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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] nach dem wir sie ins Vorwerg an einen beque-
men Ort gebracht hatten. August/ als er diese
Begebenheit erfahren/ war nicht minder be-
schämt/ als erschrocken. Daher er in höchster
Eil zu Schiffe nach Minturne forteilte/ und
Befehl hinterließ/ Asblastens auffs beste zu pfle-
gen. Jhre zwey Söhne/ Herrmann und Flavius/
welche der Kayser nebst dem jungen/ aber sehr
plumpen Agrippa und andern edlen Römern
mit allerhand Kurtzweil hatte unterhalten/ und
die in dem Misenischen Seebusem liegende
Seeplätze besehen lassen/ musten so eilfertig
mit nach Rom: daß sie ihrer Frau Mutter
kaum die Hände zu küssen Zeit hatten. Worü-
ber Asblaste aber mahls so wehmüthig ward:
daß sie nach ihrem Abschiede aus gefaster Ein-
bildung sie nimmermehr wieder zu sehen/ Spra-
che und Seele verlor/ und in etlichen Tagen
kaum aus dem Bette und wiederum zu Ge-
sprächen gebracht werden konte. Wir blieben
wol zwey Monate auf diesem Eylande; da ich
denn noch genungsam an Asblasten zu trösten/
und ihr einzuhalten hatte: daß der Himmel sie
nicht ungefähr bey ihrer verzweiffelsten Ent-
schlüssung aus dem Rachen des Meeres erret-
tet; sondern zu noch etwas sonderbarem vor-
enthalten hätte; daher solte sie durch ihre Unge-
dult GOtt nicht beleidigen; und das ihr be-
stimmte Heil nicht mit Füssen von sich stossen.
Alleine dieses Eylandes Lust-Garten war nun-
mehr Asblasten so sehr zu wieder/ als die Jnsel
Jthaca den Hasen/ Creta und der Berg Olym-
pus den Wölffen/ Africa den Hirschen. Die
wolrüchenden Kräuter stancken sie an; und für
denen heilsamsten Früchten eckelte ihr. Daher
sie an den Kayser eine demüthige Bittschrifft
abgehen ließ: daß er zu ihrem Gefängnüße ihr
unter einem kühlern Himmelsstriche einen an-
dern Ort ausstecken möchte/ weil sie so heisser
Lufft entwohnet wäre. Welches denn auch so
viel fruchtete: daß der Kayser verordnete uns
auf das zwischen Corsica und Etrurien liegende
[Spaltenumbruch] Eyland Caprasia/ so gleichfalls von den wilden
Ziegen den Nahmen hat/ zu führen. Wir hatten
diß schon im Gesichte; als ein hefftiger Sud-
Ost-Wind uns bey selbter vorbey trieb/ und sich
hernach in einen sechstagichten Sturm ver-
wandelte/ endlich unser Schiff nicht ferne von
dem Munde des Flusses Jberus an einem Fel-
sen zerschmetterte; also: daß ich mit genauer
Noth auf einem Stücke Brete ans Ufer
schwamm/ und nach etlichen nicht erzehlens-
würdigen Ebentheuern unser Deutschland
wieder erreichte; biß auf den gestrigen Tag fe-
ste glaubende: daß die Fürstin Asblaste ihr Be-
gräbnüs in dem Jberischen Meere gefunden
hätte.

Fürst Adgandester lösete nunmehr die Grä-
fin von der Lippe in ihrer Erzehlung ab; mit
der Vertröstung: es würde die tugendhaffte
Asblaste ihnen die Uberbleibung ihrer Schif-
farth und seltzamen Lebens-Lauffs nicht miß-
gönnen; er müste nunmehr seinem Verspre-
chen nach sich zu dem mit dem Kayser nach
Rom gediegenen Fürsten Herrmann und Fla-
vius wenden. Herrmann hatte das Glücke
noch auf der Reise nach Rom des Kaysers Ge-
wogenheit zu erwerben. Denn als er bey
Minturne aus dem Schiffe gieng/ von der aus
selbtem ans Land angeworffenen schmalen
Brücke mit den Füssen abgliet/ und ins Was-
ser fiel; alle anwesende Römer aber hierüber
einander nur für Schrecken ansahen/ sprang
der von Kind auf des Schwimmens gewohnte
Fürst Herrman behertzt ins Wasser/ erwischte
den untersinckenden Kayser beym Arme/ und
brachte ihn aus augenscheinlicher Lebens-Ge-
fahr glücklich ans Land. Der errettete August
umarmete diesen jungen Fürsten/ nennte ihn
seinen Sohn; und versicherte ihn: daß er und
sein gantzes Geschlechte dieser unver geßlichen
Wolthat genüssen solten. Dessen erste Frucht er
und sein Bruder Flavius daran genaß: daß sie
bey des Drusus Siegs - Gepränge wegen der

in

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] nach dem wir ſie ins Vorwerg an einen beque-
men Ort gebracht hatten. Auguſt/ als er dieſe
Begebenheit erfahren/ war nicht minder be-
ſchaͤmt/ als erſchrocken. Daher er in hoͤchſter
Eil zu Schiffe nach Minturne forteilte/ und
Befehl hinterließ/ Asblaſtens auffs beſte zu pfle-
gen. Jhre zwey Soͤhne/ Herrmañ und Flavius/
welche der Kayſer nebſt dem jungen/ aber ſehr
plumpen Agrippa und andern edlen Roͤmern
mit allerhand Kurtzweil hatte unterhalten/ und
die in dem Miſeniſchen Seebuſem liegende
Seeplaͤtze beſehen laſſen/ muſten ſo eilfertig
mit nach Rom: daß ſie ihrer Frau Mutter
kaum die Haͤnde zu kuͤſſen Zeit hatten. Woruͤ-
ber Asblaſte aber mahls ſo wehmuͤthig ward:
daß ſie nach ihrem Abſchiede aus gefaſter Ein-
bildung ſie nim̃ermehr wieder zu ſehen/ Spra-
che und Seele verlor/ und in etlichen Tagen
kaum aus dem Bette und wiederum zu Ge-
ſpraͤchen gebracht werden konte. Wir blieben
wol zwey Monate auf dieſem Eylande; da ich
denn noch genungſam an Asblaſten zu troͤſten/
und ihr einzuhalten hatte: daß der Himmel ſie
nicht ungefaͤhr bey ihrer verzweiffelſten Ent-
ſchluͤſſung aus dem Rachen des Meeres erret-
tet; ſondern zu noch etwas ſonderbarem vor-
enthalten haͤtte; daher ſolte ſie durch ihre Unge-
dult GOtt nicht beleidigen; und das ihr be-
ſtimmte Heil nicht mit Fuͤſſen von ſich ſtoſſen.
Alleine dieſes Eylandes Luſt-Garten war nun-
mehr Asblaſten ſo ſehr zu wieder/ als die Jnſel
Jthaca den Haſen/ Creta und der Berg Olym-
pus den Woͤlffen/ Africa den Hirſchen. Die
wolruͤchenden Kraͤuter ſtancken ſie an; und fuͤr
denen heilſamſten Fruͤchten eckelte ihr. Daher
ſie an den Kayſer eine demuͤthige Bittſchrifft
abgehen ließ: daß er zu ihrem Gefaͤngnuͤße ihr
unter einem kuͤhlern Himmelsſtriche einen an-
dern Ort ausſtecken moͤchte/ weil ſie ſo heiſſer
Lufft entwohnet waͤre. Welches denn auch ſo
viel fruchtete: daß der Kayſer verordnete uns
auf das zwiſchen Corſica und Etrurien liegende
[Spaltenumbruch] Eyland Capraſia/ ſo gleichfalls von den wilden
Ziegen den Nahmen hat/ zu fuͤhren. Wir hatten
diß ſchon im Geſichte; als ein hefftiger Sud-
Oſt-Wind uns bey ſelbter vorbey trieb/ und ſich
hernach in einen ſechstagichten Sturm ver-
wandelte/ endlich unſer Schiff nicht ferne von
dem Munde des Fluſſes Jberus an einem Fel-
ſen zerſchmetterte; alſo: daß ich mit genauer
Noth auf einem Stuͤcke Brete ans Ufer
ſchwamm/ und nach etlichen nicht erzehlens-
wuͤrdigen Ebentheuern unſer Deutſchland
wieder erreichte; biß auf den geſtrigen Tag fe-
ſte glaubende: daß die Fuͤrſtin Asblaſte ihr Be-
graͤbnuͤs in dem Jberiſchen Meere gefunden
haͤtte.

Fuͤrſt Adgandeſter loͤſete nunmehr die Graͤ-
fin von der Lippe in ihrer Erzehlung ab; mit
der Vertroͤſtung: es wuͤrde die tugendhaffte
Asblaſte ihnen die Uberbleibung ihrer Schif-
farth und ſeltzamen Lebens-Lauffs nicht miß-
goͤnnen; er muͤſte nunmehr ſeinem Verſpre-
chen nach ſich zu dem mit dem Kayſer nach
Rom gediegenen Fuͤrſten Herrmann und Fla-
vius wenden. Herrmann hatte das Gluͤcke
noch auf der Reiſe nach Rom des Kayſers Ge-
wogenheit zu erwerben. Denn als er bey
Minturne aus dem Schiffe gieng/ von der aus
ſelbtem ans Land angeworffenen ſchmalen
Bruͤcke mit den Fuͤſſen abgliet/ und ins Waſ-
ſer fiel; alle anweſende Roͤmer aber hieruͤber
einander nur fuͤr Schrecken anſahen/ ſprang
der von Kind auf des Schwimmens gewohnte
Fuͤrſt Herrman behertzt ins Waſſer/ erwiſchte
den unterſinckenden Kayſer beym Arme/ und
brachte ihn aus augenſcheinlicher Lebens-Ge-
fahr gluͤcklich ans Land. Der errettete Auguſt
umarmete dieſen jungen Fuͤrſten/ nennte ihn
ſeinen Sohn; und verſicherte ihn: daß er und
ſein gantzes Geſchlechte dieſer unver geßlichen
Wolthat genuͤſſen ſolten. Deſſen erſte Frucht er
und ſein Bruder Flavius daran genaß: daß ſie
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[1210[1212]/1276] Achtes Buch nach dem wir ſie ins Vorwerg an einen beque- men Ort gebracht hatten. Auguſt/ als er dieſe Begebenheit erfahren/ war nicht minder be- ſchaͤmt/ als erſchrocken. Daher er in hoͤchſter Eil zu Schiffe nach Minturne forteilte/ und Befehl hinterließ/ Asblaſtens auffs beſte zu pfle- gen. Jhre zwey Soͤhne/ Herrmañ und Flavius/ welche der Kayſer nebſt dem jungen/ aber ſehr plumpen Agrippa und andern edlen Roͤmern mit allerhand Kurtzweil hatte unterhalten/ und die in dem Miſeniſchen Seebuſem liegende Seeplaͤtze beſehen laſſen/ muſten ſo eilfertig mit nach Rom: daß ſie ihrer Frau Mutter kaum die Haͤnde zu kuͤſſen Zeit hatten. Woruͤ- ber Asblaſte aber mahls ſo wehmuͤthig ward: daß ſie nach ihrem Abſchiede aus gefaſter Ein- bildung ſie nim̃ermehr wieder zu ſehen/ Spra- che und Seele verlor/ und in etlichen Tagen kaum aus dem Bette und wiederum zu Ge- ſpraͤchen gebracht werden konte. Wir blieben wol zwey Monate auf dieſem Eylande; da ich denn noch genungſam an Asblaſten zu troͤſten/ und ihr einzuhalten hatte: daß der Himmel ſie nicht ungefaͤhr bey ihrer verzweiffelſten Ent- ſchluͤſſung aus dem Rachen des Meeres erret- tet; ſondern zu noch etwas ſonderbarem vor- enthalten haͤtte; daher ſolte ſie durch ihre Unge- dult GOtt nicht beleidigen; und das ihr be- ſtimmte Heil nicht mit Fuͤſſen von ſich ſtoſſen. Alleine dieſes Eylandes Luſt-Garten war nun- mehr Asblaſten ſo ſehr zu wieder/ als die Jnſel Jthaca den Haſen/ Creta und der Berg Olym- pus den Woͤlffen/ Africa den Hirſchen. Die wolruͤchenden Kraͤuter ſtancken ſie an; und fuͤr denen heilſamſten Fruͤchten eckelte ihr. Daher ſie an den Kayſer eine demuͤthige Bittſchrifft abgehen ließ: daß er zu ihrem Gefaͤngnuͤße ihr unter einem kuͤhlern Himmelsſtriche einen an- dern Ort ausſtecken moͤchte/ weil ſie ſo heiſſer Lufft entwohnet waͤre. Welches denn auch ſo viel fruchtete: daß der Kayſer verordnete uns auf das zwiſchen Corſica und Etrurien liegende Eyland Capraſia/ ſo gleichfalls von den wilden Ziegen den Nahmen hat/ zu fuͤhren. Wir hatten diß ſchon im Geſichte; als ein hefftiger Sud- Oſt-Wind uns bey ſelbter vorbey trieb/ und ſich hernach in einen ſechstagichten Sturm ver- wandelte/ endlich unſer Schiff nicht ferne von dem Munde des Fluſſes Jberus an einem Fel- ſen zerſchmetterte; alſo: daß ich mit genauer Noth auf einem Stuͤcke Brete ans Ufer ſchwamm/ und nach etlichen nicht erzehlens- wuͤrdigen Ebentheuern unſer Deutſchland wieder erreichte; biß auf den geſtrigen Tag fe- ſte glaubende: daß die Fuͤrſtin Asblaſte ihr Be- graͤbnuͤs in dem Jberiſchen Meere gefunden haͤtte. Fuͤrſt Adgandeſter loͤſete nunmehr die Graͤ- fin von der Lippe in ihrer Erzehlung ab; mit der Vertroͤſtung: es wuͤrde die tugendhaffte Asblaſte ihnen die Uberbleibung ihrer Schif- farth und ſeltzamen Lebens-Lauffs nicht miß- goͤnnen; er muͤſte nunmehr ſeinem Verſpre- chen nach ſich zu dem mit dem Kayſer nach Rom gediegenen Fuͤrſten Herrmann und Fla- vius wenden. Herrmann hatte das Gluͤcke noch auf der Reiſe nach Rom des Kayſers Ge- wogenheit zu erwerben. Denn als er bey Minturne aus dem Schiffe gieng/ von der aus ſelbtem ans Land angeworffenen ſchmalen Bruͤcke mit den Fuͤſſen abgliet/ und ins Waſ- ſer fiel; alle anweſende Roͤmer aber hieruͤber einander nur fuͤr Schrecken anſahen/ ſprang der von Kind auf des Schwimmens gewohnte Fuͤrſt Herrman behertzt ins Waſſer/ erwiſchte den unterſinckenden Kayſer beym Arme/ und brachte ihn aus augenſcheinlicher Lebens-Ge- fahr gluͤcklich ans Land. Der errettete Auguſt umarmete dieſen jungen Fuͤrſten/ nennte ihn ſeinen Sohn; und verſicherte ihn: daß er und ſein gantzes Geſchlechte dieſer unver geßlichen Wolthat genuͤſſen ſolten. Deſſen erſte Frucht er und ſein Bruder Flavius daran genaß: daß ſie bey des Druſus Siegs - Gepraͤnge wegen der in

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1210[1212]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1276>, abgerufen am 23.11.2024.