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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] stimmen/ daß man die zu sein und seines Vol-
ckes Schande aufgerichtete Gedächtnüß-
Mahle stehen lassen/ und hierdurch diese Gö-
tzen der Ehrsucht verehren solte. Solche Bil-
der rückten mit ihrer stummen Zunge alle Au-
genblicke den Deutschen ihre Fehler für/ und
rissen ihnen täglich die Wunden auf/ daß sie
nimmermehr verheilen könten. Sie machten
den Landes - Fürsten verächtlich/ den Adel
schwürig/ das Volck furchtsam/ und den Pöfel
unbändig. Dieser Ursache halben/ und wor-
mit er durch Verdunckelung der Persischen
Geschichte alleine der Griechen Helden-Tha-
ten in Ansehn setzte/ nicht aber aus einer wollü-
stigen Verleitung der Thais/ habe der grosse
Alexander mit der Persischen Haupt-Stadt al-
le ihre Ehrenmahle eingeäschert; der grosse
Pompejus des Mithridates güldene Wagen/
des Pharnaces und anderer Pontischer Könige
Bilder/ Augustus der Ptolomeer Säulen aus
den Augen selbiger Völcker gethan/ und zu
Rom in Schmeltz-Ofen geworffen. Uber diß
wäre die Aufrichtung solcher Säulen bey de-
nen/ die solches thäten/ ein Aberglaube/ die es a-
ber verstatteten/ ein unerträglicher Ehr-Geitz.
Denn so schändlich es einem Buhler wäre/ sich
mit der Magd seiner Braut gemein machen/ so
unanständig wäre es auch/ wenn man seine Lie-
be nur halb der Tugend/ halb ihrer Magd/
nehmlich der eiteln Ehre/ zutheilte. Ja weil
diese Verehrung allein den Göttern keinem
sterblichen Menschen zukäme/ massen auch die
allerersten zu Rhodis den Göttern wären ge-
wiedmet/ und vom Cadmus bey den Griechen
in die Tempel gesetzt worden; hätte Gott an
vielen/ theils durch ihre Zermalmung seinen
Zorn ausgeübet/ theils selbte zu Merckmahlen
irrdischen Unbestandes und Andeutungen himm-
lischer Rache gebrauchet. Die Säule des Hie-
ro wäre eben den Tag herunter gefallen/ als er
zu Syracuse umkommen. Aus des Sparta-
nischen Hiero Bilde wären beyde Augen gefal-
[Spaltenumbruch] len/ als er kurtz hierauf bey Leuctra ins Graß
gebissen. Die vom Lysander erhobenen Ster-
ne wären vergangen/ und das Antlitz seines
Marmel-Bildes mit wildem Kräutichte über-
wachsen/ ehe er mit dem gantzen Atheniensischen
Heerevon den Lacedemoniern erschlagen wor-
den. Gleichergestalt wäre diese unmäßige
Ehre offt der Ehrsucht zu einer Schiffbruchs-
Klippe und zur Ursache eines gemeinen Auff-
standes worden. Als des Britannischen Kö-
nigs Hippon Stadthalter der Hertzog Bala/
nach erhaltenem Siege wider die Menapier/
Eburoner/ Moriner/ Advaticher und Nervier/
sein Bildnüß/ das zweyen den Adel und das
Volck bedeutenden Bildern auff dem Halse
stand/ aus Ertzt hätte aufrichten lassen/ hätte er
selbige schon gefässelte Völcker zu einem ver-
zweiffelten Abfall/ seinen König um so viel Län-
der/ sich um die Gnade des Königs/ und in
Verachtung des Hoffes bracht. Das Bild
wäre selbst wieder abgebrochen/ und die unzeiti-
ge Ehre in Schimpfverwandelt worden. Zu-
weilen hätten auch diese Säulen einen Drit-
tern den Hals gekostet. Dionysius habe den
Antiphon lassen hinrichten/ weil er gesagt/ diß
wäre das beste Ertzt/ woraus der zweyen Ty-
rannen-Vertreiber des Harmodius und Aristo-
gitons Säulen gegossen wären. Hingegen
wäre Cato zu loben/ daß er für eine grössere Eh-
re geschätzt hätte/ wenn man seinetwegen ge-
fragt: warum er kein/ als weßwegen er ein Eh-
ren-Bild hätte? Und Mecänas habe nichts
weniger dem Käyser klüglich gerathen: Er sol-
te ihme durch Wohlthaten unsichtbare Säu-
len in die Hertzen der Menschen/ keine Gold-
oder silberne aber in Rom aufsetzen; als Augu-
stus nicht allein die ihm anderwerts aus Silber
gegossene Bilder zerschmeltzet/ und dem Apollo
Dreyfüsse daraus gefertigt/ sondern auch ande-
rer abergläubige Heucheley mehrmahls ver-
lacht habe. Denn als einsmahls die Stadt
Tarragon ihm durch eine Gesandschafft zu wis-

sen
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſtimmen/ daß man die zu ſein und ſeines Vol-
ckes Schande aufgerichtete Gedaͤchtnuͤß-
Mahle ſtehen laſſen/ und hierdurch dieſe Goͤ-
tzen der Ehrſucht verehren ſolte. Solche Bil-
der ruͤckten mit ihrer ſtummen Zunge alle Au-
genblicke den Deutſchen ihre Fehler fuͤr/ und
riſſen ihnen taͤglich die Wunden auf/ daß ſie
nimmermehr verheilen koͤnten. Sie machten
den Landes - Fuͤrſten veraͤchtlich/ den Adel
ſchwuͤrig/ das Volck furchtſam/ und den Poͤfel
unbaͤndig. Dieſer Urſache halben/ und wor-
mit er durch Verdunckelung der Perſiſchen
Geſchichte alleine der Griechen Helden-Tha-
ten in Anſehn ſetzte/ nicht aber aus einer wolluͤ-
ſtigen Verleitung der Thais/ habe der groſſe
Alexander mit der Perſiſchen Haupt-Stadt al-
le ihre Ehrenmahle eingeaͤſchert; der groſſe
Pompejus des Mithridates guͤldene Wagen/
des Pharnaces und anderer Pontiſcher Koͤnige
Bilder/ Auguſtus der Ptolomeer Saͤulen aus
den Augen ſelbiger Voͤlcker gethan/ und zu
Rom in Schmeltz-Ofen geworffen. Uber diß
waͤre die Aufrichtung ſolcher Saͤulen bey de-
nen/ die ſolches thaͤten/ ein Aberglaube/ die es a-
ber verſtatteten/ ein unertraͤglicher Ehr-Geitz.
Denn ſo ſchaͤndlich es einem Buhler waͤre/ ſich
mit der Magd ſeiner Braut gemein machen/ ſo
unanſtaͤndig waͤre es auch/ wenn man ſeine Lie-
be nur halb der Tugend/ halb ihrer Magd/
nehmlich der eiteln Ehre/ zutheilte. Ja weil
dieſe Verehrung allein den Goͤttern keinem
ſterblichen Menſchen zukaͤme/ maſſen auch die
allererſten zu Rhodis den Goͤttern waͤren ge-
wiedmet/ und vom Cadmus bey den Griechen
in die Tempel geſetzt worden; haͤtte Gott an
vielen/ theils durch ihre Zermalmung ſeinen
Zorn ausgeuͤbet/ theils ſelbte zu Merckmahlen
irrdiſchen Unbeſtandes und Andeutungen him̃-
liſcher Rache gebrauchet. Die Saͤule des Hie-
ro waͤre eben den Tag herunter gefallen/ als er
zu Syracuſe umkommen. Aus des Sparta-
niſchen Hiero Bilde waͤren beyde Augen gefal-
[Spaltenumbruch] len/ als er kurtz hierauf bey Leuctra ins Graß
gebiſſen. Die vom Lyſander erhobenen Ster-
ne waͤren vergangen/ und das Antlitz ſeines
Marmel-Bildes mit wildem Kraͤutichte uͤber-
wachſen/ ehe er mit dem gantzen Athenienſiſchen
Heerevon den Lacedemoniern erſchlagen wor-
den. Gleichergeſtalt waͤre dieſe unmaͤßige
Ehre offt der Ehrſucht zu einer Schiffbruchs-
Klippe und zur Urſache eines gemeinen Auff-
ſtandes worden. Als des Britanniſchen Koͤ-
nigs Hippon Stadthalter der Hertzog Bala/
nach erhaltenem Siege wider die Menapier/
Eburoner/ Moriner/ Advaticher und Nervier/
ſein Bildnuͤß/ das zweyen den Adel und das
Volck bedeutenden Bildern auff dem Halſe
ſtand/ aus Ertzt haͤtte aufrichten laſſen/ haͤtte er
ſelbige ſchon gefaͤſſelte Voͤlcker zu einem ver-
zweiffelten Abfall/ ſeinen Koͤnig um ſo viel Laͤn-
der/ ſich um die Gnade des Koͤnigs/ und in
Verachtung des Hoffes bracht. Das Bild
waͤre ſelbſt wieder abgebrochen/ und die unzeiti-
ge Ehre in Schimpfverwandelt worden. Zu-
weilen haͤtten auch dieſe Saͤulen einen Drit-
tern den Hals gekoſtet. Dionyſius habe den
Antiphon laſſen hinrichten/ weil er geſagt/ diß
waͤre das beſte Ertzt/ woraus der zweyen Ty-
rannen-Vertreiber des Harmodius und Ariſto-
gitons Saͤulen gegoſſen waͤren. Hingegen
waͤre Cato zu loben/ daß er fuͤr eine groͤſſere Eh-
re geſchaͤtzt haͤtte/ wenn man ſeinetwegen ge-
fragt: warum er kein/ als weßwegen er ein Eh-
ren-Bild haͤtte? Und Mecaͤnas habe nichts
weniger dem Kaͤyſer kluͤglich gerathen: Er ſol-
te ihme durch Wohlthaten unſichtbare Saͤu-
len in die Hertzen der Menſchen/ keine Gold-
oder ſilberne aber in Rom aufſetzen; als Augu-
ſtus nicht allein die ihm anderwerts aus Silber
gegoſſene Bilder zerſchmeltzet/ und dem Apollo
Dreyfuͤſſe daraus gefertigt/ ſondern auch ande-
rer aberglaͤubige Heucheley mehrmahls ver-
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Tarragon ihm durch eine Geſandſchafft zu wiſ-

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[339/0393] Arminius und Thußnelda. ſtimmen/ daß man die zu ſein und ſeines Vol- ckes Schande aufgerichtete Gedaͤchtnuͤß- Mahle ſtehen laſſen/ und hierdurch dieſe Goͤ- tzen der Ehrſucht verehren ſolte. Solche Bil- der ruͤckten mit ihrer ſtummen Zunge alle Au- genblicke den Deutſchen ihre Fehler fuͤr/ und riſſen ihnen taͤglich die Wunden auf/ daß ſie nimmermehr verheilen koͤnten. Sie machten den Landes - Fuͤrſten veraͤchtlich/ den Adel ſchwuͤrig/ das Volck furchtſam/ und den Poͤfel unbaͤndig. Dieſer Urſache halben/ und wor- mit er durch Verdunckelung der Perſiſchen Geſchichte alleine der Griechen Helden-Tha- ten in Anſehn ſetzte/ nicht aber aus einer wolluͤ- ſtigen Verleitung der Thais/ habe der groſſe Alexander mit der Perſiſchen Haupt-Stadt al- le ihre Ehrenmahle eingeaͤſchert; der groſſe Pompejus des Mithridates guͤldene Wagen/ des Pharnaces und anderer Pontiſcher Koͤnige Bilder/ Auguſtus der Ptolomeer Saͤulen aus den Augen ſelbiger Voͤlcker gethan/ und zu Rom in Schmeltz-Ofen geworffen. Uber diß waͤre die Aufrichtung ſolcher Saͤulen bey de- nen/ die ſolches thaͤten/ ein Aberglaube/ die es a- ber verſtatteten/ ein unertraͤglicher Ehr-Geitz. Denn ſo ſchaͤndlich es einem Buhler waͤre/ ſich mit der Magd ſeiner Braut gemein machen/ ſo unanſtaͤndig waͤre es auch/ wenn man ſeine Lie- be nur halb der Tugend/ halb ihrer Magd/ nehmlich der eiteln Ehre/ zutheilte. Ja weil dieſe Verehrung allein den Goͤttern keinem ſterblichen Menſchen zukaͤme/ maſſen auch die allererſten zu Rhodis den Goͤttern waͤren ge- wiedmet/ und vom Cadmus bey den Griechen in die Tempel geſetzt worden; haͤtte Gott an vielen/ theils durch ihre Zermalmung ſeinen Zorn ausgeuͤbet/ theils ſelbte zu Merckmahlen irrdiſchen Unbeſtandes und Andeutungen him̃- liſcher Rache gebrauchet. Die Saͤule des Hie- ro waͤre eben den Tag herunter gefallen/ als er zu Syracuſe umkommen. Aus des Sparta- niſchen Hiero Bilde waͤren beyde Augen gefal- len/ als er kurtz hierauf bey Leuctra ins Graß gebiſſen. Die vom Lyſander erhobenen Ster- ne waͤren vergangen/ und das Antlitz ſeines Marmel-Bildes mit wildem Kraͤutichte uͤber- wachſen/ ehe er mit dem gantzen Athenienſiſchen Heerevon den Lacedemoniern erſchlagen wor- den. Gleichergeſtalt waͤre dieſe unmaͤßige Ehre offt der Ehrſucht zu einer Schiffbruchs- Klippe und zur Urſache eines gemeinen Auff- ſtandes worden. Als des Britanniſchen Koͤ- nigs Hippon Stadthalter der Hertzog Bala/ nach erhaltenem Siege wider die Menapier/ Eburoner/ Moriner/ Advaticher und Nervier/ ſein Bildnuͤß/ das zweyen den Adel und das Volck bedeutenden Bildern auff dem Halſe ſtand/ aus Ertzt haͤtte aufrichten laſſen/ haͤtte er ſelbige ſchon gefaͤſſelte Voͤlcker zu einem ver- zweiffelten Abfall/ ſeinen Koͤnig um ſo viel Laͤn- der/ ſich um die Gnade des Koͤnigs/ und in Verachtung des Hoffes bracht. Das Bild waͤre ſelbſt wieder abgebrochen/ und die unzeiti- ge Ehre in Schimpfverwandelt worden. Zu- weilen haͤtten auch dieſe Saͤulen einen Drit- tern den Hals gekoſtet. Dionyſius habe den Antiphon laſſen hinrichten/ weil er geſagt/ diß waͤre das beſte Ertzt/ woraus der zweyen Ty- rannen-Vertreiber des Harmodius und Ariſto- gitons Saͤulen gegoſſen waͤren. Hingegen waͤre Cato zu loben/ daß er fuͤr eine groͤſſere Eh- re geſchaͤtzt haͤtte/ wenn man ſeinetwegen ge- fragt: warum er kein/ als weßwegen er ein Eh- ren-Bild haͤtte? Und Mecaͤnas habe nichts weniger dem Kaͤyſer kluͤglich gerathen: Er ſol- te ihme durch Wohlthaten unſichtbare Saͤu- len in die Hertzen der Menſchen/ keine Gold- oder ſilberne aber in Rom aufſetzen; als Augu- ſtus nicht allein die ihm anderwerts aus Silber gegoſſene Bilder zerſchmeltzet/ und dem Apollo Dreyfuͤſſe daraus gefertigt/ ſondern auch ande- rer aberglaͤubige Heucheley mehrmahls ver- lacht habe. Denn als einsmahls die Stadt Tarragon ihm durch eine Geſandſchafft zu wiſ- ſen U u 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/393>, abgerufen am 22.11.2024.