Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] manden vertrauen würde. Denn die La-
ster/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung
ziel[e]n/ werden auch von denen gerne verschwie-
gen/ welche gleich Ursache solche zu rächen hät-
ten. Weil nun eine ungewohnte Einsam-
keit einen mittelmäßigen Geist einschläffet/ ei-
nen feurigen aber mehr anzündet/ würckte die
Entbrechung des Hofes beym Orismanes Un-
gedult/ diese eine gifftige Rachgier. Seine
Ehrsucht hielt ihm ein/ daß Fürsten angefange-
ne Laster nicht geringer schätzten/ als die voll-
brachten/ und daß diese nur mit Gefahr an-
gesponnen/ mit Belohnung aber vollbracht
würden. Zugeschweigen/ daß er nichts für
thulicher hielt/ als mit seiner Herrschafft anzu-
binden; weil auch das Unterliegen denen Be-
siegten zum minsten einen Nahmen macht/ und
also vortheilhafftig ist/ wenn sie von grossen
Helden bezwungen werden. Diesem nach
cntschloß er sich entweder durch seine List sei-
nen Zweck zu erlangen/ oder durch seine Ver-
zweiffelung seiner Abgünstigen Untergang zu
verursachen. Wormit er aber solches so viel
leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit sei-
ner Ungnade auffs sorgfältigste seinen Ehr-
geitz und Absehen. Denen/ welche ihn heim-
suchten/ und die Ursache seiner Abziehung vom
Hoffe erkundigten/ machte er tausend Lobsprü-
che der Einsamkeit. Jch/ sagte er/ habe mich
der Eitelkeit der Welt entschüttet/ um der
Ruhe meines Gemüthes zu geniessen. Weil
ich weiß/ daß sich das Glücke zwar auff eine
Zeit zu Dienste vermiethe/ sich aber nieman-
den leibeigen gebe; stehet mir nicht an mit ihm
ein ewiges Bündniß zu machen. Der Hoff ist
ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne
hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le-
bens nicht nach seinem Angelsterne richten. Er
ist ein Glückstopff/ der unter tausenden kaum
einen beschriebenen Zettel hat; daher mag ich
so vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie-
menden um als mit den Weisen der Vorwelt/
[Spaltenumbruch] welche weder meinen Schwachheiten heucheln/
noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi-
schen. Wenn der wollüstige Hoff mit seinen
Sorgen in steter Wache ist/ geniesse ich der süs-
sesten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die
Sternen für mich auff der Hutte stehen. Jch
weiß/ die Enge meines Land-Gutes ist ein
Schrancken nicht nur über die Ferne Armeni-
ens/ sondern so weit meine Augen tragen. Jch
eigne mir mit reiner Unschuld den Genüß
fremder Güter zu/ sonder meinen Nachbarn
davon das wenigste zu versehren. Sintemal
ich derselben mich ohne Geitz und Verschwen-
dung nach den Gesetzen der Natur/ und auff
eine solche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunst
und Mißbrauch selbte verfälscht/ und aus dem
gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht
hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar-
muth bin ich reicher als der König der Par-
then/ und/ wenn ich eine Früh-Rose/ oder einen
reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz-
ten Baume abbreche/ bin ich vergnügter als der
Käyser/ wenn er in einem Siegs-Gepränge
ihm Lorber-Zweige um die Schläffe windet/ o-
der von hundert Völckern ihre Reichthümer
zum Zinse einzeucht. Jch verlache in mir das
Ungemach des gefährlichen Hoffes/ den Staub
und Pöfel der Städte/ die Angst der Ehrsüch-
tigen/ und die Thorheit der Höfflinge/ welche
den Kern ihres Lebens einem Fürsten/ oder
wohl offt ihren unwürdigen Schooß-Kindern/
die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch
so gut wird/ den Göttern wiedmen. Die Fe-
dern/ wormit die Höfflinge vielleicht so ge-
mein ihre Häupter bedecken/ weil es bey Ho-
fe fast immer windicht ist/ brauche ich viel nütz-
licher zum Entwurff meiner der Weißheit
nachhängenden Gedancken. Jch lebe mit
mir selbst vergnügt/ und ich habe allzu spät ge-
lernet/ daß ein Weiser keines andern bedürf-
fe/ und daß alles/ was auffer ihm ist/ Uberfluß
sey. Die Grossen des Reichs/ die ihn häuffig

besuch-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] manden vertrauen wuͤrde. Denn die La-
ſter/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung
ziel[e]n/ werden auch von denen gerne verſchwie-
gen/ welche gleich Urſache ſolche zu raͤchen haͤt-
ten. Weil nun eine ungewohnte Einſam-
keit einen mittelmaͤßigen Geiſt einſchlaͤffet/ ei-
nen feurigen aber mehr anzuͤndet/ wuͤrckte die
Entbrechung des Hofes beym Oriſmanes Un-
gedult/ dieſe eine gifftige Rachgier. Seine
Ehrſucht hielt ihm ein/ daß Fuͤrſten angefange-
ne Laſter nicht geringer ſchaͤtzten/ als die voll-
brachten/ und daß dieſe nur mit Gefahr an-
geſponnen/ mit Belohnung aber vollbracht
wuͤrden. Zugeſchweigen/ daß er nichts fuͤr
thulicher hielt/ als mit ſeiner Herrſchafft anzu-
binden; weil auch das Unterliegen denen Be-
ſiegten zum minſten einen Nahmen macht/ und
alſo vortheilhafftig iſt/ wenn ſie von groſſen
Helden bezwungen werden. Dieſem nach
cntſchloß er ſich entweder durch ſeine Liſt ſei-
nen Zweck zu erlangen/ oder durch ſeine Ver-
zweiffelung ſeiner Abguͤnſtigen Untergang zu
verurſachen. Wormit er aber ſolches ſo viel
leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit ſei-
ner Ungnade auffs ſorgfaͤltigſte ſeinen Ehr-
geitz und Abſehen. Denen/ welche ihn heim-
ſuchten/ und die Urſache ſeiner Abziehung vom
Hoffe eꝛkundigten/ machte er tauſend Lobſpruͤ-
che der Einſamkeit. Jch/ ſagte er/ habe mich
der Eitelkeit der Welt entſchuͤttet/ um der
Ruhe meines Gemuͤthes zu genieſſen. Weil
ich weiß/ daß ſich das Gluͤcke zwar auff eine
Zeit zu Dienſte vermiethe/ ſich aber nieman-
den leibeigen gebe; ſtehet mir nicht an mit ihm
ein ewiges Buͤndniß zu machen. Der Hoff iſt
ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne
hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le-
bens nicht nach ſeinem Angelſterne richten. Er
iſt ein Gluͤckstopff/ der unter tauſenden kaum
einen beſchriebenen Zettel hat; daher mag ich
ſo vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie-
menden um als mit den Weiſen der Vorwelt/
[Spaltenumbruch] welche weder meinen Schwachheiten heucheln/
noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi-
ſchen. Wenn der wolluͤſtige Hoff mit ſeinen
Sorgen in ſteter Wache iſt/ genieſſe ich der ſuͤſ-
ſeſten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die
Sternen fuͤr mich auff der Hutte ſtehen. Jch
weiß/ die Enge meines Land-Gutes iſt ein
Schrancken nicht nur uͤber die Ferne Armeni-
ens/ ſondern ſo weit meine Augen tragen. Jch
eigne mir mit reiner Unſchuld den Genuͤß
fremder Guͤter zu/ ſonder meinen Nachbarn
davon das wenigſte zu verſehren. Sintemal
ich derſelben mich ohne Geitz und Verſchwen-
dung nach den Geſetzen der Natur/ und auff
eine ſolche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunſt
und Mißbrauch ſelbte verfaͤlſcht/ und aus dem
gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht
hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar-
muth bin ich reicher als der Koͤnig der Par-
then/ und/ wenn ich eine Fruͤh-Roſe/ oder einen
reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz-
ten Baume abbreche/ bin ich vergnuͤgter als der
Kaͤyſer/ wenn er in einem Siegs-Gepraͤnge
ihm Lorber-Zweige um die Schlaͤffe windet/ o-
der von hundert Voͤlckern ihre Reichthuͤmer
zum Zinſe einzeucht. Jch verlache in mir das
Ungemach des gefaͤhrlichen Hoffes/ den Staub
und Poͤfel der Staͤdte/ die Angſt der Ehrſuͤch-
tigen/ und die Thorheit der Hoͤfflinge/ welche
den Kern ihres Lebens einem Fuͤrſten/ oder
wohl offt ihren unwuͤrdigen Schooß-Kindern/
die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch
ſo gut wird/ den Goͤttern wiedmen. Die Fe-
dern/ wormit die Hoͤfflinge vielleicht ſo ge-
mein ihre Haͤupter bedecken/ weil es bey Ho-
fe faſt immer windicht iſt/ brauche ich viel nuͤtz-
licher zum Entwurff meiner der Weißheit
nachhaͤngenden Gedancken. Jch lebe mit
mir ſelbſt vergnuͤgt/ und ich habe allzu ſpaͤt ge-
lernet/ daß ein Weiſer keines andern beduͤrf-
fe/ und daß alles/ was auffer ihm iſt/ Uberfluß
ſey. Die Groſſen des Reichs/ die ihn haͤuffig

beſuch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0358" n="306"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
manden vertrauen wu&#x0364;rde. Denn die La-<lb/>
&#x017F;ter/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung<lb/>
ziel<supplied>e</supplied>n/ werden auch von denen gerne ver&#x017F;chwie-<lb/>
gen/ welche gleich Ur&#x017F;ache &#x017F;olche zu ra&#x0364;chen ha&#x0364;t-<lb/>
ten. Weil nun eine ungewohnte Ein&#x017F;am-<lb/>
keit einen mittelma&#x0364;ßigen Gei&#x017F;t ein&#x017F;chla&#x0364;ffet/ ei-<lb/>
nen feurigen aber mehr anzu&#x0364;ndet/ wu&#x0364;rckte die<lb/>
Entbrechung des Hofes beym Ori&#x017F;manes Un-<lb/>
gedult/ die&#x017F;e eine gifftige Rachgier. Seine<lb/>
Ehr&#x017F;ucht hielt ihm ein/ daß Fu&#x0364;r&#x017F;ten angefange-<lb/>
ne La&#x017F;ter nicht geringer &#x017F;cha&#x0364;tzten/ als die voll-<lb/>
brachten/ und daß die&#x017F;e nur mit Gefahr an-<lb/>
ge&#x017F;ponnen/ mit Belohnung aber vollbracht<lb/>
wu&#x0364;rden. Zuge&#x017F;chweigen/ daß er nichts fu&#x0364;r<lb/>
thulicher hielt/ als mit &#x017F;einer Herr&#x017F;chafft anzu-<lb/>
binden; weil auch das Unterliegen denen Be-<lb/>
&#x017F;iegten zum min&#x017F;ten einen Nahmen macht/ und<lb/>
al&#x017F;o vortheilhafftig i&#x017F;t/ wenn &#x017F;ie von gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Helden bezwungen werden. Die&#x017F;em nach<lb/>
cnt&#x017F;chloß er &#x017F;ich entweder durch &#x017F;eine Li&#x017F;t &#x017F;ei-<lb/>
nen Zweck zu erlangen/ oder durch &#x017F;eine Ver-<lb/>
zweiffelung &#x017F;einer Abgu&#x0364;n&#x017F;tigen Untergang zu<lb/>
verur&#x017F;achen. Wormit er aber &#x017F;olches &#x017F;o viel<lb/>
leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit &#x017F;ei-<lb/>
ner Ungnade auffs &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;te &#x017F;einen Ehr-<lb/>
geitz und Ab&#x017F;ehen. Denen/ welche ihn heim-<lb/>
&#x017F;uchten/ und die Ur&#x017F;ache &#x017F;einer Abziehung vom<lb/>
Hoffe e&#xA75B;kundigten/ machte er tau&#x017F;end Lob&#x017F;pru&#x0364;-<lb/>
che der Ein&#x017F;amkeit. Jch/ &#x017F;agte er/ habe mich<lb/>
der Eitelkeit der Welt ent&#x017F;chu&#x0364;ttet/ um der<lb/>
Ruhe meines Gemu&#x0364;thes zu genie&#x017F;&#x017F;en. Weil<lb/>
ich weiß/ daß &#x017F;ich das Glu&#x0364;cke zwar auff eine<lb/>
Zeit zu Dien&#x017F;te vermiethe/ &#x017F;ich aber nieman-<lb/>
den leibeigen gebe; &#x017F;tehet mir nicht an mit ihm<lb/>
ein ewiges Bu&#x0364;ndniß zu machen. Der Hoff i&#x017F;t<lb/>
ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne<lb/>
hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le-<lb/>
bens nicht nach &#x017F;einem Angel&#x017F;terne richten. Er<lb/>
i&#x017F;t ein Glu&#x0364;ckstopff/ der unter tau&#x017F;enden kaum<lb/>
einen be&#x017F;chriebenen Zettel hat; daher mag ich<lb/>
&#x017F;o vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie-<lb/>
menden um als mit den Wei&#x017F;en der Vorwelt/<lb/><cb/>
welche weder meinen Schwachheiten heucheln/<lb/>
noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi-<lb/>
&#x017F;chen. Wenn der wollu&#x0364;&#x017F;tige Hoff mit &#x017F;einen<lb/>
Sorgen in &#x017F;teter Wache i&#x017F;t/ genie&#x017F;&#x017F;e ich der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;ten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die<lb/>
Sternen fu&#x0364;r mich auff der Hutte &#x017F;tehen. Jch<lb/>
weiß/ die Enge meines Land-Gutes i&#x017F;t ein<lb/>
Schrancken nicht nur u&#x0364;ber die Ferne Armeni-<lb/>
ens/ &#x017F;ondern &#x017F;o weit meine Augen tragen. Jch<lb/>
eigne mir mit reiner Un&#x017F;chuld den Genu&#x0364;ß<lb/>
fremder Gu&#x0364;ter zu/ &#x017F;onder meinen Nachbarn<lb/>
davon das wenig&#x017F;te zu ver&#x017F;ehren. Sintemal<lb/>
ich der&#x017F;elben mich ohne Geitz und Ver&#x017F;chwen-<lb/>
dung nach den Ge&#x017F;etzen der Natur/ und auff<lb/>
eine &#x017F;olche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kun&#x017F;t<lb/>
und Mißbrauch &#x017F;elbte verfa&#x0364;l&#x017F;cht/ und aus dem<lb/>
gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht<lb/>
hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar-<lb/>
muth bin ich reicher als der Ko&#x0364;nig der Par-<lb/>
then/ und/ wenn ich eine Fru&#x0364;h-Ro&#x017F;e/ oder einen<lb/>
reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz-<lb/>
ten Baume abbreche/ bin ich vergnu&#x0364;gter als der<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;er/ wenn er in einem Siegs-Gepra&#x0364;nge<lb/>
ihm Lorber-Zweige um die Schla&#x0364;ffe windet/ o-<lb/>
der von hundert Vo&#x0364;lckern ihre Reichthu&#x0364;mer<lb/>
zum Zin&#x017F;e einzeucht. Jch verlache in mir das<lb/>
Ungemach des gefa&#x0364;hrlichen Hoffes/ den Staub<lb/>
und Po&#x0364;fel der Sta&#x0364;dte/ die Ang&#x017F;t der Ehr&#x017F;u&#x0364;ch-<lb/>
tigen/ und die Thorheit der Ho&#x0364;fflinge/ welche<lb/>
den Kern ihres Lebens einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ oder<lb/>
wohl offt ihren unwu&#x0364;rdigen Schooß-Kindern/<lb/>
die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch<lb/>
&#x017F;o gut wird/ den Go&#x0364;ttern wiedmen. Die Fe-<lb/>
dern/ wormit die Ho&#x0364;fflinge vielleicht &#x017F;o ge-<lb/>
mein ihre Ha&#x0364;upter bedecken/ weil es bey Ho-<lb/>
fe fa&#x017F;t immer windicht i&#x017F;t/ brauche ich viel nu&#x0364;tz-<lb/>
licher zum Entwurff meiner der Weißheit<lb/>
nachha&#x0364;ngenden Gedancken. Jch lebe mit<lb/>
mir &#x017F;elb&#x017F;t vergnu&#x0364;gt/ und ich habe allzu &#x017F;pa&#x0364;t ge-<lb/>
lernet/ daß ein Wei&#x017F;er keines andern bedu&#x0364;rf-<lb/>
fe/ und daß alles/ was auffer ihm i&#x017F;t/ Uberfluß<lb/>
&#x017F;ey. Die Gro&#x017F;&#x017F;en des Reichs/ die ihn ha&#x0364;uffig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be&#x017F;uch-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0358] Drittes Buch manden vertrauen wuͤrde. Denn die La- ſter/ welche zu des Veleidigten Verkleinerung zielen/ werden auch von denen gerne verſchwie- gen/ welche gleich Urſache ſolche zu raͤchen haͤt- ten. Weil nun eine ungewohnte Einſam- keit einen mittelmaͤßigen Geiſt einſchlaͤffet/ ei- nen feurigen aber mehr anzuͤndet/ wuͤrckte die Entbrechung des Hofes beym Oriſmanes Un- gedult/ dieſe eine gifftige Rachgier. Seine Ehrſucht hielt ihm ein/ daß Fuͤrſten angefange- ne Laſter nicht geringer ſchaͤtzten/ als die voll- brachten/ und daß dieſe nur mit Gefahr an- geſponnen/ mit Belohnung aber vollbracht wuͤrden. Zugeſchweigen/ daß er nichts fuͤr thulicher hielt/ als mit ſeiner Herrſchafft anzu- binden; weil auch das Unterliegen denen Be- ſiegten zum minſten einen Nahmen macht/ und alſo vortheilhafftig iſt/ wenn ſie von groſſen Helden bezwungen werden. Dieſem nach cntſchloß er ſich entweder durch ſeine Liſt ſei- nen Zweck zu erlangen/ oder durch ſeine Ver- zweiffelung ſeiner Abguͤnſtigen Untergang zu verurſachen. Wormit er aber ſolches ſo viel leichter ins Werck richtete/ verbarg er mit ſei- ner Ungnade auffs ſorgfaͤltigſte ſeinen Ehr- geitz und Abſehen. Denen/ welche ihn heim- ſuchten/ und die Urſache ſeiner Abziehung vom Hoffe eꝛkundigten/ machte er tauſend Lobſpruͤ- che der Einſamkeit. Jch/ ſagte er/ habe mich der Eitelkeit der Welt entſchuͤttet/ um der Ruhe meines Gemuͤthes zu genieſſen. Weil ich weiß/ daß ſich das Gluͤcke zwar auff eine Zeit zu Dienſte vermiethe/ ſich aber nieman- den leibeigen gebe; ſtehet mir nicht an mit ihm ein ewiges Buͤndniß zu machen. Der Hoff iſt ein Himmel/ der keine andere als Jrr-Sterne hat; daher mag ich die Farth meines gantzen Le- bens nicht nach ſeinem Angelſterne richten. Er iſt ein Gluͤckstopff/ der unter tauſenden kaum einen beſchriebenen Zettel hat; daher mag ich ſo vielmal nicht fehlgreiffen. Jch gehe mit nie- menden um als mit den Weiſen der Vorwelt/ welche weder meinen Schwachheiten heucheln/ noch in ihr Rathgeben einigen Eigennutz einmi- ſchen. Wenn der wolluͤſtige Hoff mit ſeinen Sorgen in ſteter Wache iſt/ genieſſe ich der ſuͤſ- ſeſten Ruh/ weil ich wohl weiß/ daß Gott und die Sternen fuͤr mich auff der Hutte ſtehen. Jch weiß/ die Enge meines Land-Gutes iſt ein Schrancken nicht nur uͤber die Ferne Armeni- ens/ ſondern ſo weit meine Augen tragen. Jch eigne mir mit reiner Unſchuld den Genuͤß fremder Guͤter zu/ ſonder meinen Nachbarn davon das wenigſte zu verſehren. Sintemal ich derſelben mich ohne Geitz und Verſchwen- dung nach den Geſetzen der Natur/ und auff eine ſolche Art gebrauche/ welche ehe/ als Kunſt und Mißbrauch ſelbte verfaͤlſcht/ und aus dem gemeinen Eigenthume alles fremde gemacht hat/ im Schwange ging. Jn meinem Ar- muth bin ich reicher als der Koͤnig der Par- then/ und/ wenn ich eine Fruͤh-Roſe/ oder einen reiffen Apfel einem von meiner Hand gepflantz- ten Baume abbreche/ bin ich vergnuͤgter als der Kaͤyſer/ wenn er in einem Siegs-Gepraͤnge ihm Lorber-Zweige um die Schlaͤffe windet/ o- der von hundert Voͤlckern ihre Reichthuͤmer zum Zinſe einzeucht. Jch verlache in mir das Ungemach des gefaͤhrlichen Hoffes/ den Staub und Poͤfel der Staͤdte/ die Angſt der Ehrſuͤch- tigen/ und die Thorheit der Hoͤfflinge/ welche den Kern ihres Lebens einem Fuͤrſten/ oder wohl offt ihren unwuͤrdigen Schooß-Kindern/ die Hefen des Alters aber/ wo es ihnen auch noch ſo gut wird/ den Goͤttern wiedmen. Die Fe- dern/ wormit die Hoͤfflinge vielleicht ſo ge- mein ihre Haͤupter bedecken/ weil es bey Ho- fe faſt immer windicht iſt/ brauche ich viel nuͤtz- licher zum Entwurff meiner der Weißheit nachhaͤngenden Gedancken. Jch lebe mit mir ſelbſt vergnuͤgt/ und ich habe allzu ſpaͤt ge- lernet/ daß ein Weiſer keines andern beduͤrf- fe/ und daß alles/ was auffer ihm iſt/ Uberfluß ſey. Die Groſſen des Reichs/ die ihn haͤuffig beſuch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/358
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/358>, abgerufen am 22.11.2024.