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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch]
Es bet' Egyptenland Hecht'/ Aal' und Karpen an;
Die Barben ess' Octav' für Jupiters Gehirne/
Es steig' aus Böthens Pful der Wallfisch ins Gestirne/
Weil er aus seiner Fluth der Venus Kind gewan;
Nehmt ihr zwey güldnen Fisch' auch's Himmels Thier-Kreiß
ein/

Weil Venus und ihr Sohn sich so verstellet haben/
Als sie für Typhons Grimm die Flucht ins Wasser gaben;
Die Purpur-Muschel mag der Wollust Abgott seyn/
Weil sie der Achsel Glantz/ dem Halse Perlen gibt;
Es schätze Julius gemeine Milch-Murenen/
Die ihm muß Hireius zum Sieges-Maale lehnen;
Antonia ist in vernünftige verliebt.

Diese seltzame Liebe zu einem Fische/ und die
Kirrung dieser Murene/ welche Antonia ge-
wehnte daß sie sich auf ihr Zuruffen an das Ufer
näherte/ und ihr aus den Händen aaß/ verursach-
te viel vorwitzige Römer sich in dieser lustigen
Gegend oftmals einzufinden/ und mit diesem
freundlichen Fische ihre Kurtzweil zu haben.
Unter diesen fand sich auch offtmals Lucius Mu-
räna/ welchem Antoniens Liebs-Bezeugung
bald anfangs nachdencklich vorkommen war.
Wie er nun folgends die eingegrabene Schrifft
zu Gesichte bekam; überlaß er selbte wohl zehn-
mal/ und insonderheit bedauchte ihn/ daß der letz-
te Reim ihm das völlige Räthsel auflösete/ nem-
lich/ daß Antoniens Kurtzweil ein blosses Sin--
nen-Bild/ und die darschwimmende Murene
nur das Zeichen/ er aber selbst der bezeichnete
wäre. Wie er sich nun theils mit diesen süssen
Gedancken eine gute Zeit gekützelt/ theils auch
mit der Beysorge allzu vermessener Einbildung
lange geschlagen hatte; sintemal Hoffnung und
Furcht an der Spille der Liebe die zwey Wirtel
sind/ mit denen sich das Gemüthe der Liebhaber
herumb drehet/ ereignete sich/ daß Antonia mit
ihrer Mutter Octavia und Mecenas zu dem
Weiher kam/ und den Muräna daselbst sich auf
das Gelender auflehnende auch gantz ausser sich
und unbeweglich antraffen. Er ward ihrer
auch ehe nicht gewahr/ als biß Antonia die Mu-
[Spaltenumbruch] rene mit dem Munde lockte/ und diese aus dem
Wasser empor sprang; worauf er mit einig
mässiger Veränderung gegen ihnen die gebüh-
rende Ehrerbietung bezeugte. Octavia fragte
ihn hierauf: Ob die Verwunderung oder die
Zuneigung zu diesem Fische ihn so eingenom-
men/ und unempfindlich gemacht hätte? Mu-
räna antwortete: Es habe ihn zugleich beydes
übermeistert; denn dem/ was eine so schöne Für-
stin liebte/ könte man ohne ihre Beleidigung
nicht gram seyn; zu verwundern aber wäre sich
über derselben Leutseligkeit/ daß ihre Gunst auch
diß nicht verschmähete/ was von ihrer Würdig-
keit doch so weit entfernet wäre. Antonia ver-
setzte mit einer freundlichen Geberdung: Jhrem
Urthel nach hätte er sich so viel weniger über ih-
rer/ als der alldar schwimmenden und ihr so lieb-
kosenden Murene zu verwundern/ so viel mehr
die Gewalt etwas zu erwehlen und zu un-
terscheiden dem Menschen für einem
unvernünftigen Thiere zukäme. Muräna
begegnete ihr: Es wäre aber dem natürlichen
Triebe und der Vernunft/ derer ersteres die
Thiere so gut/ das andere aber in weniger Maaß
besässen/ gemäß/ daß das unwürdigere das wür-
digere/ dieses aber nicht eben jenes liebte. Bey-
des erhärtete der Elefant zu Alexandria des
Aristophanes Nebenbuhler/ der dem von ihm
geliebten Mägdlein mit der Schnautze aufs
freundlichste liebkosete/ und sie täglich mit Obste
beschenckte; der Drache/ welcher ein Etolisches
Weib täglich besuchte/ inbrünstig umbhalsete/
und in die Ferne ihr nachzoh; der Stier/ welcher
in die Lauten - Schlägerin Glauce/ und die
Gans/ die in Egypten in einen Knaben verliebt
war; ein Panter-Thier habe des Philinus Va-
ter alle Gewogenheit erzeiget; und ein Drache
den Thoas in Arcadien aus den Händen der
Räuber errettet; eine Schlange in Egypten eines
ihrer eigenen Jungen getödtet/ weil es ihres Wir-
thes Sohn umbgebracht; eine Wölffin habe den
Romulus und Remus/ eine Hindin den Cyrus/

viel
Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch]
Es bet’ Egyptenland Hecht’/ Aal’ und Karpen an;
Die Barben eſſ’ Octav’ fuͤr Jupiters Gehirne/
Es ſteig’ aus Boͤthens Pful der Wallfiſch ins Geſtirne/
Weil er aus ſeiner Fluth der Venus Kind gewan;
Nehmt ihr zwey guͤldnen Fiſch’ auch’s Himmels Thier-Kreiß
ein/

Weil Venus und ihr Sohn ſich ſo verſtellet haben/
Als ſie fuͤr Typhons Grimm die Flucht ins Waſſer gaben;
Die Purpur-Muſchel mag der Wolluſt Abgott ſeyn/
Weil ſie der Achſel Glantz/ dem Halſe Perlen gibt;
Es ſchaͤtze Julius gemeine Milch-Murenen/
Die ihm muß Hireius zum Sieges-Maale lehnen;
Antonia iſt in vernuͤnftige verliebt.

Dieſe ſeltzame Liebe zu einem Fiſche/ und die
Kirrung dieſer Murene/ welche Antonia ge-
wehnte daß ſie ſich auf ihr Zuruffen an das Ufer
naͤherte/ und ihr aus den Haͤnden aaß/ verurſach-
te viel vorwitzige Roͤmer ſich in dieſer luſtigen
Gegend oftmals einzufinden/ und mit dieſem
freundlichen Fiſche ihre Kurtzweil zu haben.
Unter dieſen fand ſich auch offtmals Lucius Mu-
raͤna/ welchem Antoniens Liebs-Bezeugung
bald anfangs nachdencklich vorkommen war.
Wie er nun folgends die eingegrabene Schrifft
zu Geſichte bekam; uͤberlaß er ſelbte wohl zehn-
mal/ und inſonderheit bedauchte ihn/ daß der letz-
te Reim ihm das voͤllige Raͤthſel aufloͤſete/ nem-
lich/ daß Antoniens Kurtzweil ein bloſſes Sin--
nen-Bild/ und die darſchwimmende Murene
nur das Zeichen/ er aber ſelbſt der bezeichnete
waͤre. Wie er ſich nun theils mit dieſen ſuͤſſen
Gedancken eine gute Zeit gekuͤtzelt/ theils auch
mit der Beyſorge allzu vermeſſener Einbildung
lange geſchlagen hatte; ſintemal Hoffnung und
Furcht an der Spille der Liebe die zwey Wirtel
ſind/ mit denen ſich das Gemuͤthe der Liebhaber
herumb drehet/ ereignete ſich/ daß Antonia mit
ihrer Mutter Octavia und Mecenas zu dem
Weiher kam/ und den Muraͤna daſelbſt ſich auf
das Gelender auflehnende auch gantz auſſer ſich
und unbeweglich antraffen. Er ward ihrer
auch ehe nicht gewahr/ als biß Antonia die Mu-
[Spaltenumbruch] rene mit dem Munde lockte/ und dieſe aus dem
Waſſer empor ſprang; worauf er mit einig
maͤſſiger Veraͤnderung gegen ihnen die gebuͤh-
rende Ehrerbietung bezeugte. Octavia fragte
ihn hierauf: Ob die Verwunderung oder die
Zuneigung zu dieſem Fiſche ihn ſo eingenom-
men/ und unempfindlich gemacht haͤtte? Mu-
raͤna antwortete: Es habe ihn zugleich beydes
uͤbermeiſtert; denn dem/ was eine ſo ſchoͤne Fuͤr-
ſtin liebte/ koͤnte man ohne ihre Beleidigung
nicht gram ſeyn; zu verwundern aber waͤre ſich
uͤber derſelben Leutſeligkeit/ daß ihre Gunſt auch
diß nicht verſchmaͤhete/ was von ihrer Wuͤrdig-
keit doch ſo weit entfernet waͤre. Antonia ver-
ſetzte mit einer freundlichen Geberdung: Jhrem
Urthel nach haͤtte er ſich ſo viel weniger uͤber ih-
rer/ als der alldar ſchwimmenden und ihr ſo lieb-
koſenden Murene zu verwundern/ ſo viel mehr
die Gewalt etwas zu erwehlen und zu un-
terſcheiden dem Menſchen fuͤr einem
unvernuͤnftigen Thiere zukaͤme. Muraͤna
begegnete ihr: Es waͤre aber dem natuͤrlichen
Triebe und der Vernunft/ derer erſteres die
Thiere ſo gut/ das andere aber in weniger Maaß
beſaͤſſen/ gemaͤß/ daß das unwuͤrdigere das wuͤr-
digere/ dieſes aber nicht eben jenes liebte. Bey-
des erhaͤrtete der Elefant zu Alexandria des
Ariſtophanes Nebenbuhler/ der dem von ihm
geliebten Maͤgdlein mit der Schnautze aufs
freundlichſte liebkoſete/ und ſie taͤglich mit Obſte
beſchenckte; der Drache/ welcher ein Etoliſches
Weib taͤglich beſuchte/ inbruͤnſtig umbhalſete/
und in die Ferne ihr nachzoh; der Stier/ welcher
in die Lauten - Schlaͤgerin Glauce/ und die
Gans/ die in Egypten in einen Knaben verliebt
war; ein Panter-Thier habe des Philinus Va-
ter alle Gewogenheit erzeiget; und ein Drache
den Thoas in Arcadien aus den Haͤnden der
Raͤubeꝛ errettet; eine Schlange in Egypten eines
ihreꝛ eigenen Jungen getoͤdtet/ weil es ihꝛes Wiꝛ-
thes Sohn umbgebracht; eine Woͤlffin habe den
Romulus und Remus/ eine Hindin den Cyrus/

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[386/0440] Vierdtes Buch Es bet’ Egyptenland Hecht’/ Aal’ und Karpen an; Die Barben eſſ’ Octav’ fuͤr Jupiters Gehirne/ Es ſteig’ aus Boͤthens Pful der Wallfiſch ins Geſtirne/ Weil er aus ſeiner Fluth der Venus Kind gewan; Nehmt ihr zwey guͤldnen Fiſch’ auch’s Himmels Thier-Kreiß ein/ Weil Venus und ihr Sohn ſich ſo verſtellet haben/ Als ſie fuͤr Typhons Grimm die Flucht ins Waſſer gaben; Die Purpur-Muſchel mag der Wolluſt Abgott ſeyn/ Weil ſie der Achſel Glantz/ dem Halſe Perlen gibt; Es ſchaͤtze Julius gemeine Milch-Murenen/ Die ihm muß Hireius zum Sieges-Maale lehnen; Antonia iſt in vernuͤnftige verliebt. Dieſe ſeltzame Liebe zu einem Fiſche/ und die Kirrung dieſer Murene/ welche Antonia ge- wehnte daß ſie ſich auf ihr Zuruffen an das Ufer naͤherte/ und ihr aus den Haͤnden aaß/ verurſach- te viel vorwitzige Roͤmer ſich in dieſer luſtigen Gegend oftmals einzufinden/ und mit dieſem freundlichen Fiſche ihre Kurtzweil zu haben. Unter dieſen fand ſich auch offtmals Lucius Mu- raͤna/ welchem Antoniens Liebs-Bezeugung bald anfangs nachdencklich vorkommen war. Wie er nun folgends die eingegrabene Schrifft zu Geſichte bekam; uͤberlaß er ſelbte wohl zehn- mal/ und inſonderheit bedauchte ihn/ daß der letz- te Reim ihm das voͤllige Raͤthſel aufloͤſete/ nem- lich/ daß Antoniens Kurtzweil ein bloſſes Sin-- nen-Bild/ und die darſchwimmende Murene nur das Zeichen/ er aber ſelbſt der bezeichnete waͤre. Wie er ſich nun theils mit dieſen ſuͤſſen Gedancken eine gute Zeit gekuͤtzelt/ theils auch mit der Beyſorge allzu vermeſſener Einbildung lange geſchlagen hatte; ſintemal Hoffnung und Furcht an der Spille der Liebe die zwey Wirtel ſind/ mit denen ſich das Gemuͤthe der Liebhaber herumb drehet/ ereignete ſich/ daß Antonia mit ihrer Mutter Octavia und Mecenas zu dem Weiher kam/ und den Muraͤna daſelbſt ſich auf das Gelender auflehnende auch gantz auſſer ſich und unbeweglich antraffen. Er ward ihrer auch ehe nicht gewahr/ als biß Antonia die Mu- rene mit dem Munde lockte/ und dieſe aus dem Waſſer empor ſprang; worauf er mit einig maͤſſiger Veraͤnderung gegen ihnen die gebuͤh- rende Ehrerbietung bezeugte. Octavia fragte ihn hierauf: Ob die Verwunderung oder die Zuneigung zu dieſem Fiſche ihn ſo eingenom- men/ und unempfindlich gemacht haͤtte? Mu- raͤna antwortete: Es habe ihn zugleich beydes uͤbermeiſtert; denn dem/ was eine ſo ſchoͤne Fuͤr- ſtin liebte/ koͤnte man ohne ihre Beleidigung nicht gram ſeyn; zu verwundern aber waͤre ſich uͤber derſelben Leutſeligkeit/ daß ihre Gunſt auch diß nicht verſchmaͤhete/ was von ihrer Wuͤrdig- keit doch ſo weit entfernet waͤre. Antonia ver- ſetzte mit einer freundlichen Geberdung: Jhrem Urthel nach haͤtte er ſich ſo viel weniger uͤber ih- rer/ als der alldar ſchwimmenden und ihr ſo lieb- koſenden Murene zu verwundern/ ſo viel mehr die Gewalt etwas zu erwehlen und zu un- terſcheiden dem Menſchen fuͤr einem unvernuͤnftigen Thiere zukaͤme. Muraͤna begegnete ihr: Es waͤre aber dem natuͤrlichen Triebe und der Vernunft/ derer erſteres die Thiere ſo gut/ das andere aber in weniger Maaß beſaͤſſen/ gemaͤß/ daß das unwuͤrdigere das wuͤr- digere/ dieſes aber nicht eben jenes liebte. Bey- des erhaͤrtete der Elefant zu Alexandria des Ariſtophanes Nebenbuhler/ der dem von ihm geliebten Maͤgdlein mit der Schnautze aufs freundlichſte liebkoſete/ und ſie taͤglich mit Obſte beſchenckte; der Drache/ welcher ein Etoliſches Weib taͤglich beſuchte/ inbruͤnſtig umbhalſete/ und in die Ferne ihr nachzoh; der Stier/ welcher in die Lauten - Schlaͤgerin Glauce/ und die Gans/ die in Egypten in einen Knaben verliebt war; ein Panter-Thier habe des Philinus Va- ter alle Gewogenheit erzeiget; und ein Drache den Thoas in Arcadien aus den Haͤnden der Raͤubeꝛ errettet; eine Schlange in Egypten eines ihreꝛ eigenen Jungen getoͤdtet/ weil es ihꝛes Wiꝛ- thes Sohn umbgebracht; eine Woͤlffin habe den Romulus und Remus/ eine Hindin den Cyrus/ viel

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/440>, abgerufen am 22.11.2024.