Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelden. [Spaltenumbruch]
Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-ner hefftigen Bestürtzung uns nicht geringen Trost/ und ob wir wohl noch tausenderley Ge- fahr für Augen sahen/ verliessen wir uns doch so sehr auff Arsinoen/ als ein Schiffer beym Sturm auff seinen Ancker. Folgende Tage ward uns in Vertrauen zuwissen gemacht; wie die Armenische Botschafft beym Könige die rech- te Verhör gehabt/ und im Nahmen des Tigra- nes angeführt habe: Es wäre den Rechten der Völcker/ und denen zwischen den Armen- und Pontischen Königen auffgerichteten alten Ver- trägen gemäß/ daß keiner des andern Feinde hausen/ sondern selbte ausgefolget werden sol- ten. Es wäre Weltkündig/ wie übel dem Ari- stodicus von Cuma seine unzeitige Barmhertzig- keit bekommen/ als er den dem Könige Cyrus mit einem grossen Schatze entlauffenen Pacty- as seinem Sardischen Land-Vogte Tabalus nicht aushändigen wollen/ da doch der Didyme- ische Apollo und Branchus/ als die Cumäer sie hierüber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs- Recht gebilliget hatte. Dahero versehe sich Kö- nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den jungen Artaxias als seinen Feind und Unter- than nicht vorenthalten würde. Polemon aber habe fürgeschützt: Es hätte Apollo gleichwohl/ als Aristodicus die an dem Tempel nistenden Sperlinge aus den Nestern verjagt/ und dem ihm fluchenden Abgotte seinen vorigen Spruch ent- gegen gesetzt/ seinen Befehl nur auf gehausete U- belthäter/ derogleichen Artaxias nicht wäre/ ge- deutet; ja die Cumäer hätten den Pactyas gleichwohl nicht unmittelbar den Persen einge- antwortet/ sondern ihn auff die Jnsel Chius ver- wiesen/ da ihn den allererst die Einwohner sei- nen Feinden geliefert. Nach dem der Gesand- te darauff bestanden/ habe König Polemon zu seiner Entschlüssung Bedenck-Zeit genommen/ und den Gesandten versichert/ daß inzwischen die begehrte und für einen Feind angegebene Person in sicherer Hafft bestrickt wäre. Nach [Spaltenumbruch] der Zeit hatte der König alle Kunststücke des Ti- granes Anmuthen abzulehnen herfür gesucht/ nehmlich die Gesandten mit Jagten/ Schau- spielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/ auch dort und darhin zu reisen Gelegenheit ge- sucht/ um nur fernere Verhör abzulehnen; und/ nach dem die Botschafft sich darmit nicht länger wollen äffen lassen/ für geschützt: Er müste es als eine Sache von grosser Nachfolge mit den be- nachbarten Königen berathen/ inzwischen kön- ten die Gesandten zurück kehren/ seine ihnen vielleicht auf dem Fuße folgende Botschaft wür- de seine vernünfftige und vielleicht nicht unan- genehme Entschlüssung nachbringen. Hinge- gen versehe er sich/ daß auff solchen Fall Tigra- nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in dem Bosphorschen Kriege wider ihn die Waf- fen geführet/ und hernach sich in Armenien ge- flüchtet hatten/ unter denen Lycosthenes ein Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen lassen würden. Alleine es hätten die Gesand- ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih- res Königs Befehl/ daß sie ohne den nicht zurü- cke kehren dörfften/ fürgeschützt/ und die Aus- wechselung des Lycosthenes und andere ge- gen dem Artaxius ausdrücklich anerboten. Des- sen ungeachtet hätte die Fürstin Arsinoe dem Könige fort für fort in Ohren gelegen: Es wäre wider der Pontischen Könige Hoheit einen Für- sten/ der zu Sinope in seiner Verfolgung eine Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/ ausser dem verhofften Schirm nicht allein zu lassen/ sondern auch einen Unschuldigen in die Klauen eines Wüterichs zu lieffern. Es lief- fe wider das Recht und die Gewonheit der Völ- cker/ und diene das Beyspiel des Käysers/ welcher dem Phraates den flüchtigen Tiridates keines- weges hätte ausantworten wollen/ ihm zu einem Wegweiser. Ob nun wohl die zwey Römischen Rathsherren Taurus und Silanus auf die Seite des Tigranes hingen/ soüberwog doch die Groß- müthigkeit Polemons/ und die Anmassung Ar- sinöens Erster Theil. K k
Arminius und Thußnelden. [Spaltenumbruch]
Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-ner hefftigen Beſtuͤrtzung uns nicht geringen Troſt/ und ob wir wohl noch tauſenderley Ge- fahr fuͤr Augen ſahen/ verlieſſen wir uns doch ſo ſehr auff Arſinoen/ als ein Schiffer beym Sturm auff ſeinen Ancker. Folgende Tage ward uns in Vertrauen zuwiſſen gemacht; wie die Armeniſche Botſchafft beym Koͤnige die rech- te Verhoͤr gehabt/ und im Nahmen des Tigra- nes angefuͤhrt habe: Es waͤre den Rechten der Voͤlcker/ und denen zwiſchen den Armen- und Pontiſchen Koͤnigen auffgerichteten alten Ver- traͤgen gemaͤß/ daß keiner des andern Feinde hauſen/ ſondern ſelbte ausgefolget werden ſol- ten. Es waͤre Weltkuͤndig/ wie uͤbel dem Ari- ſtodicus von Cuma ſeine unzeitige Barmhertzig- keit bekommen/ als er den dem Koͤnige Cyrus mit einem groſſen Schatze entlauffenen Pacty- as ſeinem Sardiſchen Land-Vogte Tabalus nicht aushaͤndigen wollen/ da doch der Didyme- iſche Apollo und Branchus/ als die Cumaͤer ſie hieruͤber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs- Recht gebilliget hatte. Dahero verſehe ſich Koͤ- nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den jungen Artaxias als ſeinen Feind und Unter- than nicht vorenthalten wuͤrde. Polemon aber habe fuͤrgeſchuͤtzt: Es haͤtte Apollo gleichwohl/ als Ariſtodicus die an dem Tempel niſtenden Sperlinge aus dẽ Neſtern verjagt/ und dem ihm fluchenden Abgotte ſeinen vorigen Spruch ent- gegen geſetzt/ ſeinen Befehl nur auf gehauſete U- belthaͤter/ derogleichen Artaxias nicht waͤre/ ge- deutet; ja die Cumaͤer haͤtten den Pactyas gleichwohl nicht unmittelbar den Perſen einge- antwortet/ ſondern ihn auff die Jnſel Chius ver- wieſen/ da ihn den allererſt die Einwohner ſei- nen Feinden geliefert. Nach dem der Geſand- te darauff beſtanden/ habe Koͤnig Polemon zu ſeiner Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit genommen/ und den Geſandten verſichert/ daß inzwiſchen die begehrte und fuͤr einen Feind angegebene Perſon in ſicherer Hafft beſtrickt waͤre. Nach [Spaltenumbruch] der Zeit hatte der Koͤnig alle Kunſtſtuͤcke des Ti- granes Anmuthen abzulehnen herfuͤr geſucht/ nehmlich die Geſandten mit Jagten/ Schau- ſpielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/ auch dort und darhin zu reiſen Gelegenheit ge- ſucht/ um nur fernere Verhoͤr abzulehnen; und/ nach dem die Botſchafft ſich darmit nicht laͤnger wollen aͤffen laſſen/ fuͤr geſchuͤtzt: Er muͤſte es als eine Sache von groſſer Nachfolge mit den be- nachbarten Koͤnigen berathen/ inzwiſchen koͤn- ten die Geſandten zuruͤck kehren/ ſeine ihnen vielleicht auf dem Fuße folgende Botſchaft wuͤr- de ſeine vernuͤnfftige und vielleicht nicht unan- genehme Entſchluͤſſung nachbringen. Hinge- gen verſehe er ſich/ daß auff ſolchen Fall Tigra- nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in dem Boſphorſchen Kriege wider ihn die Waf- fen gefuͤhret/ und hernach ſich in Armenien ge- fluͤchtet hatten/ unter denen Lycoſthenes ein Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen laſſen wuͤrden. Alleine es haͤtten die Geſand- ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih- res Koͤnigs Befehl/ daß ſie ohne den nicht zuruͤ- cke kehren doͤrfften/ fuͤrgeſchuͤtzt/ und die Aus- wechſelung des Lycoſthenes und andere ge- gen dem Artaxius ausdruͤcklich anerboten. Deſ- ſen ungeachtet haͤtte die Fuͤrſtin Arſinoe dem Koͤnige fort fuͤr fort in Ohren gelegen: Es waͤre wider der Pontiſchen Koͤnige Hoheit einen Fuͤr- ſten/ der zu Sinope in ſeiner Verfolgung eine Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/ auſſer dem verhofften Schirm nicht allein zu laſſen/ ſondern auch einen Unſchuldigen in die Klauen eines Wuͤterichs zu lieffern. Es lief- fe wider das Recht und die Gewonheit der Voͤl- cker/ und diene das Beyſpiel des Kaͤyſers/ welcher dem Phraates den fluͤchtigen Tiridates keines- weges haͤtte ausantworten wollẽ/ ihm zu einem Wegweiſer. Ob nun wohl die zwey Roͤmiſchen Rathsherren Taurus uñ Silanus auf die Seite des Tigranes hingen/ ſouͤberwog doch die Groß- muͤthigkeit Polemons/ und die Anmaſſung Ar- ſinoͤens Erſter Theil. K k
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Arminius und Thußnelden.
Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-
ner hefftigen Beſtuͤrtzung uns nicht geringen
Troſt/ und ob wir wohl noch tauſenderley Ge-
fahr fuͤr Augen ſahen/ verlieſſen wir uns doch
ſo ſehr auff Arſinoen/ als ein Schiffer beym
Sturm auff ſeinen Ancker. Folgende Tage
ward uns in Vertrauen zuwiſſen gemacht; wie
die Armeniſche Botſchafft beym Koͤnige die rech-
te Verhoͤr gehabt/ und im Nahmen des Tigra-
nes angefuͤhrt habe: Es waͤre den Rechten der
Voͤlcker/ und denen zwiſchen den Armen- und
Pontiſchen Koͤnigen auffgerichteten alten Ver-
traͤgen gemaͤß/ daß keiner des andern Feinde
hauſen/ ſondern ſelbte ausgefolget werden ſol-
ten. Es waͤre Weltkuͤndig/ wie uͤbel dem Ari-
ſtodicus von Cuma ſeine unzeitige Barmhertzig-
keit bekommen/ als er den dem Koͤnige Cyrus
mit einem groſſen Schatze entlauffenen Pacty-
as ſeinem Sardiſchen Land-Vogte Tabalus
nicht aushaͤndigen wollen/ da doch der Didyme-
iſche Apollo und Branchus/ als die Cumaͤer ſie
hieruͤber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs-
Recht gebilliget hatte. Dahero verſehe ſich Koͤ-
nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den
jungen Artaxias als ſeinen Feind und Unter-
than nicht vorenthalten wuͤrde. Polemon aber
habe fuͤrgeſchuͤtzt: Es haͤtte Apollo gleichwohl/
als Ariſtodicus die an dem Tempel niſtenden
Sperlinge aus dẽ Neſtern verjagt/ und dem ihm
fluchenden Abgotte ſeinen vorigen Spruch ent-
gegen geſetzt/ ſeinen Befehl nur auf gehauſete U-
belthaͤter/ derogleichen Artaxias nicht waͤre/ ge-
deutet; ja die Cumaͤer haͤtten den Pactyas
gleichwohl nicht unmittelbar den Perſen einge-
antwortet/ ſondern ihn auff die Jnſel Chius ver-
wieſen/ da ihn den allererſt die Einwohner ſei-
nen Feinden geliefert. Nach dem der Geſand-
te darauff beſtanden/ habe Koͤnig Polemon zu
ſeiner Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit genommen/
und den Geſandten verſichert/ daß inzwiſchen
die begehrte und fuͤr einen Feind angegebene
Perſon in ſicherer Hafft beſtrickt waͤre. Nach
der Zeit hatte der Koͤnig alle Kunſtſtuͤcke des Ti-
granes Anmuthen abzulehnen herfuͤr geſucht/
nehmlich die Geſandten mit Jagten/ Schau-
ſpielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/
auch dort und darhin zu reiſen Gelegenheit ge-
ſucht/ um nur fernere Verhoͤr abzulehnen; und/
nach dem die Botſchafft ſich darmit nicht laͤnger
wollen aͤffen laſſen/ fuͤr geſchuͤtzt: Er muͤſte es als
eine Sache von groſſer Nachfolge mit den be-
nachbarten Koͤnigen berathen/ inzwiſchen koͤn-
ten die Geſandten zuruͤck kehren/ ſeine ihnen
vielleicht auf dem Fuße folgende Botſchaft wuͤr-
de ſeine vernuͤnfftige und vielleicht nicht unan-
genehme Entſchluͤſſung nachbringen. Hinge-
gen verſehe er ſich/ daß auff ſolchen Fall Tigra-
nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in
dem Boſphorſchen Kriege wider ihn die Waf-
fen gefuͤhret/ und hernach ſich in Armenien ge-
fluͤchtet hatten/ unter denen Lycoſthenes ein
Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen
laſſen wuͤrden. Alleine es haͤtten die Geſand-
ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih-
res Koͤnigs Befehl/ daß ſie ohne den nicht zuruͤ-
cke kehren doͤrfften/ fuͤrgeſchuͤtzt/ und die Aus-
wechſelung des Lycoſthenes und andere ge-
gen dem Artaxius ausdruͤcklich anerboten. Deſ-
ſen ungeachtet haͤtte die Fuͤrſtin Arſinoe dem
Koͤnige fort fuͤr fort in Ohren gelegen: Es waͤre
wider der Pontiſchen Koͤnige Hoheit einen Fuͤr-
ſten/ der zu Sinope in ſeiner Verfolgung eine
Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/
auſſer dem verhofften Schirm nicht allein zu
laſſen/ ſondern auch einen Unſchuldigen in die
Klauen eines Wuͤterichs zu lieffern. Es lief-
fe wider das Recht und die Gewonheit der Voͤl-
cker/ und diene das Beyſpiel des Kaͤyſers/ welcher
dem Phraates den fluͤchtigen Tiridates keines-
weges haͤtte ausantworten wollẽ/ ihm zu einem
Wegweiſer. Ob nun wohl die zwey Roͤmiſchen
Rathsherren Taurus uñ Silanus auf die Seite
des Tigranes hingen/ ſouͤberwog doch die Groß-
muͤthigkeit Polemons/ und die Anmaſſung Ar-
ſinoͤens
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/309>, abgerufen am 26.06.2024. |