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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] gen würde Cambyses noch verschmäht/ daß er
des Amasis Leiche mit Ruthen peitschen/ und
wider der Egyptier Gewohnheit zu Asche bren-
nen lassen. Ja/ sagte Flavius/ es wäre diß ei-
nes niedrigen/ jenes eines edlen Gemüthes
Merckmal. Denn auch die gerechteste Rache
solte sich nicht über eines Feindes Tod erstre-
cken. Alleine mehrmahls brauchte die Heu-
cheley die Einbalsamung der Leichen/ die Auff-
richtung herrlicher Ehren-Male/ und die rühm-
lichsten Grabeschrifften zu Bedeckung des
schwärtzesten Meuchelmords. Also hätte He-
rodes seinem ermordeten Schwager Aristobul/
Antigonus der von ihm hingerichteten Cleopa-
tra/ des grossen Alexanders Schwester/ ein
prächtiges Begräbnüß ausgerichtet; eine Bri-
tannische Königin hätte eine Tonne Goldes
zum Leichgepränge einer Caledonischen Für-
stin hergegeben/ und aus Marmel ein Ehren-
Mal aufgebauet/ welche sie doch selbst hätte ent-
häupten lassen. Hertzog Malovend versetzte:
dessen wäre Huhansien nicht zu beschuldigen/
weil er den König Juen als seinen Feind in öf-
fentlicher Schlacht vermöge des Kriegs-Rech-
tes getödtet. Daß er auch das gantze Serische
Reich zu zerreissen nicht im Schilde geführet
hätte/ erschiene daraus/ weil er ihn in sein vä-
terlich Grab legen lassen. Sintemal Perdie-
cas der Macedonischen Herrschafft alsbald das
Leichenbret gestellt; weil man den grossen Ale-
xander zu Alexandria/ nicht aber in Macedo-
nien begraben. Zeno antwortete: Die Serer
wären hierinnen mehr als kein ander Volck a-
bergläubisch/ hätten sich also über die Gütigkeit
des Königs Huhansien nicht genungsam ver-
wundern können; Daher sie auch unter gemei-
nen Leuten/ wenn sie nicht den gantzen Leib/
zum wenigsten einen Zahn von der Leiche in sei-
ner Ahnen Grab legten. Fürst Catumer fiel
ein: Warum nicht/ nach anderer Völcker Ge-
wohnheit/ das Hertze? Sind die Zähne bey
den Serern die edelsten Glieder? Flavius
[Spaltenumbruch] antwortete: Bey der Beerdigung müssen sie/
ich weiß nicht/ ob darum/ daß sie nicht leicht ver-
faulen/ oder aus einem andern Geheimnüsse in
grossem Ansehn seyn/ weil zu Rom/ und wo es
sonst bräuchlich ist/ die Leichen zu verbrennen/
die Kinder/ welche noch keine Zähne haben/ die-
ser Flamme nicht gewürdiget werden. Zeno
antwortete hierauf ferner: Huhansien hätte in
allem andern bey der Königlichen Leiche die
Serischen Gewohnheiten beobachten/ inson-
derheit ihr eine köstliche Perle/ wie die Egy-
ptier eine güldene Müntze/ unter die Zunge ste-
cken/ sie in einen gläsernen Sarch legen/ und
neben seines Vaters Grabmal in eine Jaspi-
sche Taffel/ welchen Stein die Serer vor an-
dern hoch halten/ eingraben lassen:

Der als ein weiser Fürst der Seren Stul betrat/
Durch seiner Diener Schuld in blutgen Krieg verfiel;
Der alles/ was beym Sturm ein kluger Schiffer/ that/
Doch durch sein Beyspiel lehrt: auch Tugend hab' ihr Ziel.
Den würdigte fein Feind/ daß er hier Fürstlich lieget.
Beweint ihr Seren euch/ nicht seinen Tod und ihn/
Der die Unsterbligkeit erlangt hat zum Gewinn.
Zu dem ist er gefalln durch einer Göttin Schwerd/
Die nichts erlegt/ was nicht der Ewigkeit ist werth/
Und die Huhansien/ den Sieger selbst befieget.

Diese Verehrung war am Huhansien so viel
mehr zu rühmen/ weil die Seren aus Beysorge/
der erzürnte Feind würde mit der Königlichen
Leiche schimpflich gebahren/ sie mit so viel wie-
gendem Golde auszulösen erbötig waren. Wel-
chen stinckenden Gewinn aber Huhansien groß-
müthig ausschlug/ und für Schande hielt/ mit
der Schalen des menschlichen Leibes Gewerbe
treiben/ oder von dem etwas anhalten/ den die
Natur bereit ausgespannet hat. Eben densel-
bigen Tag kriegte der König von dem Serischen
Fürsten Zinem Schreiben/ darinnen er beklag-
te den zwischen den Serern und Scythen ent-
sponnenen Krieg. Er entschuldigte dessen Ur-
sachen so gut/ als er konte/ und/ da auch König
Juen sein Bruder hieran einige Schuld trüge/
hätten so viel tausend Seelen/ und er selbst es mit

sei-

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] gen wuͤrde Cambyſes noch verſchmaͤht/ daß er
des Amaſis Leiche mit Ruthen peitſchen/ und
wider der Egyptier Gewohnheit zu Aſche bren-
nen laſſen. Ja/ ſagte Flavius/ es waͤre diß ei-
nes niedrigen/ jenes eines edlen Gemuͤthes
Merckmal. Denn auch die gerechteſte Rache
ſolte ſich nicht uͤber eines Feindes Tod erſtre-
cken. Alleine mehrmahls brauchte die Heu-
cheley die Einbalſamung der Leichen/ die Auff-
richtung herꝛlicheꝛ Ehren-Male/ und die ruͤhm-
lichſten Grabeſchrifften zu Bedeckung des
ſchwaͤrtzeſten Meuchelmords. Alſo haͤtte He-
rodes ſeinem ermordeten Schwager Ariſtobul/
Antigonus der von ihm hingerichteten Cleopa-
tra/ des groſſen Alexanders Schweſter/ ein
praͤchtiges Begraͤbnuͤß ausgerichtet; eine Bri-
tanniſche Koͤnigin haͤtte eine Tonne Goldes
zum Leichgepraͤnge einer Caledoniſchen Fuͤr-
ſtin hergegeben/ und aus Marmel ein Ehren-
Mal aufgebauet/ welche ſie doch ſelbſt haͤtte ent-
haͤupten laſſen. Hertzog Malovend verſetzte:
deſſen waͤre Huhanſien nicht zu beſchuldigen/
weil er den Koͤnig Juen als ſeinen Feind in oͤf-
fentlicher Schlacht vermoͤge des Kriegs-Rech-
tes getoͤdtet. Daß er auch das gantze Seriſche
Reich zu zerreiſſen nicht im Schilde gefuͤhret
haͤtte/ erſchiene daraus/ weil er ihn in ſein vaͤ-
terlich Grab legen laſſen. Sintemal Perdie-
cas der Macedoniſchen Herrſchafft alsbald das
Leichenbret geſtellt; weil man den groſſen Ale-
xander zu Alexandria/ nicht aber in Macedo-
nien begraben. Zeno antwortete: Die Serer
waͤren hierinnen mehr als kein ander Volck a-
berglaͤubiſch/ haͤtten ſich alſo uͤber die Guͤtigkeit
des Koͤnigs Huhanſien nicht genungſam ver-
wundern koͤnnen; Daher ſie auch unter gemei-
nen Leuten/ wenn ſie nicht den gantzen Leib/
zum wenigſten einen Zahn von der Leiche in ſei-
ner Ahnen Grab legten. Fuͤrſt Catumer fiel
ein: Warum nicht/ nach anderer Voͤlcker Ge-
wohnheit/ das Hertze? Sind die Zaͤhne bey
den Serern die edelſten Glieder? Flavius
[Spaltenumbruch] antwortete: Bey der Beerdigung muͤſſen ſie/
ich weiß nicht/ ob darum/ daß ſie nicht leicht ver-
faulen/ oder aus einem andern Geheimnuͤſſe in
groſſem Anſehn ſeyn/ weil zu Rom/ und wo es
ſonſt braͤuchlich iſt/ die Leichen zu verbrennen/
die Kinder/ welche noch keine Zaͤhne haben/ die-
ſer Flamme nicht gewuͤrdiget werden. Zeno
antwortete hierauf ferner: Huhanſien haͤtte in
allem andern bey der Koͤniglichen Leiche die
Seriſchen Gewohnheiten beobachten/ inſon-
derheit ihr eine koͤſtliche Perle/ wie die Egy-
ptier eine guͤldene Muͤntze/ unter die Zunge ſte-
cken/ ſie in einen glaͤſernen Sarch legen/ und
neben ſeines Vaters Grabmal in eine Jaſpi-
ſche Taffel/ welchen Stein die Serer vor an-
dern hoch halten/ eingraben laſſen:

Der als ein weiſer Fuͤrſt der Seren Stul betrat/
Durch ſeiner Diener Schuld in blutgen Krieg verfiel;
Der alles/ was beym Sturm ein kluger Schiffer/ that/
Doch durch ſein Beyſpiel lehrt: auch Tugend hab’ ihr Ziel.
Den wuͤrdigte fein Feind/ daß er hier Fuͤrſtlich lieget.
Beweint ihr Seren euch/ nicht ſeinen Tod und ihn/
Der die Unſterbligkeit erlangt hat zum Gewinn.
Zu dem iſt er gefalln durch einer Goͤttin Schwerd/
Die nichts erlegt/ was nicht der Ewigkeit iſt werth/
Und die Huhanſien/ den Sieger ſelbſt befieget.

Dieſe Verehrung war am Huhanſien ſo viel
mehr zu ruͤhmen/ weil die Seren aus Beyſorge/
der erzuͤrnte Feind wuͤrde mit der Koͤniglichen
Leiche ſchimpflich gebahren/ ſie mit ſo viel wie-
gendem Golde auszuloͤſen erboͤtig waren. Wel-
chen ſtinckenden Gewinn aber Huhanſien groß-
muͤthig ausſchlug/ und fuͤr Schande hielt/ mit
der Schalen des menſchlichen Leibes Gewerbe
treiben/ oder von dem etwas anhalten/ den die
Natur bereit ausgeſpannet hat. Eben denſel-
bigen Tag kriegte der Koͤnig von dem Seriſchen
Fuͤrſten Zinem Schreiben/ darinnen er beklag-
te den zwiſchen den Serern und Scythen ent-
ſponnenen Krieg. Er entſchuldigte deſſen Ur-
ſachen ſo gut/ als er konte/ und/ da auch Koͤnig
Juen ſein Bruder hieran einige Schuld truͤge/
haͤtten ſo viel tauſend Seelen/ und er ſelbſt es mit

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/690>, abgerufen am 28.09.2024.