchwinder an ihm ein Bein unterzuſchlagen.

Druſus
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1187[1189]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1253>, abgerufen am 23.11.2024.