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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] Borgis liegende Stadt Ampsalis begleitet wor-
den wäre. Das Geschrey/ sagte Zeno/ kam
unserer Ankunfft zuvor/ und also die Königin
Minothea von Masetica uns entgegen; Wel-
che mich als eine Erlöserin ihrer Schwester
gleichsam auff den Häden trug/ und uns er-
zehlte: wie sie bey dem Einfalle der Geten zu den
Waffen kommen/ selbte überwältiget/ ja König
Cotisons eigenen Sohn den Fürsten Oropastes
selbst gefaugen bekommen hätten. Die erste
Frucht unserer Ankunfft war/ daß Oropastes
seiner engen Bestrücknis erlediget ward; nach-
dem sie sich bloß seiner um ihn gegen Pentha-
sileen auszuwechseln so wohl versichert hatten.
Hierdurch erfolgte/ daß dieser tapffere Fürst zu
mir eine ungemeine Zuneigung gewann/ weil
ich sein Volck überwunden/ und ihnen seine
Beute abgeschlagen hatte. Denn die Frey-
heit ist alleine der unschätzbare Schatz unter den
Jrrdischen. Jch würde etliche Tage dörffen
zu Erzehlung aller Ergetzligkeiten/ die uns die
Amazonen mit Hirsch-Luchs- und Biber- Jag-
ten/ welche sich auch in dem See-Strande auf-
halten/ mit Reiger- und Phasan-Beitzen/ die
allhier ihr rechtes Vaterland haben/ mit Ritter-
Spielen und Durchschwemmungen der Flüs-
se/ darinnen sie es allen andern Völckern zuvor
thun/ anstelleten; Also daß weder ich mich an-
ders wohin/ noch auch Oropastes nach Hause
sehneten/ und daher die Entschlagung ihres
Vaterlandes der Fürstin Syrmanis nicht für
übel haben konten. Mich vergnügte inson-
derheit/ daß diese Amazonen viel anderwerts
herrschende Laster auch mit den Nahmen nicht
kannten/ und also dieser ihre Unwissenheit viel
heiliger/ als sonst in der Welt die Erkentniß der
Tugend ist; daß ihre Sitten mehr gutes/ als an-
derwerts heilsame Gesetze stifften. Jnsonder-
heit ist ihnen die Anbetung Gold und Silbers/
des Abgottes so vieler Menschen gantz unbe-
kandt, daher sie in die Bäche/ welche vom Cau-
casus abschiessen/ und vielen Goldsand mit sich
[Spaltenumbruch] führen/ zwar Schaaff-Felle hencken/ und da-
mit Gold sammlen; solches aber mehr zur Lust/
als zum Geitze anstellen. Denn ihr gröstes
Reichthum ist ein schnelles Pferd/ ein guter Bo-
gen und ein Zobelner Peltz. Unter dieser ihrer
Unschuld aber/ sind gleichwohl Liebe und Rache
die hefftigsten Gemüths-Regungen. Diese
verwandeln unsere Vergnügung allzu ge-
schwinde in ein klägliches Trauer-Spiel. Denn
die Königin Minothea und Penthasilea verlieb-
ten sich in den Fürsten Oropastes; Oropastes a-
ber/ ich weiß nicht aus was für einem seltzamen
Triebe/ in mich. Jch merckte diese Regung
dem Oropastes zeitlich an/ iedoch verstellte ich
meine Wahrnehmung so lange/ biß er seine
Neigung nun nicht mehr mit Veränderung
der Farbe und Seuffzern/ sondern mit deutli-
cher Ausdrückung zu verstehen gab. Da ich
mich denn Anfangs seiner Gesellschafft auff al-
le ersinnliche Wege entschlug/ hernach seiner Lie-
be durch bewegliche Abmahnung abzuhelffen
mich bemühete/ und den Oropastes zu behertzi-
gen ermahnte/ daß ich aus Haß gegen die Lie-
be meine Eltern und Vaterland verlassen/ und
den Ariobarzanes verschmähet/ inzwischen zwar
Erde und Lufft/ nicht aber mein Gemüthe ver-
ändert hätte. Aber ich befand/ daß die/ welche
eine hefftige Liebe mit allzu grosser Kaltsinnig-
keit zu stillen vermeinen/ eben diß ausrichten/
als die mit Oel das Feuer leschen; und daß es
rathsamer sey/ selbte mit Glimpff nach und nach
abzukühlen/ und sie sich an laulichter Be-
gegnung wie die Wellen des stürmenden Mee-
res auff dem weichen Bette des kleinen San-
des abschlagen lassen. Weil nun Oropastes
derogestalt sein gantz Hertze mir gewiedmet
hatte/ blieb nichts für die brennende Minothea
und Penthasileen übrig/ welche beyde für Lie-
be hätten zerschmeltzen mögen/ sonderlich aber
die letztere/ welche ihren Brand für der Kö-
nigin auffs vorsichtigste verdecken muste. Mi-
nothea konte sich endlich nicht enthalten/ auff ei-

ner

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] Borgis liegende Stadt Ampſalis begleitet wor-
den waͤre. Das Geſchrey/ ſagte Zeno/ kam
unſerer Ankunfft zuvor/ und alſo die Koͤnigin
Minothea von Maſetica uns entgegen; Wel-
che mich als eine Erloͤſerin ihrer Schweſter
gleichſam auff den Haͤden trug/ und uns er-
zehlte: wie ſie bey dem Einfalle der Geten zu den
Waffen kommen/ ſelbte uͤberwaͤltiget/ ja Koͤnig
Cotiſons eigenen Sohn den Fuͤrſten Oropaſtes
ſelbſt gefaugen bekommen haͤtten. Die erſte
Frucht unſerer Ankunfft war/ daß Oropaſtes
ſeiner engen Beſtruͤcknis erlediget ward; nach-
dem ſie ſich bloß ſeiner um ihn gegen Pentha-
ſileen auszuwechſeln ſo wohl verſichert hatten.
Hierdurch erfolgte/ daß dieſer tapffere Fuͤrſt zu
mir eine ungemeine Zuneigung gewann/ weil
ich ſein Volck uͤberwunden/ und ihnen ſeine
Beute abgeſchlagen hatte. Denn die Frey-
heit iſt alleine der unſchaͤtzbare Schatz unter den
Jrrdiſchen. Jch wuͤrde etliche Tage doͤrffen
zu Erzehlung aller Ergetzligkeiten/ die uns die
Amazonen mit Hirſch-Luchs- und Biber- Jag-
ten/ welche ſich auch in dem See-Strande auf-
halten/ mit Reiger- und Phaſan-Beitzen/ die
allhier ihr rechtes Vaterland haben/ mit Ritter-
Spielen und Durchſchwemmungen der Fluͤſ-
ſe/ darinnen ſie es allen andern Voͤlckern zuvor
thun/ anſtelleten; Alſo daß weder ich mich an-
ders wohin/ noch auch Oropaſtes nach Hauſe
ſehneten/ und daher die Entſchlagung ihres
Vaterlandes der Fuͤrſtin Syrmanis nicht fuͤr
uͤbel haben konten. Mich vergnuͤgte inſon-
derheit/ daß dieſe Amazonen viel anderwerts
herrſchende Laſter auch mit den Nahmen nicht
kannten/ und alſo dieſer ihre Unwiſſenheit viel
heiliger/ als ſonſt in der Welt die Erkentniß der
Tugend iſt; daß ihre Sitten mehr gutes/ als an-
derwerts heilſame Geſetze ſtifften. Jnſonder-
heit iſt ihnen die Anbetung Gold und Silbers/
des Abgottes ſo vieler Menſchen gantz unbe-
kandt, daher ſie in die Baͤche/ welche vom Cau-
caſus abſchieſſen/ und vielen Goldſand mit ſich
[Spaltenumbruch] fuͤhren/ zwar Schaaff-Felle hencken/ und da-
mit Gold ſammlen; ſolches aber mehr zur Luſt/
als zum Geitze anſtellen. Denn ihr groͤſtes
Reichthum iſt ein ſchnelles Pferd/ ein guter Bo-
gen und ein Zobelner Peltz. Unter dieſer ihrer
Unſchuld aber/ ſind gleichwohl Liebe und Rache
die hefftigſten Gemuͤths-Regungen. Dieſe
verwandeln unſere Vergnuͤgung allzu ge-
ſchwinde in ein klaͤgliches Trauer-Spiel. Denn
die Koͤnigin Minothea und Penthaſilea verlieb-
ten ſich in den Fuͤrſten Oropaſtes; Oropaſtes a-
ber/ ich weiß nicht aus was fuͤr einem ſeltzamen
Triebe/ in mich. Jch merckte dieſe Regung
dem Oropaſtes zeitlich an/ iedoch verſtellte ich
meine Wahrnehmung ſo lange/ biß er ſeine
Neigung nun nicht mehr mit Veraͤnderung
der Farbe und Seuffzern/ ſondern mit deutli-
cher Ausdruͤckung zu verſtehen gab. Da ich
mich denn Anfangs ſeiner Geſellſchafft auff al-
le erſinnliche Wege entſchlug/ hernach ſeiner Lie-
be durch bewegliche Abmahnung abzuhelffen
mich bemuͤhete/ und den Oropaſtes zu behertzi-
gen ermahnte/ daß ich aus Haß gegen die Lie-
be meine Eltern und Vaterland verlaſſen/ und
den Ariobarzanes verſchmaͤhet/ inzwiſchen zwar
Erde und Lufft/ nicht aber mein Gemuͤthe ver-
aͤndert haͤtte. Aber ich befand/ daß die/ welche
eine hefftige Liebe mit allzu groſſer Kaltſinnig-
keit zu ſtillen vermeinen/ eben diß ausrichten/
als die mit Oel das Feuer leſchen; und daß es
rathſamer ſey/ ſelbte mit Glimpff nach und nach
abzukuͤhlen/ und ſie ſich an laulichter Be-
gegnung wie die Wellen des ſtuͤrmenden Mee-
res auff dem weichen Bette des kleinen San-
des abſchlagen laſſen. Weil nun Oropaſtes
derogeſtalt ſein gantz Hertze mir gewiedmet
hatte/ blieb nichts fuͤr die brennende Minothea
und Penthaſileen uͤbrig/ welche beyde fuͤr Lie-
be haͤtten zerſchmeltzen moͤgen/ ſonderlich aber
die letztere/ welche ihren Brand fuͤr der Koͤ-
nigin auffs vorſichtigſte verdecken muſte. Mi-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/598>, abgerufen am 23.11.2024.