Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Geruche/ der Luchs am Gesichte/ das wilde
Schwein am Gehöre. Der Mensch aber alle
Geschöpffe/ auch die Gestirne am Gebrauch der
Vernunfft/ nehmlich der Tugend.

Uber diesen Worten vernahmen sie ein star-
ckes Geräusche/ welches die Fürsten das Frau-
enzimmer auff die Seite zu bringen/ und sich zu
Pferde zu setzen verursachte. Bald hier auf sa-
ben sie aus dem Gehöltze eine Menge flüchtiger
Marckmänner spornstreichs hervor kommen/
welche von denen Cheruskern unter dem Für-
sten Adgandester und Malovend verfolgt wor-
den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Hän-
de fielen. Wie nun diese wenige Uberbleibung
alsofort umringet ward/ und sie keine Ausflucht
sahen/ warffen sie alle die Waffen von sich/ und
unter gaben sich der Gnade ihrer Uberwinder.
Der Feldherr ließ sie nach Kriegsbrauch gefan-
gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach
dem er auch von Adgandestern verstand/ daß
nach etlicher Stunden hartnäckichtem Gefech-
te sie wohl ein paar tausend harte hinter ihnen
herziehende Cherusker entsetzet/ und den Feind in
gegenwärtige Flucht getrieben hätten; ward er
mit den andern Fürsten schlüßig den König
Marobod vollends zu verfolgen und aus seinem
Gebiete zu treiben.

Diesem nach fertigte er zwey tausend Pferde
von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten
hatten/ unter etlichen seinen Kriegs-Obersten
ab/ dem Feinde noch selbige Nacht nach zusetzen.
Die Fürsten aber mit denen abgematteten be-
gaben sich in die kaum eine halbe Meile von dar
entfernte Stadt Tulisurgium/ wohin die Ver-
wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a-
ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden.

Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/
als der Feldherr mit seinen ausgeruheten Che-
ruskern schon wieder zu Pferde saß/ und biß an
den Weser-Strom fortrückte; daselbst aber von
einem aus seinem Vortrabe zurück geschickten
Edelmanne benachrichtiget ward/ daß König
[Spaltenumbruch] Marobod mit seiner geringen Uberbleibung/
welche nicht entweder von der Schärffe der
Schwerdter gefallen/ oder wegen Müdigkeit
nicht folgen können/ über die Weser gesetzt/ und
so eilfertig sich geflüchtet hätte/ daß er schwerlich
zu ereilen seyn würde. Weil nun der Vortrab
nach dem Urthel derer/ die die flüchtigen Hauffen
gesehen hätten/ dem Feinde überflüßig gewach-
sen zu seyn schien/ zumal insgemein drey Flüch-
tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ste-
hen/ hielt es der Feldherr nicht vor rathsam einem
so schwachen Feinde selbst/ und mit so hohen Häup-
tern und mehrer Macht nachzusetzen/ sondern er
schrieb an König Marobod folgenden Jnhalts:

Ob zwar das Fürstliche Cheruskische Haus
und seine Bundsgenossen von den Marckmän-
nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif-
fung der Waffen wäre gereitzet worden/ habe
doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge
für die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein-
tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/
wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge-
steckt werden könne; und sie beyderseits einen
solchen Feind an der Seite hätten/ der sich der
Deutschen Uneinigkeit zu seinem Vortheil
meisterlich zu bedienen wüste. Er habe zeither
wegen dieses gemeinen Besten unter schiedene
Feindseligkeit unerschrocken übernommen/
und die ihm von den Römern angebotene gülde-
ne Verge verächtlich gehalten/ da er nebst ihnen
mit dem Marobod brechen wolte. Also befrem-
de ihn nicht wenig gegenwärtiger wider alles
Fried- und Kriegs-Recht für genommene Ein-
fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht
deutsch gesinnte Fürsten so wohl für seine als ihre
eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das
schon in fremder Dienstbarkeit schmachtende
Deutschland aus den Fesseln gerissen hätten;
ja da der Fürst Jngviomer unterwegens wäre
ihn aller Freunoschafft zu versichern/ und ein
neues Bündiß fürzuschlagen. Die Entfüh-
rung seiner mit ihres Vatern Willen ihm ver-

lobten

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Geruche/ der Luchs am Geſichte/ das wilde
Schwein am Gehoͤre. Der Menſch aber alle
Geſchoͤpffe/ auch die Geſtirne am Gebrauch der
Vernunfft/ nehmlich der Tugend.

Uber dieſen Worten vernahmen ſie ein ſtar-
ckes Geraͤuſche/ welches die Fuͤrſten das Frau-
enzimmer auff die Seite zu bringen/ und ſich zu
Pferde zu ſetzen verurſachte. Bald hier auf ſa-
ben ſie aus dem Gehoͤltze eine Menge fluͤchtiger
Marckmaͤnner ſpornſtreichs hervor kommen/
welche von denen Cheruſkern unter dem Fuͤr-
ſten Adgandeſter und Malovend verfolgt wor-
den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Haͤn-
de fielen. Wie nun dieſe wenige Uberbleibung
alſofort umringet ward/ und ſie keine Ausflucht
ſahen/ warffen ſie alle die Waffen von ſich/ und
unter gaben ſich der Gnade ihrer Uberwinder.
Der Feldherr ließ ſie nach Kriegsbrauch gefan-
gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach
dem er auch von Adgandeſtern verſtand/ daß
nach etlicher Stunden hartnaͤckichtem Gefech-
te ſie wohl ein paar tauſend harte hinter ihnen
herziehende Cheruſker entſetzet/ und den Feind in
gegenwaͤrtige Flucht getrieben haͤtten; ward er
mit den andern Fuͤrſten ſchluͤßig den Koͤnig
Marobod vollends zu verfolgen und aus ſeinem
Gebiete zu treiben.

Dieſem nach fertigte er zwey tauſend Pferde
von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten
hatten/ unter etlichen ſeinen Kriegs-Oberſten
ab/ dem Feinde noch ſelbige Nacht nach zuſetzen.
Die Fuͤrſten aber mit denen abgematteten be-
gaben ſich in die kaum eine halbe Meile von dar
entfernte Stadt Tuliſurgium/ wohin die Ver-
wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a-
ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden.

Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/
als der Feldherr mit ſeinen ausgeruheten Che-
ruſkern ſchon wieder zu Pferde ſaß/ und biß an
den Weſer-Strom fortruͤckte; daſelbſt aber von
einem aus ſeinem Vortrabe zuruͤck geſchickten
Edelmanne benachrichtiget ward/ daß Koͤnig
[Spaltenumbruch] Marobod mit ſeiner geringen Uberbleibung/
welche nicht entweder von der Schaͤrffe der
Schwerdter gefallen/ oder wegen Muͤdigkeit
nicht folgen koͤnnen/ uͤber die Weſer geſetzt/ und
ſo eilfertig ſich gefluͤchtet haͤtte/ daß er ſchwerlich
zu ereilen ſeyn wuͤrde. Weil nun der Vortrab
nach dem Urthel derer/ die die fluͤchtigen Hauffen
geſehen haͤtten/ dem Feinde uͤberfluͤßig gewach-
ſen zu ſeyn ſchien/ zumal insgemein drey Fluͤch-
tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ſte-
hen/ hielt es deꝛ Feldherꝛ nicht vor rathſam einem
ſo ſchwachen Feinde ſelbſt/ uñ mit ſo hohen Haͤup-
tern und mehrer Macht nachzuſetzen/ ſondern er
ſchrieb an Koͤnig Marobod folgenden Jnhalts:

Ob zwar das Fuͤrſtliche Cheruſkiſche Haus
und ſeine Bundsgenoſſen von den Marckmaͤn-
nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif-
fung der Waffen waͤre gereitzet worden/ habe
doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge
fuͤr die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein-
tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/
wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge-
ſteckt werden koͤnne; und ſie beyderſeits einen
ſolchen Feind an der Seite haͤtten/ der ſich der
Deutſchen Uneinigkeit zu ſeinem Vortheil
meiſterlich zu bedienen wuͤſte. Er habe zeither
wegen dieſes gemeinen Beſten unter ſchiedene
Feindſeligkeit unerſchrocken uͤbernommen/
und die ihm von den Roͤmern angebotene guͤlde-
ne Verge veraͤchtlich gehalten/ da er nebſt ihnen
mit dem Marobod brechen wolte. Alſo befrem-
de ihn nicht wenig gegenwaͤrtiger wider alles
Fried- und Kriegs-Recht fuͤr genommene Ein-
fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht
deutſch geſinnte Fuͤrſten ſo wohl fuͤr ſeine als ihre
eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das
ſchon in fremder Dienſtbarkeit ſchmachtende
Deutſchland aus den Feſſeln geriſſen haͤtten;
ja da der Fuͤrſt Jngviomer unterwegens waͤre
ihn aller Freunoſchafft zu verſichern/ und ein
neues Buͤndiß fuͤrzuſchlagen. Die Entfuͤh-
rung ſeiner mit ihres Vatern Willen ihm ver-

lobten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0490" n="436"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdtes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Geruche/ der Luchs am Ge&#x017F;ichte/ das wilde<lb/>
Schwein am Geho&#x0364;re. Der Men&#x017F;ch aber alle<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe/ auch die Ge&#x017F;tirne am Gebrauch der<lb/>
Vernunfft/ nehmlich der Tugend.</p><lb/>
          <p>Uber die&#x017F;en Worten vernahmen &#x017F;ie ein &#x017F;tar-<lb/>
ckes Gera&#x0364;u&#x017F;che/ welches die Fu&#x0364;r&#x017F;ten das Frau-<lb/>
enzimmer auff die Seite zu bringen/ und &#x017F;ich zu<lb/>
Pferde zu &#x017F;etzen verur&#x017F;achte. Bald hier auf &#x017F;a-<lb/>
ben &#x017F;ie aus dem Geho&#x0364;ltze eine Menge flu&#x0364;chtiger<lb/>
Marckma&#x0364;nner &#x017F;porn&#x017F;treichs hervor kommen/<lb/>
welche von denen Cheru&#x017F;kern unter dem Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten Adgande&#x017F;ter und Malovend verfolgt wor-<lb/>
den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Ha&#x0364;n-<lb/>
de fielen. Wie nun die&#x017F;e wenige Uberbleibung<lb/>
al&#x017F;ofort umringet ward/ und &#x017F;ie keine Ausflucht<lb/>
&#x017F;ahen/ warffen &#x017F;ie alle die Waffen von &#x017F;ich/ und<lb/>
unter gaben &#x017F;ich der Gnade ihrer Uberwinder.<lb/>
Der Feldherr ließ &#x017F;ie nach Kriegsbrauch gefan-<lb/>
gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach<lb/>
dem er auch von Adgande&#x017F;tern ver&#x017F;tand/ daß<lb/>
nach etlicher Stunden hartna&#x0364;ckichtem Gefech-<lb/>
te &#x017F;ie wohl ein paar tau&#x017F;end harte hinter ihnen<lb/>
herziehende Cheru&#x017F;ker ent&#x017F;etzet/ und den Feind in<lb/>
gegenwa&#x0364;rtige Flucht getrieben ha&#x0364;tten; ward er<lb/>
mit den andern Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;chlu&#x0364;ßig den Ko&#x0364;nig<lb/>
Marobod vollends zu verfolgen und aus &#x017F;einem<lb/>
Gebiete zu treiben.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;em nach fertigte er zwey tau&#x017F;end Pferde<lb/>
von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten<lb/>
hatten/ unter etlichen &#x017F;einen Kriegs-Ober&#x017F;ten<lb/>
ab/ dem Feinde noch &#x017F;elbige Nacht nach zu&#x017F;etzen.<lb/>
Die Fu&#x0364;r&#x017F;ten aber mit denen abgematteten be-<lb/>
gaben &#x017F;ich in die kaum eine halbe Meile von dar<lb/>
entfernte Stadt Tuli&#x017F;urgium/ wohin die Ver-<lb/>
wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a-<lb/>
ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden.</p><lb/>
          <p>Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/<lb/>
als der Feldherr mit &#x017F;einen ausgeruheten Che-<lb/>
ru&#x017F;kern &#x017F;chon wieder zu Pferde &#x017F;aß/ und biß an<lb/>
den We&#x017F;er-Strom fortru&#x0364;ckte; da&#x017F;elb&#x017F;t aber von<lb/>
einem aus &#x017F;einem Vortrabe zuru&#x0364;ck ge&#x017F;chickten<lb/>
Edelmanne benachrichtiget ward/ daß Ko&#x0364;nig<lb/><cb/>
Marobod mit &#x017F;einer geringen Uberbleibung/<lb/>
welche nicht entweder von der Scha&#x0364;rffe der<lb/>
Schwerdter gefallen/ oder wegen Mu&#x0364;digkeit<lb/>
nicht folgen ko&#x0364;nnen/ u&#x0364;ber die We&#x017F;er ge&#x017F;etzt/ und<lb/>
&#x017F;o eilfertig &#x017F;ich geflu&#x0364;chtet ha&#x0364;tte/ daß er &#x017F;chwerlich<lb/>
zu ereilen &#x017F;eyn wu&#x0364;rde. Weil nun der Vortrab<lb/>
nach dem Urthel derer/ die die flu&#x0364;chtigen Hauffen<lb/>
ge&#x017F;ehen ha&#x0364;tten/ dem Feinde u&#x0364;berflu&#x0364;ßig gewach-<lb/>
&#x017F;en zu &#x017F;eyn &#x017F;chien/ zumal insgemein drey Flu&#x0364;ch-<lb/>
tige nicht gegen einem aus den Uberwindern &#x017F;te-<lb/>
hen/ hielt es de&#xA75B; Feldher&#xA75B; nicht vor rath&#x017F;am einem<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chwachen Feinde &#x017F;elb&#x017F;t/ un&#x0303; mit &#x017F;o hohen Ha&#x0364;up-<lb/>
tern und mehrer Macht nachzu&#x017F;etzen/ &#x017F;ondern er<lb/>
&#x017F;chrieb an Ko&#x0364;nig Marobod folgenden Jnhalts:</p><lb/>
          <p>Ob zwar das Fu&#x0364;r&#x017F;tliche Cheru&#x017F;ki&#x017F;che Haus<lb/>
und &#x017F;eine Bundsgeno&#x017F;&#x017F;en von den Marckma&#x0364;n-<lb/>
nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif-<lb/>
fung der Waffen wa&#x0364;re gereitzet worden/ habe<lb/>
doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge<lb/>
fu&#x0364;r die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein-<lb/>
tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/<lb/>
wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge-<lb/>
&#x017F;teckt werden ko&#x0364;nne; und &#x017F;ie beyder&#x017F;eits einen<lb/>
&#x017F;olchen Feind an der Seite ha&#x0364;tten/ der &#x017F;ich der<lb/>
Deut&#x017F;chen Uneinigkeit zu &#x017F;einem Vortheil<lb/>
mei&#x017F;terlich zu bedienen wu&#x0364;&#x017F;te. Er habe zeither<lb/>
wegen die&#x017F;es gemeinen Be&#x017F;ten unter &#x017F;chiedene<lb/>
Feind&#x017F;eligkeit uner&#x017F;chrocken u&#x0364;bernommen/<lb/>
und die ihm von den Ro&#x0364;mern angebotene gu&#x0364;lde-<lb/>
ne Verge vera&#x0364;chtlich gehalten/ da er neb&#x017F;t ihnen<lb/>
mit dem Marobod brechen wolte. Al&#x017F;o befrem-<lb/>
de ihn nicht wenig gegenwa&#x0364;rtiger wider alles<lb/>
Fried- und Kriegs-Recht fu&#x0364;r genommene Ein-<lb/>
fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht<lb/>
deut&#x017F;ch ge&#x017F;innte Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;o wohl fu&#x0364;r &#x017F;eine als ihre<lb/>
eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das<lb/>
&#x017F;chon in fremder Dien&#x017F;tbarkeit &#x017F;chmachtende<lb/>
Deut&#x017F;chland aus den Fe&#x017F;&#x017F;eln geri&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tten;<lb/>
ja da der Fu&#x0364;r&#x017F;t Jngviomer unterwegens wa&#x0364;re<lb/>
ihn aller Freuno&#x017F;chafft zu ver&#x017F;ichern/ und ein<lb/>
neues Bu&#x0364;ndiß fu&#x0364;rzu&#x017F;chlagen. Die Entfu&#x0364;h-<lb/>
rung &#x017F;einer mit ihres Vatern Willen ihm ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lobten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0490] Vierdtes Buch Geruche/ der Luchs am Geſichte/ das wilde Schwein am Gehoͤre. Der Menſch aber alle Geſchoͤpffe/ auch die Geſtirne am Gebrauch der Vernunfft/ nehmlich der Tugend. Uber dieſen Worten vernahmen ſie ein ſtar- ckes Geraͤuſche/ welches die Fuͤrſten das Frau- enzimmer auff die Seite zu bringen/ und ſich zu Pferde zu ſetzen verurſachte. Bald hier auf ſa- ben ſie aus dem Gehoͤltze eine Menge fluͤchtiger Marckmaͤnner ſpornſtreichs hervor kommen/ welche von denen Cheruſkern unter dem Fuͤr- ſten Adgandeſter und Malovend verfolgt wor- den/ hier aber ihrem zweyten Feinde in die Haͤn- de fielen. Wie nun dieſe wenige Uberbleibung alſofort umringet ward/ und ſie keine Ausflucht ſahen/ warffen ſie alle die Waffen von ſich/ und unter gaben ſich der Gnade ihrer Uberwinder. Der Feldherr ließ ſie nach Kriegsbrauch gefan- gen nehmen und in Verwahrung halten. Nach dem er auch von Adgandeſtern verſtand/ daß nach etlicher Stunden hartnaͤckichtem Gefech- te ſie wohl ein paar tauſend harte hinter ihnen herziehende Cheruſker entſetzet/ und den Feind in gegenwaͤrtige Flucht getrieben haͤtten; ward er mit den andern Fuͤrſten ſchluͤßig den Koͤnig Marobod vollends zu verfolgen und aus ſeinem Gebiete zu treiben. Dieſem nach fertigte er zwey tauſend Pferde von denen/ welche wenig oder gar nicht gefochten hatten/ unter etlichen ſeinen Kriegs-Oberſten ab/ dem Feinde noch ſelbige Nacht nach zuſetzen. Die Fuͤrſten aber mit denen abgematteten be- gaben ſich in die kaum eine halbe Meile von dar entfernte Stadt Tuliſurgium/ wohin die Ver- wundeten zu ihrer Pflegung/ die Todten a- ber zu ehrlicher Beerdigung gebracht wurden. Es begunte aber kaum ein wenig zu tagen/ als der Feldherr mit ſeinen ausgeruheten Che- ruſkern ſchon wieder zu Pferde ſaß/ und biß an den Weſer-Strom fortruͤckte; daſelbſt aber von einem aus ſeinem Vortrabe zuruͤck geſchickten Edelmanne benachrichtiget ward/ daß Koͤnig Marobod mit ſeiner geringen Uberbleibung/ welche nicht entweder von der Schaͤrffe der Schwerdter gefallen/ oder wegen Muͤdigkeit nicht folgen koͤnnen/ uͤber die Weſer geſetzt/ und ſo eilfertig ſich gefluͤchtet haͤtte/ daß er ſchwerlich zu ereilen ſeyn wuͤrde. Weil nun der Vortrab nach dem Urthel derer/ die die fluͤchtigen Hauffen geſehen haͤtten/ dem Feinde uͤberfluͤßig gewach- ſen zu ſeyn ſchien/ zumal insgemein drey Fluͤch- tige nicht gegen einem aus den Uberwindern ſte- hen/ hielt es deꝛ Feldherꝛ nicht vor rathſam einem ſo ſchwachen Feinde ſelbſt/ uñ mit ſo hohen Haͤup- tern und mehrer Macht nachzuſetzen/ ſondern er ſchrieb an Koͤnig Marobod folgenden Jnhalts: Ob zwar das Fuͤrſtliche Cheruſkiſche Haus und ſeine Bundsgenoſſen von den Marckmaͤn- nern durch vielerley Beleidigung zu Ergreif- fung der Waffen waͤre gereitzet worden/ habe doch die Liebe des Vaterlands/ und die Sorge fuͤr die allgemeine Freyheit ihm allezeit die Ein- tracht gerathen. Sintemal der Degen zwar/ wenn man will/ ausgezogen/ nicht aber einge- ſteckt werden koͤnne; und ſie beyderſeits einen ſolchen Feind an der Seite haͤtten/ der ſich der Deutſchen Uneinigkeit zu ſeinem Vortheil meiſterlich zu bedienen wuͤſte. Er habe zeither wegen dieſes gemeinen Beſten unter ſchiedene Feindſeligkeit unerſchrocken uͤbernommen/ und die ihm von den Roͤmern angebotene guͤlde- ne Verge veraͤchtlich gehalten/ da er nebſt ihnen mit dem Marobod brechen wolte. Alſo befrem- de ihn nicht wenig gegenwaͤrtiger wider alles Fried- und Kriegs-Recht fuͤr genommene Ein- fall/ und zwar zu der Zeit/ als er und andere recht deutſch geſinnte Fuͤrſten ſo wohl fuͤr ſeine als ihre eigene Erhaltung zu Felde gelegen/ und das ſchon in fremder Dienſtbarkeit ſchmachtende Deutſchland aus den Feſſeln geriſſen haͤtten; ja da der Fuͤrſt Jngviomer unterwegens waͤre ihn aller Freunoſchafft zu verſichern/ und ein neues Buͤndiß fuͤrzuſchlagen. Die Entfuͤh- rung ſeiner mit ihres Vatern Willen ihm ver- lobten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/490
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/490>, abgerufen am 22.11.2024.