Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] verschmitzte Mutter die Maale ihrer heßlichen
Tochter mit Perlen verdecke/ mit der Tugend
aber eifere/ und ihr insgemein ein Bein unter-
schlage. Mit diesen Gedancken schlug sich
die Königin fort für fort/ und vermochte ihr sol-
che weder die Zeit/ noch die hertzliche Vergnü-
gung/ die Polemon aus Arsinoens und der E-
rato Tugenden und Verträuligkeit schöpffte/
aus dem Sinne zu bringen/ noch die kluge E-
rato auszureden. Höret nun/ wie es nicht al-
lezeit eine Würckung weibischer Furcht/ son-
dern oft eine Warnigung der Götter sey/ wenn
einem ein Unglück ahnet/ und wie die Unruh in
einer Uhr den Verlauff der Zeit/ also das schla-
gende Hertz einem die Näherung seines Unter-
gangs andeutet; ja wie aus einem Regenbogen
zuweilen ein schrecklicher Blitz kommen kan/
als in der schwärtzesten Wolcke stecken mag.
So bald der schöne und tapffere Ariobarzanes
die Armenische Krone auf sein Haupt kriegte/
und mit der Medischen sie vermählte/ war er
bedacht auch im Bette nicht einsam zu seyn/ und
seinen Stul mit erqvickenden Rosen zu be-
streuen. Er warf seine Augen in der gantzen
Welt herum; allein es konte weder die Liebe
ihm ein schöner/ noch die Staats-Klugheit ein
vortheilhafftiger Bild/ als in dem benachbar-
ten Pontus die weltberühmte Fräulein Arsi-
noe aussehen. Weil er aber weder dem blos-
sen Gerüchte von ihren Tugenden/ noch dem
entferneten Pinsel wegen ihrer Gestalt/ noch
der Gewonheit der meisten Fürsten/ die ihre
Wahre meist unbeschaut/ oder mit zugemachten
Augen kauffen/ und es aufs Glücke wagen müs-
sen/ trauen wolte; kam er mit einem überaus
prächtigem Aufzuge nach Sinope/ wiewohl
unter dem Fürwand/ daß er in Griechenland
reisen/ und daselbst dem Jupiter ein gewisses
Gelübde ablegen/ in der Durchreise aber mit
dem Polemon ihrer Vorfahren Bündnüsse
verneuern wolte. Dem gantzen Hoffe aber
ward alsbald nachdencklich/ daß er dreißig mit
[Spaltenumbruch] den seltzamsten Kostbarkeiten beladene Camele
mit sich führte/ derer zehn er dem Könige Pole-
mon/ zehen der Königin Dynamis/ und zehen
der Fürstin Arsinoe mit aller ihrer Last vereh-
rete. Unter des Königes Geschencken waren
etliche Fässer Chalydonischer Wein/ welchen
die Pers- und Medischen Könige alleine trin-
cken; vor zwölf Zimmer Babylonische von
Seide und Gold nach dem Leben der Geschich-
te genehete Tapeten/ zwantzig helffenbeinerne
Bilder der abgelebten Armenischen Könige/
und das Gemählde des Protogenes/ welchem
zu Liebe allein König Demetrius die belägerte
Stadt Rhodos nicht angezündet hat. Der
Königin Geschencke waren Persische Gold-
stücke/ und Jndische Edelgesteine/ und darun-
ter des Polycrates unschätzbarer Sardonich-
Stein/ den ihm des nachstellenden Glückes
allzu freygebige Hand aus dem Meere zurücke
bracht hatte; Dynamis ihn aber hernach Li-
vien/ und diese ins Heiligthum der Eintracht
verehrte. Für die vermeinte Arsinoe kam al-
lerhand Arabisches Rauchwerck/ aus Gold/
Seide und Perlen gestückte Kleider/ und in-
sonderheit ein gantzer Perlen-Schmuck/ derer
keine weniger als hundert und sechzig Gersten-
Körner wog. Der König Polemon empfing
ihn/ wie beyder Königlicher Stand/ und ein so
freundliches Anmuthen eines so mächtigen
Nachbars erforderte. Er ward/ weil beyder
Könige oberste Staats-Diener die Bedingun-
gen des neuen Bündnüsses mit einander über-
legten/ mit Jagten/ Schauspielen/ Rennen/
und allen ersinnlichen Kurtzweilen unterhalten/
welche ihm nicht alleine überflüßige Gelegen-
heit eröfneten/ alle Beschaffenheit Arsinoens
wahrzunehmen/ sondern auch einen Zuschauer
ihrer wunderwürdigen Tapfferkeit abzugeben.
Denn ob sie zwar bey solchen Feyern aus einer
nachdencklichen Vorsicht mit Fleiß ihre Tu-
gend verstellen wolte; so ward selbte doch/ wie
es mit ihrer Belohnung/ nehmlich dem Ruh-

me/

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] verſchmitzte Mutter die Maale ihrer heßlichen
Tochter mit Perlen verdecke/ mit der Tugend
aber eifere/ und ihr insgemein ein Bein unter-
ſchlage. Mit dieſen Gedancken ſchlug ſich
die Koͤnigin fort fuͤr fort/ und vermochte ihr ſol-
che weder die Zeit/ noch die hertzliche Vergnuͤ-
gung/ die Polemon aus Arſinoens und der E-
rato Tugenden und Vertraͤuligkeit ſchoͤpffte/
aus dem Sinne zu bringen/ noch die kluge E-
rato auszureden. Hoͤret nun/ wie es nicht al-
lezeit eine Wuͤrckung weibiſcher Furcht/ ſon-
dern oft eine Warnigung der Goͤtter ſey/ wenn
einem ein Ungluͤck ahnet/ und wie die Unruh in
einer Uhr den Verlauff der Zeit/ alſo das ſchla-
gende Hertz einem die Naͤherung ſeines Unter-
gangs andeutet; ja wie aus einem Regenbogen
zuweilen ein ſchrecklicher Blitz kommen kan/
als in der ſchwaͤrtzeſten Wolcke ſtecken mag.
So bald der ſchoͤne und tapffere Ariobarzanes
die Armeniſche Krone auf ſein Haupt kriegte/
und mit der Mediſchen ſie vermaͤhlte/ war er
bedacht auch im Bette nicht einſam zu ſeyn/ und
ſeinen Stul mit erqvickenden Roſen zu be-
ſtreuen. Er warf ſeine Augen in der gantzen
Welt herum; allein es konte weder die Liebe
ihm ein ſchoͤner/ noch die Staats-Klugheit ein
vortheilhafftiger Bild/ als in dem benachbar-
ten Pontus die weltberuͤhmte Fraͤulein Arſi-
noe ausſehen. Weil er aber weder dem bloſ-
ſen Geruͤchte von ihren Tugenden/ noch dem
entferneten Pinſel wegen ihrer Geſtalt/ noch
der Gewonheit der meiſten Fuͤrſten/ die ihre
Wahre meiſt unbeſchaut/ oder mit zugemachten
Augen kauffen/ und es aufs Gluͤcke wagen muͤſ-
ſen/ trauen wolte; kam er mit einem uͤberaus
praͤchtigem Aufzuge nach Sinope/ wiewohl
unter dem Fuͤrwand/ daß er in Griechenland
reiſen/ und daſelbſt dem Jupiter ein gewiſſes
Geluͤbde ablegen/ in der Durchreiſe aber mit
dem Polemon ihrer Vorfahren Buͤndnuͤſſe
verneuern wolte. Dem gantzen Hoffe aber
ward alsbald nachdencklich/ daß er dreißig mit
[Spaltenumbruch] den ſeltzamſten Koſtbarkeiten beladene Camele
mit ſich fuͤhrte/ derer zehn er dem Koͤnige Pole-
mon/ zehen der Koͤnigin Dynamis/ und zehen
der Fuͤrſtin Arſinoe mit aller ihrer Laſt vereh-
rete. Unter des Koͤniges Geſchencken waren
etliche Faͤſſer Chalydoniſcher Wein/ welchen
die Perſ- und Mediſchen Koͤnige alleine trin-
cken; vor zwoͤlf Zimmer Babyloniſche von
Seide und Gold nach dem Leben der Geſchich-
te genehete Tapeten/ zwantzig helffenbeinerne
Bilder der abgelebten Armeniſchen Koͤnige/
und das Gemaͤhlde des Protogenes/ welchem
zu Liebe allein Koͤnig Demetrius die belaͤgerte
Stadt Rhodos nicht angezuͤndet hat. Der
Koͤnigin Geſchencke waren Perſiſche Gold-
ſtuͤcke/ und Jndiſche Edelgeſteine/ und darun-
ter des Polycrates unſchaͤtzbarer Sardonich-
Stein/ den ihm des nachſtellenden Gluͤckes
allzu freygebige Hand aus dem Meere zuruͤcke
bracht hatte; Dynamis ihn aber hernach Li-
vien/ und dieſe ins Heiligthum der Eintracht
verehrte. Fuͤr die vermeinte Arſinoe kam al-
lerhand Arabiſches Rauchwerck/ aus Gold/
Seide und Perlen geſtuͤckte Kleider/ und in-
ſonderheit ein gantzer Perlen-Schmuck/ derer
keine weniger als hundert und ſechzig Gerſten-
Koͤrner wog. Der Koͤnig Polemon empfing
ihn/ wie beyder Koͤniglicher Stand/ und ein ſo
freundliches Anmuthen eines ſo maͤchtigen
Nachbars erforderte. Er ward/ weil beyder
Koͤnige oberſte Staats-Diener die Bedingun-
gen des neuen Buͤndnuͤſſes mit einander uͤber-
legten/ mit Jagten/ Schauſpielen/ Rennen/
und allen erſinnlichen Kurtzweilen unterhalten/
welche ihm nicht alleine uͤberfluͤßige Gelegen-
heit eroͤfneten/ alle Beſchaffenheit Arſinoens
wahrzunehmen/ ſondern auch einen Zuſchauer
ihrer wunderwuͤrdigen Tapfferkeit abzugeben.
Denn ob ſie zwar bey ſolchen Feyern aus einer
nachdencklichen Vorſicht mit Fleiß ihre Tu-
gend verſtellen wolte; ſo ward ſelbte doch/ wie
es mit ihrer Belohnung/ nehmlich dem Ruh-

me/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
ver&#x017F;chmitzte Mutter die Maale ihrer heßlichen<lb/>
Tochter mit Perlen verdecke/ mit der Tugend<lb/>
aber eifere/ und ihr insgemein ein Bein unter-<lb/>
&#x017F;chlage. Mit die&#x017F;en Gedancken &#x017F;chlug &#x017F;ich<lb/>
die Ko&#x0364;nigin fort fu&#x0364;r fort/ und vermochte ihr &#x017F;ol-<lb/>
che weder die Zeit/ noch die hertzliche Vergnu&#x0364;-<lb/>
gung/ die Polemon aus Ar&#x017F;inoens und der E-<lb/>
rato Tugenden und Vertra&#x0364;uligkeit &#x017F;cho&#x0364;pffte/<lb/>
aus dem Sinne zu bringen/ noch die kluge E-<lb/>
rato auszureden. Ho&#x0364;ret nun/ wie es nicht al-<lb/>
lezeit eine Wu&#x0364;rckung weibi&#x017F;cher Furcht/ &#x017F;on-<lb/>
dern oft eine Warnigung der Go&#x0364;tter &#x017F;ey/ wenn<lb/>
einem ein Unglu&#x0364;ck ahnet/ und wie die Unruh in<lb/>
einer Uhr den Verlauff der Zeit/ al&#x017F;o das &#x017F;chla-<lb/>
gende Hertz einem die Na&#x0364;herung &#x017F;eines Unter-<lb/>
gangs andeutet; ja wie aus einem Regenbogen<lb/>
zuweilen ein &#x017F;chrecklicher Blitz kommen kan/<lb/>
als in der &#x017F;chwa&#x0364;rtze&#x017F;ten Wolcke &#x017F;tecken mag.<lb/>
So bald der &#x017F;cho&#x0364;ne und tapffere Ariobarzanes<lb/>
die Armeni&#x017F;che Krone auf &#x017F;ein Haupt kriegte/<lb/>
und mit der Medi&#x017F;chen &#x017F;ie verma&#x0364;hlte/ war er<lb/>
bedacht auch im Bette nicht ein&#x017F;am zu &#x017F;eyn/ und<lb/>
&#x017F;einen Stul mit erqvickenden Ro&#x017F;en zu be-<lb/>
&#x017F;treuen. Er warf &#x017F;eine Augen in der gantzen<lb/>
Welt herum; allein es konte weder die Liebe<lb/>
ihm ein &#x017F;cho&#x0364;ner/ noch die Staats-Klugheit ein<lb/>
vortheilhafftiger Bild/ als in dem benachbar-<lb/>
ten Pontus die weltberu&#x0364;hmte Fra&#x0364;ulein Ar&#x017F;i-<lb/>
noe aus&#x017F;ehen. Weil er aber weder dem blo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Geru&#x0364;chte von ihren Tugenden/ noch dem<lb/>
entferneten Pin&#x017F;el wegen ihrer Ge&#x017F;talt/ noch<lb/>
der Gewonheit der mei&#x017F;ten Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ die ihre<lb/>
Wahre mei&#x017F;t unbe&#x017F;chaut/ oder mit zugemachten<lb/>
Augen kauffen/ und es aufs Glu&#x0364;cke wagen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ trauen wolte; kam er mit einem u&#x0364;beraus<lb/>
pra&#x0364;chtigem Aufzuge nach Sinope/ wiewohl<lb/>
unter dem Fu&#x0364;rwand/ daß er in Griechenland<lb/>
rei&#x017F;en/ und da&#x017F;elb&#x017F;t dem Jupiter ein gewi&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Gelu&#x0364;bde ablegen/ in der Durchrei&#x017F;e aber mit<lb/>
dem Polemon ihrer Vorfahren Bu&#x0364;ndnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
verneuern wolte. Dem gantzen Hoffe aber<lb/>
ward alsbald nachdencklich/ daß er dreißig mit<lb/><cb/>
den &#x017F;eltzam&#x017F;ten Ko&#x017F;tbarkeiten beladene Camele<lb/>
mit &#x017F;ich fu&#x0364;hrte/ derer zehn er dem Ko&#x0364;nige Pole-<lb/>
mon/ zehen der Ko&#x0364;nigin Dynamis/ und zehen<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;tin Ar&#x017F;inoe mit aller ihrer La&#x017F;t vereh-<lb/>
rete. Unter des Ko&#x0364;niges Ge&#x017F;chencken waren<lb/>
etliche Fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Chalydoni&#x017F;cher Wein/ welchen<lb/>
die Per&#x017F;- und Medi&#x017F;chen Ko&#x0364;nige alleine trin-<lb/>
cken; vor zwo&#x0364;lf Zimmer Babyloni&#x017F;che von<lb/>
Seide und Gold nach dem Leben der Ge&#x017F;chich-<lb/>
te genehete Tapeten/ zwantzig helffenbeinerne<lb/>
Bilder der abgelebten Armeni&#x017F;chen Ko&#x0364;nige/<lb/>
und das Gema&#x0364;hlde des Protogenes/ welchem<lb/>
zu Liebe allein Ko&#x0364;nig Demetrius die bela&#x0364;gerte<lb/>
Stadt Rhodos nicht angezu&#x0364;ndet hat. Der<lb/>
Ko&#x0364;nigin Ge&#x017F;chencke waren Per&#x017F;i&#x017F;che Gold-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke/ und Jndi&#x017F;che Edelge&#x017F;teine/ und darun-<lb/>
ter des Polycrates un&#x017F;cha&#x0364;tzbarer Sardonich-<lb/>
Stein/ den ihm des nach&#x017F;tellenden Glu&#x0364;ckes<lb/>
allzu freygebige Hand aus dem Meere zuru&#x0364;cke<lb/>
bracht hatte; Dynamis ihn aber hernach Li-<lb/>
vien/ und die&#x017F;e ins Heiligthum der Eintracht<lb/>
verehrte. Fu&#x0364;r die vermeinte Ar&#x017F;inoe kam al-<lb/>
lerhand Arabi&#x017F;ches Rauchwerck/ aus Gold/<lb/>
Seide und Perlen ge&#x017F;tu&#x0364;ckte Kleider/ und in-<lb/>
&#x017F;onderheit ein gantzer Perlen-Schmuck/ derer<lb/>
keine weniger als hundert und &#x017F;echzig Ger&#x017F;ten-<lb/>
Ko&#x0364;rner wog. Der Ko&#x0364;nig Polemon empfing<lb/>
ihn/ wie beyder Ko&#x0364;niglicher Stand/ und ein &#x017F;o<lb/>
freundliches Anmuthen eines &#x017F;o ma&#x0364;chtigen<lb/>
Nachbars erforderte. Er ward/ weil beyder<lb/>
Ko&#x0364;nige ober&#x017F;te Staats-Diener die Bedingun-<lb/>
gen des neuen Bu&#x0364;ndnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es mit einander u&#x0364;ber-<lb/>
legten/ mit Jagten/ Schau&#x017F;pielen/ Rennen/<lb/>
und allen er&#x017F;innlichen Kurtzweilen unterhalten/<lb/>
welche ihm nicht alleine u&#x0364;berflu&#x0364;ßige Gelegen-<lb/>
heit ero&#x0364;fneten/ alle Be&#x017F;chaffenheit Ar&#x017F;inoens<lb/>
wahrzunehmen/ &#x017F;ondern auch einen Zu&#x017F;chauer<lb/>
ihrer wunderwu&#x0364;rdigen Tapfferkeit abzugeben.<lb/>
Denn ob &#x017F;ie zwar bey &#x017F;olchen Feyern aus einer<lb/>
nachdencklichen Vor&#x017F;icht mit Fleiß ihre Tu-<lb/>
gend ver&#x017F;tellen wolte; &#x017F;o ward &#x017F;elbte doch/ wie<lb/>
es mit ihrer Belohnung/ nehmlich dem Ruh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">me/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0328] Drittes Buch verſchmitzte Mutter die Maale ihrer heßlichen Tochter mit Perlen verdecke/ mit der Tugend aber eifere/ und ihr insgemein ein Bein unter- ſchlage. Mit dieſen Gedancken ſchlug ſich die Koͤnigin fort fuͤr fort/ und vermochte ihr ſol- che weder die Zeit/ noch die hertzliche Vergnuͤ- gung/ die Polemon aus Arſinoens und der E- rato Tugenden und Vertraͤuligkeit ſchoͤpffte/ aus dem Sinne zu bringen/ noch die kluge E- rato auszureden. Hoͤret nun/ wie es nicht al- lezeit eine Wuͤrckung weibiſcher Furcht/ ſon- dern oft eine Warnigung der Goͤtter ſey/ wenn einem ein Ungluͤck ahnet/ und wie die Unruh in einer Uhr den Verlauff der Zeit/ alſo das ſchla- gende Hertz einem die Naͤherung ſeines Unter- gangs andeutet; ja wie aus einem Regenbogen zuweilen ein ſchrecklicher Blitz kommen kan/ als in der ſchwaͤrtzeſten Wolcke ſtecken mag. So bald der ſchoͤne und tapffere Ariobarzanes die Armeniſche Krone auf ſein Haupt kriegte/ und mit der Mediſchen ſie vermaͤhlte/ war er bedacht auch im Bette nicht einſam zu ſeyn/ und ſeinen Stul mit erqvickenden Roſen zu be- ſtreuen. Er warf ſeine Augen in der gantzen Welt herum; allein es konte weder die Liebe ihm ein ſchoͤner/ noch die Staats-Klugheit ein vortheilhafftiger Bild/ als in dem benachbar- ten Pontus die weltberuͤhmte Fraͤulein Arſi- noe ausſehen. Weil er aber weder dem bloſ- ſen Geruͤchte von ihren Tugenden/ noch dem entferneten Pinſel wegen ihrer Geſtalt/ noch der Gewonheit der meiſten Fuͤrſten/ die ihre Wahre meiſt unbeſchaut/ oder mit zugemachten Augen kauffen/ und es aufs Gluͤcke wagen muͤſ- ſen/ trauen wolte; kam er mit einem uͤberaus praͤchtigem Aufzuge nach Sinope/ wiewohl unter dem Fuͤrwand/ daß er in Griechenland reiſen/ und daſelbſt dem Jupiter ein gewiſſes Geluͤbde ablegen/ in der Durchreiſe aber mit dem Polemon ihrer Vorfahren Buͤndnuͤſſe verneuern wolte. Dem gantzen Hoffe aber ward alsbald nachdencklich/ daß er dreißig mit den ſeltzamſten Koſtbarkeiten beladene Camele mit ſich fuͤhrte/ derer zehn er dem Koͤnige Pole- mon/ zehen der Koͤnigin Dynamis/ und zehen der Fuͤrſtin Arſinoe mit aller ihrer Laſt vereh- rete. Unter des Koͤniges Geſchencken waren etliche Faͤſſer Chalydoniſcher Wein/ welchen die Perſ- und Mediſchen Koͤnige alleine trin- cken; vor zwoͤlf Zimmer Babyloniſche von Seide und Gold nach dem Leben der Geſchich- te genehete Tapeten/ zwantzig helffenbeinerne Bilder der abgelebten Armeniſchen Koͤnige/ und das Gemaͤhlde des Protogenes/ welchem zu Liebe allein Koͤnig Demetrius die belaͤgerte Stadt Rhodos nicht angezuͤndet hat. Der Koͤnigin Geſchencke waren Perſiſche Gold- ſtuͤcke/ und Jndiſche Edelgeſteine/ und darun- ter des Polycrates unſchaͤtzbarer Sardonich- Stein/ den ihm des nachſtellenden Gluͤckes allzu freygebige Hand aus dem Meere zuruͤcke bracht hatte; Dynamis ihn aber hernach Li- vien/ und dieſe ins Heiligthum der Eintracht verehrte. Fuͤr die vermeinte Arſinoe kam al- lerhand Arabiſches Rauchwerck/ aus Gold/ Seide und Perlen geſtuͤckte Kleider/ und in- ſonderheit ein gantzer Perlen-Schmuck/ derer keine weniger als hundert und ſechzig Gerſten- Koͤrner wog. Der Koͤnig Polemon empfing ihn/ wie beyder Koͤniglicher Stand/ und ein ſo freundliches Anmuthen eines ſo maͤchtigen Nachbars erforderte. Er ward/ weil beyder Koͤnige oberſte Staats-Diener die Bedingun- gen des neuen Buͤndnuͤſſes mit einander uͤber- legten/ mit Jagten/ Schauſpielen/ Rennen/ und allen erſinnlichen Kurtzweilen unterhalten/ welche ihm nicht alleine uͤberfluͤßige Gelegen- heit eroͤfneten/ alle Beſchaffenheit Arſinoens wahrzunehmen/ ſondern auch einen Zuſchauer ihrer wunderwuͤrdigen Tapfferkeit abzugeben. Denn ob ſie zwar bey ſolchen Feyern aus einer nachdencklichen Vorſicht mit Fleiß ihre Tu- gend verſtellen wolte; ſo ward ſelbte doch/ wie es mit ihrer Belohnung/ nehmlich dem Ruh- me/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/328
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/328>, abgerufen am 22.11.2024.