Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] drüßliche Gefängnüsse ihrer Freyheit/ und
bangsame Todten-Grüffte zu seyn/ in welchen
ihre Vergnügung vergraben liege. Alle die-
se Würckungen der Liebe sahen der Erato aus
den Augen/ und schienen aus ihrem Thun;
Sie war in den Jahren/ da diese Süßigkeit zu
käumen/ und dieser Zunder zu glimmen an-
fängt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Für-
stin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un-
auflößlicher Knoten; und die der Liebe so ähn-
liche Bezeugungen konten sie allhier unmög-
lich Mutter nennen. Höret aber auch die an-
dere Helffte dieses Wunderwercks. Denn
ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era-
to disseits nach Arsinoen seuffzete/ jene nach
Massabazanen lächsete. Da Erato bey ihr
ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem
Hertzen fühlete/ Arsinoens Seele loderte/ und
in lichten Flammen stand. Wiewol auf Ar-
sinoens Seiten/ welche die Fürstin Erato für
einen der vollkommensten Helden hielt/ dieser
Traum sich von mir leicht auslegen ließ/ in
dem die Liebe sich mehr als zu viel selbst verrieth.
Diese wunderbare Verwickelung der Gemü-
ther und Begebenheiten machte mich überaus
bekümmert. Als ich aber Tag und Nacht
einen Fadem suchte beyden Fürstinnen aus die-
sem Jrrgarten zu helffen/ führte das Ver-
hängnüß uns aus diesem Jrrgange in einen
betrübten Kercker/ und verwandelte unsere
Verwirrung in schmertzhaffte Bekümmernüß.
Denn es hatte der Armenische König Tigra-
nes zum Taurus und Silanus nach Sinope
einen seiner Edelleute abgefertigt/ dieser aber
dem Rennen zugesehen/ und die Fürstin Era-
to/ oder vielmehr den in Armenien so genenn-
ten Artaxias erkennet/ und bey seiner Rück-
kunfft solches dem Könige entdecket. Weil
nun die/ welche sich unrechtmäßig in ein Reich
eingedrungen/ ewige Todtfeinde derselben sind/
die dazu Recht haben; überdiß die blutdürstige
[Spaltenumbruch] Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich
fürhielten/ was für Gefahr ihm fürstünde von
einem so streitbaren Jünglinge/ der unter fünf
hundert geübten Rittern das beste gethan hät-
te/ und dessen feuriger Geist sich nimmermehr
in die Schrancken eines gehorsamden Unter-
thanes würde einriegeln lassen/ schickte Tigra-
nes nicht allein eine ansehnliche Botschafft mit
kostbaren Geschencken an den König Pole-
mon/ sondern schrieb nichts minder an den Ti-
berius/ als Taurus und Silanus um den Pon-
tischen König zu bewegen/ daß er ihm den jun-
gen Artaxias/ als seinen und der Römer Feind
ausfolgen liesse. Als diese Gesandtschafft zu
Sinope einzog/ hielten wir uns möglichst ein-
gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwis-
sende/ daß wir bereits verrathen und im Gar-
ne wären. Denn noch selbigen Abend ward
unser Hauß rings umher mit einer starcken
Wache besetzt. Kurtz darauf brachte ein ver-
kleideter Edelknabe von der Princeßin Arsinoe
einen verschlossenen Zettel an die Princeßin E-
roto mit diesen Zeilen:

Arsinoe an den Fürsten Artaxias.

Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß
erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun-
gen aller derer/ die die Tugend zu schätzen wis-
sen/ vergewissert/ daß der unvergleichliche
Massabazanes kein schlechter Albanischer E-
delmann/ sondern der Enckel des grossen Ti-
granes sey/ setzet mich zwar aus einer nicht ge-
ringern Bekümmernüß. Aber ich zittere zu
schreiben/ daß der Armenische König ihn aus
meiner Gemeinschafft/ und in seine unbarm-
hertzige Hände fordert. Mein Vater/ der
zwar die Versicherung seiner Person nicht ab-
zuschlagen vermocht/ ist iedoch allzugroßmü-
thig den auf die Fleischbanck seinem Feinde zu
liefern/ der durch seine Tugend eines gerechten
Königes Gewogenheit/ und die Liebe der gantzen

Welt

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] druͤßliche Gefaͤngnuͤſſe ihrer Freyheit/ und
bangſame Todten-Gruͤffte zu ſeyn/ in welchen
ihre Vergnuͤgung vergraben liege. Alle die-
ſe Wuͤrckungen der Liebe ſahen der Erato aus
den Augen/ und ſchienen aus ihrem Thun;
Sie war in den Jahren/ da dieſe Suͤßigkeit zu
kaͤumen/ und dieſer Zunder zu glimmen an-
faͤngt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Fuͤr-
ſtin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un-
aufloͤßlicher Knoten; und die der Liebe ſo aͤhn-
liche Bezeugungen konten ſie allhier unmoͤg-
lich Mutter nennen. Hoͤret aber auch die an-
dere Helffte dieſes Wunderwercks. Denn
ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era-
to diſſeits nach Arſinoen ſeuffzete/ jene nach
Maſſabazanen laͤchſete. Da Erato bey ihr
ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem
Hertzen fuͤhlete/ Arſinoens Seele loderte/ und
in lichten Flammen ſtand. Wiewol auf Ar-
ſinoens Seiten/ welche die Fuͤrſtin Erato fuͤr
einen der vollkommenſten Helden hielt/ dieſer
Traum ſich von mir leicht auslegen ließ/ in
dem die Liebe ſich mehr als zu viel ſelbſt verrieth.
Dieſe wunderbare Verwickelung der Gemuͤ-
ther und Begebenheiten machte mich uͤberaus
bekuͤmmert. Als ich aber Tag und Nacht
einen Fadem ſuchte beyden Fuͤrſtinnen aus die-
ſem Jrrgarten zu helffen/ fuͤhrte das Ver-
haͤngnuͤß uns aus dieſem Jrrgange in einen
betruͤbten Kercker/ und verwandelte unſere
Verwirrung in ſchmertzhaffte Bekuͤmmernuͤß.
Denn es hatte der Armeniſche Koͤnig Tigra-
nes zum Taurus und Silanus nach Sinope
einen ſeiner Edelleute abgefertigt/ dieſer aber
dem Rennen zugeſehen/ und die Fuͤrſtin Era-
to/ oder vielmehr den in Armenien ſo genenn-
ten Artaxias erkennet/ und bey ſeiner Ruͤck-
kunfft ſolches dem Koͤnige entdecket. Weil
nun die/ welche ſich unrechtmaͤßig in ein Reich
eingedrungen/ ewige Todtfeinde derſelben ſind/
die dazu Recht haben; uͤberdiß die blutduͤrſtige
[Spaltenumbruch] Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich
fuͤrhielten/ was fuͤr Gefahr ihm fuͤrſtuͤnde von
einem ſo ſtreitbaren Juͤnglinge/ der unter fuͤnf
hundert geuͤbten Rittern das beſte gethan haͤt-
te/ und deſſen feuriger Geiſt ſich nimmermehr
in die Schrancken eines gehorſamden Unter-
thanes wuͤrde einriegeln laſſen/ ſchickte Tigra-
nes nicht allein eine anſehnliche Botſchafft mit
koſtbaren Geſchencken an den Koͤnig Pole-
mon/ ſondern ſchrieb nichts minder an den Ti-
berius/ als Taurus und Silanus um den Pon-
tiſchen Koͤnig zu bewegen/ daß er ihm den jun-
gen Artaxias/ als ſeinen und der Roͤmer Feind
ausfolgen lieſſe. Als dieſe Geſandtſchafft zu
Sinope einzog/ hielten wir uns moͤglichſt ein-
gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwiſ-
ſende/ daß wir bereits verrathen und im Gar-
ne waͤren. Denn noch ſelbigen Abend ward
unſer Hauß rings umher mit einer ſtarcken
Wache beſetzt. Kurtz darauf brachte ein ver-
kleideter Edelknabe von der Princeßin Arſinoe
einen verſchloſſenen Zettel an die Princeßin E-
roto mit dieſen Zeilen:

Arſinoe an den Fuͤrſten Artaxias.

Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß
erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun-
gen aller derer/ die die Tugend zu ſchaͤtzen wiſ-
ſen/ vergewiſſert/ daß der unvergleichliche
Maſſabazanes kein ſchlechter Albaniſcher E-
delmann/ ſondern der Enckel des groſſen Ti-
granes ſey/ ſetzet mich zwar aus einer nicht ge-
ringern Bekuͤmmernuͤß. Aber ich zittere zu
ſchreiben/ daß der Armeniſche Koͤnig ihn aus
meiner Gemeinſchafft/ und in ſeine unbarm-
hertzige Haͤnde fordert. Mein Vater/ der
zwar die Verſicherung ſeiner Perſon nicht ab-
zuſchlagen vermocht/ iſt iedoch allzugroßmuͤ-
thig den auf die Fleiſchbanck ſeinem Feinde zu
liefern/ der durch ſeine Tugend eines gerechten
Koͤniges Gewogenheit/ und die Liebe deꝛ gantzen

Welt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0308" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
dru&#x0364;ßliche Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ihrer Freyheit/ und<lb/>
bang&#x017F;ame Todten-Gru&#x0364;ffte zu &#x017F;eyn/ in welchen<lb/>
ihre Vergnu&#x0364;gung vergraben liege. Alle die-<lb/>
&#x017F;e Wu&#x0364;rckungen der Liebe &#x017F;ahen der Erato aus<lb/>
den Augen/ und &#x017F;chienen aus ihrem Thun;<lb/>
Sie war in den Jahren/ da die&#x017F;e Su&#x0364;ßigkeit zu<lb/>
ka&#x0364;umen/ und die&#x017F;er Zunder zu glimmen an-<lb/>
fa&#x0364;ngt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un-<lb/>
auflo&#x0364;ßlicher Knoten; und die der Liebe &#x017F;o a&#x0364;hn-<lb/>
liche Bezeugungen konten &#x017F;ie allhier unmo&#x0364;g-<lb/>
lich Mutter nennen. Ho&#x0364;ret aber auch die an-<lb/>
dere Helffte die&#x017F;es Wunderwercks. Denn<lb/>
ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era-<lb/>
to di&#x017F;&#x017F;eits nach Ar&#x017F;inoen &#x017F;euffzete/ jene nach<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;abazanen la&#x0364;ch&#x017F;ete. Da Erato bey ihr<lb/>
ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem<lb/>
Hertzen fu&#x0364;hlete/ Ar&#x017F;inoens Seele loderte/ und<lb/>
in lichten Flammen &#x017F;tand. Wiewol auf Ar-<lb/>
&#x017F;inoens Seiten/ welche die Fu&#x0364;r&#x017F;tin Erato fu&#x0364;r<lb/>
einen der vollkommen&#x017F;ten Helden hielt/ die&#x017F;er<lb/>
Traum &#x017F;ich von mir leicht auslegen ließ/ in<lb/>
dem die Liebe &#x017F;ich mehr als zu viel &#x017F;elb&#x017F;t verrieth.<lb/>
Die&#x017F;e wunderbare Verwickelung der Gemu&#x0364;-<lb/>
ther und Begebenheiten machte mich u&#x0364;beraus<lb/>
beku&#x0364;mmert. Als ich aber Tag und Nacht<lb/>
einen Fadem &#x017F;uchte beyden Fu&#x0364;r&#x017F;tinnen aus die-<lb/>
&#x017F;em Jrrgarten zu helffen/ fu&#x0364;hrte das Ver-<lb/>
ha&#x0364;ngnu&#x0364;ß uns aus die&#x017F;em Jrrgange in einen<lb/>
betru&#x0364;bten Kercker/ und verwandelte un&#x017F;ere<lb/>
Verwirrung in &#x017F;chmertzhaffte Beku&#x0364;mmernu&#x0364;ß.<lb/>
Denn es hatte der Armeni&#x017F;che Ko&#x0364;nig Tigra-<lb/>
nes zum Taurus und Silanus nach Sinope<lb/>
einen &#x017F;einer Edelleute abgefertigt/ die&#x017F;er aber<lb/>
dem Rennen zuge&#x017F;ehen/ und die Fu&#x0364;r&#x017F;tin Era-<lb/>
to/ oder vielmehr den in Armenien &#x017F;o genenn-<lb/>
ten Artaxias erkennet/ und bey &#x017F;einer Ru&#x0364;ck-<lb/>
kunfft &#x017F;olches dem Ko&#x0364;nige entdecket. Weil<lb/>
nun die/ welche &#x017F;ich unrechtma&#x0364;ßig in ein Reich<lb/>
eingedrungen/ ewige Todtfeinde der&#x017F;elben &#x017F;ind/<lb/>
die dazu Recht haben; u&#x0364;berdiß die blutdu&#x0364;r&#x017F;tige<lb/><cb/>
Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich<lb/>
fu&#x0364;rhielten/ was fu&#x0364;r Gefahr ihm fu&#x0364;r&#x017F;tu&#x0364;nde von<lb/>
einem &#x017F;o &#x017F;treitbaren Ju&#x0364;nglinge/ der unter fu&#x0364;nf<lb/>
hundert geu&#x0364;bten Rittern das be&#x017F;te gethan ha&#x0364;t-<lb/>
te/ und de&#x017F;&#x017F;en feuriger Gei&#x017F;t &#x017F;ich nimmermehr<lb/>
in die Schrancken eines gehor&#x017F;amden Unter-<lb/>
thanes wu&#x0364;rde einriegeln la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;chickte Tigra-<lb/>
nes nicht allein eine an&#x017F;ehnliche Bot&#x017F;chafft mit<lb/>
ko&#x017F;tbaren Ge&#x017F;chencken an den Ko&#x0364;nig Pole-<lb/>
mon/ &#x017F;ondern &#x017F;chrieb nichts minder an den Ti-<lb/>
berius/ als Taurus und Silanus um den Pon-<lb/>
ti&#x017F;chen Ko&#x0364;nig zu bewegen/ daß er ihm den jun-<lb/>
gen Artaxias/ als &#x017F;einen und der Ro&#x0364;mer Feind<lb/>
ausfolgen lie&#x017F;&#x017F;e. Als die&#x017F;e Ge&#x017F;andt&#x017F;chafft zu<lb/>
Sinope einzog/ hielten wir uns mo&#x0364;glich&#x017F;t ein-<lb/>
gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ende/ daß wir bereits verrathen und im Gar-<lb/>
ne wa&#x0364;ren. Denn noch &#x017F;elbigen Abend ward<lb/>
un&#x017F;er Hauß rings umher mit einer &#x017F;tarcken<lb/>
Wache be&#x017F;etzt. Kurtz darauf brachte ein ver-<lb/>
kleideter Edelknabe von der Princeßin Ar&#x017F;inoe<lb/>
einen ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zettel an die Princeßin E-<lb/>
roto mit die&#x017F;en Zeilen:</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Ar&#x017F;inoe an den Fu&#x0364;r&#x017F;ten Artaxias.</hi> </p><lb/>
          <p>Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß<lb/>
erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun-<lb/>
gen aller derer/ die die Tugend zu &#x017F;cha&#x0364;tzen wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ vergewi&#x017F;&#x017F;ert/ daß der unvergleichliche<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;abazanes kein &#x017F;chlechter Albani&#x017F;cher E-<lb/>
delmann/ &#x017F;ondern der Enckel des gro&#x017F;&#x017F;en Ti-<lb/>
granes &#x017F;ey/ &#x017F;etzet mich zwar aus einer nicht ge-<lb/>
ringern Beku&#x0364;mmernu&#x0364;ß. Aber ich zittere zu<lb/>
&#x017F;chreiben/ daß der Armeni&#x017F;che Ko&#x0364;nig ihn aus<lb/>
meiner Gemein&#x017F;chafft/ und in &#x017F;eine unbarm-<lb/>
hertzige Ha&#x0364;nde fordert. Mein Vater/ der<lb/>
zwar die Ver&#x017F;icherung &#x017F;einer Per&#x017F;on nicht ab-<lb/>
zu&#x017F;chlagen vermocht/ i&#x017F;t iedoch allzugroßmu&#x0364;-<lb/>
thig den auf die Flei&#x017F;chbanck &#x017F;einem Feinde zu<lb/>
liefern/ der durch &#x017F;eine Tugend eines gerechten<lb/>
Ko&#x0364;niges Gewogenheit/ und die Liebe de&#xA75B; gantzen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Welt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0308] Drittes Buch druͤßliche Gefaͤngnuͤſſe ihrer Freyheit/ und bangſame Todten-Gruͤffte zu ſeyn/ in welchen ihre Vergnuͤgung vergraben liege. Alle die- ſe Wuͤrckungen der Liebe ſahen der Erato aus den Augen/ und ſchienen aus ihrem Thun; Sie war in den Jahren/ da dieſe Suͤßigkeit zu kaͤumen/ und dieſer Zunder zu glimmen an- faͤngt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Fuͤr- ſtin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un- aufloͤßlicher Knoten; und die der Liebe ſo aͤhn- liche Bezeugungen konten ſie allhier unmoͤg- lich Mutter nennen. Hoͤret aber auch die an- dere Helffte dieſes Wunderwercks. Denn ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era- to diſſeits nach Arſinoen ſeuffzete/ jene nach Maſſabazanen laͤchſete. Da Erato bey ihr ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem Hertzen fuͤhlete/ Arſinoens Seele loderte/ und in lichten Flammen ſtand. Wiewol auf Ar- ſinoens Seiten/ welche die Fuͤrſtin Erato fuͤr einen der vollkommenſten Helden hielt/ dieſer Traum ſich von mir leicht auslegen ließ/ in dem die Liebe ſich mehr als zu viel ſelbſt verrieth. Dieſe wunderbare Verwickelung der Gemuͤ- ther und Begebenheiten machte mich uͤberaus bekuͤmmert. Als ich aber Tag und Nacht einen Fadem ſuchte beyden Fuͤrſtinnen aus die- ſem Jrrgarten zu helffen/ fuͤhrte das Ver- haͤngnuͤß uns aus dieſem Jrrgange in einen betruͤbten Kercker/ und verwandelte unſere Verwirrung in ſchmertzhaffte Bekuͤmmernuͤß. Denn es hatte der Armeniſche Koͤnig Tigra- nes zum Taurus und Silanus nach Sinope einen ſeiner Edelleute abgefertigt/ dieſer aber dem Rennen zugeſehen/ und die Fuͤrſtin Era- to/ oder vielmehr den in Armenien ſo genenn- ten Artaxias erkennet/ und bey ſeiner Ruͤck- kunfft ſolches dem Koͤnige entdecket. Weil nun die/ welche ſich unrechtmaͤßig in ein Reich eingedrungen/ ewige Todtfeinde derſelben ſind/ die dazu Recht haben; uͤberdiß die blutduͤrſtige Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich fuͤrhielten/ was fuͤr Gefahr ihm fuͤrſtuͤnde von einem ſo ſtreitbaren Juͤnglinge/ der unter fuͤnf hundert geuͤbten Rittern das beſte gethan haͤt- te/ und deſſen feuriger Geiſt ſich nimmermehr in die Schrancken eines gehorſamden Unter- thanes wuͤrde einriegeln laſſen/ ſchickte Tigra- nes nicht allein eine anſehnliche Botſchafft mit koſtbaren Geſchencken an den Koͤnig Pole- mon/ ſondern ſchrieb nichts minder an den Ti- berius/ als Taurus und Silanus um den Pon- tiſchen Koͤnig zu bewegen/ daß er ihm den jun- gen Artaxias/ als ſeinen und der Roͤmer Feind ausfolgen lieſſe. Als dieſe Geſandtſchafft zu Sinope einzog/ hielten wir uns moͤglichſt ein- gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwiſ- ſende/ daß wir bereits verrathen und im Gar- ne waͤren. Denn noch ſelbigen Abend ward unſer Hauß rings umher mit einer ſtarcken Wache beſetzt. Kurtz darauf brachte ein ver- kleideter Edelknabe von der Princeßin Arſinoe einen verſchloſſenen Zettel an die Princeßin E- roto mit dieſen Zeilen: Arſinoe an den Fuͤrſten Artaxias. Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun- gen aller derer/ die die Tugend zu ſchaͤtzen wiſ- ſen/ vergewiſſert/ daß der unvergleichliche Maſſabazanes kein ſchlechter Albaniſcher E- delmann/ ſondern der Enckel des groſſen Ti- granes ſey/ ſetzet mich zwar aus einer nicht ge- ringern Bekuͤmmernuͤß. Aber ich zittere zu ſchreiben/ daß der Armeniſche Koͤnig ihn aus meiner Gemeinſchafft/ und in ſeine unbarm- hertzige Haͤnde fordert. Mein Vater/ der zwar die Verſicherung ſeiner Perſon nicht ab- zuſchlagen vermocht/ iſt iedoch allzugroßmuͤ- thig den auf die Fleiſchbanck ſeinem Feinde zu liefern/ der durch ſeine Tugend eines gerechten Koͤniges Gewogenheit/ und die Liebe deꝛ gantzen Welt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/308
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/308>, abgerufen am 22.11.2024.