Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] naemphtes zu loben/ und den Massabazanes
um seinen Zustand zu fragen. Dieser gab sich/
wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/
nachmahls für einen Albanischen Edelmann
aus/ den an diesen berühmten Hoff mehr der
Vorwitz was denckwürdiges zu sehen/ als eini-
ge Nothwendigkeit gebracht hätte. Arsinoe
antwortete ihm: Es wäre solch Vornehmen
nicht für einen Fürwitz/ sondern eine Regung
eines tapffern Gemüthes zu halten/ und bedün-
cke sie/ es habe die Tugend die Art etlicher
Pflantzen an sich/ welche in ihrem eigenen Erd-
reiche nicht wachsen können/ sondern ihre Voll-
kommenheit nach geschehener Versetzung auff
einem frembden Bäte erlangen müsten. Und
hätte sie deßhalben ein sonderbares Belieben
an denselben Edlen/ welche ausser Landes/ wo
weder die Liebe der ihrigen sie verzärtelte/ noch
die Heucheley ihre Laster streichelte/ ihr Glück
suchten/ und ihren Ruhm vergrösserten. Weß-
wegen Massabazanes sich von ihrem Herrn
Vater aller Königlichen Gnade versichern
solte. Unter derogleichen annehmlichen Ge-
sprächen vollendeten die Ritter ihre Rennen;
und es war keiner/ dem nicht zum minsten ein
Streich gefehlet hatte. Die Fürstin Arsinoe
machte sich daher geschickt das ihrige zu thun.
Das erste Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach
demselben warf sie den Wurf-Spieß so glück-
lich/ daß selbter recht in das lincke Auge traff;
Das andere war ein einäugichter Cyclopen-
Kopff/ diesen hieb sie mit ihrer Sebel in einem
Streich ab/ fing selbten auch mit der Spitze
ihres Sebels/ daß er daran stecken blieb. Das
dritte war ein Ring/ den sie mit der Lantze/
nach dem sie sie vorher durch einen Wurf in
der Lufft dreymahl umgedrehet/ fast in dem in-
nersten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein
auf einer 60. Ellenbogen-hoher Säule aufge-
stellter Drache/ denselben traf sie mit dem Bo-
gen so wohl/ daß der Pfeil im Rachen stecken
[Spaltenumbruch] blieb. Das fünffte war eine von Thon berei-
tete/ und in unterschiedene Kreisse eingetheilte
Scheibe/ in diese traf sie aus der Schleuder mit
einem Steine in den andern Kreiß/ also/ daß
ihr kein einiges Treffen mißlang/ und sie bey
dem umstehenden Volck ein grosses Freuden-
Geschrey erweckte. Massabazanes war al-
lein noch übrig/ der rennen solte/ und es ließ
ihm niemand träumen/ daß dieser unbekandte
Frembdling der Fürstin den höchsten Preiß
strittig machen solte. Sie vergebe mir aber/
großmüthige Thußnelda/ daß ich meine Kö-
nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War-
heit ablegen soll. Massabazanes erschien als
ein Blitz-geschwinder Falcke auff der Renne-
bahn/ er warf seinen Wurf-Spieß dem Scy-
then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des
Polyphemus ab/ und stach ihm im fallen seine
Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der
Lantze den Ring im Mittel weg/ er schoß den
Drachen ins lincke Auge/ und traf das weisse in
der Scheibe mit seinem abgeschleuderten Stei-
ne. Die Zuschauer wurden gezwungen ihn
eben so wohl mit einem Freuden-Geschrey zu
beehren/ wormit das vorhergehende nicht so
wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre
Fürstin/ als einen Zuruff der Tugend überkä-
me. Die zwey Römischen Rathsherren/ de-
nen König Polemon das Urthel des Sieges/
und die Austheilung der Preisse anvertraut
hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es
hätte Arsinoe und Massabazanes einander die
Wage derogestalt gehalten/ daß sie durch ein
neues Rennen gleichen müsten. Arsinoe gab
sich hingegen selbst: daß Massabazanes den
Preiß exworben; Sie muste aber gleichwohl
sich dem Erkäntnüsse unterwerffen/ und ihr
wiederholetes Rennen/ in dem sie abermahls
gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungsames Zeug-
nüß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefährlichen
Zufalle/ sondern ihrer Geschickligkeit zuzu

schrei-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] naemphtes zu loben/ und den Maſſabazanes
um ſeinen Zuſtand zu fragen. Dieſer gab ſich/
wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/
nachmahls fuͤr einen Albaniſchen Edelmann
aus/ den an dieſen beruͤhmten Hoff mehr der
Vorwitz was denckwuͤrdiges zu ſehen/ als eini-
ge Nothwendigkeit gebracht haͤtte. Arſinoe
antwortete ihm: Es waͤre ſolch Vornehmen
nicht fuͤr einen Fuͤrwitz/ ſondern eine Regung
eines tapffern Gemuͤthes zu halten/ und beduͤn-
cke ſie/ es habe die Tugend die Art etlicher
Pflantzen an ſich/ welche in ihrem eigenen Erd-
reiche nicht wachſen koͤnnen/ ſondern ihre Voll-
kommenheit nach geſchehener Verſetzung auff
einem frembden Baͤte erlangen muͤſten. Und
haͤtte ſie deßhalben ein ſonderbares Belieben
an denſelben Edlen/ welche auſſer Landes/ wo
weder die Liebe der ihrigen ſie verzaͤrtelte/ noch
die Heucheley ihre Laſter ſtreichelte/ ihr Gluͤck
ſuchten/ und ihren Ruhm vergroͤſſerten. Weß-
wegen Maſſabazanes ſich von ihrem Herrn
Vater aller Koͤniglichen Gnade verſichern
ſolte. Unter derogleichen annehmlichen Ge-
ſpraͤchen vollendeten die Ritter ihre Rennen;
und es war keiner/ dem nicht zum minſten ein
Streich gefehlet hatte. Die Fuͤrſtin Arſinoe
machte ſich daher geſchickt das ihrige zu thun.
Das erſte Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach
demſelben warf ſie den Wurf-Spieß ſo gluͤck-
lich/ daß ſelbter recht in das lincke Auge traff;
Das andere war ein einaͤugichter Cyclopen-
Kopff/ dieſen hieb ſie mit ihrer Sebel in einem
Streich ab/ fing ſelbten auch mit der Spitze
ihres Sebels/ daß er daran ſtecken blieb. Das
dritte war ein Ring/ den ſie mit der Lantze/
nach dem ſie ſie vorher durch einen Wurf in
der Lufft dreymahl umgedrehet/ faſt in dem in-
nerſten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein
auf einer 60. Ellenbogen-hoher Saͤule aufge-
ſtellter Drache/ denſelben traf ſie mit dem Bo-
gen ſo wohl/ daß der Pfeil im Rachen ſtecken
[Spaltenumbruch] blieb. Das fuͤnffte war eine von Thon berei-
tete/ und in unterſchiedene Kreiſſe eingetheilte
Scheibe/ in dieſe traf ſie aus der Schleuder mit
einem Steine in den andern Kreiß/ alſo/ daß
ihr kein einiges Treffen mißlang/ und ſie bey
dem umſtehenden Volck ein groſſes Freuden-
Geſchrey erweckte. Maſſabazanes war al-
lein noch uͤbrig/ der rennen ſolte/ und es ließ
ihm niemand traͤumen/ daß dieſer unbekandte
Frembdling der Fuͤrſtin den hoͤchſten Preiß
ſtrittig machen ſolte. Sie vergebe mir aber/
großmuͤthige Thußnelda/ daß ich meine Koͤ-
nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War-
heit ablegen ſoll. Maſſabazanes erſchien als
ein Blitz-geſchwinder Falcke auff der Renne-
bahn/ er warf ſeinen Wurf-Spieß dem Scy-
then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des
Polyphemus ab/ und ſtach ihm im fallen ſeine
Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der
Lantze den Ring im Mittel weg/ er ſchoß den
Drachen ins lincke Auge/ und traf das weiſſe in
der Scheibe mit ſeinem abgeſchleuderten Stei-
ne. Die Zuſchauer wurden gezwungen ihn
eben ſo wohl mit einem Freuden-Geſchrey zu
beehren/ wormit das vorhergehende nicht ſo
wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre
Fuͤrſtin/ als einen Zuruff der Tugend uͤberkaͤ-
me. Die zwey Roͤmiſchen Rathsherren/ de-
nen Koͤnig Polemon das Urthel des Sieges/
und die Austheilung der Preiſſe anvertraut
hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es
haͤtte Arſinoe und Maſſabazanes einander die
Wage derogeſtalt gehalten/ daß ſie durch ein
neues Rennen gleichen muͤſten. Arſinoe gab
ſich hingegen ſelbſt: daß Maſſabazanes den
Preiß exworben; Sie muſte aber gleichwohl
ſich dem Erkaͤntnuͤſſe unterwerffen/ und ihr
wiederholetes Rennen/ in dem ſie abermahls
gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungſames Zeug-
nuͤß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefaͤhrlichen
Zufalle/ ſondern ihrer Geſchickligkeit zuzu

ſchrei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="254"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
naemphtes zu loben/ und den Ma&#x017F;&#x017F;abazanes<lb/>
um &#x017F;einen Zu&#x017F;tand zu fragen. Die&#x017F;er gab &#x017F;ich/<lb/>
wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/<lb/>
nachmahls fu&#x0364;r einen Albani&#x017F;chen Edelmann<lb/>
aus/ den an die&#x017F;en beru&#x0364;hmten Hoff mehr der<lb/>
Vorwitz was denckwu&#x0364;rdiges zu &#x017F;ehen/ als eini-<lb/>
ge Nothwendigkeit gebracht ha&#x0364;tte. Ar&#x017F;inoe<lb/>
antwortete ihm: Es wa&#x0364;re &#x017F;olch Vornehmen<lb/>
nicht fu&#x0364;r einen Fu&#x0364;rwitz/ &#x017F;ondern eine Regung<lb/>
eines tapffern Gemu&#x0364;thes zu halten/ und bedu&#x0364;n-<lb/>
cke &#x017F;ie/ es habe die Tugend die Art etlicher<lb/>
Pflantzen an &#x017F;ich/ welche in ihrem eigenen Erd-<lb/>
reiche nicht wach&#x017F;en ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern ihre Voll-<lb/>
kommenheit nach ge&#x017F;chehener Ver&#x017F;etzung auff<lb/>
einem frembden Ba&#x0364;te erlangen mu&#x0364;&#x017F;ten. Und<lb/>
ha&#x0364;tte &#x017F;ie deßhalben ein &#x017F;onderbares Belieben<lb/>
an den&#x017F;elben Edlen/ welche au&#x017F;&#x017F;er Landes/ wo<lb/>
weder die Liebe der ihrigen &#x017F;ie verza&#x0364;rtelte/ noch<lb/>
die Heucheley ihre La&#x017F;ter &#x017F;treichelte/ ihr Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;uchten/ und ihren Ruhm vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erten. Weß-<lb/>
wegen Ma&#x017F;&#x017F;abazanes &#x017F;ich von ihrem Herrn<lb/>
Vater aller Ko&#x0364;niglichen Gnade ver&#x017F;ichern<lb/>
&#x017F;olte. Unter derogleichen annehmlichen Ge-<lb/>
&#x017F;pra&#x0364;chen vollendeten die Ritter ihre Rennen;<lb/>
und es war keiner/ dem nicht zum min&#x017F;ten ein<lb/>
Streich gefehlet hatte. Die Fu&#x0364;r&#x017F;tin Ar&#x017F;inoe<lb/>
machte &#x017F;ich daher ge&#x017F;chickt das ihrige zu thun.<lb/>
Das er&#x017F;te Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach<lb/>
dem&#x017F;elben warf &#x017F;ie den Wurf-Spieß &#x017F;o glu&#x0364;ck-<lb/>
lich/ daß &#x017F;elbter recht in das lincke Auge traff;<lb/>
Das andere war ein eina&#x0364;ugichter Cyclopen-<lb/>
Kopff/ die&#x017F;en hieb &#x017F;ie mit ihrer Sebel in einem<lb/>
Streich ab/ fing &#x017F;elbten auch mit der Spitze<lb/>
ihres Sebels/ daß er daran &#x017F;tecken blieb. Das<lb/>
dritte war ein Ring/ den &#x017F;ie mit der Lantze/<lb/>
nach dem &#x017F;ie &#x017F;ie vorher durch einen Wurf in<lb/>
der Lufft dreymahl umgedrehet/ fa&#x017F;t in dem in-<lb/>
ner&#x017F;ten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein<lb/>
auf einer 60. Ellenbogen-hoher Sa&#x0364;ule aufge-<lb/>
&#x017F;tellter Drache/ den&#x017F;elben traf &#x017F;ie mit dem Bo-<lb/>
gen &#x017F;o wohl/ daß der Pfeil im Rachen &#x017F;tecken<lb/><cb/>
blieb. Das fu&#x0364;nffte war eine von Thon berei-<lb/>
tete/ und in unter&#x017F;chiedene Krei&#x017F;&#x017F;e eingetheilte<lb/>
Scheibe/ in die&#x017F;e traf &#x017F;ie aus der Schleuder mit<lb/>
einem Steine in den andern Kreiß/ al&#x017F;o/ daß<lb/>
ihr kein einiges Treffen mißlang/ und &#x017F;ie bey<lb/>
dem um&#x017F;tehenden Volck ein gro&#x017F;&#x017F;es Freuden-<lb/>
Ge&#x017F;chrey erweckte. Ma&#x017F;&#x017F;abazanes war al-<lb/>
lein noch u&#x0364;brig/ der rennen &#x017F;olte/ und es ließ<lb/>
ihm niemand tra&#x0364;umen/ daß die&#x017F;er unbekandte<lb/>
Frembdling der Fu&#x0364;r&#x017F;tin den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Preiß<lb/>
&#x017F;trittig machen &#x017F;olte. Sie vergebe mir aber/<lb/>
großmu&#x0364;thige Thußnelda/ daß ich meine Ko&#x0364;-<lb/>
nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War-<lb/>
heit ablegen &#x017F;oll. Ma&#x017F;&#x017F;abazanes er&#x017F;chien als<lb/>
ein Blitz-ge&#x017F;chwinder Falcke auff der Renne-<lb/>
bahn/ er warf &#x017F;einen Wurf-Spieß dem Scy-<lb/>
then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des<lb/>
Polyphemus ab/ und &#x017F;tach ihm im fallen &#x017F;eine<lb/>
Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der<lb/>
Lantze den Ring im Mittel weg/ er &#x017F;choß den<lb/>
Drachen ins lincke Auge/ und traf das wei&#x017F;&#x017F;e in<lb/>
der Scheibe mit &#x017F;einem abge&#x017F;chleuderten Stei-<lb/>
ne. Die Zu&#x017F;chauer wurden gezwungen ihn<lb/>
eben &#x017F;o wohl mit einem Freuden-Ge&#x017F;chrey zu<lb/>
beehren/ wormit das vorhergehende nicht &#x017F;o<lb/>
wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin/ als einen Zuruff der Tugend u&#x0364;berka&#x0364;-<lb/>
me. Die zwey Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rathsherren/ de-<lb/>
nen Ko&#x0364;nig Polemon das Urthel des Sieges/<lb/>
und die Austheilung der Prei&#x017F;&#x017F;e anvertraut<lb/>
hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es<lb/>
ha&#x0364;tte Ar&#x017F;inoe und Ma&#x017F;&#x017F;abazanes einander die<lb/>
Wage deroge&#x017F;talt gehalten/ daß &#x017F;ie durch ein<lb/>
neues Rennen gleichen mu&#x0364;&#x017F;ten. Ar&#x017F;inoe gab<lb/>
&#x017F;ich hingegen &#x017F;elb&#x017F;t: daß Ma&#x017F;&#x017F;abazanes den<lb/>
Preiß exworben; Sie mu&#x017F;te aber gleichwohl<lb/>
&#x017F;ich dem Erka&#x0364;ntnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e unterwerffen/ und ihr<lb/>
wiederholetes Rennen/ in dem &#x017F;ie abermahls<lb/>
gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnung&#x017F;ames Zeug-<lb/>
nu&#x0364;ß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefa&#x0364;hrlichen<lb/>
Zufalle/ &#x017F;ondern ihrer Ge&#x017F;chickligkeit zuzu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chrei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0306] Drittes Buch naemphtes zu loben/ und den Maſſabazanes um ſeinen Zuſtand zu fragen. Dieſer gab ſich/ wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/ nachmahls fuͤr einen Albaniſchen Edelmann aus/ den an dieſen beruͤhmten Hoff mehr der Vorwitz was denckwuͤrdiges zu ſehen/ als eini- ge Nothwendigkeit gebracht haͤtte. Arſinoe antwortete ihm: Es waͤre ſolch Vornehmen nicht fuͤr einen Fuͤrwitz/ ſondern eine Regung eines tapffern Gemuͤthes zu halten/ und beduͤn- cke ſie/ es habe die Tugend die Art etlicher Pflantzen an ſich/ welche in ihrem eigenen Erd- reiche nicht wachſen koͤnnen/ ſondern ihre Voll- kommenheit nach geſchehener Verſetzung auff einem frembden Baͤte erlangen muͤſten. Und haͤtte ſie deßhalben ein ſonderbares Belieben an denſelben Edlen/ welche auſſer Landes/ wo weder die Liebe der ihrigen ſie verzaͤrtelte/ noch die Heucheley ihre Laſter ſtreichelte/ ihr Gluͤck ſuchten/ und ihren Ruhm vergroͤſſerten. Weß- wegen Maſſabazanes ſich von ihrem Herrn Vater aller Koͤniglichen Gnade verſichern ſolte. Unter derogleichen annehmlichen Ge- ſpraͤchen vollendeten die Ritter ihre Rennen; und es war keiner/ dem nicht zum minſten ein Streich gefehlet hatte. Die Fuͤrſtin Arſinoe machte ſich daher geſchickt das ihrige zu thun. Das erſte Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach demſelben warf ſie den Wurf-Spieß ſo gluͤck- lich/ daß ſelbter recht in das lincke Auge traff; Das andere war ein einaͤugichter Cyclopen- Kopff/ dieſen hieb ſie mit ihrer Sebel in einem Streich ab/ fing ſelbten auch mit der Spitze ihres Sebels/ daß er daran ſtecken blieb. Das dritte war ein Ring/ den ſie mit der Lantze/ nach dem ſie ſie vorher durch einen Wurf in der Lufft dreymahl umgedrehet/ faſt in dem in- nerſten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein auf einer 60. Ellenbogen-hoher Saͤule aufge- ſtellter Drache/ denſelben traf ſie mit dem Bo- gen ſo wohl/ daß der Pfeil im Rachen ſtecken blieb. Das fuͤnffte war eine von Thon berei- tete/ und in unterſchiedene Kreiſſe eingetheilte Scheibe/ in dieſe traf ſie aus der Schleuder mit einem Steine in den andern Kreiß/ alſo/ daß ihr kein einiges Treffen mißlang/ und ſie bey dem umſtehenden Volck ein groſſes Freuden- Geſchrey erweckte. Maſſabazanes war al- lein noch uͤbrig/ der rennen ſolte/ und es ließ ihm niemand traͤumen/ daß dieſer unbekandte Frembdling der Fuͤrſtin den hoͤchſten Preiß ſtrittig machen ſolte. Sie vergebe mir aber/ großmuͤthige Thußnelda/ daß ich meine Koͤ- nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War- heit ablegen ſoll. Maſſabazanes erſchien als ein Blitz-geſchwinder Falcke auff der Renne- bahn/ er warf ſeinen Wurf-Spieß dem Scy- then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des Polyphemus ab/ und ſtach ihm im fallen ſeine Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der Lantze den Ring im Mittel weg/ er ſchoß den Drachen ins lincke Auge/ und traf das weiſſe in der Scheibe mit ſeinem abgeſchleuderten Stei- ne. Die Zuſchauer wurden gezwungen ihn eben ſo wohl mit einem Freuden-Geſchrey zu beehren/ wormit das vorhergehende nicht ſo wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre Fuͤrſtin/ als einen Zuruff der Tugend uͤberkaͤ- me. Die zwey Roͤmiſchen Rathsherren/ de- nen Koͤnig Polemon das Urthel des Sieges/ und die Austheilung der Preiſſe anvertraut hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es haͤtte Arſinoe und Maſſabazanes einander die Wage derogeſtalt gehalten/ daß ſie durch ein neues Rennen gleichen muͤſten. Arſinoe gab ſich hingegen ſelbſt: daß Maſſabazanes den Preiß exworben; Sie muſte aber gleichwohl ſich dem Erkaͤntnuͤſſe unterwerffen/ und ihr wiederholetes Rennen/ in dem ſie abermahls gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungſames Zeug- nuͤß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefaͤhrlichen Zufalle/ ſondern ihrer Geſchickligkeit zuzu ſchrei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/306
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/306>, abgerufen am 22.11.2024.