Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
sichtiger an sie mit höchster Ungestüm/ sagte ihrunter Augen/ wie thöricht sie einen frembden Selaven für einen Römischen Fürsten und be- stimmten Nachfolger des Käysers liebte/ wolte auch ein für alle mal ihre endliche Entschlüssung wissen. Worbey er sich nicht hemmen konte/ so wohl Flüche auf mich/ als Bedräuungen wi- der ihren Vater Juba unvernünftig heraus zu stossen. Dido sahe wohl/ daß weder Höfligkeit noch bescheidene Antwort diesen verzweifelten Liebhaber beruhigen würde; und weil sie mei- nethalben am meisten bekümmert war/ mühte sie sich nur ihm meine Liebe auszureden/ und von mir die besorgliche Gefahr abzulehnen/ und für sich alleine Zeit zu gewinnen/ sagte ihm also: daß wenn er Bürgermeister zu Rom seyn würde/ wolte sie anfangen ihn zu lieben. Denn ehe stünde es ihr als einer Königs-Tochter nicht an. Lucius war mit diesem Versprechen zu frieden/ und also bemüht/ diese Würde ie ehe ie besser zu erlangen. Also stiftete er an/ daß Cajus und er/ wiewohl ohne Zulassung des Käysers/ in den grossen Schau-Platz kamen/ das heuchelnde Volck beyden mit grossem Frolocken und Lob- Sprüchen empfing/ auch den Käyser anflehete/ daß er diese mit ihrer Tugend den Mangel der Jahre ausgleichende Fürsten aller Würden fä- hig erkennen möchte. Sintemal August selbst im zwantzigsten/ Marius im achtzehenden Jah- re Burgermeister worden/ Cajus aber beynahe so alt/ und Lucius wenig jünger wäre. Hierü- ber ward Lucius so verwegen/ daß er den Käyser offentlich ansprach: Er möchte seinen Bruder Cajus zum Burgermeister erklären; in Hoff- nung/ daß das Volck ihn so denn zu des Cajus Geferten begehren würde. Der Käyser schöpfte zwar hierüber nicht geringen Unwillen/ und sagte: Marius wäre durch Gewalt/ er aber aus Noth zu dieser Würde kommen/ welche die Vä- ter für dem drey und viertzigsten Jahriemanden anzuvertrauen verboten hätten; gleichwohl aber machte er den Cajus zum Priester/ und dem Lu- cius erlaubte er zugleich/ daß er in den Rath/ in [Spaltenumbruch] die grossen Schauspiele/ und in die Gastmahle der Burgermeister mit erscheinen dorfte. Hier- mit meynte Lucius der Dido Bedingung schon ein Genügen gethan zu haben. Wie nun der Käyser mit den Fürnehmsten des Hofes sich auf des Lucullus Vorwerge befand/ nahm Lucius in dem Garten bey dem grossen Spring-Brun- nen Gelegenheit die Fürstin Dido umb ein Merckmal ihrer Liebe anzusprechen; ihr zum Beyspiel fürhaltende/ daß sie doch nicht un- empfindlicher/ als die aus todtem Marmel ge- hauenen Bilder seyn möchte/ welche mit so gros- sem Uberflusse gesunden Wassers nicht nur die durstigen Menschen labten/ sondern auch Blu- men und Kräuter erquickten. Die verschmitz- te Dido hingegen wolte des Lucius damalige Beschaffenheit für keine Würde eines Römi- schen Burgermeisters gelten lassen/ sondern wie- se ihm eine Marmel-Taffel an dem Umbschrote des Brunnens/ darinnen Penelope mit nächtli- cher Zurückwebung ihrer Tages-Arbeit/ und andern Entschuldigungen ihre Buhler biß ins zwantzigste Jahr aufhielt; Welches den unge- duldigen Lucius derogestalt beleidigte/ daß er sich ihr mit heftigster Entrüstung entbrach. Sinte- mal er mit der ihm vom Käyser erlaubten Frey- heit ihm schon die Herrschafft über alles Frauen- zimmers Seelen eingeraumt zu seyn einbildete. Zu allem Unglücke begegnete ich ihm ungefehr etliche wenige Schritte von dem Brunnen/ da er denn mir/ der ich mich des geringsten Unwillens nicht versah/ einen unvermerckt herfür gezückten Dolch in die Seite stach/ worvon ich für todt zu Bodem fiel. Dido/ welche diß wahrnahm/ sprang gantz verzweifelt herzu/ riß den Dolch mir aus der Wunde/ und gab darmit dem Lucius einen Stich in Hals. Wie nun sie hierauf mich/ oder vielmehr meine vermeynte Leiche mit vielen Thränen auf dem Erdboden umbarmte; der junge Agrippa aber den Lucius in der Nähe gur- geln hörte/ oder auch wohl den von der Dido dem Lucius gegebenen Stich gesehen hatte/ sprang er herzu/ zohe dem auf der Erde zap- pelnden
Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
ſichtiger an ſie mit hoͤchſter Ungeſtuͤm/ ſagte ihrunter Augen/ wie thoͤricht ſie einen frembden Selaven fuͤr einen Roͤmiſchen Fuͤrſten und be- ſtim̃ten Nachfolger des Kaͤyſers liebte/ wolte auch ein fuͤr alle mal ihre endliche Entſchluͤſſung wiſſen. Worbey er ſich nicht hemmen konte/ ſo wohl Fluͤche auf mich/ als Bedraͤuungen wi- der ihren Vater Juba unvernuͤnftig heraus zu ſtoſſen. Dido ſahe wohl/ daß weder Hoͤfligkeit noch beſcheidene Antwort dieſen verzweifelten Liebhaber beruhigen wuͤrde; und weil ſie mei- nethalben am meiſten bekuͤmmert war/ muͤhte ſie ſich nur ihm meine Liebe auszureden/ und von mir die beſorgliche Gefahr abzulehnen/ und fuͤr ſich alleine Zeit zu gewinnen/ ſagte ihm alſo: daß wenn er Buͤrgermeiſter zu Rom ſeyn wuͤrde/ wolte ſie anfangen ihn zu lieben. Denn ehe ſtuͤnde es ihr als einer Koͤnigs-Tochter nicht an. Lucius war mit dieſem Verſprechen zu frieden/ und alſo bemuͤht/ dieſe Wuͤrde ie ehe ie beſſer zu erlangen. Alſo ſtiftete er an/ daß Cajus und er/ wiewohl ohne Zulaſſung des Kaͤyſers/ in den groſſen Schau-Platz kamen/ das heuchelnde Volck beyden mit groſſem Frolocken und Lob- Spruͤchen empfing/ auch den Kaͤyſer anflehete/ daß er dieſe mit ihrer Tugend den Mangel der Jahre ausgleichende Fuͤrſten aller Wuͤrden faͤ- hig erkennen moͤchte. Sintemal Auguſt ſelbſt im zwantzigſten/ Marius im achtzehenden Jah- re Burgermeiſter worden/ Cajus aber beynahe ſo alt/ und Lucius wenig juͤnger waͤre. Hieruͤ- ber ward Lucius ſo verwegen/ daß er den Kaͤyſer offentlich anſprach: Er moͤchte ſeinen Bruder Cajus zum Burgermeiſter erklaͤren; in Hoff- nung/ daß das Volck ihn ſo denn zu des Cajus Geferten begehren wuͤrde. Der Kaͤyſer ſchoͤpfte zwar hieruͤber nicht geringen Unwillen/ und ſagte: Marius waͤre durch Gewalt/ er aber aus Noth zu dieſer Wuͤrde kommen/ welche die Vaͤ- ter fuͤr dem drey und viertzigſten Jahriemanden anzuvertrauen verboten haͤtten; gleichwohl aber machte er den Cajus zum Prieſter/ und dem Lu- cius erlaubte er zugleich/ daß er in den Rath/ in [Spaltenumbruch] die groſſen Schauſpiele/ und in die Gaſtmahle der Burgermeiſter mit erſcheinen dorfte. Hier- mit meynte Lucius der Dido Bedingung ſchon ein Genuͤgen gethan zu haben. Wie nun der Kaͤyſer mit den Fuͤrnehmſten des Hofes ſich auf des Lucullus Vorwerge befand/ nahm Lucius in dem Garten bey dem groſſen Spring-Brun- nen Gelegenheit die Fuͤrſtin Dido umb ein Merckmal ihrer Liebe anzuſprechen; ihr zum Beyſpiel fuͤrhaltende/ daß ſie doch nicht un- empfindlicher/ als die aus todtem Marmel ge- hauenen Bilder ſeyn moͤchte/ welche mit ſo groſ- ſem Uberfluſſe geſunden Waſſers nicht nur die durſtigen Menſchen labten/ ſondern auch Blu- men und Kraͤuter erquickten. Die verſchmitz- te Dido hingegen wolte des Lucius damalige Beſchaffenheit fuͤr keine Wuͤrde eines Roͤmi- ſchen Burgermeiſters gelten laſſen/ ſondern wie- ſe ihm eine Marmel-Taffel an dem Umbſchrote des Brunnens/ darinnen Penelope mit naͤchtli- cher Zuruͤckwebung ihrer Tages-Arbeit/ und andern Entſchuldigungen ihre Buhler biß ins zwantzigſte Jahr aufhielt; Welches den unge- duldigen Lucius derogeſtalt beleidigte/ daß er ſich ihr mit heftigſter Entruͤſtung entbrach. Sinte- mal er mit der ihm vom Kaͤyſer erlaubten Frey- heit ihm ſchon die Herrſchafft uͤber alles Frauen- zimmers Seelen eingeraumt zu ſeyn einbildete. Zu allem Ungluͤcke begegnete ich ihm ungefehr etliche wenige Schritte von dem Brunnen/ da er deñ mir/ der ich mich des geringſten Unwillens nicht verſah/ einen unvermerckt herfuͤr gezuͤckten Dolch in die Seite ſtach/ worvon ich fuͤr todt zu Bodem fiel. Dido/ welche diß wahrnahm/ ſprang gantz verzweifelt herzu/ riß den Dolch mir aus der Wunde/ und gab darmit dem Lucius einen Stich in Hals. Wie nun ſie hierauf mich/ oder vielmehr meine vermeynte Leiche mit vielen Thraͤnen auf dem Erdboden umbarmte; der junge Agrippa aber den Lucius in der Naͤhe gur- geln hoͤrte/ oder auch wohl den von der Dido dem Lucius gegebenen Stich geſehen hatte/ ſprang er herzu/ zohe dem auf der Erde zap- pelnden
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Vierdtes Buch
ſichtiger an ſie mit hoͤchſter Ungeſtuͤm/ ſagte ihr
unter Augen/ wie thoͤricht ſie einen frembden
Selaven fuͤr einen Roͤmiſchen Fuͤrſten und be-
ſtim̃ten Nachfolger des Kaͤyſers liebte/ wolte
auch ein fuͤr alle mal ihre endliche Entſchluͤſſung
wiſſen. Worbey er ſich nicht hemmen konte/
ſo wohl Fluͤche auf mich/ als Bedraͤuungen wi-
der ihren Vater Juba unvernuͤnftig heraus zu
ſtoſſen. Dido ſahe wohl/ daß weder Hoͤfligkeit
noch beſcheidene Antwort dieſen verzweifelten
Liebhaber beruhigen wuͤrde; und weil ſie mei-
nethalben am meiſten bekuͤmmert war/ muͤhte ſie
ſich nur ihm meine Liebe auszureden/ und von
mir die beſorgliche Gefahr abzulehnen/ und fuͤr
ſich alleine Zeit zu gewinnen/ ſagte ihm alſo: daß
wenn er Buͤrgermeiſter zu Rom ſeyn wuͤrde/
wolte ſie anfangen ihn zu lieben. Denn ehe
ſtuͤnde es ihr als einer Koͤnigs-Tochter nicht an.
Lucius war mit dieſem Verſprechen zu frieden/
und alſo bemuͤht/ dieſe Wuͤrde ie ehe ie beſſer zu
erlangen. Alſo ſtiftete er an/ daß Cajus und er/
wiewohl ohne Zulaſſung des Kaͤyſers/ in den
groſſen Schau-Platz kamen/ das heuchelnde
Volck beyden mit groſſem Frolocken und Lob-
Spruͤchen empfing/ auch den Kaͤyſer anflehete/
daß er dieſe mit ihrer Tugend den Mangel der
Jahre ausgleichende Fuͤrſten aller Wuͤrden faͤ-
hig erkennen moͤchte. Sintemal Auguſt ſelbſt
im zwantzigſten/ Marius im achtzehenden Jah-
re Burgermeiſter worden/ Cajus aber beynahe
ſo alt/ und Lucius wenig juͤnger waͤre. Hieruͤ-
ber ward Lucius ſo verwegen/ daß er den Kaͤyſer
offentlich anſprach: Er moͤchte ſeinen Bruder
Cajus zum Burgermeiſter erklaͤren; in Hoff-
nung/ daß das Volck ihn ſo denn zu des Cajus
Geferten begehren wuͤrde. Der Kaͤyſer ſchoͤpfte
zwar hieruͤber nicht geringen Unwillen/ und
ſagte: Marius waͤre durch Gewalt/ er aber aus
Noth zu dieſer Wuͤrde kommen/ welche die Vaͤ-
ter fuͤr dem drey und viertzigſten Jahriemanden
anzuvertrauen verboten haͤtten; gleichwohl aber
machte er den Cajus zum Prieſter/ und dem Lu-
cius erlaubte er zugleich/ daß er in den Rath/ in
die groſſen Schauſpiele/ und in die Gaſtmahle
der Burgermeiſter mit erſcheinen dorfte. Hier-
mit meynte Lucius der Dido Bedingung ſchon
ein Genuͤgen gethan zu haben. Wie nun der
Kaͤyſer mit den Fuͤrnehmſten des Hofes ſich auf
des Lucullus Vorwerge befand/ nahm Lucius in
dem Garten bey dem groſſen Spring-Brun-
nen Gelegenheit die Fuͤrſtin Dido umb ein
Merckmal ihrer Liebe anzuſprechen; ihr zum
Beyſpiel fuͤrhaltende/ daß ſie doch nicht un-
empfindlicher/ als die aus todtem Marmel ge-
hauenen Bilder ſeyn moͤchte/ welche mit ſo groſ-
ſem Uberfluſſe geſunden Waſſers nicht nur die
durſtigen Menſchen labten/ ſondern auch Blu-
men und Kraͤuter erquickten. Die verſchmitz-
te Dido hingegen wolte des Lucius damalige
Beſchaffenheit fuͤr keine Wuͤrde eines Roͤmi-
ſchen Burgermeiſters gelten laſſen/ ſondern wie-
ſe ihm eine Marmel-Taffel an dem Umbſchrote
des Brunnens/ darinnen Penelope mit naͤchtli-
cher Zuruͤckwebung ihrer Tages-Arbeit/ und
andern Entſchuldigungen ihre Buhler biß ins
zwantzigſte Jahr aufhielt; Welches den unge-
duldigen Lucius derogeſtalt beleidigte/ daß er ſich
ihr mit heftigſter Entruͤſtung entbrach. Sinte-
mal er mit der ihm vom Kaͤyſer erlaubten Frey-
heit ihm ſchon die Herrſchafft uͤber alles Frauen-
zimmers Seelen eingeraumt zu ſeyn einbildete.
Zu allem Ungluͤcke begegnete ich ihm ungefehr
etliche wenige Schritte von dem Brunnen/ da
er deñ mir/ der ich mich des geringſten Unwillens
nicht verſah/ einen unvermerckt herfuͤr gezuͤckten
Dolch in die Seite ſtach/ worvon ich fuͤr todt zu
Bodem fiel. Dido/ welche diß wahrnahm/ ſprang
gantz verzweifelt herzu/ riß den Dolch mir aus
der Wunde/ und gab darmit dem Lucius einen
Stich in Hals. Wie nun ſie hierauf mich/ oder
vielmehr meine vermeynte Leiche mit vielen
Thraͤnen auf dem Erdboden umbarmte; der
junge Agrippa aber den Lucius in der Naͤhe gur-
geln hoͤrte/ oder auch wohl den von der Dido
dem Lucius gegebenen Stich geſehen hatte/
ſprang er herzu/ zohe dem auf der Erde zap-
pelnden
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