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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] Jenes wäre ein Beweiß/ daß ein Weiser auch
die Sternen bemeisterte; dieses aber so ein herr-
liches Beyspiel/ daß es alles Gewichte des Ruh-
mes überwiege. Denn da ein Fürst keine nütz-
lichere Sorge fürkehren könte/ als sich um einen
tauglichen Nachfolger bekümmern; so wäre diß
eine unver gleichliche Wolthat/ wenn man selb-
ten nicht aus seinem Geschlechte/ sondern nach
der Nothdurfft des Reiches erkiesete. Es sey
ein blosser Zufall ein gebohrner Fürst seyn/ die
Geburt ersetzte den Mangel der Tugend nicht;
die Wahl aber eines Fürsten hätte diesen unver-
gleichlichen Fürzug/ daß sie keinen/ als einen
tauglichen auff den Stul heben könne. Es ist
beydes freylich wahr/ sagte Zeno. Jnsonder-
heit haben kluge und fromme Fürsten gleichsam
eine Botmäßigkeit selbst über den Himmel.
Und rühmten die Serer von ihrem Könige
Tangus dem Uhrheber des Stammes Xanga;
daß als es sieben Jahr nie geregnet/ und die
Wahrsager angedeutet hätten/ daß durch eines
Menschen Gebete und Tod der Himmel ver-
sohnet werden müste/ dieser Vater des Reichs
sich zum gemeinen Opffer angeboten/ aber durch
seine Andacht einen fruchtbaren Regen erbeten
hätte. Gleichergestalt wäre der Jrrstern
Mars durch des Königs Caus Andacht drey
Himmel-Staffeln weit zurück getrieben wor-
den: wormit er nicht das himmlische Zeichen
Sin/ unter dessen Schutze sie das Serische
Reich zu seyn gläuben/ berühret hätte. Auff
diese Art/ fing Malovend an/ bedingen etliche
Völcker des Atlantischen Eylandes ihnen bey
Erwehlung ihrer Könige nicht so alber/ daß er
ihnen auch solle die Sonne scheinen/ und die
Wolcken regnen lassen. Zeno fuhr fort: bey
dem Könige Xunus wäre diese Bedingung so
wenig vergebens gewest/ als sonst alle von ihm
vorher gefällete Urthel/ und geschöpffte Hoff-
nungen eintraffen. Dieser wäre aus Liebe sei-
nes Erblasters drey Jahre nie von seinem Gra-
bekommen. Seine Herrschafft könte ein Vor-
[Spaltenumbruch] bild aller andern seyn; Er hätte im Reiche öf-
fentlich verkündigen lassen/ man dörffte seinen
Befehlen nicht gehorsamen/ weil er König/ son-
dern wenn sie den Rechten gemäß wären; Sei-
ne Leibwache dörfften ihre Spitzen nur so lange/
als er ein Vater des Landes wäre/ für ihn/ wenn
er aber iemanden unbilliche Gewalt anfügte/
wider ihn kehren. Er hätte die einbrechenden
Scythen aus seinem in zwölf Landschafften ab-
getheilten Reiche geschlagen/ die Gräntzen er-
weitert/ die überlauffenden und das Land ersäuf-
fenden Flüsse mit Thränen eingeschränckt/
Schiffreiche Ströme durch hohe Gebürge ge-
leitet/ Seen ausgetrocknet/ trockene Länder mit
Strömen versorget/ und für seinem Tode mit
gleichmäßiger Ausschlüssung seiner Söhne Y-
rus/ einen Sohn des vorher am Leben gestraff-
ten Qvenius zum Reichs-Erben benennet/ der
sich zwar der Königlichen Hoheit zu enteusern
getrachtet; Aber/ weil die Ehre wie der Schat-
ten die darnach strebenden fleucht/ den fliehen-
den aber nachfolget/ auf des Volck es Begehren
solche nur übernehmen müssen. Dieser wäre
dem Xunus nichts minder an Thaten/ als an
Würde gleich kommen. Denn er hätte zu un-
säglichem Nutzen durch das Reich viel herrliche
Fahrten gegraben/ grosse Ströme durch Berge
geleitet/ See-Buseme zu Acker gemacht/ die
Tingung derselben gelehret/ seine Fehler ihme
zu sagen verlanget/ und die im Reiche nöthige
Verbesserungen zu erinnern/ gewisse Andeu-
tungen verordnet/ auch durch seine Wolthaten
verdienet/ daß die Serer sich seinem Geschlech-
te Hiaa als Erb-Unterthanen unterworffen.
Aus diesem wären siebzehn tapffere Könige
kommen/ welche vier hundert ein und viertzig
Jahr geherrschet hätten. Hernach wäre diese
Würde auf acht und zwantzig Könige aus dem
von dem klugen und mäßigen Fürsten ent-
springenden Stamme Xanga kommen/ und
bey selbten sechs hundert Jahr blieben; Biß
König Faus ein streitbarer Held den Stamm

Cheva

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] Jenes waͤre ein Beweiß/ daß ein Weiſer auch
die Sternen bemeiſterte; dieſes aber ſo ein herr-
liches Beyſpiel/ daß es alles Gewichte des Ruh-
mes uͤberwiege. Denn da ein Fuͤrſt keine nuͤtz-
lichere Sorge fuͤrkehren koͤnte/ als ſich um einen
tauglichen Nachfolger bekuͤmmern; ſo waͤre diß
eine unver gleichliche Wolthat/ wenn man ſelb-
ten nicht aus ſeinem Geſchlechte/ ſondern nach
der Nothdurfft des Reiches erkieſete. Es ſey
ein bloſſer Zufall ein gebohrner Fuͤrſt ſeyn/ die
Geburt erſetzte den Mangel der Tugend nicht;
die Wahl aber eines Fuͤrſten haͤtte dieſen unver-
gleichlichen Fuͤrzug/ daß ſie keinen/ als einen
tauglichen auff den Stul heben koͤnne. Es iſt
beydes freylich wahr/ ſagte Zeno. Jnſonder-
heit haben kluge und fromme Fuͤrſten gleichſam
eine Botmaͤßigkeit ſelbſt uͤber den Himmel.
Und ruͤhmten die Serer von ihrem Koͤnige
Tangus dem Uhrheber des Stammes Xanga;
daß als es ſieben Jahr nie geregnet/ und die
Wahrſager angedeutet haͤtten/ daß durch eines
Menſchen Gebete und Tod der Himmel ver-
ſohnet werden muͤſte/ dieſer Vater des Reichs
ſich zum gemeinen Opffer angeboten/ aber durch
ſeine Andacht einen fruchtbaren Regen erbeten
haͤtte. Gleichergeſtalt waͤre der Jrrſtern
Mars durch des Koͤnigs Caus Andacht drey
Himmel-Staffeln weit zuruͤck getrieben wor-
den: wormit er nicht das himmliſche Zeichen
Sin/ unter deſſen Schutze ſie das Seriſche
Reich zu ſeyn glaͤuben/ beruͤhret haͤtte. Auff
dieſe Art/ fing Malovend an/ bedingen etliche
Voͤlcker des Atlantiſchen Eylandes ihnen bey
Erwehlung ihrer Koͤnige nicht ſo alber/ daß er
ihnen auch ſolle die Sonne ſcheinen/ und die
Wolcken regnen laſſen. Zeno fuhr fort: bey
dem Koͤnige Xunus waͤre dieſe Bedingung ſo
wenig vergebens geweſt/ als ſonſt alle von ihm
vorher gefaͤllete Urthel/ und geſchoͤpffte Hoff-
nungen eintraffen. Dieſer waͤre aus Liebe ſei-
nes Erblaſters drey Jahre nie von ſeinem Gra-
bekommen. Seine Herrſchafft koͤnte ein Vor-
[Spaltenumbruch] bild aller andern ſeyn; Er haͤtte im Reiche oͤf-
fentlich verkuͤndigen laſſen/ man doͤrffte ſeinen
Befehlen nicht gehorſamen/ weil er Koͤnig/ ſon-
dern wenn ſie den Rechten gemaͤß waͤren; Sei-
ne Leibwache doͤrfften ihre Spitzen nuꝛ ſo lange/
als er ein Vater des Landes waͤre/ fuͤr ihn/ wenn
er aber iemanden unbilliche Gewalt anfuͤgte/
wider ihn kehren. Er haͤtte die einbrechenden
Scythen aus ſeinem in zwoͤlf Landſchafften ab-
getheilten Reiche geſchlagen/ die Graͤntzen er-
weitert/ die uͤberlauffenden und das Land erſaͤuf-
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leitet/ Seen ausgetrocknet/ trockene Laͤnder mit
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gleichmaͤßiger Ausſchluͤſſung ſeiner Soͤhne Y-
rus/ einen Sohn des vorher am Leben geſtraff-
ten Qvenius zum Reichs-Erben benennet/ der
ſich zwar der Koͤniglichen Hoheit zu enteuſern
getrachtet; Aber/ weil die Ehre wie der Schat-
ten die darnach ſtrebenden fleucht/ den fliehen-
den aber nachfolget/ auf des Volck es Begehren
ſolche nur uͤbernehmen muͤſſen. Dieſer waͤre
dem Xunus nichts minder an Thaten/ als an
Wuͤrde gleich kommen. Denn er haͤtte zu un-
ſaͤglichem Nutzen durch das Reich viel herrliche
Fahrten gegraben/ groſſe Stroͤme durch Berge
geleitet/ See-Buſeme zu Acker gemacht/ die
Tingung derſelben gelehret/ ſeine Fehler ihme
zu ſagen verlanget/ und die im Reiche noͤthige
Verbeſſerungen zu erinnern/ gewiſſe Andeu-
tungen verordnet/ auch durch ſeine Wolthaten
verdienet/ daß die Serer ſich ſeinem Geſchlech-
te Hiaa als Erb-Unterthanen unterworffen.
Aus dieſem waͤren ſiebzehn tapffere Koͤnige
kommen/ welche vier hundert ein und viertzig
Jahr geherrſchet haͤtten. Hernach waͤre dieſe
Wuͤrde auf acht und zwantzig Koͤnige aus dem
von dem klugen und maͤßigen Fuͤrſten ent-
ſpringenden Stamme Xanga kommen/ und
bey ſelbten ſechs hundert Jahr blieben; Biß
Koͤnig Faus ein ſtreitbarer Held den Stamm

Cheva
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[596/0652] Fuͤnfftes Buch Jenes waͤre ein Beweiß/ daß ein Weiſer auch die Sternen bemeiſterte; dieſes aber ſo ein herr- liches Beyſpiel/ daß es alles Gewichte des Ruh- mes uͤberwiege. Denn da ein Fuͤrſt keine nuͤtz- lichere Sorge fuͤrkehren koͤnte/ als ſich um einen tauglichen Nachfolger bekuͤmmern; ſo waͤre diß eine unver gleichliche Wolthat/ wenn man ſelb- ten nicht aus ſeinem Geſchlechte/ ſondern nach der Nothdurfft des Reiches erkieſete. Es ſey ein bloſſer Zufall ein gebohrner Fuͤrſt ſeyn/ die Geburt erſetzte den Mangel der Tugend nicht; die Wahl aber eines Fuͤrſten haͤtte dieſen unver- gleichlichen Fuͤrzug/ daß ſie keinen/ als einen tauglichen auff den Stul heben koͤnne. Es iſt beydes freylich wahr/ ſagte Zeno. Jnſonder- heit haben kluge und fromme Fuͤrſten gleichſam eine Botmaͤßigkeit ſelbſt uͤber den Himmel. Und ruͤhmten die Serer von ihrem Koͤnige Tangus dem Uhrheber des Stammes Xanga; daß als es ſieben Jahr nie geregnet/ und die Wahrſager angedeutet haͤtten/ daß durch eines Menſchen Gebete und Tod der Himmel ver- ſohnet werden muͤſte/ dieſer Vater des Reichs ſich zum gemeinen Opffer angeboten/ aber durch ſeine Andacht einen fruchtbaren Regen erbeten haͤtte. Gleichergeſtalt waͤre der Jrrſtern Mars durch des Koͤnigs Caus Andacht drey Himmel-Staffeln weit zuruͤck getrieben wor- den: wormit er nicht das himmliſche Zeichen Sin/ unter deſſen Schutze ſie das Seriſche Reich zu ſeyn glaͤuben/ beruͤhret haͤtte. Auff dieſe Art/ fing Malovend an/ bedingen etliche Voͤlcker des Atlantiſchen Eylandes ihnen bey Erwehlung ihrer Koͤnige nicht ſo alber/ daß er ihnen auch ſolle die Sonne ſcheinen/ und die Wolcken regnen laſſen. Zeno fuhr fort: bey dem Koͤnige Xunus waͤre dieſe Bedingung ſo wenig vergebens geweſt/ als ſonſt alle von ihm vorher gefaͤllete Urthel/ und geſchoͤpffte Hoff- nungen eintraffen. Dieſer waͤre aus Liebe ſei- nes Erblaſters drey Jahre nie von ſeinem Gra- bekommen. Seine Herrſchafft koͤnte ein Vor- bild aller andern ſeyn; Er haͤtte im Reiche oͤf- fentlich verkuͤndigen laſſen/ man doͤrffte ſeinen Befehlen nicht gehorſamen/ weil er Koͤnig/ ſon- dern wenn ſie den Rechten gemaͤß waͤren; Sei- ne Leibwache doͤrfften ihre Spitzen nuꝛ ſo lange/ als er ein Vater des Landes waͤre/ fuͤr ihn/ wenn er aber iemanden unbilliche Gewalt anfuͤgte/ wider ihn kehren. Er haͤtte die einbrechenden Scythen aus ſeinem in zwoͤlf Landſchafften ab- getheilten Reiche geſchlagen/ die Graͤntzen er- weitert/ die uͤberlauffenden und das Land erſaͤuf- fenden Fluͤſſe mit Thraͤnen eingeſchraͤnckt/ Schiffreiche Stroͤme durch hohe Gebuͤrge ge- leitet/ Seen ausgetrocknet/ trockene Laͤnder mit Stroͤmen verſorget/ und fuͤr ſeinem Tode mit gleichmaͤßiger Ausſchluͤſſung ſeiner Soͤhne Y- rus/ einen Sohn des vorher am Leben geſtraff- ten Qvenius zum Reichs-Erben benennet/ der ſich zwar der Koͤniglichen Hoheit zu enteuſern getrachtet; Aber/ weil die Ehre wie der Schat- ten die darnach ſtrebenden fleucht/ den fliehen- den aber nachfolget/ auf des Volck es Begehren ſolche nur uͤbernehmen muͤſſen. Dieſer waͤre dem Xunus nichts minder an Thaten/ als an Wuͤrde gleich kommen. Denn er haͤtte zu un- ſaͤglichem Nutzen durch das Reich viel herrliche Fahrten gegraben/ groſſe Stroͤme durch Berge geleitet/ See-Buſeme zu Acker gemacht/ die Tingung derſelben gelehret/ ſeine Fehler ihme zu ſagen verlanget/ und die im Reiche noͤthige Verbeſſerungen zu erinnern/ gewiſſe Andeu- tungen verordnet/ auch durch ſeine Wolthaten verdienet/ daß die Serer ſich ſeinem Geſchlech- te Hiaa als Erb-Unterthanen unterworffen. Aus dieſem waͤren ſiebzehn tapffere Koͤnige kommen/ welche vier hundert ein und viertzig Jahr geherrſchet haͤtten. Hernach waͤre dieſe Wuͤrde auf acht und zwantzig Koͤnige aus dem von dem klugen und maͤßigen Fuͤrſten ent- ſpringenden Stamme Xanga kommen/ und bey ſelbten ſechs hundert Jahr blieben; Biß Koͤnig Faus ein ſtreitbarer Held den Stamm Cheva

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/652>, abgerufen am 22.11.2024.