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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] men könte. Dieses wäre der Adler/ welcher
ihm täglich sein Eingeweide gefressen zu haben
gedichtet würde. Hier habe Prometheus nicht
nur durch den Augenschein/ wie in denen nie-
drigern Wolcken aus dem Dampffe der schwef-
lichten Dünste und salpetrichten Feuchtigkeiten
Donner und Blitz gezeuget würde/ sondern
auch durch sein tieffes Nachsinnen und künstli-
che Schau-Gläser die Eigenschafften der Ster-
nen/ und den Abgrund der hellen Himmels-
Lichter erforschet/ und andern Menschen ent-
decket. Deßhalben hätte die Nachwelt fürge-
geben: Er wäre durch Hülffe der Minerva in
Himmel gestiegen/ hätte an dem Wagen der
Sonne eine Ruthe angezündet/ und hiermit das
Feuer auf den Erdbodem bracht.

Uber dieser Unterred- und Betrachtung des
Tempels/ war der Abend nahe herbey kommen/
und wir hätten darüber schier des Essens ver-
gessen/ wenn uns der Priester nicht ein gutes
Theil den Berg hinab in eine zu seinem Auf-
fenthalt dienende Höle/ zu seiner gewöhnlichen
Kräuter-Speise eingeladen/ und mit dem köst-
lichen Wasser eines daselbst aus einem rothen
Felsen entspringenden Brunnens erqvicket
hätte; welches uns in Warheit besser schmeckte/
als das Wasser aus dem Flusse Lyncestis/ das
wie der Wein truncken machen soll; oder auch
aus dem Brunnen des Bacchus selbst/ wenn es
schon den siebenden Tag gewest wäre/ da er alle-
mahl mit Wein qvellen soll. Hertzog Herr-
mann fing an: Es ist gleich Zeit/ daß wir auch
unser deutsches Wasser kosten. Denn der Graf
von Leuningen hatte dem Feldherrn gleich an-
gemeldet/ daß auff seinen Befehl in des Zeno
Vorgemach die Taffel/ und zwar dem noch
schwachen Zeno zu Liebe auf Römische Art be-
reitet wäre/ daß ieder Gast sich zur Taffel auff
einem Bette legte. Hier mit verfügte sich die
sämtliche Versammlung dahin. Der Feld-
herr entschuldigte bald anfangs/ daß zwar der
Tisch/ aber nicht die Gerüchte nach Römischem/
[Spaltenumbruch] weniger nach Asiatischem Uberflusse bereitet
seyn würde. Sintemal er selbst zu Rom gese-
hen/ daß bey einer Mahlzeit zweytausend seltza-
me Fische/ und sieben tausend Vögel aufgesetzet
worden wären. Die Persischen Könige aber
solten auf ein Abend-Essen viertzig Talent auf-
wenden/ und tausend Thiere abschlachten lassen.
Denn die Deutschen wären nicht gewohnt/ wie
diese wollüstige Fürsten/ in die Welt Ausspürer
niedlicher Speisen auszusenden/ noch grosse
Silber-Preisse für die Erfinder neuer Wollüste
aufzusetzen/ sondern hielten vielmehr dafür/ daß
der Gerüchte Uberfluß Eckel verursachte/ und
das Essen hinderte. Hierauf ward zum ersten
von frischen Neun-Augen vor gelegt; Erato/
welche ihr Lebtage keine solche Fische gesehen/
hatte Bedencken sie anzunehmen/ und fing an:
was sie mit diesen Würmen machen solte? Rhe-
metalces/ ob sie ihm gleich eben so fremde waren/
fing lächelnde an: Es wäre nichts ungemei-
nes/ daß man Würmer ässe. Seine Nach-
barn/ die Thracier/ hielten die weissen Holtzwür-
mer mit den schwartzen Köpffen für Leckerbiß-
lein. Flavius setzte bey: Und die Africaner
nicht nur die Heuschrecken/ sondern auch die
grünen Heydächsen. Zeno bestätigte es/ und
meldete/ daß sie um den Berg Athos die Nat-
tern ässen/ und deßhalben insgemein biß hun-
dert und viertzig Jahr zu leben glaubten. Die
Candeer in Africa speiseten auch meistentheils
Schlangen. Nachdem aber der Feldherr die
Fremden versicherte/ daß die Neun-Augen Fi-
sche wären; genassen sie selbte mit sonderbarem
Vergnügen. Noch vielmehr aber hielten sich
Zeno und Erato an die aufgesetzten Biber-
Schwäntze und Klauen/ welche sie für die köst-
lichste Speise des Euxinischen Meeres/
Deutschland aber für das rechte Vaterland der
seltzamsten Köstligkeiten hielten; als sie Aeschen/
und ein Stücke von einem Stör auftragen sahen/
und selbten aus denen gegen den Kopf gekehrten
Schupffen erkenneten. Rhemetalces fing auch

an:

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] men koͤnte. Dieſes waͤre der Adler/ welcher
ihm taͤglich ſein Eingeweide gefreſſen zu haben
gedichtet wuͤrde. Hier habe Prometheus nicht
nur durch den Augenſchein/ wie in denen nie-
drigern Wolcken aus dem Dampffe der ſchwef-
lichten Duͤnſte und ſalpetrichten Feuchtigkeiten
Donner und Blitz gezeuget wuͤrde/ ſondern
auch durch ſein tieffes Nachſinnen und kuͤnſtli-
che Schau-Glaͤſer die Eigenſchafften der Ster-
nen/ und den Abgrund der hellen Himmels-
Lichter erforſchet/ und andern Menſchen ent-
decket. Deßhalben haͤtte die Nachwelt fuͤrge-
geben: Er waͤre durch Huͤlffe der Minerva in
Himmel geſtiegen/ haͤtte an dem Wagen der
Sonne eine Ruthe angezuͤndet/ und hiermit das
Feuer auf den Erdbodem bracht.

Uber dieſer Unterred- und Betrachtung des
Tempels/ war der Abend nahe herbey kommen/
und wir haͤtten daruͤber ſchier des Eſſens ver-
geſſen/ wenn uns der Prieſter nicht ein gutes
Theil den Berg hinab in eine zu ſeinem Auf-
fenthalt dienende Hoͤle/ zu ſeiner gewoͤhnlichen
Kraͤuter-Speiſe eingeladen/ und mit dem koͤſt-
lichen Waſſer eines daſelbſt aus einem rothen
Felſen entſpringenden Brunnens erqvicket
haͤtte; welches uns in Warheit beſſer ſchmeckte/
als das Waſſer aus dem Fluſſe Lynceſtis/ das
wie der Wein truncken machen ſoll; oder auch
aus dem Brunnen des Bacchus ſelbſt/ wenn es
ſchon den ſiebenden Tag geweſt waͤre/ da er alle-
mahl mit Wein qvellen ſoll. Hertzog Herr-
mann fing an: Es iſt gleich Zeit/ daß wir auch
unſer deutſches Waſſer koſten. Denn der Graf
von Leuningen hatte dem Feldherrn gleich an-
gemeldet/ daß auff ſeinen Befehl in des Zeno
Vorgemach die Taffel/ und zwar dem noch
ſchwachen Zeno zu Liebe auf Roͤmiſche Art be-
reitet waͤre/ daß ieder Gaſt ſich zur Taffel auff
einem Bette legte. Hier mit verfuͤgte ſich die
ſaͤmtliche Verſammlung dahin. Der Feld-
herr entſchuldigte bald anfangs/ daß zwar der
Tiſch/ aber nicht die Geruͤchte nach Roͤmiſchem/
[Spaltenumbruch] weniger nach Aſiatiſchem Uberfluſſe bereitet
ſeyn wuͤrde. Sintemal er ſelbſt zu Rom geſe-
hen/ daß bey einer Mahlzeit zweytauſend ſeltza-
me Fiſche/ und ſieben tauſend Voͤgel aufgeſetzet
worden waͤren. Die Perſiſchen Koͤnige aber
ſolten auf ein Abend-Eſſen viertzig Talent auf-
wenden/ und tauſend Thiere abſchlachten laſſen.
Denn die Deutſchen waͤren nicht gewohnt/ wie
dieſe wolluͤſtige Fuͤrſten/ in die Welt Ausſpuͤrer
niedlicher Speiſen auszuſenden/ noch groſſe
Silber-Preiſſe fuͤr die Erfinder neuer Wolluͤſte
aufzuſetzen/ ſondern hielten vielmehr dafuͤr/ daß
der Geruͤchte Uberfluß Eckel verurſachte/ und
das Eſſen hinderte. Hierauf ward zum erſten
von friſchen Neun-Augen vor gelegt; Erato/
welche ihr Lebtage keine ſolche Fiſche geſehen/
hatte Bedencken ſie anzunehmen/ und fing an:
was ſie mit dieſen Wuͤrmen machen ſolte? Rhe-
metalces/ ob ſie ihm gleich eben ſo fremde waren/
fing laͤchelnde an: Es waͤre nichts ungemei-
nes/ daß man Wuͤrmer aͤſſe. Seine Nach-
baꝛn/ die Thracier/ hielten die weiſſen Holtzwuͤr-
mer mit den ſchwartzen Koͤpffen fuͤr Leckerbiß-
lein. Flavius ſetzte bey: Und die Africaner
nicht nur die Heuſchrecken/ ſondern auch die
gruͤnen Heydaͤchſen. Zeno beſtaͤtigte es/ und
meldete/ daß ſie um den Berg Athos die Nat-
tern aͤſſen/ und deßhalben insgemein biß hun-
dert und viertzig Jahr zu leben glaubten. Die
Candeer in Africa ſpeiſeten auch meiſtentheils
Schlangen. Nachdem aber der Feldherr die
Fremden verſicherte/ daß die Neun-Augen Fi-
ſche waͤren; genaſſen ſie ſelbte mit ſonderbarem
Vergnuͤgen. Noch vielmehr aber hielten ſich
Zeno und Erato an die aufgeſetzten Biber-
Schwaͤntze und Klauen/ welche ſie fuͤr die koͤſt-
lichſte Speiſe des Euxiniſchen Meeres/
Deutſchland aber fuͤr das rechte Vaterland der
ſeltzamſten Koͤſtligkeiten hielten; als ſie Aeſchen/
uñ ein Stuͤcke von einem Stoͤr auftragen ſahen/
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Schupffen erkenneten. Rhemetalces fing auch

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[578/0634] Fuͤnfftes Buch men koͤnte. Dieſes waͤre der Adler/ welcher ihm taͤglich ſein Eingeweide gefreſſen zu haben gedichtet wuͤrde. Hier habe Prometheus nicht nur durch den Augenſchein/ wie in denen nie- drigern Wolcken aus dem Dampffe der ſchwef- lichten Duͤnſte und ſalpetrichten Feuchtigkeiten Donner und Blitz gezeuget wuͤrde/ ſondern auch durch ſein tieffes Nachſinnen und kuͤnſtli- che Schau-Glaͤſer die Eigenſchafften der Ster- nen/ und den Abgrund der hellen Himmels- Lichter erforſchet/ und andern Menſchen ent- decket. Deßhalben haͤtte die Nachwelt fuͤrge- geben: Er waͤre durch Huͤlffe der Minerva in Himmel geſtiegen/ haͤtte an dem Wagen der Sonne eine Ruthe angezuͤndet/ und hiermit das Feuer auf den Erdbodem bracht. Uber dieſer Unterred- und Betrachtung des Tempels/ war der Abend nahe herbey kommen/ und wir haͤtten daruͤber ſchier des Eſſens ver- geſſen/ wenn uns der Prieſter nicht ein gutes Theil den Berg hinab in eine zu ſeinem Auf- fenthalt dienende Hoͤle/ zu ſeiner gewoͤhnlichen Kraͤuter-Speiſe eingeladen/ und mit dem koͤſt- lichen Waſſer eines daſelbſt aus einem rothen Felſen entſpringenden Brunnens erqvicket haͤtte; welches uns in Warheit beſſer ſchmeckte/ als das Waſſer aus dem Fluſſe Lynceſtis/ das wie der Wein truncken machen ſoll; oder auch aus dem Brunnen des Bacchus ſelbſt/ wenn es ſchon den ſiebenden Tag geweſt waͤre/ da er alle- mahl mit Wein qvellen ſoll. Hertzog Herr- mann fing an: Es iſt gleich Zeit/ daß wir auch unſer deutſches Waſſer koſten. Denn der Graf von Leuningen hatte dem Feldherrn gleich an- gemeldet/ daß auff ſeinen Befehl in des Zeno Vorgemach die Taffel/ und zwar dem noch ſchwachen Zeno zu Liebe auf Roͤmiſche Art be- reitet waͤre/ daß ieder Gaſt ſich zur Taffel auff einem Bette legte. Hier mit verfuͤgte ſich die ſaͤmtliche Verſammlung dahin. Der Feld- herr entſchuldigte bald anfangs/ daß zwar der Tiſch/ aber nicht die Geruͤchte nach Roͤmiſchem/ weniger nach Aſiatiſchem Uberfluſſe bereitet ſeyn wuͤrde. Sintemal er ſelbſt zu Rom geſe- hen/ daß bey einer Mahlzeit zweytauſend ſeltza- me Fiſche/ und ſieben tauſend Voͤgel aufgeſetzet worden waͤren. Die Perſiſchen Koͤnige aber ſolten auf ein Abend-Eſſen viertzig Talent auf- wenden/ und tauſend Thiere abſchlachten laſſen. Denn die Deutſchen waͤren nicht gewohnt/ wie dieſe wolluͤſtige Fuͤrſten/ in die Welt Ausſpuͤrer niedlicher Speiſen auszuſenden/ noch groſſe Silber-Preiſſe fuͤr die Erfinder neuer Wolluͤſte aufzuſetzen/ ſondern hielten vielmehr dafuͤr/ daß der Geruͤchte Uberfluß Eckel verurſachte/ und das Eſſen hinderte. Hierauf ward zum erſten von friſchen Neun-Augen vor gelegt; Erato/ welche ihr Lebtage keine ſolche Fiſche geſehen/ hatte Bedencken ſie anzunehmen/ und fing an: was ſie mit dieſen Wuͤrmen machen ſolte? Rhe- metalces/ ob ſie ihm gleich eben ſo fremde waren/ fing laͤchelnde an: Es waͤre nichts ungemei- nes/ daß man Wuͤrmer aͤſſe. Seine Nach- baꝛn/ die Thracier/ hielten die weiſſen Holtzwuͤr- mer mit den ſchwartzen Koͤpffen fuͤr Leckerbiß- lein. Flavius ſetzte bey: Und die Africaner nicht nur die Heuſchrecken/ ſondern auch die gruͤnen Heydaͤchſen. Zeno beſtaͤtigte es/ und meldete/ daß ſie um den Berg Athos die Nat- tern aͤſſen/ und deßhalben insgemein biß hun- dert und viertzig Jahr zu leben glaubten. Die Candeer in Africa ſpeiſeten auch meiſtentheils Schlangen. Nachdem aber der Feldherr die Fremden verſicherte/ daß die Neun-Augen Fi- ſche waͤren; genaſſen ſie ſelbte mit ſonderbarem Vergnuͤgen. Noch vielmehr aber hielten ſich Zeno und Erato an die aufgeſetzten Biber- Schwaͤntze und Klauen/ welche ſie fuͤr die koͤſt- lichſte Speiſe des Euxiniſchen Meeres/ Deutſchland aber fuͤr das rechte Vaterland der ſeltzamſten Koͤſtligkeiten hielten; als ſie Aeſchen/ uñ ein Stuͤcke von einem Stoͤr auftragen ſahen/ und ſelbten aus denen gegen den Kopf gekehrten Schupffen erkenneten. Rhemetalces fing auch an:

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/634>, abgerufen am 26.06.2024.