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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vorbericht an den Leser.
bracht haben. Die allergrösten Helden-Geister sind entweder selber Poeten
oder doch grosse Liebhaber/ ja der erste deutsche grosse Kayser Carl/ den
Ost und West angebetet/ der Uhranheber der deutschen Tichter-Kunst gewesen.
Die Lesung des Homerus Getichte hat dem grossen Alexander mehr Feuer/
als seiner Diener Rath zu Heldenmüthigen Entschlüssungen gegeben; Und es
hätte ihm jener frembde Bothe/ der mit einem freudigen Gesichte zu ihm kam/
auf seine Frage: Ob Homerus von den Todten auferstanden wäre? keine frö-
lichere Zeitung sagen/ als wenn er hätte Ja sprechen können. Unser Armi-
nius
kan auch selber Zeugnüs ablegen: daß er an dem mächtigen Kayser
August/ nichts minder einen geschickten Redner und Poeten/ als grossen
Herrscher gefunden habe; der auch schon im zwölfften Jahre seiner Groß-Mut-
ter Julia eine offentliche Leich-Rede gehalten/ hernach aber bey seiner Kayser-
lichen Würde es seinem hohen Ansehen gantz nicht verkleinerlich geachtet/ daß
er so gar seines Staats-Dieners Mäcenas Tod mit einem Leich-Getichte be-
ehret hat. Und ob zwar Plato in seinen Gesetz-Büchern übel von den Poeten
geredet; so hat er doch mehr den Mißbrauch/ als die Kunst bestraffen wollen;
Jm übrigen aber von einem Poetischen Rath so viel gehalten: daß er sie anders-
wo Väter und Führer der Weißheit/ ja ein Göttliches Geschlecht genennet. Jst
auch gleich nicht eben mit Absterben der Poeten eine Stadt zu Grunde gegan-
gen; so hat man doch zum wenigsten allemal nicht ohne Nachdencken beobach-
tet: daß so bald aus einem Orte die darinnen zum höchsten gestiegene Tichter-
Kunst sich verlohren/ derselbe auch in kurtzem ein gantz anderes und verstelltes
Gesichte bekommen hat.

Jedoch damit wir nicht die Gräntzen einer Vorrede allzuweit ausstecken/
wollen wir dißfals weder eine Lobschrifft noch Schutz-Rede oder Vertheidigung
der Poesie machen, sondern nur letzlich den geduldigen Leser hiermit gebührends
ersuchet haben: daß er von unserm seligen Lohenstein gleichfals ein gutes
Urtheil fällen; indessen aber den Ersten Theil solcher seiner Arbeit gewogen
aufnehmen/ und künfftige Michael-Messe/ geliebts GOTT/ des Andern
nebst vollständigen Registern gewärtig seyn; auch alle Fehler darinnen zum
besten kehren/ und gewiß glauben: daß wo er es ja nicht in allem wol
getroffen/ doch wol gemeinet/
und nicht allein damals bey den Freu-

dens-
d 2

Vorbericht an den Leſer.
bracht haben. Die allergroͤſten Helden-Geiſter ſind entweder ſelber Poeten
oder doch groſſe Liebhaber/ ja der erſte deutſche groſſe Kayſer Carl/ den
Oſt und Weſt angebetet/ der Uhranheber der deutſchen Tichter-Kunſt geweſen.
Die Leſung des Homerus Getichte hat dem groſſen Alexander mehr Feuer/
als ſeiner Diener Rath zu Heldenmuͤthigen Entſchluͤſſungen gegeben; Und es
haͤtte ihm jener frembde Bothe/ der mit einem freudigen Geſichte zu ihm kam/
auf ſeine Frage: Ob Homerus von den Todten auferſtanden waͤre? keine froͤ-
lichere Zeitung ſagen/ als wenn er haͤtte Ja ſprechen koͤnnen. Unſer Armi-
nius
kan auch ſelber Zeugnuͤs ablegen: daß er an dem maͤchtigen Kayſer
Auguſt/ nichts minder einen geſchickten Redner und Poeten/ als groſſen
Herrſcher gefunden habe; der auch ſchon im zwoͤlfften Jahre ſeiner Groß-Mut-
ter Julia eine offentliche Leich-Rede gehalten/ hernach aber bey ſeiner Kayſer-
lichen Wuͤrde es ſeinem hohen Anſehen gantz nicht verkleinerlich geachtet/ daß
er ſo gar ſeines Staats-Dieners Maͤcenas Tod mit einem Leich-Getichte be-
ehret hat. Und ob zwar Plato in ſeinen Geſetz-Buͤchern uͤbel von den Poeten
geredet; ſo hat er doch mehr den Mißbrauch/ als die Kunſt beſtraffen wollen;
Jm uͤbrigen aber von einem Poetiſchen Rath ſo viel gehalten: daß er ſie anders-
wo Vaͤter und Fuͤhrer der Weißheit/ ja ein Goͤttliches Geſchlecht genennet. Jſt
auch gleich nicht eben mit Abſterben der Poeten eine Stadt zu Grunde gegan-
gen; ſo hat man doch zum wenigſten allemal nicht ohne Nachdencken beobach-
tet: daß ſo bald aus einem Orte die darinnen zum hoͤchſten geſtiegene Tichter-
Kunſt ſich verlohren/ derſelbe auch in kurtzem ein gantz anderes und verſtelltes
Geſichte bekommen hat.

Jedoch damit wir nicht die Graͤntzen einer Vorrede allzuweit ausſtecken/
wollen wir dißfals weder eine Lobſchrifft noch Schutz-Rede oder Vertheidigung
der Poeſie machen, ſondern nur letzlich den geduldigen Leſer hiermit gebuͤhrends
erſuchet haben: daß er von unſerm ſeligen Lohenſtein gleichfals ein gutes
Urtheil faͤllen; indeſſen aber den Erſten Theil ſolcher ſeiner Arbeit gewogen
aufnehmen/ und kuͤnfftige Michael-Meſſe/ geliebts GOTT/ des Andern
nebſt vollſtaͤndigen Regiſtern gewaͤrtig ſeyn; auch alle Fehler darinnen zum
beſten kehren/ und gewiß glauben: daß wo er es ja nicht in allem wol
getroffen/ doch wol gemeinet/
und nicht allein damals bey den Freu-

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[0031] Vorbericht an den Leſer. bracht haben. Die allergroͤſten Helden-Geiſter ſind entweder ſelber Poeten oder doch groſſe Liebhaber/ ja der erſte deutſche groſſe Kayſer Carl/ den Oſt und Weſt angebetet/ der Uhranheber der deutſchen Tichter-Kunſt geweſen. Die Leſung des Homerus Getichte hat dem groſſen Alexander mehr Feuer/ als ſeiner Diener Rath zu Heldenmuͤthigen Entſchluͤſſungen gegeben; Und es haͤtte ihm jener frembde Bothe/ der mit einem freudigen Geſichte zu ihm kam/ auf ſeine Frage: Ob Homerus von den Todten auferſtanden waͤre? keine froͤ- lichere Zeitung ſagen/ als wenn er haͤtte Ja ſprechen koͤnnen. Unſer Armi- nius kan auch ſelber Zeugnuͤs ablegen: daß er an dem maͤchtigen Kayſer Auguſt/ nichts minder einen geſchickten Redner und Poeten/ als groſſen Herrſcher gefunden habe; der auch ſchon im zwoͤlfften Jahre ſeiner Groß-Mut- ter Julia eine offentliche Leich-Rede gehalten/ hernach aber bey ſeiner Kayſer- lichen Wuͤrde es ſeinem hohen Anſehen gantz nicht verkleinerlich geachtet/ daß er ſo gar ſeines Staats-Dieners Maͤcenas Tod mit einem Leich-Getichte be- ehret hat. Und ob zwar Plato in ſeinen Geſetz-Buͤchern uͤbel von den Poeten geredet; ſo hat er doch mehr den Mißbrauch/ als die Kunſt beſtraffen wollen; Jm uͤbrigen aber von einem Poetiſchen Rath ſo viel gehalten: daß er ſie anders- wo Vaͤter und Fuͤhrer der Weißheit/ ja ein Goͤttliches Geſchlecht genennet. Jſt auch gleich nicht eben mit Abſterben der Poeten eine Stadt zu Grunde gegan- gen; ſo hat man doch zum wenigſten allemal nicht ohne Nachdencken beobach- tet: daß ſo bald aus einem Orte die darinnen zum hoͤchſten geſtiegene Tichter- Kunſt ſich verlohren/ derſelbe auch in kurtzem ein gantz anderes und verſtelltes Geſichte bekommen hat. Jedoch damit wir nicht die Graͤntzen einer Vorrede allzuweit ausſtecken/ wollen wir dißfals weder eine Lobſchrifft noch Schutz-Rede oder Vertheidigung der Poeſie machen, ſondern nur letzlich den geduldigen Leſer hiermit gebuͤhrends erſuchet haben: daß er von unſerm ſeligen Lohenſtein gleichfals ein gutes Urtheil faͤllen; indeſſen aber den Erſten Theil ſolcher ſeiner Arbeit gewogen aufnehmen/ und kuͤnfftige Michael-Meſſe/ geliebts GOTT/ des Andern nebſt vollſtaͤndigen Regiſtern gewaͤrtig ſeyn; auch alle Fehler darinnen zum beſten kehren/ und gewiß glauben: daß wo er es ja nicht in allem wol getroffen/ doch wol gemeinet/ und nicht allein damals bey den Freu- dens- d 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/31>, abgerufen am 21.11.2024.