Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
bey erregtem Geschrey sich fertig gemacht hat-ten; wiewohl Saloninens Bericht nach die Räuber/ welche sie an einem Baum feste ange- bunden gelassen/ ihr auch den Mund verstopfft/ den Fürsten Zeno aber tödtlich verwundet hat- ten/ schon etliche Stunden zu ihrem Vorsprun- ge ihrer Flucht hatten. Gleichwohl aber ka- men sie auff die Spur/ und behielten selbte wohl vier Stunden lang recht gegen dem Weser- Strome zu/ biß sie endlich an einem Schei- de-Wege sich nach Anleitung des Huffschlages auch zu theilen genöthiget waren. Der Feld- herr mit dem Hertzog Melo und Adgandestern behielt die rechte/ Hertzog Jubil mit Rhemetal- cen und Malovenden die lincke Hand. Gegen der Sonne Untergang ereilte der Feldherr etli- che zwantzig Reuter/ welche die Müdigkeit ih- rer Pferde ihren Geferthen länger gleiche zu reiten verhindert hatte. Diese vermeinten sich zwar in dem dicken Walde auff die Seite zu verschlagen/ weil es wider eine so grosse Men- ge ihrer Verfolger zu fechten eine verzweiffelte Thorheit schien. Alleine ihre Verfolger um- ringten sie alsofort/ daß die meisten nicht abwei- chen konten/ die übrigen wurden auch vollends aus den Hecken herfür gesucht. Auff gesche- hene scharffe Rechtfertigung: wer sie wären/ und wo das geraubte Frauenzimmer hinkommen? meldeten sie: Sie wären Longobarder/ König Marobods Unterthanen und von der Be- satzung der an der Elbe liegenden Festung Lau- burg. Fünff hundert daselbst liegende Reuter wären befehlicht worden/ Tag und Nacht biß an ein in dem Deutschbur gischen Walde gelege- nes Thal ihren Zug zu nehmen; allwo sie noch nahe drey tausend Pferde/ und zwar ihren ei- genen König und einen Hertzog der Cassuari- er/ dessen Nahmen ihnen unwissend/ angetroffen hätten; von denen sich kein Mensch ausser die- ses rings umher mit einem dicken Walde um- gebenen Thales hätte herfür thun dörffen/ un- geachtet sie 3. Tage daselbst sich verborgen gehal- [Spaltenumbruch] ten; Diesen vierdten Tag aber frühe eine Stunde nach der Sonnen Auffgange wäre ein rennender Bote kommen/ und nach dem dieser dem fremden Hertzoge nur drey Worte ins Ohr gesagt/ wäre er mit dreißig außerlesenen und am besten berit- tenen Edelleuten auffgewest; König Maro- bod hätte mit tausend Reutern/ darunter auch sie gewest/ ihm gefolget/ wäre aber in dem Ende des Waldes gegen Deutschburg verborgen ste- hen blieben. Ungefehr aber nach einer Stun- de wären die dreißig Pferde Spornstreichs in Wald zurücke kommen/ und hätten auff zwey Zelter-Pferden zwey weinend- und heulende Frauenzimmer zurücke bracht. Worauff ihr Kö- nig und alles Kriegs-Volck mit grosser Ver- gnügung und Eilfertigkeit zurück gekehret wä- ren; also/ daß sie mit ihren abgematteten Pfer- den ihnen nicht länger hätten folgen können. Weil nun fast ieder absonderlich hierüber ver- nommen ward/ und sie allesamt mit einander ü- berein stimmten/ etliche sich auch verschnapten/ daß König Marobod an dem Furthe der We- ser/ wo sie alle durchgesetzt/ noch sechs tausend Pferde stehen hätte; stellte der Feldherr diesen Gefangenen völligen Glauben zu/ schickte auch alsofort einen Edelmann mit Befehl zurücke/ daß aus den nächst herum gelegenen Plätzen/ in denen das Kriegs-Heer zertheilet lag/ alles/ was nur in der Eil auffsitzen konte/ ihm folgen sol- te. Er aber ließ sich die vernommene Menge der Feinde nicht schrecken sie zu verfolgen/ son- derlich reitzte ihn die Verbitterung wider den Segesthes/ an dessen Anstifftung er nicht mehr zweiffelte/ nachdem König Marobod selbst die- sen Anschlag auszuführen sich erkühnet hatte/ welcher bey der Fürstin Thußnelde sein Neben- buhler allein/ und beym Segesthes ieder zeit sehr hoch am Brete gewest war. Etliche Stunden in die Nacht kam der Feldherr auff eine schöne mit einer rauschenden Bach zertheilte Wiese/ dar- auff er/ wiewohl nicht ohne Unwillen mit sei- nen Leuten/ weil die Pferde nicht mehr recht fort wolten/
Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
bey erregtem Geſchrey ſich fertig gemacht hat-ten; wiewohl Saloninens Bericht nach die Raͤuber/ welche ſie an einem Baum feſte ange- bunden gelaſſen/ ihr auch den Mund verſtopfft/ den Fuͤrſten Zeno aber toͤdtlich verwundet hat- ten/ ſchon etliche Stunden zu ihrem Vorſprun- ge ihrer Flucht hatten. Gleichwohl aber ka- men ſie auff die Spur/ und behielten ſelbte wohl vier Stunden lang recht gegen dem Weſer- Strome zu/ biß ſie endlich an einem Schei- de-Wege ſich nach Anleitung des Huffſchlages auch zu theilen genoͤthiget waren. Der Feld- herr mit dem Hertzog Melo und Adgandeſtern behielt die rechte/ Hertzog Jubil mit Rhemetal- cen und Malovenden die lincke Hand. Gegen der Sonne Untergang ereilte der Feldherr etli- che zwantzig Reuter/ welche die Muͤdigkeit ih- rer Pferde ihren Geferthen laͤnger gleiche zu reiten verhindert hatte. Dieſe vermeinten ſich zwar in dem dicken Walde auff die Seite zu verſchlagen/ weil es wider eine ſo groſſe Men- ge ihrer Verfolger zu fechten eine verzweiffelte Thorheit ſchien. Alleine ihre Verfolger um- ringten ſie alſofort/ daß die meiſten nicht abwei- chen konten/ die uͤbrigen wurden auch vollends aus den Hecken herfuͤr geſucht. Auff geſche- hene ſcharffe Rechtfertigung: wer ſie waͤren/ und wo das geraubte Frauenzimmer hinkommen? meldeten ſie: Sie waͤren Longobarder/ Koͤnig Marobods Unterthanen und von der Be- ſatzung der an der Elbe liegenden Feſtung Lau- burg. Fuͤnff hundert daſelbſt liegende Reuter waͤren befehlicht worden/ Tag und Nacht biß an ein in dem Deutſchbur giſchen Walde gelege- nes Thal ihren Zug zu nehmen; allwo ſie noch nahe drey tauſend Pferde/ und zwar ihren ei- genen Koͤnig und einen Hertzog der Caſſuari- er/ deſſen Nahmen ihnen unwiſſend/ angetroffen haͤtten; von denen ſich kein Menſch auſſer die- ſes rings umher mit einem dicken Walde um- gebenen Thales haͤtte herfuͤr thun doͤrffen/ un- geachtet ſie 3. Tage daſelbſt ſich verborgen gehal- [Spaltenumbruch] ten; Dieſen vierdtẽ Tag aber fruͤhe eine Stunde nach der Sonnen Auffgange waͤre ein reñender Bote kom̃en/ und nach dem dieſer dem fremden Hertzoge nur drey Worte ins Ohr geſagt/ waͤre er mit dreißig außerleſenen und am beſten berit- tenen Edelleuten auffgeweſt; Koͤnig Maro- bod haͤtte mit tauſend Reutern/ darunter auch ſie geweſt/ ihm gefolget/ waͤre aber in dem Ende des Waldes gegen Deutſchburg verborgen ſte- hen blieben. Ungefehr aber nach einer Stun- de waͤren die dreißig Pferde Spornſtreichs in Wald zuruͤcke kommen/ und haͤtten auff zwey Zelter-Pferden zwey weinend- und heulende Frauenzim̃er zuruͤcke bracht. Worauff ihr Koͤ- nig und alles Kriegs-Volck mit groſſer Ver- gnuͤgung und Eilfertigkeit zuruͤck gekehret waͤ- ren; alſo/ daß ſie mit ihren abgematteten Pfer- den ihnen nicht laͤnger haͤtten folgen koͤnnen. Weil nun faſt ieder abſonderlich hieruͤber ver- nommen ward/ und ſie alleſamt mit einander uͤ- berein ſtimmten/ etliche ſich auch verſchnapten/ daß Koͤnig Marobod an dem Furthe der We- ſer/ wo ſie alle durchgeſetzt/ noch ſechs tauſend Pferde ſtehen haͤtte; ſtellte der Feldherr dieſen Gefangenen voͤlligen Glauben zu/ ſchickte auch alſofort einen Edelmann mit Befehl zuruͤcke/ daß aus den naͤchſt herum gelegenen Plaͤtzen/ in denen das Kriegs-Heer zertheilet lag/ alles/ was nur in der Eil auffſitzen konte/ ihm folgen ſol- te. Er aber ließ ſich die vernommene Menge der Feinde nicht ſchrecken ſie zu verfolgen/ ſon- derlich reitzte ihn die Verbitterung wider den Segeſthes/ an deſſen Anſtifftung er nicht mehr zweiffelte/ nachdem Koͤnig Marobod ſelbſt die- ſen Anſchlag auszufuͤhren ſich erkuͤhnet hatte/ welcher bey der Fuͤrſtin Thußnelde ſein Neben- buhler allein/ und beym Segeſthes ieder zeit ſehr hoch am Brete geweſt war. Etliche Stunden in die Nacht kam der Feldherr auff eine ſchoͤne mit einer rauſchenden Bach zertheilte Wieſe/ dar- auff er/ wiewohl nicht ohne Unwillen mit ſei- nen Leuten/ weil die Pferde nicht mehr recht fort wolten/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0476" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdtes Buch</hi></fw><lb/><cb/> bey erregtem Geſchrey ſich fertig gemacht hat-<lb/> ten; wiewohl Saloninens Bericht nach die<lb/> Raͤuber/ welche ſie an einem Baum feſte ange-<lb/> bunden gelaſſen/ ihr auch den Mund verſtopfft/<lb/> den Fuͤrſten Zeno aber toͤdtlich verwundet hat-<lb/> ten/ ſchon etliche Stunden zu ihrem Vorſprun-<lb/> ge ihrer Flucht hatten. Gleichwohl aber ka-<lb/> men ſie auff die Spur/ und behielten ſelbte wohl<lb/> vier Stunden lang recht gegen dem Weſer-<lb/> Strome zu/ biß ſie endlich an einem Schei-<lb/> de-Wege ſich nach Anleitung des Huffſchlages<lb/> auch zu theilen genoͤthiget waren. Der Feld-<lb/> herr mit dem Hertzog Melo und Adgandeſtern<lb/> behielt die rechte/ Hertzog Jubil mit Rhemetal-<lb/> cen und Malovenden die lincke Hand. Gegen<lb/> der Sonne Untergang ereilte der Feldherr etli-<lb/> che zwantzig Reuter/ welche die Muͤdigkeit ih-<lb/> rer Pferde ihren Geferthen laͤnger gleiche zu<lb/> reiten verhindert hatte. Dieſe vermeinten<lb/> ſich zwar in dem dicken Walde auff die Seite zu<lb/> verſchlagen/ weil es wider eine ſo groſſe Men-<lb/> ge ihrer Verfolger zu fechten eine verzweiffelte<lb/> Thorheit ſchien. Alleine ihre Verfolger um-<lb/> ringten ſie alſofort/ daß die meiſten nicht abwei-<lb/> chen konten/ die uͤbrigen wurden auch vollends<lb/> aus den Hecken herfuͤr geſucht. Auff geſche-<lb/> hene ſcharffe Rechtfertigung: wer ſie waͤren/ und<lb/> wo das geraubte Frauenzimmer hinkommen?<lb/> meldeten ſie: Sie waͤren Longobarder/ Koͤnig<lb/> Marobods Unterthanen und von der Be-<lb/> ſatzung der an der Elbe liegenden Feſtung Lau-<lb/> burg. Fuͤnff hundert daſelbſt liegende Reuter<lb/> waͤren befehlicht worden/ Tag und Nacht biß<lb/> an ein in dem Deutſchbur giſchen Walde gelege-<lb/> nes Thal ihren Zug zu nehmen; allwo ſie noch<lb/> nahe drey tauſend Pferde/ und zwar ihren ei-<lb/> genen Koͤnig und einen Hertzog der Caſſuari-<lb/> er/ deſſen Nahmen ihnen unwiſſend/ angetroffen<lb/> haͤtten; von denen ſich kein Menſch auſſer die-<lb/> ſes rings umher mit einem dicken Walde um-<lb/> gebenen Thales haͤtte herfuͤr thun doͤrffen/ un-<lb/> geachtet ſie 3. Tage daſelbſt ſich verborgen gehal-<lb/><cb/> ten; Dieſen vierdtẽ Tag aber fruͤhe eine Stunde<lb/> nach der Sonnen Auffgange waͤre ein reñender<lb/> Bote kom̃en/ und nach dem dieſer dem fremden<lb/> Hertzoge nur drey Worte ins Ohr geſagt/ waͤre<lb/> er mit dreißig außerleſenen und am beſten berit-<lb/> tenen Edelleuten auffgeweſt; Koͤnig Maro-<lb/> bod haͤtte mit tauſend Reutern/ darunter auch<lb/> ſie geweſt/ ihm gefolget/ waͤre aber in dem Ende<lb/> des Waldes gegen Deutſchburg verborgen ſte-<lb/> hen blieben. Ungefehr aber nach einer Stun-<lb/> de waͤren die dreißig Pferde Spornſtreichs in<lb/> Wald zuruͤcke kommen/ und haͤtten auff zwey<lb/> Zelter-Pferden zwey weinend- und heulende<lb/> Frauenzim̃er zuruͤcke bracht. Worauff ihr Koͤ-<lb/> nig und alles Kriegs-Volck mit groſſer Ver-<lb/> gnuͤgung und Eilfertigkeit zuruͤck gekehret waͤ-<lb/> ren; alſo/ daß ſie mit ihren abgematteten Pfer-<lb/> den ihnen nicht laͤnger haͤtten folgen koͤnnen.<lb/> Weil nun faſt ieder abſonderlich hieruͤber ver-<lb/> nommen ward/ und ſie alleſamt mit einander uͤ-<lb/> berein ſtimmten/ etliche ſich auch verſchnapten/<lb/> daß Koͤnig Marobod an dem Furthe der We-<lb/> ſer/ wo ſie alle durchgeſetzt/ noch ſechs tauſend<lb/> Pferde ſtehen haͤtte; ſtellte der Feldherr dieſen<lb/> Gefangenen voͤlligen Glauben zu/ ſchickte auch<lb/> alſofort einen Edelmann mit Befehl zuruͤcke/<lb/> daß aus den naͤchſt herum gelegenen Plaͤtzen/ in<lb/> denen das Kriegs-Heer zertheilet lag/ alles/ was<lb/> nur in der Eil auffſitzen konte/ ihm folgen ſol-<lb/> te. Er aber ließ ſich die vernommene Menge<lb/> der Feinde nicht ſchrecken ſie zu verfolgen/ ſon-<lb/> derlich reitzte ihn die Verbitterung wider den<lb/> Segeſthes/ an deſſen Anſtifftung er nicht mehr<lb/> zweiffelte/ nachdem Koͤnig Marobod ſelbſt die-<lb/> ſen Anſchlag auszufuͤhren ſich erkuͤhnet hatte/<lb/> welcher bey der Fuͤrſtin Thußnelde ſein Neben-<lb/> buhler allein/ und beym Segeſthes ieder zeit ſehr<lb/> hoch am Brete geweſt war. Etliche Stunden in<lb/> die Nacht kam der Feldherr auff eine ſchoͤne mit<lb/> einer rauſchenden Bach zertheilte Wieſe/ dar-<lb/> auff er/ wiewohl nicht ohne Unwillen mit ſei-<lb/> nen Leuten/ weil die Pferde nicht mehr recht fort<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wolten/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0476]
Vierdtes Buch
bey erregtem Geſchrey ſich fertig gemacht hat-
ten; wiewohl Saloninens Bericht nach die
Raͤuber/ welche ſie an einem Baum feſte ange-
bunden gelaſſen/ ihr auch den Mund verſtopfft/
den Fuͤrſten Zeno aber toͤdtlich verwundet hat-
ten/ ſchon etliche Stunden zu ihrem Vorſprun-
ge ihrer Flucht hatten. Gleichwohl aber ka-
men ſie auff die Spur/ und behielten ſelbte wohl
vier Stunden lang recht gegen dem Weſer-
Strome zu/ biß ſie endlich an einem Schei-
de-Wege ſich nach Anleitung des Huffſchlages
auch zu theilen genoͤthiget waren. Der Feld-
herr mit dem Hertzog Melo und Adgandeſtern
behielt die rechte/ Hertzog Jubil mit Rhemetal-
cen und Malovenden die lincke Hand. Gegen
der Sonne Untergang ereilte der Feldherr etli-
che zwantzig Reuter/ welche die Muͤdigkeit ih-
rer Pferde ihren Geferthen laͤnger gleiche zu
reiten verhindert hatte. Dieſe vermeinten
ſich zwar in dem dicken Walde auff die Seite zu
verſchlagen/ weil es wider eine ſo groſſe Men-
ge ihrer Verfolger zu fechten eine verzweiffelte
Thorheit ſchien. Alleine ihre Verfolger um-
ringten ſie alſofort/ daß die meiſten nicht abwei-
chen konten/ die uͤbrigen wurden auch vollends
aus den Hecken herfuͤr geſucht. Auff geſche-
hene ſcharffe Rechtfertigung: wer ſie waͤren/ und
wo das geraubte Frauenzimmer hinkommen?
meldeten ſie: Sie waͤren Longobarder/ Koͤnig
Marobods Unterthanen und von der Be-
ſatzung der an der Elbe liegenden Feſtung Lau-
burg. Fuͤnff hundert daſelbſt liegende Reuter
waͤren befehlicht worden/ Tag und Nacht biß
an ein in dem Deutſchbur giſchen Walde gelege-
nes Thal ihren Zug zu nehmen; allwo ſie noch
nahe drey tauſend Pferde/ und zwar ihren ei-
genen Koͤnig und einen Hertzog der Caſſuari-
er/ deſſen Nahmen ihnen unwiſſend/ angetroffen
haͤtten; von denen ſich kein Menſch auſſer die-
ſes rings umher mit einem dicken Walde um-
gebenen Thales haͤtte herfuͤr thun doͤrffen/ un-
geachtet ſie 3. Tage daſelbſt ſich verborgen gehal-
ten; Dieſen vierdtẽ Tag aber fruͤhe eine Stunde
nach der Sonnen Auffgange waͤre ein reñender
Bote kom̃en/ und nach dem dieſer dem fremden
Hertzoge nur drey Worte ins Ohr geſagt/ waͤre
er mit dreißig außerleſenen und am beſten berit-
tenen Edelleuten auffgeweſt; Koͤnig Maro-
bod haͤtte mit tauſend Reutern/ darunter auch
ſie geweſt/ ihm gefolget/ waͤre aber in dem Ende
des Waldes gegen Deutſchburg verborgen ſte-
hen blieben. Ungefehr aber nach einer Stun-
de waͤren die dreißig Pferde Spornſtreichs in
Wald zuruͤcke kommen/ und haͤtten auff zwey
Zelter-Pferden zwey weinend- und heulende
Frauenzim̃er zuruͤcke bracht. Worauff ihr Koͤ-
nig und alles Kriegs-Volck mit groſſer Ver-
gnuͤgung und Eilfertigkeit zuruͤck gekehret waͤ-
ren; alſo/ daß ſie mit ihren abgematteten Pfer-
den ihnen nicht laͤnger haͤtten folgen koͤnnen.
Weil nun faſt ieder abſonderlich hieruͤber ver-
nommen ward/ und ſie alleſamt mit einander uͤ-
berein ſtimmten/ etliche ſich auch verſchnapten/
daß Koͤnig Marobod an dem Furthe der We-
ſer/ wo ſie alle durchgeſetzt/ noch ſechs tauſend
Pferde ſtehen haͤtte; ſtellte der Feldherr dieſen
Gefangenen voͤlligen Glauben zu/ ſchickte auch
alſofort einen Edelmann mit Befehl zuruͤcke/
daß aus den naͤchſt herum gelegenen Plaͤtzen/ in
denen das Kriegs-Heer zertheilet lag/ alles/ was
nur in der Eil auffſitzen konte/ ihm folgen ſol-
te. Er aber ließ ſich die vernommene Menge
der Feinde nicht ſchrecken ſie zu verfolgen/ ſon-
derlich reitzte ihn die Verbitterung wider den
Segeſthes/ an deſſen Anſtifftung er nicht mehr
zweiffelte/ nachdem Koͤnig Marobod ſelbſt die-
ſen Anſchlag auszufuͤhren ſich erkuͤhnet hatte/
welcher bey der Fuͤrſtin Thußnelde ſein Neben-
buhler allein/ und beym Segeſthes ieder zeit ſehr
hoch am Brete geweſt war. Etliche Stunden in
die Nacht kam der Feldherr auff eine ſchoͤne mit
einer rauſchenden Bach zertheilte Wieſe/ dar-
auff er/ wiewohl nicht ohne Unwillen mit ſei-
nen Leuten/ weil die Pferde nicht mehr recht fort
wolten/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |