Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
mehrere Verzweiffelung gerathen möchte. Jn-zwischen ward es mit mir/ und weil Dido hier- von Nachricht kriegte/ mercklich besser; ja wir geneseten beyde eher als Lucius. Diesemnach denn der Käyser nicht für rathsam hielt/ mich länger in Rom zu lassen; wormit er so wol mei- ner Sicherheit rathen/ als auch dem unbändi- gen Lucius keinen Stein fernern Anstosses am Wege liegen lassen möchte. Weil nun mein Bruder Hertzog Herrmann in Asien sich so ver- dient machte; gleichwol aber er mich in Deutsch- land ziehen zu lassen Bedencken trug; stellte er mir frey/ wohin ich unter dem Römischen Ge- biete mein Kriegs-Glücke versuchen wolte. Es machten dazumal gleich die Cantabrer in Hispa- nien wider die Römer/ und in Africa die Getu- lier wider den König Juba einen Aufstand. Jch erkiesete ohn einiges Bedencken dem Könige Juba zu dienen/ und der vom Käyser ihm zur Hülffe erkiesete Cornelius Cossus bat mich selbst aus/ daß ich unter ihm die Waffen führen möch- te. Dido/ welche bey ihr fest beschlossen hatte/ aus Hasse gegen dem Lucius nicht in Rom zu bleiben/ und bereit an ihren Vater Juba um Er- laubnüß nach Hause zu kehren geschrieben hat- te/ ward über dieser Entschlüssung höchst er- freuet/ und versicherte mich/ daß sie sich nichts in der Welt aufhalten lassen wolte mich in Numi- dien zu umarmen. Nach dreyen Tagen nahm ich von Rom und der mich mit viel Thränen ge- segnenden Dido Abschied/ wir wurden aber/ als wir kaum das Lylibeische Gebürge aus dem Ge- sichte gebracht/ mit einem heftigen Sturme be- fallen/ etliche Schiffe auff denen Aegatischen Steinklippen zerschmettert/ ich selbst strandete auf dem Eylande Terapsa/ wiewol biß auff fünf Personen alle Leute gerettet wurden. Deroge- stalt kam ich wol zehn Tage längsamer als Cor- nelius Cossus in Numidien an/ welcher mich be- reit gantz für verlohren geschätzt hatte. Das ü- brige Römische Heer/ und darunterfünf hundert mir unter gebene Deutschen und Gallier waren [Spaltenumbruch] inzwischen in dem Olcachitischem Seebusem an- gelendet. Cornelius Cossus und die obersten Befehlhaber/ darunter auch ich war/ reiseten hierauf nach Cirtha voran/ allwo wir in Abwe- senheit des Königs Juba von der Königin Cleo- patra wol bewillkommt wurden. Nach dreyer Tage Ausruhung/ folgten wir dem nach Getu- lien auff dem Flusse Pagyda eilenden Heere. Welch Land aus keiner andern Ursache/ als aus Andencken der alten Freyheit/ vom Juba abge- fallen war/ und noch darzu die Lybier über dem Gebürge Thambes und Mampsarus an sich gezogen hatten. Sintemal für Zeiten beyde Völcker keinem Gesetze noch Votmäßigkeit un- terworffen waren. Wiewol nun Juba aus dem unfruchtbaren Getulien wenig Einkünften zoh; ja ihnen die Besetzung der Gräntzfestungen/ und er zu denen Wartegeldern/ welche er denen zu seinen Kriegsdiensten bestellten Getuliern jähr- lich reichte/ noch zubüssen muste; wolte er doch ehe sein euserstes dran setzen/ als einen Fußbreit sandichter Erde verlieren. Also vermindert die Armuth eines Landes gar nicht die Begierde zu herrschen/ als welche ein Brut der Ehren/ nicht des Geitzes ist. Unterwegens erfuhren wir/ daß Juba mit seinem gantzen Heere in die Flucht geschlagen worden/ und er selbst in der Stadt Vegesela belägert wäre. Dahero eilten wir so viel mehr gegen den Feind; welcher aber bey unser ver nommener Ankunfft zurücke gegen Uciby und von dar zwischen das Gebürge Au- dus wich. Juba versammlete zwar so denn sei- ne zerstreuten Numidier grossen Theils wieder zusammen; aber die flüchtigen Getulier/ welche ohnediß auser wenigen Festungen keine bestän- dige Wohnungen hatten/ waren nicht gemeinet gegen die Römer stand zu halten/ sondern uns nur müde zu machen. Wie sie denn auch uns gantzer sechs Monate derogestaltumtrieben und abmatteten/ daß wir nicht länger in Getulien stehen konten/ sondern uns in Numidien zurück ziehen musten. Alleine der Feind lag uns Tag und
Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
mehrere Verzweiffelung gerathen moͤchte. Jn-zwiſchen ward es mit mir/ und weil Dido hier- von Nachricht kriegte/ mercklich beſſer; ja wir geneſeten beyde eher als Lucius. Dieſemnach denn der Kaͤyſer nicht fuͤr rathſam hielt/ mich laͤnger in Rom zu laſſen; wormit er ſo wol mei- ner Sicherheit rathen/ als auch dem unbaͤndi- gen Lucius keinen Stein fernern Anſtoſſes am Wege liegen laſſen moͤchte. Weil nun mein Bruder Hertzog Herrmann in Aſien ſich ſo ver- dient machte; gleichwol aber er mich in Deutſch- land ziehen zu laſſen Bedencken trug; ſtellte er mir frey/ wohin ich unter dem Roͤmiſchen Ge- biete mein Kriegs-Gluͤcke verſuchen wolte. Es machten dazumal gleich die Cantabrer in Hiſpa- nien wider die Roͤmer/ und in Africa die Getu- lier wider den Koͤnig Juba einen Aufſtand. Jch erkieſete ohn einiges Bedencken dem Koͤnige Juba zu dienen/ und der vom Kaͤyſer ihm zur Huͤlffe erkieſete Cornelius Coſſus bat mich ſelbſt aus/ daß ich unter ihm die Waffen fuͤhren moͤch- te. Dido/ welche bey ihr feſt beſchloſſen hatte/ aus Haſſe gegen dem Lucius nicht in Rom zu bleiben/ und bereit an ihren Vater Juba um Er- laubnuͤß nach Hauſe zu kehren geſchrieben hat- te/ ward uͤber dieſer Entſchluͤſſung hoͤchſt er- freuet/ und verſicherte mich/ daß ſie ſich nichts in der Welt aufhalten laſſen wolte mich in Numi- dien zu umarmen. Nach dreyen Tagen nahm ich von Rom und der mich mit viel Thraͤnen ge- ſegnenden Dido Abſchied/ wir wurden aber/ als wir kaum das Lylibeiſche Gebuͤrge aus dem Ge- ſichte gebracht/ mit einem heftigen Sturme be- fallen/ etliche Schiffe auff denen Aegatiſchen Steinklippen zerſchmettert/ ich ſelbſt ſtrandete auf dem Eylande Terapſa/ wiewol biß auff fuͤnf Perſonen alle Leute gerettet wurden. Deroge- ſtalt kam ich wol zehn Tage laͤngſamer als Cor- nelius Coſſus in Numidien an/ welcher mich be- reit gantz fuͤr verlohren geſchaͤtzt hatte. Das uͤ- brige Roͤmiſche Heer/ und darunterfuͤnf hundert mir unter gebene Deutſchen und Gallier waren [Spaltenumbruch] inzwiſchen in dem Olcachitiſchem Seebuſem an- gelendet. Cornelius Coſſus und die oberſten Befehlhaber/ darunter auch ich war/ reiſeten hierauf nach Cirtha voran/ allwo wir in Abwe- ſenheit des Koͤnigs Juba von der Koͤnigin Cleo- patra wol bewillkommt wurden. Nach dreyer Tage Ausruhung/ folgten wir dem nach Getu- lien auff dem Fluſſe Pagyda eilenden Heere. Welch Land aus keiner andern Urſache/ als aus Andencken der alten Freyheit/ vom Juba abge- fallen war/ und noch darzu die Lybier uͤber dem Gebuͤrge Thambes und Mampſarus an ſich gezogen hatten. Sintemal fuͤr Zeiten beyde Voͤlcker keinem Geſetze noch Votmaͤßigkeit un- terworffen waren. Wiewol nun Juba aus dem unfruchtbaren Getulien wenig Einkuͤnften zoh; ja ihnen die Beſetzung der Graͤntzfeſtungen/ und er zu denen Wartegeldern/ welche er denen zu ſeinen Kriegsdienſten beſtellten Getuliern jaͤhr- lich reichte/ noch zubuͤſſen muſte; wolte er doch ehe ſein euſerſtes dran ſetzen/ als einen Fußbreit ſandichter Erde verlieren. Alſo vermindert die Armuth eines Landes gar nicht die Begierde zu herrſchen/ als welche ein Brut der Ehren/ nicht des Geitzes iſt. Unterwegens erfuhren wir/ daß Juba mit ſeinem gantzen Heere in die Flucht geſchlagen worden/ und er ſelbſt in der Stadt Vegeſela belaͤgert waͤre. Dahero eilten wir ſo viel mehr gegen den Feind; welcher aber bey unſer ver nommener Ankunfft zuruͤcke gegen Uciby und von dar zwiſchen das Gebuͤrge Au- dus wich. Juba verſammlete zwar ſo denn ſei- ne zerſtreuten Numidier groſſen Theils wieder zuſammen; aber die fluͤchtigen Getulier/ welche ohnediß auſer wenigen Feſtungen keine beſtaͤn- dige Wohnungen hatten/ waren nicht gemeinet gegen die Roͤmer ſtand zu halten/ ſondern uns nur muͤde zu machen. Wie ſie denn auch uns gantzer ſechs Monate derogeſtaltumtrieben und abmatteten/ daß wir nicht laͤnger in Getulien ſtehen konten/ ſondern uns in Numidien zuruͤck ziehen muſten. Alleine der Feind lag uns Tag und
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Vierdtes Buch
mehrere Verzweiffelung gerathen moͤchte. Jn-
zwiſchen ward es mit mir/ und weil Dido hier-
von Nachricht kriegte/ mercklich beſſer; ja wir
geneſeten beyde eher als Lucius. Dieſemnach
denn der Kaͤyſer nicht fuͤr rathſam hielt/ mich
laͤnger in Rom zu laſſen; wormit er ſo wol mei-
ner Sicherheit rathen/ als auch dem unbaͤndi-
gen Lucius keinen Stein fernern Anſtoſſes am
Wege liegen laſſen moͤchte. Weil nun mein
Bruder Hertzog Herrmann in Aſien ſich ſo ver-
dient machte; gleichwol aber er mich in Deutſch-
land ziehen zu laſſen Bedencken trug; ſtellte er
mir frey/ wohin ich unter dem Roͤmiſchen Ge-
biete mein Kriegs-Gluͤcke verſuchen wolte. Es
machten dazumal gleich die Cantabrer in Hiſpa-
nien wider die Roͤmer/ und in Africa die Getu-
lier wider den Koͤnig Juba einen Aufſtand. Jch
erkieſete ohn einiges Bedencken dem Koͤnige
Juba zu dienen/ und der vom Kaͤyſer ihm zur
Huͤlffe erkieſete Cornelius Coſſus bat mich ſelbſt
aus/ daß ich unter ihm die Waffen fuͤhren moͤch-
te. Dido/ welche bey ihr feſt beſchloſſen hatte/
aus Haſſe gegen dem Lucius nicht in Rom zu
bleiben/ und bereit an ihren Vater Juba um Er-
laubnuͤß nach Hauſe zu kehren geſchrieben hat-
te/ ward uͤber dieſer Entſchluͤſſung hoͤchſt er-
freuet/ und verſicherte mich/ daß ſie ſich nichts in
der Welt aufhalten laſſen wolte mich in Numi-
dien zu umarmen. Nach dreyen Tagen nahm
ich von Rom und der mich mit viel Thraͤnen ge-
ſegnenden Dido Abſchied/ wir wurden aber/ als
wir kaum das Lylibeiſche Gebuͤrge aus dem Ge-
ſichte gebracht/ mit einem heftigen Sturme be-
fallen/ etliche Schiffe auff denen Aegatiſchen
Steinklippen zerſchmettert/ ich ſelbſt ſtrandete
auf dem Eylande Terapſa/ wiewol biß auff fuͤnf
Perſonen alle Leute gerettet wurden. Deroge-
ſtalt kam ich wol zehn Tage laͤngſamer als Cor-
nelius Coſſus in Numidien an/ welcher mich be-
reit gantz fuͤr verlohren geſchaͤtzt hatte. Das uͤ-
brige Roͤmiſche Heer/ und darunterfuͤnf hundert
mir unter gebene Deutſchen und Gallier waren
inzwiſchen in dem Olcachitiſchem Seebuſem an-
gelendet. Cornelius Coſſus und die oberſten
Befehlhaber/ darunter auch ich war/ reiſeten
hierauf nach Cirtha voran/ allwo wir in Abwe-
ſenheit des Koͤnigs Juba von der Koͤnigin Cleo-
patra wol bewillkommt wurden. Nach dreyer
Tage Ausruhung/ folgten wir dem nach Getu-
lien auff dem Fluſſe Pagyda eilenden Heere.
Welch Land aus keiner andern Urſache/ als aus
Andencken der alten Freyheit/ vom Juba abge-
fallen war/ und noch darzu die Lybier uͤber dem
Gebuͤrge Thambes und Mampſarus an ſich
gezogen hatten. Sintemal fuͤr Zeiten beyde
Voͤlcker keinem Geſetze noch Votmaͤßigkeit un-
terworffen waren. Wiewol nun Juba aus dem
unfruchtbaren Getulien wenig Einkuͤnften zoh;
ja ihnen die Beſetzung der Graͤntzfeſtungen/ und
er zu denen Wartegeldern/ welche er denen zu
ſeinen Kriegsdienſten beſtellten Getuliern jaͤhr-
lich reichte/ noch zubuͤſſen muſte; wolte er doch
ehe ſein euſerſtes dran ſetzen/ als einen Fußbreit
ſandichter Erde verlieren. Alſo vermindert
die Armuth eines Landes gar nicht die Begierde
zu herrſchen/ als welche ein Brut der Ehren/
nicht des Geitzes iſt. Unterwegens erfuhren
wir/ daß Juba mit ſeinem gantzen Heere in die
Flucht geſchlagen worden/ und er ſelbſt in der
Stadt Vegeſela belaͤgert waͤre. Dahero eilten
wir ſo viel mehr gegen den Feind; welcher aber
bey unſer ver nommener Ankunfft zuruͤcke gegen
Uciby und von dar zwiſchen das Gebuͤrge Au-
dus wich. Juba verſammlete zwar ſo denn ſei-
ne zerſtreuten Numidier groſſen Theils wieder
zuſammen; aber die fluͤchtigen Getulier/ welche
ohnediß auſer wenigen Feſtungen keine beſtaͤn-
dige Wohnungen hatten/ waren nicht gemeinet
gegen die Roͤmer ſtand zu halten/ ſondern uns
nur muͤde zu machen. Wie ſie denn auch uns
gantzer ſechs Monate derogeſtaltumtrieben und
abmatteten/ daß wir nicht laͤnger in Getulien
ſtehen konten/ ſondern uns in Numidien zuruͤck
ziehen muſten. Alleine der Feind lag uns Tag
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