Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
wollen tödten lassen/ und des Lajus/ der seinenmit der Jocasta erzeugten Sohn dem Tode wiedmete/ zu sehen wäre. Uber diß mißbrauch- te die menschliche Boßheit nicht selten sich Gött- licher Weissagungen zu ihrem Vortheil. Pha- lantus wäre seiner Herrschafft vom Apollo so lange versichert worden/ biß er weisse Raben se- hen/ und in seinem Geträncke Fische finden wür- de. Sein Feind Jphiclus aber/ dem diß ver- kundschafft worden/ hätte durch den bestochenen Larca ihm mit dem Wasser kleine Fische in Wein mischen/ und Jphiclus zugleich eine Menge übergipste Raben flügen lassen. Hierdurch wäre der abergläubische Phalantus sich dem Jphiclus ohne Noth zu ergeben verleitet worden. Nach dem aber auch diß nicht ver- fangen wolte/ sagte Dynamis/ verschrieb ich in möglichster Eil den Egyptischen Sternscher Cherämon an Hof/ welcher bey vielen seiner Wissenschafft halber berühmt/ bey nicht weni- gern aber auch seiner Eitelkeiten halber verachtet war; massen er durch das Gedichte/ daß der Vogel Phönix 7000. Jahr lebte/ und andere Thorheiten sich in der Welt schon genungsam bekandt gemacht hatte. Nichts desto weniger eröffnete ich dem Cherämon meines Sohns Ge- burts-Stunde/ wormit er aus dem Gestirne alle Zufälle seines Lebens aufs fleissigste ausrech- nen solte. Es konte diß aber nicht so verholen geschehen/ daß es nicht die Königlichen Räthe er- fuhren/ und dem Polemon fürtrugen: Wie ge- fährlich es wäre/ über dem Zustande der Fürsten die nichts minder betrüglich-als aber gläubische Leute zu Rathe fragen; oder auch gar solche de- nen Göttlichen Offenbarungen/ welche Pole- mon allenthalben einstimmig befunden hätte/ entgegen zu setzen. Die berühmtesten Chaldeer hätten einmüthig den grossen Pompejus/ den Crassus und Cäsar versichert/ daß sie mit grossem Glücke und Ruhm in hohem Alter auf dem Bet- te sterben würden; sie also zu vielen kühnen Ent- schlüssungen verleitet/ ihre Unwahrheit aber wä- [Spaltenumbruch] re mit aller dreyer grausam verspritzten Blute aufgezeichnet. Jnsonderheit wäre dieser Che- rämon auf derogleichen Betrug abgerichtet/ und hätte er den grossen Pompejus gewarnet: Er solte sich für dem Cassius hüten. Wie er nun hernach in einem Nachen von gantz andern er- mordet worden/ hätte Cherämon seinen Fehler damit entschuldiget/ er hätte keinen Menschen/ sondern den Berg Cassius/ unter welchem er ge- storben und begraben wäre/ verstanden. Jch kam zu meinem Glücke gleich darzu/ und hörte diese Beschuldigung des Cherämons/ welchen ich eben dadurch für glaubwürdig rühmete. Sintemal nicht seine Wahrsagung/ sondern des Pompejus übeler Verstand zu tadeln wäre. Die Götter selbst pflegten in ihren Weissagun- gen selten noch so verständlich zu reden/ und mü- sten allenthalben solche Offenbarungen nach- dencklich überlegt werden. Polemon aber blieb gegen mich gantz unbeweglich/ allem Vermu- then nach mehr aus einem Staats-Geheimnüs- se/ als aus Mißtrauen gegen dem Cherämon. Denn weil an Wahrsagung künftiger Dinge so viel gelegen/ und die/ welche solche zu wissen ge- gläubet werden/ bey dem Volcke in allzugrossem Ansehen sind/ haben iederzeit alle kluge Oberher- ren diese Wissenschafft an sich gezogen. Also hätten Amphilochus und Mopsus ihren Argivern/ He- lenus und Cassandra des Priamus Kinder ihren Phrygiern/ die aus den Weisen erkiesete Persi- sche Fürsten alleine bevorstehende Begebenhei- ten/ wie selbte für ihre Herrschens-Rath gedie- net/ angekündigt. Numa bediente sich zum Scheine seiner Wahrsagungen einer erdichteten Gemeinschafft mit der Egeria; und vom Tullus Hostilius glaubten die Römer/ daß der Donner ihn deshalben erschlagen hätte/ weil er die Ge- heimnüssen/ wordurch der Jupiter Elicius zu er- scheinen beruffen werden könte/ nicht recht beob- achtet. Nichts minder ist die Wahrsagerey auch hernach zu Rom/ als die höchste Gewalt/ für et- was Königliches gehalten/ und mit selbter verein- bart;
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
wollen toͤdten laſſen/ und des Lajus/ der ſeinenmit der Jocaſta erzeugten Sohn dem Tode wiedmete/ zu ſehen waͤre. Uber diß mißbrauch- te die menſchliche Boßheit nicht ſelten ſich Goͤtt- licher Weiſſagungen zu ihrem Vortheil. Pha- lantus waͤre ſeiner Herrſchafft vom Apollo ſo lange verſichert worden/ biß er weiſſe Raben ſe- hen/ und in ſeinem Getraͤncke Fiſche finden wuͤr- de. Sein Feind Jphiclus aber/ dem diß ver- kundſchafft worden/ haͤtte durch den beſtochenen Larca ihm mit dem Waſſer kleine Fiſche in Wein miſchen/ und Jphiclus zugleich eine Menge uͤbergipſte Raben fluͤgen laſſen. Hierdurch waͤre der aberglaͤubiſche Phalantus ſich dem Jphiclus ohne Noth zu ergeben verleitet worden. Nach dem aber auch diß nicht ver- fangen wolte/ ſagte Dynamis/ verſchrieb ich in moͤglichſter Eil den Egyptiſchen Sternſcher Cheraͤmon an Hof/ welcher bey vielen ſeiner Wiſſenſchafft halber beruͤhmt/ bey nicht weni- gern aber auch ſeiner Eitelkeiten halber verachtet war; maſſen er durch das Gedichte/ daß der Vogel Phoͤnix 7000. Jahr lebte/ und andere Thorheiten ſich in der Welt ſchon genungſam bekandt gemacht hatte. Nichts deſto weniger eroͤffnete ich dem Cheraͤmon meines Sohns Ge- burts-Stunde/ wormit er aus dem Geſtirne alle Zufaͤlle ſeines Lebens aufs fleiſſigſte ausrech- nen ſolte. Es konte diß aber nicht ſo verholen geſchehen/ daß es nicht die Koͤniglichen Raͤthe er- fuhren/ und dem Polemon fuͤrtrugen: Wie ge- faͤhrlich es waͤre/ uͤber dem Zuſtande der Fuͤrſten die nichts minder betruͤglich-als aber glaͤubiſche Leute zu Rathe fragen; oder auch gar ſolche de- nen Goͤttlichen Offenbarungen/ welche Pole- mon allenthalben einſtimmig befunden haͤtte/ entgegen zu ſetzen. Die beruͤhmteſten Chaldeer haͤtten einmuͤthig den groſſen Pompejus/ den Craſſus und Caͤſar verſichert/ daß ſie mit groſſem Gluͤcke und Ruhm in hohem Alter auf dem Bet- te ſterben wuͤrden; ſie alſo zu vielen kuͤhnen Ent- ſchluͤſſungen verleitet/ ihre Unwahrheit aber waͤ- [Spaltenumbruch] re mit aller dreyer grauſam verſpritzten Blute aufgezeichnet. Jnſonderheit waͤre dieſer Che- raͤmon auf derogleichen Betrug abgerichtet/ und haͤtte er den groſſen Pompejus gewarnet: Er ſolte ſich fuͤr dem Caſſius huͤten. Wie er nun hernach in einem Nachen von gantz andern er- mordet worden/ haͤtte Cheraͤmon ſeinen Fehler damit entſchuldiget/ er haͤtte keinen Menſchen/ ſondern den Berg Caſſius/ unter welchem er ge- ſtorben und begraben waͤre/ verſtanden. Jch kam zu meinem Gluͤcke gleich darzu/ und hoͤrte dieſe Beſchuldigung des Cheraͤmons/ welchen ich eben dadurch fuͤr glaubwuͤrdig ruͤhmete. Sintemal nicht ſeine Wahrſagung/ ſondern des Pompejus uͤbeler Verſtand zu tadeln waͤre. Die Goͤtter ſelbſt pflegten in ihren Weiſſagun- gen ſelten noch ſo verſtaͤndlich zu reden/ und muͤ- ſten allenthalben ſolche Offenbarungen nach- dencklich uͤberlegt werden. Polemon aber blieb gegen mich gantz unbeweglich/ allem Vermu- then nach mehr aus einem Staats-Geheimnuͤſ- ſe/ als aus Mißtrauen gegen dem Cheraͤmon. Denn weil an Wahrſagung kuͤnftiger Dinge ſo viel gelegen/ und die/ welche ſolche zu wiſſen ge- glaͤubet werden/ bey dem Volcke in allzugroſſem Anſehen ſind/ haben iederzeit alle kluge Oberher- ren dieſe Wiſſenſchafft an ſich gezogen. Alſo haͤttẽ Amphilochus und Mopſus ihren Argivern/ He- lenus und Caſſandra des Priamus Kinder ihren Phrygiern/ die aus den Weiſen erkieſete Perſi- ſche Fuͤrſten alleine bevorſtehende Begebenhei- ten/ wie ſelbte fuͤr ihre Herrſchens-Rath gedie- net/ angekuͤndigt. Numa bediente ſich zum Scheine ſeiner Wahrſagungen einer erdichteten Gemeinſchafft mit der Egeria; und vom Tullus Hoſtilius glaubten die Roͤmer/ daß der Donner ihn deshalben erſchlagen haͤtte/ weil er die Ge- heimnuͤſſẽ/ wordurch der Jupiter Elicius zu er- ſcheinen beruffen werden koͤnte/ nicht recht beob- achtet. Nichts minder iſt die Wahrſagerey auch hernach zu Rom/ als die hoͤchſte Gewalt/ fuͤr et- was Koͤnigliches gehalten/ uñ mit ſelbter verein- bart;
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0315" n="263"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> wollen toͤdten laſſen/ und des Lajus/ der ſeinen<lb/> mit der Jocaſta erzeugten Sohn dem Tode<lb/> wiedmete/ zu ſehen waͤre. Uber diß mißbrauch-<lb/> te die menſchliche Boßheit nicht ſelten ſich Goͤtt-<lb/> licher Weiſſagungen zu ihrem Vortheil. Pha-<lb/> lantus waͤre ſeiner Herrſchafft vom Apollo ſo<lb/> lange verſichert worden/ biß er weiſſe Raben ſe-<lb/> hen/ und in ſeinem Getraͤncke Fiſche finden wuͤr-<lb/> de. Sein Feind Jphiclus aber/ dem diß ver-<lb/> kundſchafft worden/ haͤtte durch den beſtochenen<lb/> Larca ihm mit dem Waſſer kleine Fiſche in Wein<lb/> miſchen/ und Jphiclus zugleich eine Menge<lb/> uͤbergipſte Raben fluͤgen laſſen. Hierdurch<lb/> waͤre der aberglaͤubiſche Phalantus ſich dem<lb/> Jphiclus ohne Noth zu ergeben verleitet<lb/> worden. Nach dem aber auch diß nicht ver-<lb/> fangen wolte/ ſagte Dynamis/ verſchrieb ich in<lb/> moͤglichſter Eil den Egyptiſchen Sternſcher<lb/> Cheraͤmon an Hof/ welcher bey vielen ſeiner<lb/> Wiſſenſchafft halber beruͤhmt/ bey nicht weni-<lb/> gern aber auch ſeiner Eitelkeiten halber verachtet<lb/> war; maſſen er durch das Gedichte/ daß der<lb/> Vogel Phoͤnix 7000. Jahr lebte/ und andere<lb/> Thorheiten ſich in der Welt ſchon genungſam<lb/> bekandt gemacht hatte. Nichts deſto weniger<lb/> eroͤffnete ich dem Cheraͤmon meines Sohns Ge-<lb/> burts-Stunde/ wormit er aus dem Geſtirne<lb/> alle Zufaͤlle ſeines Lebens aufs fleiſſigſte ausrech-<lb/> nen ſolte. Es konte diß aber nicht ſo verholen<lb/> geſchehen/ daß es nicht die Koͤniglichen Raͤthe er-<lb/> fuhren/ und dem Polemon fuͤrtrugen: Wie ge-<lb/> faͤhrlich es waͤre/ uͤber dem Zuſtande der Fuͤrſten<lb/> die nichts minder betruͤglich-als aber glaͤubiſche<lb/> Leute zu Rathe fragen; oder auch gar ſolche de-<lb/> nen Goͤttlichen Offenbarungen/ welche Pole-<lb/> mon allenthalben einſtimmig befunden haͤtte/<lb/> entgegen zu ſetzen. Die beruͤhmteſten Chaldeer<lb/> haͤtten einmuͤthig den groſſen Pompejus/ den<lb/> Craſſus und Caͤſar verſichert/ daß ſie mit groſſem<lb/> Gluͤcke und Ruhm in hohem Alter auf dem Bet-<lb/> te ſterben wuͤrden; ſie alſo zu vielen kuͤhnen Ent-<lb/> ſchluͤſſungen verleitet/ ihre Unwahrheit aber waͤ-<lb/><cb/> re mit aller dreyer grauſam verſpritzten Blute<lb/> aufgezeichnet. Jnſonderheit waͤre dieſer Che-<lb/> raͤmon auf derogleichen Betrug abgerichtet/ und<lb/> haͤtte er den groſſen Pompejus gewarnet: Er<lb/> ſolte ſich fuͤr dem Caſſius huͤten. Wie er nun<lb/> hernach in einem Nachen von gantz andern er-<lb/> mordet worden/ haͤtte Cheraͤmon ſeinen Fehler<lb/> damit entſchuldiget/ er haͤtte keinen Menſchen/<lb/> ſondern den Berg Caſſius/ unter welchem er ge-<lb/> ſtorben und begraben waͤre/ verſtanden. Jch<lb/> kam zu meinem Gluͤcke gleich darzu/ und hoͤrte<lb/> dieſe Beſchuldigung des Cheraͤmons/ welchen<lb/> ich eben dadurch fuͤr glaubwuͤrdig ruͤhmete.<lb/> Sintemal nicht ſeine Wahrſagung/ ſondern des<lb/> Pompejus uͤbeler Verſtand zu tadeln waͤre.<lb/> Die Goͤtter ſelbſt pflegten in ihren Weiſſagun-<lb/> gen ſelten noch ſo verſtaͤndlich zu reden/ und muͤ-<lb/> ſten allenthalben ſolche Offenbarungen nach-<lb/> dencklich uͤberlegt werden. Polemon aber blieb<lb/> gegen mich gantz unbeweglich/ allem Vermu-<lb/> then nach mehr aus einem Staats-Geheimnuͤſ-<lb/> ſe/ als aus Mißtrauen gegen dem Cheraͤmon.<lb/> Denn weil an Wahrſagung kuͤnftiger Dinge ſo<lb/> viel gelegen/ und die/ welche ſolche zu wiſſen ge-<lb/> glaͤubet werden/ bey dem Volcke in allzugroſſem<lb/> Anſehen ſind/ haben iederzeit alle kluge Oberher-<lb/> ren dieſe Wiſſenſchafft an ſich gezogen. Alſo haͤttẽ<lb/> Amphilochus und Mopſus ihren Argivern/ He-<lb/> lenus und Caſſandra des Priamus Kinder ihren<lb/> Phrygiern/ die aus den Weiſen erkieſete Perſi-<lb/> ſche Fuͤrſten alleine bevorſtehende Begebenhei-<lb/> ten/ wie ſelbte fuͤr ihre Herrſchens-Rath gedie-<lb/> net/ angekuͤndigt. Numa bediente ſich zum<lb/> Scheine ſeiner Wahrſagungen einer erdichteten<lb/> Gemeinſchafft mit der Egeria; und vom Tullus<lb/> Hoſtilius glaubten die Roͤmer/ daß der Donner<lb/> ihn deshalben erſchlagen haͤtte/ weil er die Ge-<lb/> heimnuͤſſẽ/ wordurch der Jupiter Elicius zu er-<lb/> ſcheinen beruffen werden koͤnte/ nicht recht beob-<lb/> achtet. Nichts minder iſt die Wahrſagerey auch<lb/> hernach zu Rom/ als die hoͤchſte Gewalt/ fuͤr et-<lb/> was Koͤnigliches gehalten/ uñ mit ſelbter verein-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bart;</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0315]
Arminius und Thußnelda.
wollen toͤdten laſſen/ und des Lajus/ der ſeinen
mit der Jocaſta erzeugten Sohn dem Tode
wiedmete/ zu ſehen waͤre. Uber diß mißbrauch-
te die menſchliche Boßheit nicht ſelten ſich Goͤtt-
licher Weiſſagungen zu ihrem Vortheil. Pha-
lantus waͤre ſeiner Herrſchafft vom Apollo ſo
lange verſichert worden/ biß er weiſſe Raben ſe-
hen/ und in ſeinem Getraͤncke Fiſche finden wuͤr-
de. Sein Feind Jphiclus aber/ dem diß ver-
kundſchafft worden/ haͤtte durch den beſtochenen
Larca ihm mit dem Waſſer kleine Fiſche in Wein
miſchen/ und Jphiclus zugleich eine Menge
uͤbergipſte Raben fluͤgen laſſen. Hierdurch
waͤre der aberglaͤubiſche Phalantus ſich dem
Jphiclus ohne Noth zu ergeben verleitet
worden. Nach dem aber auch diß nicht ver-
fangen wolte/ ſagte Dynamis/ verſchrieb ich in
moͤglichſter Eil den Egyptiſchen Sternſcher
Cheraͤmon an Hof/ welcher bey vielen ſeiner
Wiſſenſchafft halber beruͤhmt/ bey nicht weni-
gern aber auch ſeiner Eitelkeiten halber verachtet
war; maſſen er durch das Gedichte/ daß der
Vogel Phoͤnix 7000. Jahr lebte/ und andere
Thorheiten ſich in der Welt ſchon genungſam
bekandt gemacht hatte. Nichts deſto weniger
eroͤffnete ich dem Cheraͤmon meines Sohns Ge-
burts-Stunde/ wormit er aus dem Geſtirne
alle Zufaͤlle ſeines Lebens aufs fleiſſigſte ausrech-
nen ſolte. Es konte diß aber nicht ſo verholen
geſchehen/ daß es nicht die Koͤniglichen Raͤthe er-
fuhren/ und dem Polemon fuͤrtrugen: Wie ge-
faͤhrlich es waͤre/ uͤber dem Zuſtande der Fuͤrſten
die nichts minder betruͤglich-als aber glaͤubiſche
Leute zu Rathe fragen; oder auch gar ſolche de-
nen Goͤttlichen Offenbarungen/ welche Pole-
mon allenthalben einſtimmig befunden haͤtte/
entgegen zu ſetzen. Die beruͤhmteſten Chaldeer
haͤtten einmuͤthig den groſſen Pompejus/ den
Craſſus und Caͤſar verſichert/ daß ſie mit groſſem
Gluͤcke und Ruhm in hohem Alter auf dem Bet-
te ſterben wuͤrden; ſie alſo zu vielen kuͤhnen Ent-
ſchluͤſſungen verleitet/ ihre Unwahrheit aber waͤ-
re mit aller dreyer grauſam verſpritzten Blute
aufgezeichnet. Jnſonderheit waͤre dieſer Che-
raͤmon auf derogleichen Betrug abgerichtet/ und
haͤtte er den groſſen Pompejus gewarnet: Er
ſolte ſich fuͤr dem Caſſius huͤten. Wie er nun
hernach in einem Nachen von gantz andern er-
mordet worden/ haͤtte Cheraͤmon ſeinen Fehler
damit entſchuldiget/ er haͤtte keinen Menſchen/
ſondern den Berg Caſſius/ unter welchem er ge-
ſtorben und begraben waͤre/ verſtanden. Jch
kam zu meinem Gluͤcke gleich darzu/ und hoͤrte
dieſe Beſchuldigung des Cheraͤmons/ welchen
ich eben dadurch fuͤr glaubwuͤrdig ruͤhmete.
Sintemal nicht ſeine Wahrſagung/ ſondern des
Pompejus uͤbeler Verſtand zu tadeln waͤre.
Die Goͤtter ſelbſt pflegten in ihren Weiſſagun-
gen ſelten noch ſo verſtaͤndlich zu reden/ und muͤ-
ſten allenthalben ſolche Offenbarungen nach-
dencklich uͤberlegt werden. Polemon aber blieb
gegen mich gantz unbeweglich/ allem Vermu-
then nach mehr aus einem Staats-Geheimnuͤſ-
ſe/ als aus Mißtrauen gegen dem Cheraͤmon.
Denn weil an Wahrſagung kuͤnftiger Dinge ſo
viel gelegen/ und die/ welche ſolche zu wiſſen ge-
glaͤubet werden/ bey dem Volcke in allzugroſſem
Anſehen ſind/ haben iederzeit alle kluge Oberher-
ren dieſe Wiſſenſchafft an ſich gezogen. Alſo haͤttẽ
Amphilochus und Mopſus ihren Argivern/ He-
lenus und Caſſandra des Priamus Kinder ihren
Phrygiern/ die aus den Weiſen erkieſete Perſi-
ſche Fuͤrſten alleine bevorſtehende Begebenhei-
ten/ wie ſelbte fuͤr ihre Herrſchens-Rath gedie-
net/ angekuͤndigt. Numa bediente ſich zum
Scheine ſeiner Wahrſagungen einer erdichteten
Gemeinſchafft mit der Egeria; und vom Tullus
Hoſtilius glaubten die Roͤmer/ daß der Donner
ihn deshalben erſchlagen haͤtte/ weil er die Ge-
heimnuͤſſẽ/ wordurch der Jupiter Elicius zu er-
ſcheinen beruffen werden koͤnte/ nicht recht beob-
achtet. Nichts minder iſt die Wahrſagerey auch
hernach zu Rom/ als die hoͤchſte Gewalt/ fuͤr et-
was Koͤnigliches gehalten/ uñ mit ſelbter verein-
bart;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |