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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieser
Strasse allein über hundert tausend wären; de-
rer keiner doch so wenig als das kleineste Aeder-
lein in dem menschlichen Leibe umsonst geschaf-
fen/ sondern in der Welt seine absondere Wür-
ckung/ ja iedes Kraut seinen eigenthümlichen
Stern hätte. Jch erstarrte aber/ als er mir
gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/
davon ich vorhin nichts gesehen noch gehöret
hatte/ zeigte. Daher ich für grosser Begierde
alsofort ihre Nahmen zu wissen verlangte/ aber
zur Antwort bekam: Es wohnte in diesem
Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche
sich nicht vergnügten/ Huren/ Ehebrecher/
Mörder in Marmel und Helffenbein zu bilden/
sondern sie auch nebst wilden Thieren unter die
Sternen versetzt hätten; daher hätten auch we-
der diese noch andere Sternen in diesem Tem-
pel so irrdische Nahmen/ noch so eitele Einthei-
lung; Er könte aber aus ihrem Stande leicht
wahrsagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/
Flüsse/ Fliegen/ Fische/ Dreyecken/ Thiere/
Krähen/ Phenixe/ Pfauen und andere Geflü-
gel daraus machen würde. Er machte auch
unter diesen Sternen/ welche insgemein für un-
bewegliche in einen Crystallenen dichten Him-
mel eingeschraubte Cörper hielte/ aber in der da-
selbst durchdringlichen dinnesten Lufft eben so
wol ihre richtige/ wiewol unsern entfernten Au-
gen unsichtbare Bewegung hätten/ nur nach ih-
rem Wesen und Eigenschafften einen Unter-
scheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen
der Sirius die gröste/ wären/ welche die um sich
herum irrenden wiewol in unser Gesichte nicht
fallende/ und von unserer Sonne zu erleuchten
unmögliche Monden mit ihrem Lichte betheil-
ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen
viel durchsichtige Schwantz- und Haar-Sterne
zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und
Haare nicht so wie unter denen Jrrsternen er-
kiesen könte; weil sie mehr als hundert mal wei-
ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er-
[Spaltenumbruch] den stünden. Diese Weite verursachte gleich-
fals/ daß nachdem diese stillstehenden Sternen
sich zwar nicht von Ost gegen West alle Tage
umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge-
stirnte Himmel jährlich ein gutes Stück von
West gegen Ost/ wie die Erdkugel alle Tage
fortrückte/ man kaum in hundert Jahren solche
Fortrückung mit den Augen vermerckte. Des-
sen wäre ein klares Zeugnüß der mitternächtige
Angelstern/ welcher sich kaum drey Himmels-
Staffeln weit um seinen Mittelpunct zu dre-
hen schiene; Da doch dieser enge Umkreiß in
Warheit mehr als der Zirckel des Mars in sich
begrieffe. Aus welchen Geschöpffen wir die
Unermäßligkeit des ewigen Schöpffers/ wel-
cher ist der rechte Mittelpunct der gantzen Na-
tur/ und der vernünfftigen Seele ermessen/ und
also wie die vernunfftlosen Dinge nach ihrem/
also so viel mehr wir/ in derer Gemüthern Gott
ein so grosses Licht des Verstandes aufgesteckt
hätte/ nach unserm Mittelpunctuns ziehen sol-
ten.

Wir hatten uns über dem unzehlbaren Ge-
stirne schier müde gesehen/ als der Priester uns
wiederum zum Altare führte/ und uns das Mar-
melbild des Scythischen Königs Prometheus
zeigte/ welches mit beyden Händen die zwey
Hörner desselben faßte/ die Augen aber starr auf
die Sonnen-Kugel richtete. Dieser/ sagte der
Priester/ ist es/ der auf diesem hohen Gebürge
sein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne
und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes
Weltweisen Meinung hierzu alleine geschaffen
wäre/ zubracht hätte; worvon das Getichte ent-
sprungen wäre/ daß er auf dem Caucasus vom
Mercur an eine steinerne Säule gefässelt wor-
den. Dieser Steinfels wäre die Säule/ seine
himmlische Gedancken wären die Fessel/ und
er habe einem hierbey nistenden Adler/ wenn er
sich ausser seinem Gesichte in die Höhe geschwun-
gen/ mißgegönnet/ daß er nicht/ wie dieser un-
verständige Vogel/ dem Gestirne näher kom-

men
Erster Theil. D d d d

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieſer
Straſſe allein uͤber hundert tauſend waͤren; de-
rer keiner doch ſo wenig als das kleineſte Aeder-
lein in dem menſchlichen Leibe umſonſt geſchaf-
fen/ ſondern in der Welt ſeine abſondere Wuͤr-
ckung/ ja iedes Kraut ſeinen eigenthuͤmlichen
Stern haͤtte. Jch erſtarrte aber/ als er mir
gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/
davon ich vorhin nichts geſehen noch gehoͤret
hatte/ zeigte. Daher ich fuͤr groſſer Begierde
alſofort ihre Nahmen zu wiſſen verlangte/ aber
zur Antwort bekam: Es wohnte in dieſem
Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche
ſich nicht vergnuͤgten/ Huren/ Ehebrecher/
Moͤrder in Marmel und Helffenbein zu bilden/
ſondern ſie auch nebſt wilden Thieren unter die
Sternen verſetzt haͤtten; daher haͤtten auch we-
der dieſe noch andere Sternen in dieſem Tem-
pel ſo irrdiſche Nahmen/ noch ſo eitele Einthei-
lung; Er koͤnte aber aus ihrem Stande leicht
wahrſagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/
Fluͤſſe/ Fliegen/ Fiſche/ Dreyecken/ Thiere/
Kraͤhen/ Phenixe/ Pfauen und andere Gefluͤ-
gel daraus machen wuͤrde. Er machte auch
unter dieſen Sternen/ welche insgemein fuͤr un-
bewegliche in einen Cryſtallenen dichten Him-
mel eingeſchraubte Coͤrper hielte/ aber in der da-
ſelbſt durchdringlichen dinneſten Lufft eben ſo
wol ihre richtige/ wiewol unſern entfernten Au-
gen unſichtbare Bewegung haͤtten/ nur nach ih-
rem Weſen und Eigenſchafften einen Unter-
ſcheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen
der Sirius die groͤſte/ waͤren/ welche die um ſich
herum irrenden wiewol in unſer Geſichte nicht
fallende/ und von unſerer Sonne zu erleuchten
unmoͤgliche Monden mit ihrem Lichte betheil-
ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen
viel durchſichtige Schwantz- und Haar-Sterne
zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und
Haare nicht ſo wie unter denen Jrrſternen er-
kieſen koͤnte; weil ſie mehr als hundert mal wei-
ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er-
[Spaltenumbruch] den ſtuͤnden. Dieſe Weite verurſachte gleich-
fals/ daß nachdem dieſe ſtillſtehenden Sternen
ſich zwar nicht von Oſt gegen Weſt alle Tage
umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge-
ſtirnte Himmel jaͤhrlich ein gutes Stuͤck von
Weſt gegen Oſt/ wie die Erdkugel alle Tage
fortruͤckte/ man kaum in hundert Jahren ſolche
Fortruͤckung mit den Augen vermerckte. Deſ-
ſen waͤre ein klares Zeugnuͤß der mitternaͤchtige
Angelſtern/ welcher ſich kaum drey Himmels-
Staffeln weit um ſeinen Mittelpunct zu dre-
hen ſchiene; Da doch dieſer enge Umkreiß in
Warheit mehr als der Zirckel des Mars in ſich
begrieffe. Aus welchen Geſchoͤpffen wir die
Unermaͤßligkeit des ewigen Schoͤpffers/ wel-
cher iſt der rechte Mittelpunct der gantzen Na-
tur/ und der vernuͤnfftigen Seele ermeſſen/ und
alſo wie die vernunfftloſen Dinge nach ihrem/
alſo ſo viel mehr wir/ in derer Gemuͤthern Gott
ein ſo groſſes Licht des Verſtandes aufgeſteckt
haͤtte/ nach unſerm Mittelpunctuns ziehen ſol-
ten.

Wir hatten uns uͤber dem unzehlbaren Ge-
ſtirne ſchier muͤde geſehen/ als der Prieſter uns
wiederum zum Altare fuͤhrte/ und uns das Mar-
melbild des Scythiſchen Koͤnigs Prometheus
zeigte/ welches mit beyden Haͤnden die zwey
Hoͤrner deſſelben faßte/ die Augen aber ſtarr auf
die Sonnen-Kugel richtete. Dieſer/ ſagte der
Prieſter/ iſt es/ der auf dieſem hohen Gebuͤrge
ſein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne
und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes
Weltweiſen Meinung hierzu alleine geſchaffen
waͤre/ zubracht haͤtte; worvon das Getichte ent-
ſprungen waͤre/ daß er auf dem Caucaſus vom
Mercur an eine ſteinerne Saͤule gefaͤſſelt wor-
den. Dieſer Steinfels waͤre die Saͤule/ ſeine
himmliſche Gedancken waͤren die Feſſel/ und
er habe einem hierbey niſtenden Adler/ wenn er
ſich auſſer ſeinem Geſichte in die Hoͤhe geſchwun-
gen/ mißgegoͤnnet/ daß er nicht/ wie dieſer un-
verſtaͤndige Vogel/ dem Geſtirne naͤher kom-

men
Erſter Theil. D d d d
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[577/0633] Arminius und Thußnelda. am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieſer Straſſe allein uͤber hundert tauſend waͤren; de- rer keiner doch ſo wenig als das kleineſte Aeder- lein in dem menſchlichen Leibe umſonſt geſchaf- fen/ ſondern in der Welt ſeine abſondere Wuͤr- ckung/ ja iedes Kraut ſeinen eigenthuͤmlichen Stern haͤtte. Jch erſtarrte aber/ als er mir gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/ davon ich vorhin nichts geſehen noch gehoͤret hatte/ zeigte. Daher ich fuͤr groſſer Begierde alſofort ihre Nahmen zu wiſſen verlangte/ aber zur Antwort bekam: Es wohnte in dieſem Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche ſich nicht vergnuͤgten/ Huren/ Ehebrecher/ Moͤrder in Marmel und Helffenbein zu bilden/ ſondern ſie auch nebſt wilden Thieren unter die Sternen verſetzt haͤtten; daher haͤtten auch we- der dieſe noch andere Sternen in dieſem Tem- pel ſo irrdiſche Nahmen/ noch ſo eitele Einthei- lung; Er koͤnte aber aus ihrem Stande leicht wahrſagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/ Fluͤſſe/ Fliegen/ Fiſche/ Dreyecken/ Thiere/ Kraͤhen/ Phenixe/ Pfauen und andere Gefluͤ- gel daraus machen wuͤrde. Er machte auch unter dieſen Sternen/ welche insgemein fuͤr un- bewegliche in einen Cryſtallenen dichten Him- mel eingeſchraubte Coͤrper hielte/ aber in der da- ſelbſt durchdringlichen dinneſten Lufft eben ſo wol ihre richtige/ wiewol unſern entfernten Au- gen unſichtbare Bewegung haͤtten/ nur nach ih- rem Weſen und Eigenſchafften einen Unter- ſcheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen der Sirius die groͤſte/ waͤren/ welche die um ſich herum irrenden wiewol in unſer Geſichte nicht fallende/ und von unſerer Sonne zu erleuchten unmoͤgliche Monden mit ihrem Lichte betheil- ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen viel durchſichtige Schwantz- und Haar-Sterne zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und Haare nicht ſo wie unter denen Jrrſternen er- kieſen koͤnte; weil ſie mehr als hundert mal wei- ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er- den ſtuͤnden. Dieſe Weite verurſachte gleich- fals/ daß nachdem dieſe ſtillſtehenden Sternen ſich zwar nicht von Oſt gegen Weſt alle Tage umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge- ſtirnte Himmel jaͤhrlich ein gutes Stuͤck von Weſt gegen Oſt/ wie die Erdkugel alle Tage fortruͤckte/ man kaum in hundert Jahren ſolche Fortruͤckung mit den Augen vermerckte. Deſ- ſen waͤre ein klares Zeugnuͤß der mitternaͤchtige Angelſtern/ welcher ſich kaum drey Himmels- Staffeln weit um ſeinen Mittelpunct zu dre- hen ſchiene; Da doch dieſer enge Umkreiß in Warheit mehr als der Zirckel des Mars in ſich begrieffe. Aus welchen Geſchoͤpffen wir die Unermaͤßligkeit des ewigen Schoͤpffers/ wel- cher iſt der rechte Mittelpunct der gantzen Na- tur/ und der vernuͤnfftigen Seele ermeſſen/ und alſo wie die vernunfftloſen Dinge nach ihrem/ alſo ſo viel mehr wir/ in derer Gemuͤthern Gott ein ſo groſſes Licht des Verſtandes aufgeſteckt haͤtte/ nach unſerm Mittelpunctuns ziehen ſol- ten. Wir hatten uns uͤber dem unzehlbaren Ge- ſtirne ſchier muͤde geſehen/ als der Prieſter uns wiederum zum Altare fuͤhrte/ und uns das Mar- melbild des Scythiſchen Koͤnigs Prometheus zeigte/ welches mit beyden Haͤnden die zwey Hoͤrner deſſelben faßte/ die Augen aber ſtarr auf die Sonnen-Kugel richtete. Dieſer/ ſagte der Prieſter/ iſt es/ der auf dieſem hohen Gebuͤrge ſein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes Weltweiſen Meinung hierzu alleine geſchaffen waͤre/ zubracht haͤtte; worvon das Getichte ent- ſprungen waͤre/ daß er auf dem Caucaſus vom Mercur an eine ſteinerne Saͤule gefaͤſſelt wor- den. Dieſer Steinfels waͤre die Saͤule/ ſeine himmliſche Gedancken waͤren die Feſſel/ und er habe einem hierbey niſtenden Adler/ wenn er ſich auſſer ſeinem Geſichte in die Hoͤhe geſchwun- gen/ mißgegoͤnnet/ daß er nicht/ wie dieſer un- verſtaͤndige Vogel/ dem Geſtirne naͤher kom- men Erſter Theil. D d d d

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/633>, abgerufen am 26.06.2024.