Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nicht ein Mahl eines Nadelknopfs groß finden
würden. Diese hätte Gott allein in Suchuen
darum lassen gebohren werden/ wormit es einen
vollkommenen König vergnügen/ das Reich a-
ber sich ihrem Uberwinder mit etwas ungemei-
nem verbinden könte. Der König Huhansien
lächelte über diesem unvermutheten Geschen-
cke/ und nach dem er sie alle wol betrachtet/ gab
er der gegen überstehenden Syrmanis einen
freundlichen Anblick/ fing hierauf an: Jch er-
kenne zwar aus diesem den Serischen Königen
zu bringen gewöhnlichen Geschencke die Zunei-
gung ihrer Gemüther; Aber die Scythen sind
gewohnet aus Liebe ihnen ihre Ehegatten zu er-
kiesen/ nicht ihrer Geilheit zu Gefallen einen
Menschen-Zoll aufzurichten. Auch ist bey ih-
nen das Band der Hertzen die Tugend/ nicht
die Gestalt; denn der Purpur krönet so wol Un-
kraut als Rosen; Die Heydechse pranget nichts
minder mit Sternen/ als der Himmel. Und
die Natter nistet am liebsten unter die Balsam-
Staude. Die Entweihung so schöner Kinder
düncket mich grausamer zu seyn/ als das Gebot
des Scedasus/ dessen entleibtem Geiste Pelopi-
das/ da er anders zu siegen vermeinte/ eine
Jungfrau aufopffern solte; und der abergläubi-
gen Griechen/ die das Ungewitter mit der
Jphigenia Blute zu stillen vermeinten. Bey-
des aber haben die Götter verwehret/ welche
dort eine Stutte/ hier einen Hirsch zum Löse-
geld aufgenommen. Fürsten sind in der Welt
Ebenbilder Gottes; also stehet ihnen so wenig
zu die Entehrung keuscher Seelen/ als der Tod-
schlag der Leiber. Welche ihrer tollen Brunst
hierinnen den Zügel verhengen/ machen sich zu
Jndianischen Teuffels-Götzen/ derer schand-
baren Höltzern die Bräute ihre Jungfrauschafft
opffern müssen. Die Geilheit hat den Sie-
gern insgemein den Siegs-Krantz aus den
Händen gewunden/ und Könige in Staub ge-
treten. Nicanor hat zu Thebe nicht ehe seine
gefangene Buhlschafft/ als eine selbst händig-
[Spaltenumbruch] ermordete Leiche umarmet. Jener überwün-
dende Macedonier hat mit den Küssen einer ge-
schändeten Jungfrauen seine Seele durch eine
ins Hertz empfangene Wunde ausgeblasen.
Unzucht hat Sardanapaln ins Feuer gestürtzt/
Troja eingeäschert/ die Tarqvinier aus Rom
vertrieben/ und den Antonius zu Grunde ge-
richtet. Kehret diesemnach nur zurücke/ ihr
Ausbund der Jugend/ welche nicht ihr Vorsatz
verleitet/ sondern die Mißbräuche des Vater-
landes verderben wollen. Trachtet durch Ver-
nunfft eure Gemüther schöner zu machen/ als
die Natur eure Glieder geschmückt hat; weil
auch eine Englische Helena ohne den Purpur
der Schamhafftigkeit heßlicher ist/ als die runtz-
lichte Penelope. Eine keusche Seele schreitet
begieriger in das Ehebette eines Schäffers/ als
in das Zimmer Königlicher Kebsweiber. Denn
die Pracht der Welt und das Glücke der Men-
schen hat ein falsches Licht/ an dem nichts tauer-
hafft/ als der Unbestand ist. Die Tugend al-
leine hat Bestand und Vergnügung. Die
Keuschheit hegt die empfindlichste Ergetzligkeit;
Sie ist der herrlichste Aufputz der Schönheit.
Wollust aber gebieret Reue und Eckel. Also
musten nach gegebenem Zeichen zu höchster
Verwunderung aller Anwesenden diese hierü-
ber zugleich verstummenden irrdischen Göttin-
nen den Königlichen Saal räumen. Jch ge-
stehe es/ sagte Rhemetalces/ diese Enteuserung
ist hundertfach rühmlicher/ als Xenocratens/ der
die geilen Umhalsungen der allgemeinen Phry-
ne so theuer nicht bezahlen wollen/ und des Sci-
pio/ der die zu neu Carthago gefangene Braut
ihrem Luccejus unversehrt aushändigte. Jn al-
le Wege/ versetzte Zeno. Dannenher diese recht
Königliche Entschlüssung nicht allein dem Hu-
hansien die Gemüther der Serer/ welche der
Keuschheit die Oberstelle aller Tugenden zu-
eignen/ ihren Liebhabern nicht selten Ehren-
und Sieges-Vogen aufsetzen/ und den nach sei-
ner Gemahlin Tode nicht wieder heyrathenden

König
J i i i 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nicht ein Mahl eines Nadelknopfs groß finden
wuͤrden. Dieſe haͤtte Gott allein in Suchuen
darum laſſen gebohren werden/ wormit es einen
vollkommenen Koͤnig vergnuͤgen/ das Reich a-
ber ſich ihrem Uberwinder mit etwas ungemei-
nem verbinden koͤnte. Der Koͤnig Huhanſien
laͤchelte uͤber dieſem unvermutheten Geſchen-
cke/ und nach dem er ſie alle wol betrachtet/ gab
er der gegen uͤberſtehenden Syrmanis einen
freundlichen Anblick/ fing hierauf an: Jch er-
kenne zwar aus dieſem den Seriſchen Koͤnigen
zu bringen gewoͤhnlichen Geſchencke die Zunei-
gung ihrer Gemuͤther; Aber die Scythen ſind
gewohnet aus Liebe ihnen ihre Ehegatten zu er-
kieſen/ nicht ihrer Geilheit zu Gefallen einen
Menſchen-Zoll aufzurichten. Auch iſt bey ih-
nen das Band der Hertzen die Tugend/ nicht
die Geſtalt; denn der Purpur kroͤnet ſo wol Un-
kraut als Roſen; Die Heydechſe pranget nichts
minder mit Sternen/ als der Himmel. Und
die Natter niſtet am liebſten unter die Balſam-
Staude. Die Entweihung ſo ſchoͤner Kinder
duͤncket mich grauſamer zu ſeyn/ als das Gebot
des Scedaſus/ deſſen entleibtem Geiſte Pelopi-
das/ da er anders zu ſiegen vermeinte/ eine
Jungfrau aufopffern ſolte; und der aberglaͤubi-
gen Griechen/ die das Ungewitter mit der
Jphigenia Blute zu ſtillen vermeinten. Bey-
des aber haben die Goͤtter verwehret/ welche
dort eine Stutte/ hier einen Hirſch zum Loͤſe-
geld aufgenommen. Fuͤrſten ſind in der Welt
Ebenbilder Gottes; alſo ſtehet ihnen ſo wenig
zu die Entehrung keuſcher Seelen/ als der Tod-
ſchlag der Leiber. Welche ihrer tollen Brunſt
hierinnen den Zuͤgel verhengen/ machen ſich zu
Jndianiſchen Teuffels-Goͤtzen/ derer ſchand-
baren Hoͤltzern die Braͤute ihre Jungfrauſchafft
opffern muͤſſen. Die Geilheit hat den Sie-
gern insgemein den Siegs-Krantz aus den
Haͤnden gewunden/ und Koͤnige in Staub ge-
treten. Nicanor hat zu Thebe nicht ehe ſeine
gefangene Buhlſchafft/ als eine ſelbſt haͤndig-
[Spaltenumbruch] ermordete Leiche umarmet. Jener uͤberwuͤn-
dende Macedonier hat mit den Kuͤſſen einer ge-
ſchaͤndeten Jungfrauen ſeine Seele durch eine
ins Hertz empfangene Wunde ausgeblaſen.
Unzucht hat Sardanapaln ins Feuer geſtuͤrtzt/
Troja eingeaͤſchert/ die Tarqvinier aus Rom
vertrieben/ und den Antonius zu Grunde ge-
richtet. Kehret dieſemnach nur zuruͤcke/ ihr
Ausbund der Jugend/ welche nicht ihr Vorſatz
verleitet/ ſondern die Mißbraͤuche des Vater-
landes verderben wollen. Trachtet durch Ver-
nunfft eure Gemuͤther ſchoͤner zu machen/ als
die Natur eure Glieder geſchmuͤckt hat; weil
auch eine Engliſche Helena ohne den Purpur
der Schamhafftigkeit heßlicher iſt/ als die runtz-
lichte Penelope. Eine keuſche Seele ſchreitet
begieriger in das Ehebette eines Schaͤffers/ als
in das Zimmer Koͤniglicher Kebsweiber. Denn
die Pracht der Welt und das Gluͤcke der Men-
ſchen hat ein falſches Licht/ an dem nichts tauer-
hafft/ als der Unbeſtand iſt. Die Tugend al-
leine hat Beſtand und Vergnuͤgung. Die
Keuſchheit hegt die empfindlichſte Ergetzligkeit;
Sie iſt der herrlichſte Aufputz der Schoͤnheit.
Wolluſt aber gebieret Reue und Eckel. Alſo
muſten nach gegebenem Zeichen zu hoͤchſter
Verwunderung aller Anweſenden dieſe hieruͤ-
ber zugleich verſtummenden irrdiſchen Goͤttin-
nen den Koͤniglichen Saal raͤumen. Jch ge-
ſtehe es/ ſagte Rhemetalces/ dieſe Enteuſerung
iſt hundertfach ruͤhmlicher/ als Xenocratens/ der
die geilen Umhalſungen der allgemeinen Phry-
ne ſo theuer nicht bezahlen wollen/ und des Sci-
pio/ der die zu neu Carthago gefangene Braut
ihrem Luccejus unverſehrt aushaͤndigte. Jn al-
le Wege/ verſetzte Zeno. Dannenher dieſe recht
Koͤnigliche Entſchluͤſſung nicht allein dem Hu-
hanſien die Gemuͤther der Serer/ welche der
Keuſchheit die Oberſtelle aller Tugenden zu-
eignen/ ihren Liebhabern nicht ſelten Ehren-
und Sieges-Vogen aufſetzen/ und den nach ſei-
ner Gemahlin Tode nicht wieder heyrathenden

Koͤnig
J i i i 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0675" n="619"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
nicht ein Mahl eines Nadelknopfs groß finden<lb/>
wu&#x0364;rden. Die&#x017F;e ha&#x0364;tte Gott allein in Suchuen<lb/>
darum la&#x017F;&#x017F;en gebohren werden/ wormit es einen<lb/>
vollkommenen Ko&#x0364;nig vergnu&#x0364;gen/ das Reich a-<lb/>
ber &#x017F;ich ihrem Uberwinder mit etwas ungemei-<lb/>
nem verbinden ko&#x0364;nte. Der Ko&#x0364;nig Huhan&#x017F;ien<lb/>
la&#x0364;chelte u&#x0364;ber die&#x017F;em unvermutheten Ge&#x017F;chen-<lb/>
cke/ und nach dem er &#x017F;ie alle wol betrachtet/ gab<lb/>
er der gegen u&#x0364;ber&#x017F;tehenden Syrmanis einen<lb/>
freundlichen Anblick/ fing hierauf an: Jch er-<lb/>
kenne zwar aus die&#x017F;em den Seri&#x017F;chen Ko&#x0364;nigen<lb/>
zu bringen gewo&#x0364;hnlichen Ge&#x017F;chencke die Zunei-<lb/>
gung ihrer Gemu&#x0364;ther; Aber die Scythen &#x017F;ind<lb/>
gewohnet aus Liebe ihnen ihre Ehegatten zu er-<lb/>
kie&#x017F;en/ nicht ihrer Geilheit zu Gefallen einen<lb/>
Men&#x017F;chen-Zoll aufzurichten. Auch i&#x017F;t bey ih-<lb/>
nen das Band der Hertzen die Tugend/ nicht<lb/>
die Ge&#x017F;talt; denn der Purpur kro&#x0364;net &#x017F;o wol Un-<lb/>
kraut als Ro&#x017F;en; Die Heydech&#x017F;e pranget nichts<lb/>
minder mit Sternen/ als der Himmel. Und<lb/>
die Natter ni&#x017F;tet am lieb&#x017F;ten unter die Bal&#x017F;am-<lb/>
Staude. Die Entweihung &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;ner Kinder<lb/>
du&#x0364;ncket mich grau&#x017F;amer zu &#x017F;eyn/ als das Gebot<lb/>
des Sceda&#x017F;us/ de&#x017F;&#x017F;en entleibtem Gei&#x017F;te Pelopi-<lb/>
das/ da er anders zu &#x017F;iegen vermeinte/ eine<lb/>
Jungfrau aufopffern &#x017F;olte; und der abergla&#x0364;ubi-<lb/>
gen Griechen/ die das Ungewitter mit der<lb/>
Jphigenia Blute zu &#x017F;tillen vermeinten. Bey-<lb/>
des aber haben die Go&#x0364;tter verwehret/ welche<lb/>
dort eine Stutte/ hier einen Hir&#x017F;ch zum Lo&#x0364;&#x017F;e-<lb/>
geld aufgenommen. Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ind in der Welt<lb/>
Ebenbilder Gottes; al&#x017F;o &#x017F;tehet ihnen &#x017F;o wenig<lb/>
zu die Entehrung keu&#x017F;cher Seelen/ als der Tod-<lb/>
&#x017F;chlag der Leiber. Welche ihrer tollen Brun&#x017F;t<lb/>
hierinnen den Zu&#x0364;gel verhengen/ machen &#x017F;ich zu<lb/>
Jndiani&#x017F;chen Teuffels-Go&#x0364;tzen/ derer &#x017F;chand-<lb/>
baren Ho&#x0364;ltzern die Bra&#x0364;ute ihre Jungfrau&#x017F;chafft<lb/>
opffern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die Geilheit hat den Sie-<lb/>
gern insgemein den Siegs-Krantz aus den<lb/>
Ha&#x0364;nden gewunden/ und Ko&#x0364;nige in Staub ge-<lb/>
treten. Nicanor hat zu Thebe nicht ehe &#x017F;eine<lb/>
gefangene Buhl&#x017F;chafft/ als eine &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;ndig-<lb/><cb/>
ermordete Leiche umarmet. Jener u&#x0364;berwu&#x0364;n-<lb/>
dende Macedonier hat mit den Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einer ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndeten Jungfrauen &#x017F;eine Seele durch eine<lb/>
ins Hertz empfangene Wunde ausgebla&#x017F;en.<lb/>
Unzucht hat Sardanapaln ins Feuer ge&#x017F;tu&#x0364;rtzt/<lb/>
Troja eingea&#x0364;&#x017F;chert/ die Tarqvinier aus Rom<lb/>
vertrieben/ und den Antonius zu Grunde ge-<lb/>
richtet. Kehret die&#x017F;emnach nur zuru&#x0364;cke/ ihr<lb/>
Ausbund der Jugend/ welche nicht ihr Vor&#x017F;atz<lb/>
verleitet/ &#x017F;ondern die Mißbra&#x0364;uche des Vater-<lb/>
landes verderben wollen. Trachtet durch Ver-<lb/>
nunfft eure Gemu&#x0364;ther &#x017F;cho&#x0364;ner zu machen/ als<lb/>
die Natur eure Glieder ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt hat; weil<lb/>
auch eine Engli&#x017F;che Helena ohne den Purpur<lb/>
der Schamhafftigkeit heßlicher i&#x017F;t/ als die runtz-<lb/>
lichte Penelope. Eine keu&#x017F;che Seele &#x017F;chreitet<lb/>
begieriger in das Ehebette eines Scha&#x0364;ffers/ als<lb/>
in das Zimmer Ko&#x0364;niglicher Kebsweiber. Denn<lb/>
die Pracht der Welt und das Glu&#x0364;cke der Men-<lb/>
&#x017F;chen hat ein fal&#x017F;ches Licht/ an dem nichts tauer-<lb/>
hafft/ als der Unbe&#x017F;tand i&#x017F;t. Die Tugend al-<lb/>
leine hat Be&#x017F;tand und Vergnu&#x0364;gung. Die<lb/>
Keu&#x017F;chheit hegt die empfindlich&#x017F;te Ergetzligkeit;<lb/>
Sie i&#x017F;t der herrlich&#x017F;te Aufputz der Scho&#x0364;nheit.<lb/>
Wollu&#x017F;t aber gebieret Reue und Eckel. Al&#x017F;o<lb/>
mu&#x017F;ten nach gegebenem Zeichen zu ho&#x0364;ch&#x017F;ter<lb/>
Verwunderung aller Anwe&#x017F;enden die&#x017F;e hieru&#x0364;-<lb/>
ber zugleich ver&#x017F;tummenden irrdi&#x017F;chen Go&#x0364;ttin-<lb/>
nen den Ko&#x0364;niglichen Saal ra&#x0364;umen. Jch ge-<lb/>
&#x017F;tehe es/ &#x017F;agte Rhemetalces/ die&#x017F;e Enteu&#x017F;erung<lb/>
i&#x017F;t hundertfach ru&#x0364;hmlicher/ als Xenocratens/ der<lb/>
die geilen Umhal&#x017F;ungen der allgemeinen Phry-<lb/>
ne &#x017F;o theuer nicht bezahlen wollen/ und des Sci-<lb/>
pio/ der die zu neu Carthago gefangene Braut<lb/>
ihrem Luccejus unver&#x017F;ehrt ausha&#x0364;ndigte. Jn al-<lb/>
le Wege/ ver&#x017F;etzte Zeno. Dannenher die&#x017F;e recht<lb/>
Ko&#x0364;nigliche Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung nicht allein dem Hu-<lb/>
han&#x017F;ien die Gemu&#x0364;ther der Serer/ welche der<lb/>
Keu&#x017F;chheit die Ober&#x017F;telle aller Tugenden zu-<lb/>
eignen/ ihren Liebhabern nicht &#x017F;elten Ehren-<lb/>
und Sieges-Vogen auf&#x017F;etzen/ und den nach &#x017F;ei-<lb/>
ner Gemahlin Tode nicht wieder heyrathenden<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i i 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Ko&#x0364;nig</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[619/0675] Arminius und Thußnelda. nicht ein Mahl eines Nadelknopfs groß finden wuͤrden. Dieſe haͤtte Gott allein in Suchuen darum laſſen gebohren werden/ wormit es einen vollkommenen Koͤnig vergnuͤgen/ das Reich a- ber ſich ihrem Uberwinder mit etwas ungemei- nem verbinden koͤnte. Der Koͤnig Huhanſien laͤchelte uͤber dieſem unvermutheten Geſchen- cke/ und nach dem er ſie alle wol betrachtet/ gab er der gegen uͤberſtehenden Syrmanis einen freundlichen Anblick/ fing hierauf an: Jch er- kenne zwar aus dieſem den Seriſchen Koͤnigen zu bringen gewoͤhnlichen Geſchencke die Zunei- gung ihrer Gemuͤther; Aber die Scythen ſind gewohnet aus Liebe ihnen ihre Ehegatten zu er- kieſen/ nicht ihrer Geilheit zu Gefallen einen Menſchen-Zoll aufzurichten. Auch iſt bey ih- nen das Band der Hertzen die Tugend/ nicht die Geſtalt; denn der Purpur kroͤnet ſo wol Un- kraut als Roſen; Die Heydechſe pranget nichts minder mit Sternen/ als der Himmel. Und die Natter niſtet am liebſten unter die Balſam- Staude. Die Entweihung ſo ſchoͤner Kinder duͤncket mich grauſamer zu ſeyn/ als das Gebot des Scedaſus/ deſſen entleibtem Geiſte Pelopi- das/ da er anders zu ſiegen vermeinte/ eine Jungfrau aufopffern ſolte; und der aberglaͤubi- gen Griechen/ die das Ungewitter mit der Jphigenia Blute zu ſtillen vermeinten. Bey- des aber haben die Goͤtter verwehret/ welche dort eine Stutte/ hier einen Hirſch zum Loͤſe- geld aufgenommen. Fuͤrſten ſind in der Welt Ebenbilder Gottes; alſo ſtehet ihnen ſo wenig zu die Entehrung keuſcher Seelen/ als der Tod- ſchlag der Leiber. Welche ihrer tollen Brunſt hierinnen den Zuͤgel verhengen/ machen ſich zu Jndianiſchen Teuffels-Goͤtzen/ derer ſchand- baren Hoͤltzern die Braͤute ihre Jungfrauſchafft opffern muͤſſen. Die Geilheit hat den Sie- gern insgemein den Siegs-Krantz aus den Haͤnden gewunden/ und Koͤnige in Staub ge- treten. Nicanor hat zu Thebe nicht ehe ſeine gefangene Buhlſchafft/ als eine ſelbſt haͤndig- ermordete Leiche umarmet. Jener uͤberwuͤn- dende Macedonier hat mit den Kuͤſſen einer ge- ſchaͤndeten Jungfrauen ſeine Seele durch eine ins Hertz empfangene Wunde ausgeblaſen. Unzucht hat Sardanapaln ins Feuer geſtuͤrtzt/ Troja eingeaͤſchert/ die Tarqvinier aus Rom vertrieben/ und den Antonius zu Grunde ge- richtet. Kehret dieſemnach nur zuruͤcke/ ihr Ausbund der Jugend/ welche nicht ihr Vorſatz verleitet/ ſondern die Mißbraͤuche des Vater- landes verderben wollen. Trachtet durch Ver- nunfft eure Gemuͤther ſchoͤner zu machen/ als die Natur eure Glieder geſchmuͤckt hat; weil auch eine Engliſche Helena ohne den Purpur der Schamhafftigkeit heßlicher iſt/ als die runtz- lichte Penelope. Eine keuſche Seele ſchreitet begieriger in das Ehebette eines Schaͤffers/ als in das Zimmer Koͤniglicher Kebsweiber. Denn die Pracht der Welt und das Gluͤcke der Men- ſchen hat ein falſches Licht/ an dem nichts tauer- hafft/ als der Unbeſtand iſt. Die Tugend al- leine hat Beſtand und Vergnuͤgung. Die Keuſchheit hegt die empfindlichſte Ergetzligkeit; Sie iſt der herrlichſte Aufputz der Schoͤnheit. Wolluſt aber gebieret Reue und Eckel. Alſo muſten nach gegebenem Zeichen zu hoͤchſter Verwunderung aller Anweſenden dieſe hieruͤ- ber zugleich verſtummenden irrdiſchen Goͤttin- nen den Koͤniglichen Saal raͤumen. Jch ge- ſtehe es/ ſagte Rhemetalces/ dieſe Enteuſerung iſt hundertfach ruͤhmlicher/ als Xenocratens/ der die geilen Umhalſungen der allgemeinen Phry- ne ſo theuer nicht bezahlen wollen/ und des Sci- pio/ der die zu neu Carthago gefangene Braut ihrem Luccejus unverſehrt aushaͤndigte. Jn al- le Wege/ verſetzte Zeno. Dannenher dieſe recht Koͤnigliche Entſchluͤſſung nicht allein dem Hu- hanſien die Gemuͤther der Serer/ welche der Keuſchheit die Oberſtelle aller Tugenden zu- eignen/ ihren Liebhabern nicht ſelten Ehren- und Sieges-Vogen aufſetzen/ und den nach ſei- ner Gemahlin Tode nicht wieder heyrathenden Koͤnig J i i i 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/675
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/675>, abgerufen am 28.09.2024.