Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
landes nur des Raths Vorsorge billigte; welchemeinte/ daß durch diese Künste dem Römischen Reiche ein Ansehn zuwüchse; und die Welt sich weniger einem Gotte als Menschen unterthä- nig zu seyn schämen würde. Die Persen und des Atlantischen Eylandes Jnwohner bezeug- ten gegen ihrem Könige nur deßhalben einen so blinden Gehorsam/ weil jene gläubten/ daß er die Stütze des Himmels und der Erde/ sein Fußwasser aber eine heilige Artzney wider viel Kranckheiten wäre; Diese aber daß er liesse Sonne und Monde scheinen. Malovend fiel ein: Er könte einen frommen Betrug der Staats-Klugheit nicht verwerffen/ als durch welchen Numa/ Scipio/ Lucius Sylla/ Ser- torius/ Minos und Pisistratus ihrem Thun und Gesetzen gleichsam ein göttliches Ansehn gemacht; Er verargte den Griechen nicht die Aufrichtung des Trojanischen Pferdes/ denen Phöniciern und Zazinthiern den von den Göt- tern ihrem Fürgeben nach im Traume befohl- nen Tempel- oder vielmehr Festungs-Bau/ daraus sie sich gantz Hispaniens bemächtigt; Aber Gott die Würde der Gottheit/ und die Ehre der Anruffung abstehlen/ wäre eine ver- dammlichere Boßheit/ als ein ärgerlicher Jrr- thum/ daß der Gottesdienst nur eine Erfin- dung der Staats-Klugheit wäre. Denn die- se steckten nur in dem Finsternüsse der Unwis- senheit; jene aber wären die wahrhafftesten Rie- sen/ die den Himmel vorsetzlich stürmeten/ und der Salmoneus/ der mit seinem Donner den Jupiter zum Streit ausforderte. Diesem- nach auch sie von der göttlichen Rache durch Blitz eingeäschert zu werden verdienten; und hätten alle vernünfftige Weisen solche eitele Vergötterung verspottet/ der Rath zu Athen auch den Demas gar recht mit einer Geld-Bus- se belegt/ weil von ihm der sterbliche Alexander bey denen Olympischen Spielen als ein GOtt eingeschrieben worden wäre. Ja Leonnatus hätte sich nicht gescheuet/ einen den Alexander [Spaltenumbruch] anbetenden Persen ins Antlitz zu verhöhnen; und Hermolaus hätte nebst denen andern Edel- Knaben deßhalben den eitelen Alexander zu er- würgen sich verbunden. Gleichwol aber/ ver- setzte Zeno/ ist der Delphische Apollo selbst so ei- versüchtig nicht gewest/ in dem er den Griechen gerathen den Hercules zu vergöttern. Adgan- dester begegnete ihm: Es hat der Delphische Wahrsager-Geist wol eher dem Könige Phi- lip und andern liebgekoset. Weil aber August selbst wol ehender mit dem Agrippa/ Alexander mit seinem Hephestion wegen allzu grossen An- sehens geeivert hat; und kein Stern in Anwe- senheit der Sonne sich einigen Glantz von sich zu geben erkühnet; möchten die armen Sterb- lichen sich wol selbst bescheiden/ daß sie gegen GOtt Spreue/ und keiner Göttligkeit fähig sind; der angebetete Darius/ Xerxes und Ar- taxerxes auch leider ein Gelächter der ohnmäch- tigsten Menschen worden/ als den ersten die Scythen/ den andern zwey Griechische Städ- te/ den dritten Clearchus und Xenophon gleich- sam in ein Bocks-Horn gejaget. Hertzog Zeno merckte/ daß die Eitelkeit der Gal- Erster Theil. Z z
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
landes nur des Raths Vorſorge billigte; welchemeinte/ daß durch dieſe Kuͤnſte dem Roͤmiſchen Reiche ein Anſehn zuwuͤchſe; und die Welt ſich weniger einem Gotte als Menſchen unterthaͤ- nig zu ſeyn ſchaͤmen wuͤrde. Die Perſen und des Atlantiſchen Eylandes Jnwohner bezeug- ten gegen ihrem Koͤnige nur deßhalben einen ſo blinden Gehorſam/ weil jene glaͤubten/ daß er die Stuͤtze des Himmels und der Erde/ ſein Fußwaſſer aber eine heilige Artzney wider viel Kranckheiten waͤre; Dieſe aber daß er lieſſe Sonne und Monde ſcheinen. Malovend fiel ein: Er koͤnte einen frommen Betrug der Staats-Klugheit nicht verwerffen/ als durch welchen Numa/ Scipio/ Lucius Sylla/ Ser- torius/ Minos und Piſiſtratus ihrem Thun und Geſetzen gleichſam ein goͤttliches Anſehn gemacht; Er verargte den Griechen nicht die Aufrichtung des Trojaniſchen Pferdes/ denen Phoͤniciern und Zazinthiern den von den Goͤt- tern ihrem Fuͤrgeben nach im Traume befohl- nen Tempel- oder vielmehr Feſtungs-Bau/ daraus ſie ſich gantz Hiſpaniens bemaͤchtigt; Aber Gott die Wuͤrde der Gottheit/ und die Ehre der Anruffung abſtehlen/ waͤre eine ver- dammlichere Boßheit/ als ein aͤrgerlicher Jrr- thum/ daß der Gottesdienſt nur eine Erfin- dung der Staats-Klugheit waͤre. Denn die- ſe ſteckten nur in dem Finſternuͤſſe der Unwiſ- ſenheit; jene aber waͤren die wahrhaffteſten Rie- ſen/ die den Himmel vorſetzlich ſtuͤrmeten/ und der Salmoneus/ der mit ſeinem Donner den Jupiter zum Streit ausforderte. Dieſem- nach auch ſie von der goͤttlichen Rache durch Blitz eingeaͤſchert zu werden verdienten; und haͤtten alle vernuͤnfftige Weiſen ſolche eitele Vergoͤtterung verſpottet/ der Rath zu Athen auch den Demas gar recht mit einer Geld-Buſ- ſe belegt/ weil von ihm der ſterbliche Alexander bey denen Olympiſchen Spielen als ein GOtt eingeſchrieben worden waͤre. Ja Leonnatus haͤtte ſich nicht geſcheuet/ einen den Alexander [Spaltenumbruch] anbetenden Perſen ins Antlitz zu verhoͤhnen; und Hermolaus haͤtte nebſt denen andern Edel- Knaben deßhalben den eitelen Alexander zu er- wuͤrgen ſich verbunden. Gleichwol aber/ ver- ſetzte Zeno/ iſt der Delphiſche Apollo ſelbſt ſo ei- verſuͤchtig nicht geweſt/ in dem er den Griechen gerathen den Hercules zu vergoͤttern. Adgan- deſter begegnete ihm: Es hat der Delphiſche Wahrſager-Geiſt wol eher dem Koͤnige Phi- lip und andern liebgekoſet. Weil aber Auguſt ſelbſt wol ehender mit dem Agrippa/ Alexander mit ſeinem Hepheſtion wegen allzu groſſen An- ſehens geeivert hat; und kein Stern in Anwe- ſenheit der Sonne ſich einigen Glantz von ſich zu geben erkuͤhnet; moͤchten die armen Sterb- lichen ſich wol ſelbſt beſcheiden/ daß ſie gegen GOtt Spreue/ und keiner Goͤttligkeit faͤhig ſind; der angebetete Darius/ Xerxes und Ar- taxerxes auch leider ein Gelaͤchter der ohnmaͤch- tigſten Menſchen worden/ als den erſten die Scythen/ den andern zwey Griechiſche Staͤd- te/ den dritten Clearchus und Xenophon gleich- ſam in ein Bocks-Horn gejaget. Hertzog Zeno merckte/ daß die Eitelkeit der Gal- Erſter Theil. Z z
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Arminius und Thußnelda.
landes nur des Raths Vorſorge billigte; welche
meinte/ daß durch dieſe Kuͤnſte dem Roͤmiſchen
Reiche ein Anſehn zuwuͤchſe; und die Welt ſich
weniger einem Gotte als Menſchen unterthaͤ-
nig zu ſeyn ſchaͤmen wuͤrde. Die Perſen und
des Atlantiſchen Eylandes Jnwohner bezeug-
ten gegen ihrem Koͤnige nur deßhalben einen ſo
blinden Gehorſam/ weil jene glaͤubten/ daß er
die Stuͤtze des Himmels und der Erde/ ſein
Fußwaſſer aber eine heilige Artzney wider viel
Kranckheiten waͤre; Dieſe aber daß er lieſſe
Sonne und Monde ſcheinen. Malovend fiel
ein: Er koͤnte einen frommen Betrug der
Staats-Klugheit nicht verwerffen/ als durch
welchen Numa/ Scipio/ Lucius Sylla/ Ser-
torius/ Minos und Piſiſtratus ihrem Thun
und Geſetzen gleichſam ein goͤttliches Anſehn
gemacht; Er verargte den Griechen nicht die
Aufrichtung des Trojaniſchen Pferdes/ denen
Phoͤniciern und Zazinthiern den von den Goͤt-
tern ihrem Fuͤrgeben nach im Traume befohl-
nen Tempel- oder vielmehr Feſtungs-Bau/
daraus ſie ſich gantz Hiſpaniens bemaͤchtigt;
Aber Gott die Wuͤrde der Gottheit/ und die
Ehre der Anruffung abſtehlen/ waͤre eine ver-
dammlichere Boßheit/ als ein aͤrgerlicher Jrr-
thum/ daß der Gottesdienſt nur eine Erfin-
dung der Staats-Klugheit waͤre. Denn die-
ſe ſteckten nur in dem Finſternuͤſſe der Unwiſ-
ſenheit; jene aber waͤren die wahrhaffteſten Rie-
ſen/ die den Himmel vorſetzlich ſtuͤrmeten/ und
der Salmoneus/ der mit ſeinem Donner den
Jupiter zum Streit ausforderte. Dieſem-
nach auch ſie von der goͤttlichen Rache durch
Blitz eingeaͤſchert zu werden verdienten; und
haͤtten alle vernuͤnfftige Weiſen ſolche eitele
Vergoͤtterung verſpottet/ der Rath zu Athen
auch den Demas gar recht mit einer Geld-Buſ-
ſe belegt/ weil von ihm der ſterbliche Alexander
bey denen Olympiſchen Spielen als ein GOtt
eingeſchrieben worden waͤre. Ja Leonnatus
haͤtte ſich nicht geſcheuet/ einen den Alexander
anbetenden Perſen ins Antlitz zu verhoͤhnen;
und Hermolaus haͤtte nebſt denen andern Edel-
Knaben deßhalben den eitelen Alexander zu er-
wuͤrgen ſich verbunden. Gleichwol aber/ ver-
ſetzte Zeno/ iſt der Delphiſche Apollo ſelbſt ſo ei-
verſuͤchtig nicht geweſt/ in dem er den Griechen
gerathen den Hercules zu vergoͤttern. Adgan-
deſter begegnete ihm: Es hat der Delphiſche
Wahrſager-Geiſt wol eher dem Koͤnige Phi-
lip und andern liebgekoſet. Weil aber Auguſt
ſelbſt wol ehender mit dem Agrippa/ Alexander
mit ſeinem Hepheſtion wegen allzu groſſen An-
ſehens geeivert hat; und kein Stern in Anwe-
ſenheit der Sonne ſich einigen Glantz von ſich
zu geben erkuͤhnet; moͤchten die armen Sterb-
lichen ſich wol ſelbſt beſcheiden/ daß ſie gegen
GOtt Spreue/ und keiner Goͤttligkeit faͤhig
ſind; der angebetete Darius/ Xerxes und Ar-
taxerxes auch leider ein Gelaͤchter der ohnmaͤch-
tigſten Menſchen worden/ als den erſten die
Scythen/ den andern zwey Griechiſche Staͤd-
te/ den dritten Clearchus und Xenophon gleich-
ſam in ein Bocks-Horn gejaget.
Hertzog Zeno merckte/ daß die Eitelkeit der
Vergoͤtterung allen Deutſchen ein Dorn in
Augen waͤre; alſo brach er von derſelben Ent-
ſchuldigung ab/ und erſuchte den Fuͤrſten Ad-
gandeſter in ſeiner annehmlichern Erzehlung
fortzufahren. Dieſer verfolgte ſie dergeſtalt:
Das Buͤndnuͤß ward zwiſchen denen durch des
Agrippa ſtrenge Verfahrung/ und des Licin-
nius Geitz und unmenſchliche Schinderey ohne
diß vorher verbitterten Gallier dem Sicambri-
ſchen Hertzoge Anthario und den Fuͤrſten der
Ubier Beer-Muth ins geheim/ und inſonder-
heit durch Unterhandlung der uͤber des Augu-
ſtus Vergoͤtterung eivernden Druyden beſchloſ-
ſen. Alleine die Roͤmer kriegten hiervon zeit-
lich Kundſchafft; und der zu Beobachtung der
Deutſchen und Gallier zuruͤck gelaſſenen Dru-
ſus beruffte unter dem Scheine des Auguſtus
Feyer abermahls zu begehen/ die Fuͤrſten der
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/415>, abgerufen am 26.06.2024. |