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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fahren/ die Herrschafft über andere sey eine
edle Dienstbarkeit; auch mich beflissen zu er-
weisen/ daß ich den Zepter zu Beschirmung
des Volckes führte/ meiner Würde aber
nicht zu meiner Uppigkeit mißbrauch-
te; daß meine Sorgfalt ersetzte/ was mei-
nem Geschlechte abgehet/ und daß euch eu-
rer Wahl/ mich aber meiner Wachsamkeit für
eure Wolfarth nicht gereuen möchte. Denn
nachdem in Armenien eine Neuigkeit ist/ einer
Königin gehorsamen/ habe ich mich mehr umb
eure Liebe/ als umb eure Dienstbarkeit bewor-
ben. Jch habe nach euren Gesetzen gelebt/
die ich keinen unterworffen bin; denn die Will-
kühr der Könige ist selbst Gesetzes genung/ die
Göttin der Gerechtigkeit lehnet sich stets an
den Richter-Stuhl des Jupiters; Jnsonderheit
wenn sie der Natur gemäß sind/ welche ich
allemal für meine Richtschnur/ und für das auch
über Fürsten herrschende Recht gehalten/ und
so wohl des Seleucus/ als der Parthischen Wei-
sen Meynung verdammet: Unter denen jener
alles Recht sprach/ was ein König seinen Unter-
thanen fürschriebe; wenn es schon wie seines
Sohnes mit der Stiefmutter vollzogene Eh
wider Zucht und Erbarkeit lieffe. Diese aber
bey gebilligter Heyrath des Cambyses mit sei-
ner Schwester fürs höchste Gesetze rühmte:
Ein Persischer König hätte alles zu thun
Macht/ was ihm beliebte. Aber ich sehe
wohl/ daß ihr/ die ihr an die Gesetze gebunden/
nicht nur ohne sie seyn/ sondern der Gesetzge-
berin selbst fürschreiben wollet. Jhr wollt
mich an eine Heyrath binden/ die in der Will-
kühr ieglichen Bürgers steht. Gläubt aber/ daß
wie Unterthanen nichts grössers als ihren Ge-
horsam verlieren/ also unmöglich/ ein König
seyn und gehorchen beysammen stehen könne.
So wenig die Menschen dem Gestirne Gesetze
geben/ und den Lauff der Sonnen einrichten
mögen; so wenig stehet Unterthanen zu/ das
[Spaltenumbruch] Fürnehmen ihrer Obrigkeit zu meistern. Jhr
meynet: Der König sey über das Volck/ aber
das Heil des Reichs über den König. Unter-
sucht ihr aber auch/ daß weniger Köpfe Ehrgeitz
der Uhrheber dieses Fürwands/ der Ungehorsam
der Reiche Untergang sey? Jedoch/ ich wil
mein Urthel nicht so vieler Meynungen fürzie-
hen/ und euch ein Beyspiel zeigen/ daß dieser
der mächtigste König sey/ der über seine Be-
gierden vollmächtig zu gebieten hat. Daß
derselbe die meisten Unterthanen habe/ der sich
der Vernunft unterwirfft/ welche über alles
eine allgemeine Herrschafft hat/ und daß Erato
ein großmüthiger Hertze habe/ als jener Hetru-
rische Landmann/ der sich gegen dem Käyser
August für ein empfangenes Unrecht bedanck-
te/ weil er es nur aus Jrrthum/ ich aber gegen
euch wohl bedacht thue. Sehet! hiermit lege
ich Kron und Zepter nieder; nehmet sie hin/
und gebet sie einem würdigern. Des Gehor-
sams darff ich euch nicht entlassen/ ihr habt
selbten mir selbst schon entzogen. Wormit
ihr aber von mir noch einer Zugabe geniesset/
erkläre ich mich/ daß ich numehr als eine Bür-
gerin verantworten wil/ was ich als eine Kö-
nigin gesündigt zu haben von iemanden be-
schuldigt werden möchte. Bin ich schon die
letzte meines Geschlechtes/ die Armenien be-
herrschet hat/ hoffe ich doch die erste in der
Welt zu seyn/ die ihr Königreich ohne wenige-
re Empfindligkeit von sich stöst. Alle Zu-
schauer waren anders nicht/ als wenn sie der
Blitz gerühret hätte. Alle verstummeten/
sahen einander an/ Oxarthes und etliche an-
dere Aufrührer aber wurden mit Scham-
Röthe übergossen. Denn die Boßheit wird
mehrmals so wohl durch unverhoffte Errei-
chung ihres bösen Zwecks/ als durch Fehl-
schlagung ihrer arglistigen Anschläge beschä-
met. Der einige Artafernes erholete sich/
und fiel der von dem Stuhle niedersteigenden

Köni-
T t 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fahren/ die Herrſchafft uͤber andere ſey eine
edle Dienſtbarkeit; auch mich befliſſen zu er-
weiſen/ daß ich den Zepter zu Beſchirmung
des Volckes fuͤhrte/ meiner Wuͤrde aber
nicht zu meiner Uppigkeit mißbrauch-
te; daß meine Sorgfalt erſetzte/ was mei-
nem Geſchlechte abgehet/ und daß euch eu-
rer Wahl/ mich aber meiner Wachſamkeit fuͤr
eure Wolfarth nicht gereuen moͤchte. Denn
nachdem in Armenien eine Neuigkeit iſt/ einer
Koͤnigin gehorſamen/ habe ich mich mehr umb
eure Liebe/ als umb eure Dienſtbarkeit bewor-
ben. Jch habe nach euren Geſetzen gelebt/
die ich keinen unterworffen bin; denn die Will-
kuͤhr der Koͤnige iſt ſelbſt Geſetzes genung/ die
Goͤttin der Gerechtigkeit lehnet ſich ſtets an
den Richter-Stuhl des Jupiters; Jnſonderheit
wenn ſie der Natur gemaͤß ſind/ welche ich
allemal fuͤr meine Richtſchnur/ und fuͤr das auch
uͤber Fuͤrſten herrſchende Recht gehalten/ und
ſo wohl des Seleucus/ als der Parthiſchen Wei-
ſen Meynung verdammet: Unter denen jener
alles Recht ſprach/ was ein Koͤnig ſeinen Unter-
thanen fuͤrſchriebe; wenn es ſchon wie ſeines
Sohnes mit der Stiefmutter vollzogene Eh
wider Zucht und Erbarkeit lieffe. Dieſe aber
bey gebilligter Heyrath des Cambyſes mit ſei-
ner Schweſter fuͤrs hoͤchſte Geſetze ruͤhmte:
Ein Perſiſcher Koͤnig haͤtte alles zu thun
Macht/ was ihm beliebte. Aber ich ſehe
wohl/ daß ihr/ die ihr an die Geſetze gebunden/
nicht nur ohne ſie ſeyn/ ſondern der Geſetzge-
berin ſelbſt fuͤrſchreiben wollet. Jhr wollt
mich an eine Heyrath binden/ die in der Will-
kuͤhr ieglichen Buͤrgers ſteht. Glaͤubt aber/ daß
wie Unterthanen nichts groͤſſers als ihren Ge-
horſam verlieren/ alſo unmoͤglich/ ein Koͤnig
ſeyn und gehorchen beyſammen ſtehen koͤnne.
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moͤgen; ſo wenig ſtehet Unterthanen zu/ das
[Spaltenumbruch] Fuͤrnehmen ihrer Obrigkeit zu meiſtern. Jhr
meynet: Der Koͤnig ſey uͤber das Volck/ aber
das Heil des Reichs uͤber den Koͤnig. Unter-
ſucht ihr aber auch/ daß weniger Koͤpfe Ehrgeitz
der Uhrheber dieſes Fuͤrwands/ der Ungehorſam
der Reiche Untergang ſey? Jedoch/ ich wil
mein Urthel nicht ſo vieler Meynungen fuͤrzie-
hen/ und euch ein Beyſpiel zeigen/ daß dieſer
der maͤchtigſte Koͤnig ſey/ der uͤber ſeine Be-
gierden vollmaͤchtig zu gebieten hat. Daß
derſelbe die meiſten Unterthanen habe/ der ſich
der Vernunft unterwirfft/ welche uͤber alles
eine allgemeine Herrſchafft hat/ und daß Erato
ein großmuͤthiger Hertze habe/ als jener Hetru-
riſche Landmann/ der ſich gegen dem Kaͤyſer
Auguſt fuͤr ein empfangenes Unrecht bedanck-
te/ weil er es nur aus Jrrthum/ ich aber gegen
euch wohl bedacht thue. Sehet! hiermit lege
ich Kron und Zepter nieder; nehmet ſie hin/
und gebet ſie einem wuͤrdigern. Des Gehor-
ſams darff ich euch nicht entlaſſen/ ihr habt
ſelbten mir ſelbſt ſchon entzogen. Wormit
ihr aber von mir noch einer Zugabe genieſſet/
erklaͤre ich mich/ daß ich numehr als eine Buͤr-
gerin verantworten wil/ was ich als eine Koͤ-
nigin geſuͤndigt zu haben von iemanden be-
ſchuldigt werden moͤchte. Bin ich ſchon die
letzte meines Geſchlechtes/ die Armenien be-
herrſchet hat/ hoffe ich doch die erſte in der
Welt zu ſeyn/ die ihr Koͤnigreich ohne wenige-
re Empfindligkeit von ſich ſtoͤſt. Alle Zu-
ſchauer waren anders nicht/ als wenn ſie der
Blitz geruͤhret haͤtte. Alle verſtummeten/
ſahen einander an/ Oxarthes und etliche an-
dere Aufruͤhrer aber wurden mit Scham-
Roͤthe uͤbergoſſen. Denn die Boßheit wird
mehrmals ſo wohl durch unverhoffte Errei-
chung ihres boͤſen Zwecks/ als durch Fehl-
ſchlagung ihrer argliſtigen Anſchlaͤge beſchaͤ-
met. Der einige Artafernes erholete ſich/
und fiel der von dem Stuhle niederſteigenden

Koͤni-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/367>, abgerufen am 22.11.2024.