Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Diese gantze Gegend war auch von Rosen Den eilfften Tag verfügten sie sich auff das ein
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Dieſe gantze Gegend war auch von Roſen Den eilfften Tag verfuͤgten ſie ſich auff das ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f1272" n="1206[1208]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Achtes Buch</hi> </fw><lb/> <cb/> <p>Dieſe gantze Gegend war auch von Roſen<lb/> derogeſtalt angefuͤllt: daß derſelben Geruch<lb/> vieler Haͤupter einnahm. Das Luſt-Hauß war<lb/> mit denen kuͤnſtlichſten Gemaͤhlden ausgezie-<lb/> ret/ in welchen ihre Geſchichte abgebildet; die<lb/> Speiſen aus allen erſinnlichen Dingen/ welche<lb/> eine fuͤhlende oder wachſende Seele haben/ aufs<lb/> koͤſtlichſte bereitet/ und mit Blumen gezieret<lb/> waren. Die erſte Tracht beſtand aus eitel Gra-<lb/> nat-Aepfeln/ weil Venus ſie in Cypern zum er-<lb/> ſten gepflantzt haben ſoll. Auf der gantzen Taffel<lb/> aber ward kein Wein gefunden; weil Antonia<lb/> nicht die irrdiſche/ ſondern die himmliſche Ve-<lb/> nus fuͤrbilden wolte/ welche die Weiſen fuͤr ein<lb/> Kind des Himmels ohne Mutter/ und eine<lb/> Feindin der Wolluſt/ fuͤr ein Bild der Goͤttli-<lb/> chen Schoͤnheit/ eine Anreitzerin der Seele zur<lb/> Liebe Gottes und der Tugend halten; und wel-<lb/> cher Feyer auch zu Athen ohne Wein begangen<lb/> werden muͤſſen. Uber diß ſtellte ſie in einem<lb/> kuͤnſtlichen Schauſpiele die gewaffnete Venus;<lb/> wie ſie alle ihr zuſaͤtzende ſchaͤdliche Gemuͤths-<lb/> Regungen; und den himmliſchen Liebes-Gott;<lb/> wie er die fleiſchlichen Wolluͤſte unter dem Bil-<lb/> de des ihn anfallenden halb-viehiſchen Pan uͤ-<lb/> berwand/ ſo zierlich fuͤr: daß auch die/ welche<lb/> ſich auff eine andere Uppigkeit verſpitzt hatten/<lb/> dennoch ihre Vergnuͤgung fanden; biß in dem<lb/> dritten Aufzuge des Schauſpiels die vorhin mit<lb/> eitel Sternen bekleidete Venus ſich in ein<lb/> Trauer-Gewand huͤllete; und einem ieden nach<lb/> der Reinigkeit ſeiner Liebe ein gnaͤdiges/ oder<lb/> nach ſeiner Geilheit ein grimmiges Todtes-<lb/> Urthel ſchrieb/ ja ſo gar ihre Seelen theils in<lb/> Ergetzligkeit/ theils in Pein verſetzte. Sinte-<lb/> mahl dieſe Goͤttin nicht nur fuͤr eine Vorſtehe-<lb/> rin der Geburt/ ſondern auch des Todes und<lb/> der Geiſter gehalten wird; weßwegen Cana-<lb/> chus ihr Bildnuͤs aus reineſten Gold und Helf-<lb/> fenbeine fertigte/ das auf dem Haupte die Him-<lb/> mels-Kugel/ in der rechten Hand einen Gra-<lb/> nat-Apffel/ in der lincken ein ſchlaͤffrichtes<lb/><cb/> Mah-Haupt trug. Alleine zuletzte beſudelte<lb/> die ſonſt ihrer Keuſchheit wegen beruͤhmte An-<lb/> tonia das vorhergehende Gute mit einem<lb/> ſchlimmen Beyſatze/ in dem ſie das Gerichte des<lb/> Paris zwiſchen der Juno/ Pallas/ und Venus<lb/> in einem Tantze zwar wegen ihrer gaͤntzlichen<lb/> Entbloͤſſung und unzuͤchtigen Stellungen<lb/> hoͤchſt aͤrgerlich/ iedoch ſo kuͤnſtlich fuͤrbilden<lb/> ließ: daß iede Perſon ihre Meinung mit ſtum-<lb/> men Gebehrden ſo deutlich ausdruͤckte/ als ſie<lb/> mit ihrer Rede ſchwerlich beſſer zu thun ver-<lb/> mocht haͤtte.</p><lb/> <p>Den eilfften Tag verfuͤgten ſie ſich auff das<lb/> in einem annehmlichen Foꝛſt liegende Vorweꝛg<lb/> der Dianen; welcher keuſchen Goͤttin Stelle<lb/> Julia wenig keuſch vertrat. Das aus eitel<lb/> gruͤnem Marmel und Wacholder - Holtze ge-<lb/> baute Luſt-Hauß war mit denen koͤſtlichſten Ge-<lb/> maͤhlden ausgezieret; welche der Kayſer theils<lb/> aus dem zweyhundert Jahr fuͤr der Trojani-<lb/> ſchen Einaͤſcherung von denen Zazynthern<lb/> aufgefuͤhrten/ und vom Annibal verſchontem<lb/> Tempel/ theils aus dem Auldiſchen eben ſo al-<lb/> tem Heiligthume Dianens dahin hatte bringen<lb/> laſſen. Fuͤrnehmlich war wuͤrdig zu ſchauen<lb/> das Gemaͤhlde der ſich aus den Netzen winden-<lb/> den Britomartis/ des Timarete/ des Nicons<lb/> Tochter/ der Dyctynniſchen Dianen nachge-<lb/> macht haben ſoll/ und der Aufzug der geſchwaͤn-<lb/> gerten Geſpielen/ welche die Diana zu verſoͤh-<lb/> nen in ihren Koͤrben allerhand Opffer in ihren<lb/> Tempel trugen/ und ihre Guͤrtel darein auff-<lb/> hiengen; ferner das vom Apelles gemachte Bild<lb/> der Tauriſchen Diana/ welche in der rechten<lb/> Hand einen Pardel/ in der lincken einen Loͤ-<lb/> wen hielt; um ſich aber herum viel aufgeopffer-<lb/> te Fremdlinge hatte. Am allerhoͤchſten aber<lb/> ward geſchaͤtzt eine Taffel; darauff die Pelle-<lb/> niſche Diana alle Menſchen/ welche ſie anſa-<lb/> hen/ wahnwitzig; alle von ihren Augen beſtrahl-<lb/> te Baͤume aber unfruchtbar machte/ und der<lb/> Fruͤchte beraubte. Unter dem Luſthauſe ſtand<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1206[1208]/1272]
Achtes Buch
Dieſe gantze Gegend war auch von Roſen
derogeſtalt angefuͤllt: daß derſelben Geruch
vieler Haͤupter einnahm. Das Luſt-Hauß war
mit denen kuͤnſtlichſten Gemaͤhlden ausgezie-
ret/ in welchen ihre Geſchichte abgebildet; die
Speiſen aus allen erſinnlichen Dingen/ welche
eine fuͤhlende oder wachſende Seele haben/ aufs
koͤſtlichſte bereitet/ und mit Blumen gezieret
waren. Die erſte Tracht beſtand aus eitel Gra-
nat-Aepfeln/ weil Venus ſie in Cypern zum er-
ſten gepflantzt haben ſoll. Auf der gantzen Taffel
aber ward kein Wein gefunden; weil Antonia
nicht die irrdiſche/ ſondern die himmliſche Ve-
nus fuͤrbilden wolte/ welche die Weiſen fuͤr ein
Kind des Himmels ohne Mutter/ und eine
Feindin der Wolluſt/ fuͤr ein Bild der Goͤttli-
chen Schoͤnheit/ eine Anreitzerin der Seele zur
Liebe Gottes und der Tugend halten; und wel-
cher Feyer auch zu Athen ohne Wein begangen
werden muͤſſen. Uber diß ſtellte ſie in einem
kuͤnſtlichen Schauſpiele die gewaffnete Venus;
wie ſie alle ihr zuſaͤtzende ſchaͤdliche Gemuͤths-
Regungen; und den himmliſchen Liebes-Gott;
wie er die fleiſchlichen Wolluͤſte unter dem Bil-
de des ihn anfallenden halb-viehiſchen Pan uͤ-
berwand/ ſo zierlich fuͤr: daß auch die/ welche
ſich auff eine andere Uppigkeit verſpitzt hatten/
dennoch ihre Vergnuͤgung fanden; biß in dem
dritten Aufzuge des Schauſpiels die vorhin mit
eitel Sternen bekleidete Venus ſich in ein
Trauer-Gewand huͤllete; und einem ieden nach
der Reinigkeit ſeiner Liebe ein gnaͤdiges/ oder
nach ſeiner Geilheit ein grimmiges Todtes-
Urthel ſchrieb/ ja ſo gar ihre Seelen theils in
Ergetzligkeit/ theils in Pein verſetzte. Sinte-
mahl dieſe Goͤttin nicht nur fuͤr eine Vorſtehe-
rin der Geburt/ ſondern auch des Todes und
der Geiſter gehalten wird; weßwegen Cana-
chus ihr Bildnuͤs aus reineſten Gold und Helf-
fenbeine fertigte/ das auf dem Haupte die Him-
mels-Kugel/ in der rechten Hand einen Gra-
nat-Apffel/ in der lincken ein ſchlaͤffrichtes
Mah-Haupt trug. Alleine zuletzte beſudelte
die ſonſt ihrer Keuſchheit wegen beruͤhmte An-
tonia das vorhergehende Gute mit einem
ſchlimmen Beyſatze/ in dem ſie das Gerichte des
Paris zwiſchen der Juno/ Pallas/ und Venus
in einem Tantze zwar wegen ihrer gaͤntzlichen
Entbloͤſſung und unzuͤchtigen Stellungen
hoͤchſt aͤrgerlich/ iedoch ſo kuͤnſtlich fuͤrbilden
ließ: daß iede Perſon ihre Meinung mit ſtum-
men Gebehrden ſo deutlich ausdruͤckte/ als ſie
mit ihrer Rede ſchwerlich beſſer zu thun ver-
mocht haͤtte.
Den eilfften Tag verfuͤgten ſie ſich auff das
in einem annehmlichen Foꝛſt liegende Vorweꝛg
der Dianen; welcher keuſchen Goͤttin Stelle
Julia wenig keuſch vertrat. Das aus eitel
gruͤnem Marmel und Wacholder - Holtze ge-
baute Luſt-Hauß war mit denen koͤſtlichſten Ge-
maͤhlden ausgezieret; welche der Kayſer theils
aus dem zweyhundert Jahr fuͤr der Trojani-
ſchen Einaͤſcherung von denen Zazynthern
aufgefuͤhrten/ und vom Annibal verſchontem
Tempel/ theils aus dem Auldiſchen eben ſo al-
tem Heiligthume Dianens dahin hatte bringen
laſſen. Fuͤrnehmlich war wuͤrdig zu ſchauen
das Gemaͤhlde der ſich aus den Netzen winden-
den Britomartis/ des Timarete/ des Nicons
Tochter/ der Dyctynniſchen Dianen nachge-
macht haben ſoll/ und der Aufzug der geſchwaͤn-
gerten Geſpielen/ welche die Diana zu verſoͤh-
nen in ihren Koͤrben allerhand Opffer in ihren
Tempel trugen/ und ihre Guͤrtel darein auff-
hiengen; ferner das vom Apelles gemachte Bild
der Tauriſchen Diana/ welche in der rechten
Hand einen Pardel/ in der lincken einen Loͤ-
wen hielt; um ſich aber herum viel aufgeopffer-
te Fremdlinge hatte. Am allerhoͤchſten aber
ward geſchaͤtzt eine Taffel; darauff die Pelle-
niſche Diana alle Menſchen/ welche ſie anſa-
hen/ wahnwitzig; alle von ihren Augen beſtrahl-
te Baͤume aber unfruchtbar machte/ und der
Fruͤchte beraubte. Unter dem Luſthauſe ſtand
ein
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