Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
minder Unfruchtbarkeit/ als die Finsternüß ver-bannt hätte/ wären die Bären/ die Feldhüner/ die Falcken/ die Hasen/ ja selbst die Raben weiß. Also klebete an allem weissen eine Unvollkommenheit/ insonderheit aber ein kalter Geist in weissen Wei- bern. Dahero sie nur/ wie Galathea von einem einäugichten Polyphemus/ welcher sein Lebtage nichts schöners als Milch und Käse gesehn und geschmeckt hätte/ geliebt zu werden verdienten. Also wunderte er sich nicht/ daß in Africa die Bräute noch ihre Hände und Füsse über ihre na- türliche Farbe/ ja so gar viel Frauenzimmer ihre weisse Zähne/ und die Sarmatischen ihre Nä- gel an Händ und Füssen schwärtzten. Jch ward hierüber gezwungen mich meines Vaterlands und unsers weissen Frauenzimmers anzumas- sen/ und so wohl für jenes Fruchtbarkeit/ als die- ser Schönheit zu fechten. Als ich nun gleich mit diesen Worten schloß: Weisses Frauenzim- mer wäre so ferne dem schwartzen/ als der Tag den Nächten/ und ein leuchtendes einem verfin- sterten Gestirne vorzuziehen; kam eine weisse Taube geflogen/ und setzte sich auf das schwartze Bild Andromedens. Welches ich und Cajus/ daß die Göttin der Liebe mit diesem ihr heiligem Vogel den Obsieg der weissen Farbe über der schwartzen andeutete; Lucius aber dahin aus- legte/ daß sie durch ihre dahin befehlichte Taube der schwartzen beypflichtete. Uber diesem un- serm Streite streckten die Fürstin Dido und Servilia ihre Häupter hinter dem in selbigem Gange zusammen geflochtenen Laubwercke her- für/ allwo sie ihrem Farben-Kampfe zugehöret hatten. Massen denn Dido so wohl mir/ als dem Cajus/ als so offenbaren Feinden ihrer Leib- Farbe einen gerechten Krieg anzukündigen be- rechtigt zu seyn sich heraus ließ/ wenn ihr eigenes Hertze nicht wider sie einen Aufstand erregt/ und der weissen Farbe beygefallen wäre. Mit derogleichen Schertz vertrieben wir die Uber- bleibung selbigen Tages. Worbey ich denn aus einigen Geberdungen wahrnahm/ daß diß/ [Spaltenumbruch] was Dido zwar schertzweise und mit lachendem Munde wider den Lucius für den Ruhm der weissen Farbe fürbrachte/ als meist gar nach- dencklich/ was ernsthaftes hinter sich verborgen hatte. Wie wir auch von einander Abschied nahmen/ und mir Servilia selbst die Hand reck- te sie zum Wagen zu führen; sagte sie gemählich zu mir: Flavius ist heute glückselig/ daß er mit seiner Schönheit einer Königin Hertz bemeistert/ und es ihr zu einem Feinde/ ihm aber zur Scla- vin gemacht hat. Jch konte mich nicht enthal- ten mich darüber zu röthen; da sie denn fortfuhr: Jch sehe wol/ seine weisse Farbe vermähle sich mit einer mitlern/ wormit er mit Didons schwartzer so viel leichter zum Vergleich komme. Jch wol- te ihr antworten; alleine sie wendete sich mit Fleiß zum Cajus/ und verließ mich also in ein weniger Verwirrung. Nach etlichen Tagen stellte Lucius einen Tantz an/ darinnen die Far- ben umb den Vorzug stritten. Jch muste dar- innen die weisse vorstellen/ er aber vertrat seine beliebte schwartze; welcher auch von dem zum Richter erkieseten Hercules Melampyges/ den Marcus Lollius übernahm/ ein aus eitel schwärtzlichten Blumen geflochtener Krantz zu- erkennt und aufgesetzt/ und von denen neun Mu- sen ihr oder eigentlicher der Fürstin Dido ein Ruhms-Lied gesungen ward. Wenige Tage hernach stellte Cajus einen gleichmässigen Far- ben-Tantz an/ welche alle wie Wasser-Nym- phen und Meer - Götter aufgeputzt waren; da er mich denn abermals zur weissen/ und das Looß die Dido zum Richter der schwartzen Far- be erkiesete/ und in der Fürbildung der Cassiopea mir einen von weissen Lilgen gemachten Krantz aufzusetzen gezwungen ward. Hiervon habe ich zu Rom/ und folgends so gar in meinem Va- terlande den Nahmen Flavius bekommen/ und ist mein wahrer Nahme Ernst dardurch gleich- sam gar erloschen. Denn nicht nur Cajus und Lucius kleideten sich und ihre Hofe-Leute nach der Gewogenheit/ die jener zur weissen/ dieser zur N n n 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
minder Unfruchtbarkeit/ als die Finſternuͤß ver-bannt haͤtte/ waͤren die Baͤren/ die Feldhuͤner/ die Falcken/ die Haſen/ ja ſelbſt die Raben weiß. Alſo klebete an allem weiſſen eine Unvollkommenheit/ inſonderheit aber ein kalter Geiſt in weiſſen Wei- bern. Dahero ſie nur/ wie Galathea von einem einaͤugichten Polyphemus/ welcher ſein Lebtage nichts ſchoͤners als Milch und Kaͤſe geſehn und geſchmeckt haͤtte/ geliebt zu werden verdienten. Alſo wunderte er ſich nicht/ daß in Africa die Braͤute noch ihre Haͤnde und Fuͤſſe uͤber ihre na- tuͤrliche Farbe/ ja ſo gar viel Frauenzimmer ihre weiſſe Zaͤhne/ und die Sarmatiſchen ihre Naͤ- gel an Haͤnd und Fuͤſſen ſchwaͤrtzten. Jch ward hieruͤber gezwungen mich meines Vaterlands und unſers weiſſen Frauenzimmers anzumaſ- ſen/ und ſo wohl fuͤr jenes Fruchtbarkeit/ als die- ſer Schoͤnheit zu fechten. Als ich nun gleich mit dieſen Worten ſchloß: Weiſſes Frauenzim- mer waͤre ſo ferne dem ſchwartzen/ als der Tag den Naͤchten/ und ein leuchtendes einem verfin- ſterten Geſtirne vorzuziehen; kam eine weiſſe Taube geflogen/ und ſetzte ſich auf das ſchwartze Bild Andromedens. Welches ich und Cajus/ daß die Goͤttin der Liebe mit dieſem ihr heiligem Vogel den Obſieg der weiſſen Farbe uͤber der ſchwartzen andeutete; Lucius aber dahin aus- legte/ daß ſie durch ihre dahin befehlichte Taube der ſchwartzen beypflichtete. Uber dieſem un- ſerm Streite ſtreckten die Fuͤrſtin Dido und Servilia ihre Haͤupter hinter dem in ſelbigem Gange zuſammen geflochtenen Laubwercke her- fuͤr/ allwo ſie ihrem Farben-Kampfe zugehoͤret hatten. Maſſen denn Dido ſo wohl mir/ als dem Cajus/ als ſo offenbaren Feinden ihrer Leib- Farbe einen gerechten Krieg anzukuͤndigen be- rechtigt zu ſeyn ſich heraus ließ/ wenn ihr eigenes Hertze nicht wider ſie einen Aufſtand erregt/ und der weiſſen Farbe beygefallen waͤre. Mit derogleichen Schertz vertrieben wir die Uber- bleibung ſelbigen Tages. Worbey ich denn aus einigen Geberdungen wahrnahm/ daß diß/ [Spaltenumbruch] was Dido zwar ſchertzweiſe und mit lachendem Munde wider den Lucius fuͤr den Ruhm der weiſſen Farbe fuͤrbrachte/ als meiſt gar nach- dencklich/ was ernſthaftes hinter ſich verborgen hatte. Wie wir auch von einander Abſchied nahmen/ und mir Servilia ſelbſt die Hand reck- te ſie zum Wagen zu fuͤhren; ſagte ſie gemaͤhlich zu mir: Flavius iſt heute gluͤckſelig/ daß er mit ſeiner Schoͤnheit einer Koͤnigin Hertz bemeiſtert/ und es ihr zu einem Feinde/ ihm aber zur Scla- vin gemacht hat. Jch konte mich nicht enthal- ten mich daruͤber zu roͤthen; da ſie denn fortfuhr: Jch ſehe wol/ ſeine weiſſe Farbe vermaͤhle ſich mit einer mitlern/ wormit er mit Didons ſchwartzer ſo viel leichter zum Vergleich komme. Jch wol- te ihr antworten; alleine ſie wendete ſich mit Fleiß zum Cajus/ und verließ mich alſo in ein weniger Verwirrung. Nach etlichen Tagen ſtellte Lucius einen Tantz an/ darinnen die Far- ben umb den Vorzug ſtritten. Jch muſte dar- innen die weiſſe vorſtellen/ er aber vertrat ſeine beliebte ſchwartze; welcher auch von dem zum Richter erkieſeten Hercules Melampyges/ den Marcus Lollius uͤbernahm/ ein aus eitel ſchwaͤrtzlichten Blumen geflochtener Krantz zu- erkennt und aufgeſetzt/ und von denen neun Mu- ſen ihr oder eigentlicher der Fuͤrſtin Dido ein Ruhms-Lied geſungen ward. Wenige Tage hernach ſtellte Cajus einen gleichmaͤſſigen Far- ben-Tantz an/ welche alle wie Waſſer-Nym- phen und Meer - Goͤtter aufgeputzt waren; da er mich denn abermals zur weiſſen/ und das Looß die Dido zum Richter der ſchwartzen Far- be erkieſete/ und in der Fuͤrbildung der Caſſiopea mir einen von weiſſen Lilgen gemachten Krantz aufzuſetzen gezwungen ward. Hiervon habe ich zu Rom/ und folgends ſo gar in meinem Va- terlande den Nahmen Flavius bekommen/ und iſt mein wahrer Nahme Ernſt dardurch gleich- ſam gar erloſchen. Denn nicht nur Cajus und Lucius kleideten ſich und ihre Hofe-Leute nach der Gewogenheit/ die jener zur weiſſen/ dieſer zur N n n 3
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Arminius und Thußnelda.
minder Unfruchtbarkeit/ als die Finſternuͤß ver-
bannt haͤtte/ waͤren die Baͤren/ die Feldhuͤner/ die
Falcken/ die Haſen/ ja ſelbſt die Raben weiß. Alſo
klebete an allem weiſſen eine Unvollkommenheit/
inſonderheit aber ein kalter Geiſt in weiſſen Wei-
bern. Dahero ſie nur/ wie Galathea von einem
einaͤugichten Polyphemus/ welcher ſein Lebtage
nichts ſchoͤners als Milch und Kaͤſe geſehn und
geſchmeckt haͤtte/ geliebt zu werden verdienten.
Alſo wunderte er ſich nicht/ daß in Africa die
Braͤute noch ihre Haͤnde und Fuͤſſe uͤber ihre na-
tuͤrliche Farbe/ ja ſo gar viel Frauenzimmer ihre
weiſſe Zaͤhne/ und die Sarmatiſchen ihre Naͤ-
gel an Haͤnd und Fuͤſſen ſchwaͤrtzten. Jch ward
hieruͤber gezwungen mich meines Vaterlands
und unſers weiſſen Frauenzimmers anzumaſ-
ſen/ und ſo wohl fuͤr jenes Fruchtbarkeit/ als die-
ſer Schoͤnheit zu fechten. Als ich nun gleich
mit dieſen Worten ſchloß: Weiſſes Frauenzim-
mer waͤre ſo ferne dem ſchwartzen/ als der Tag
den Naͤchten/ und ein leuchtendes einem verfin-
ſterten Geſtirne vorzuziehen; kam eine weiſſe
Taube geflogen/ und ſetzte ſich auf das ſchwartze
Bild Andromedens. Welches ich und Cajus/
daß die Goͤttin der Liebe mit dieſem ihr heiligem
Vogel den Obſieg der weiſſen Farbe uͤber der
ſchwartzen andeutete; Lucius aber dahin aus-
legte/ daß ſie durch ihre dahin befehlichte Taube
der ſchwartzen beypflichtete. Uber dieſem un-
ſerm Streite ſtreckten die Fuͤrſtin Dido und
Servilia ihre Haͤupter hinter dem in ſelbigem
Gange zuſammen geflochtenen Laubwercke her-
fuͤr/ allwo ſie ihrem Farben-Kampfe zugehoͤret
hatten. Maſſen denn Dido ſo wohl mir/ als
dem Cajus/ als ſo offenbaren Feinden ihrer Leib-
Farbe einen gerechten Krieg anzukuͤndigen be-
rechtigt zu ſeyn ſich heraus ließ/ wenn ihr eigenes
Hertze nicht wider ſie einen Aufſtand erregt/
und der weiſſen Farbe beygefallen waͤre. Mit
derogleichen Schertz vertrieben wir die Uber-
bleibung ſelbigen Tages. Worbey ich denn
aus einigen Geberdungen wahrnahm/ daß diß/
was Dido zwar ſchertzweiſe und mit lachendem
Munde wider den Lucius fuͤr den Ruhm der
weiſſen Farbe fuͤrbrachte/ als meiſt gar nach-
dencklich/ was ernſthaftes hinter ſich verborgen
hatte. Wie wir auch von einander Abſchied
nahmen/ und mir Servilia ſelbſt die Hand reck-
te ſie zum Wagen zu fuͤhren; ſagte ſie gemaͤhlich
zu mir: Flavius iſt heute gluͤckſelig/ daß er mit
ſeiner Schoͤnheit einer Koͤnigin Hertz bemeiſtert/
und es ihr zu einem Feinde/ ihm aber zur Scla-
vin gemacht hat. Jch konte mich nicht enthal-
ten mich daruͤber zu roͤthen; da ſie denn fortfuhr:
Jch ſehe wol/ ſeine weiſſe Farbe vermaͤhle ſich mit
einer mitlern/ wormit er mit Didons ſchwartzer
ſo viel leichter zum Vergleich komme. Jch wol-
te ihr antworten; alleine ſie wendete ſich mit
Fleiß zum Cajus/ und verließ mich alſo in ein
weniger Verwirrung. Nach etlichen Tagen
ſtellte Lucius einen Tantz an/ darinnen die Far-
ben umb den Vorzug ſtritten. Jch muſte dar-
innen die weiſſe vorſtellen/ er aber vertrat ſeine
beliebte ſchwartze; welcher auch von dem zum
Richter erkieſeten Hercules Melampyges/ den
Marcus Lollius uͤbernahm/ ein aus eitel
ſchwaͤrtzlichten Blumen geflochtener Krantz zu-
erkennt und aufgeſetzt/ und von denen neun Mu-
ſen ihr oder eigentlicher der Fuͤrſtin Dido ein
Ruhms-Lied geſungen ward. Wenige Tage
hernach ſtellte Cajus einen gleichmaͤſſigen Far-
ben-Tantz an/ welche alle wie Waſſer-Nym-
phen und Meer - Goͤtter aufgeputzt waren;
da er mich denn abermals zur weiſſen/ und das
Looß die Dido zum Richter der ſchwartzen Far-
be erkieſete/ und in der Fuͤrbildung der Caſſiopea
mir einen von weiſſen Lilgen gemachten Krantz
aufzuſetzen gezwungen ward. Hiervon habe
ich zu Rom/ und folgends ſo gar in meinem Va-
terlande den Nahmen Flavius bekommen/ und
iſt mein wahrer Nahme Ernſt dardurch gleich-
ſam gar erloſchen. Denn nicht nur Cajus und
Lucius kleideten ſich und ihre Hofe-Leute nach
der Gewogenheit/ die jener zur weiſſen/ dieſer
zur
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/523>, abgerufen am 26.06.2024. |