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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] seinem Leben gebüsset. Huhansiens Groß-
müthigkeit/ und die Tugend der vergnüglichen
Scythen versicherten ihn/ daß sie mehr umb
Ruhm/ als aus Begierde fremde Länder einzu-
nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen hätte
er über alle seine Vorfahren bereit erworben.
Kriegsknechte suchten ihre Vergnügung am
Siege/ kluge Fürsten im Frieden. Die aber/
welche den Frieden aus Liebe des Krieges störe-
ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens
nicht weg. Er kriegte für itzt mit einem sechs-
jährigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie-
sen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer-
gen anzubinden. Er würde den Serern auch
so viel Länder nicht abnehmen/ als die Ohn-
macht seines Feindes seinem erworbenen Ruh-
me Abbruch thun könte. Die Serer wären
entschlossen den Scythen alles abzutreten/ was
der grosse Xius ihnen für langer Zeit abgenom-
men. Die gerechten Götter aber hätten für de-
nen eine Abscheu/ welche auf billiche Bedingun-
gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/
und unersättlich nach Menschen-Blute dürste-
ten/ welches sie als die Oberherren der Fürsten
von ihren Händen zu fordern hätten. Diesem
Brieffe war beygefügt eine Vorbitt-Schrifft
der friedliebenden Königin Syrmanis/ und
recht königliche Geschencke. Dieses bewegte den
ohne diß nicht blutdürstigen Huhansien/ daß er
die Stadt Jengan in Xensi/ weil sie für Zeiten
den Scythen zugehört/ zur Friedens-Handlung
beliebte/ auch mich und zwey andere Scythische
Fürsten darzu vollmächtigte. Wir wurden da-
selbst aufs prächtigste bewillkommt/ und nach
zweyen Tagen auser der Stadt auf dem Berge
Chingleang in eine ihnen überaus heilige und
für einen Tempel der Eintracht gehaltene Höle/
in welcher 10000. steinerne-von einem einigen
in diese Einsamkeit sich verkrichenden Könige
aufgerichtete Götzenbilder standen/ begleitet;
nach zehntägichter Unterhandlung auch der
Friede derogestalt beschlossen/ daß die beyden
[Spaltenumbruch] Reiche Suchuen und Xensi dem Könige Hu-
hansien völlig und ewig verbleiben/ dessen Bru-
der/ der König in Tibet/ des verstorbenen König
Juens Schwester heyrathen/ und hiermit alle
zwischen beyden Völckern erwachsene alte und
neue Ansprüche von Grund aus aufgehoben
seyn solten.

Demnach nun dieser Friede von dem wiewol
noch so jungen Könige/ und denen obersten
Reichs-Räthen beschworen werden solte; bat ich
mir bey dem Scythischen Könige aus/ die Bot-
schafft dahin zu übernehmen. Also schiffte ich auf
dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und
von diesem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche
Xansi/ allwo ich austrat das Gebürge Lie zu be-
schauen/ auf welchem der fromme Ackersmann
Xuno/ der hernach der Serer König worden/
das Feld gebauet/ darauf seiner Tugenden we-
gen seit derselben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/
noch einige schädliche Staude wachsen soll. Rhe-
metalces fragte alsofort: Ob er diß also wahr be-
funden? Denn auf solchen Fall hielte er es für ein
ungemeines Wunderwerck. Zeno versetzte: das
Wachsthum dieses Berges wäre allerdinges
dem Ruffe gemäß; ob er aber für dem Könige
Xuno was schädliches getragen/ wäre mehr be-
dencklich. Der Feldherr fügte bey: Er hielte diß
nicht für so unglaublich/ nachdem es die unge-
zweiffelte Warheit wäre/ daß die Frömmigkeit
eines Fürsten einem gantzen Reiche Segen/ sein
Laster aber göttliche Straffe zuziehe. Dahero
hätten die Egyptier ihren Königen alle böse und
gute Begebungen/ und also auch blosse Zufälle
seiner Schuld beygemessen; die Massynecier ihr
Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen
Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge-
straft. Bey welchem Verstande denn dieselben Kö-
nige/ welche sich Brüder der Sternen und Söhne
der Sonnen; oder auch/ daß sie sich mit dem Mon-
den vermischten/ rühmeten/ so sehr nicht zu verla-
chen wären; denn die Frömmigkeit wäre sicher
ein Schlüssel zum Himmel; eine Meisterin der

Natur;
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſeinem Leben gebuͤſſet. Huhanſiens Groß-
muͤthigkeit/ und die Tugend der vergnuͤglichen
Scythen verſicherten ihn/ daß ſie mehr umb
Ruhm/ als aus Begierde fremde Laͤnder einzu-
nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen haͤtte
er uͤber alle ſeine Vorfahren bereit erworben.
Kriegsknechte ſuchten ihre Vergnuͤgung am
Siege/ kluge Fuͤrſten im Frieden. Die aber/
welche den Frieden aus Liebe des Krieges ſtoͤre-
ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens
nicht weg. Er kriegte fuͤr itzt mit einem ſechs-
jaͤhrigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie-
ſen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer-
gen anzubinden. Er wuͤrde den Serern auch
ſo viel Laͤnder nicht abnehmen/ als die Ohn-
macht ſeines Feindes ſeinem erworbenen Ruh-
me Abbruch thun koͤnte. Die Serer waͤren
entſchloſſen den Scythen alles abzutreten/ was
der groſſe Xius ihnen fuͤr langer Zeit abgenom-
men. Die gerechten Goͤtter aber haͤtten fuͤr de-
nen eine Abſcheu/ welche auf billiche Bedingun-
gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/
und unerſaͤttlich nach Menſchen-Blute duͤrſte-
ten/ welches ſie als die Oberherren der Fuͤrſten
von ihren Haͤnden zu fordern haͤtten. Dieſem
Brieffe war beygefuͤgt eine Vorbitt-Schrifft
der friedliebenden Koͤnigin Syrmanis/ und
recht koͤnigliche Geſchencke. Dieſes bewegte den
ohne diß nicht blutduͤrſtigen Huhanſien/ daß er
die Stadt Jengan in Xenſi/ weil ſie fuͤr Zeiten
den Scythen zugehoͤrt/ zuꝛ Friedens-Handlung
beliebte/ auch mich und zwey andere Scythiſche
Fuͤrſten darzu vollmaͤchtigte. Wir wurden da-
ſelbſt aufs praͤchtigſte bewillkommt/ und nach
zweyen Tagen auſer der Stadt auf dem Berge
Chingleang in eine ihnen uͤberaus heilige und
fuͤr einen Tempel der Eintracht gehaltene Hoͤle/
in welcher 10000. ſteinerne-von einem einigen
in dieſe Einſamkeit ſich verkrichenden Koͤnige
aufgerichtete Goͤtzenbilder ſtanden/ begleitet;
nach zehntaͤgichter Unterhandlung auch der
Friede derogeſtalt beſchloſſen/ daß die beyden
[Spaltenumbruch] Reiche Suchuen und Xenſi dem Koͤnige Hu-
hanſien voͤllig und ewig verbleiben/ deſſen Bru-
der/ der Koͤnig in Tibet/ des verſtorbenen Koͤnig
Juens Schweſter heyrathen/ und hiermit alle
zwiſchen beyden Voͤlckern erwachſene alte und
neue Anſpruͤche von Grund aus aufgehoben
ſeyn ſolten.

Demnach nun dieſer Friede von dem wiewol
noch ſo jungen Koͤnige/ und denen oberſten
Reichs-Raͤthen beſchworen werden ſolte; bat ich
mir bey dem Scythiſchen Koͤnige aus/ die Bot-
ſchafft dahin zu uͤbernehmen. Alſo ſchiffte ich auf
dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und
von dieſem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche
Xanſi/ allwo ich austrat das Gebuͤrge Lie zu be-
ſchauen/ auf welchem der fromme Ackersmann
Xuno/ der hernach der Serer Koͤnig worden/
das Feld gebauet/ darauf ſeiner Tugenden we-
gen ſeit derſelben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/
noch einige ſchaͤdliche Staude wachſen ſoll. Rhe-
metalces fragte alſofort: Ob er diß alſo wahr be-
funden? Denn auf ſolchen Fall hielte er es fuͤr ein
ungemeines Wunderwerck. Zeno verſetzte: das
Wachsthum dieſes Berges waͤre allerdinges
dem Ruffe gemaͤß; ob er aber fuͤr dem Koͤnige
Xuno was ſchaͤdliches getragen/ waͤre mehr be-
dencklich. Der Feldherr fuͤgte bey: Er hielte diß
nicht fuͤr ſo unglaublich/ nachdem es die unge-
zweiffelte Warheit waͤre/ daß die Froͤmmigkeit
eines Fuͤrſten einem gantzen Reiche Segen/ ſein
Laſter aber goͤttliche Straffe zuziehe. Dahero
haͤtten die Egyptier ihren Koͤnigen alle boͤſe und
gute Begebungen/ und alſo auch bloſſe Zufaͤlle
ſeiner Schuld beygemeſſen; die Maſſynecier ihꝛ
Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen
Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge-
ſtraft. Bey welchem Verſtande deñ dieſelben Koͤ-
nige/ welche ſich Bruͤder der Sternẽ und Soͤhne
der Soñen; oder auch/ daß ſie ſich mit dem Mon-
den vermiſchten/ ruͤhmeten/ ſo ſehꝛ nicht zu verla-
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ein Schluͤſſel zum Himmel; eine Meiſterin der

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[635/0691] Arminius und Thußnelda. ſeinem Leben gebuͤſſet. Huhanſiens Groß- muͤthigkeit/ und die Tugend der vergnuͤglichen Scythen verſicherten ihn/ daß ſie mehr umb Ruhm/ als aus Begierde fremde Laͤnder einzu- nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen haͤtte er uͤber alle ſeine Vorfahren bereit erworben. Kriegsknechte ſuchten ihre Vergnuͤgung am Siege/ kluge Fuͤrſten im Frieden. Die aber/ welche den Frieden aus Liebe des Krieges ſtoͤre- ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens nicht weg. Er kriegte fuͤr itzt mit einem ſechs- jaͤhrigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie- ſen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer- gen anzubinden. Er wuͤrde den Serern auch ſo viel Laͤnder nicht abnehmen/ als die Ohn- macht ſeines Feindes ſeinem erworbenen Ruh- me Abbruch thun koͤnte. Die Serer waͤren entſchloſſen den Scythen alles abzutreten/ was der groſſe Xius ihnen fuͤr langer Zeit abgenom- men. Die gerechten Goͤtter aber haͤtten fuͤr de- nen eine Abſcheu/ welche auf billiche Bedingun- gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/ und unerſaͤttlich nach Menſchen-Blute duͤrſte- ten/ welches ſie als die Oberherren der Fuͤrſten von ihren Haͤnden zu fordern haͤtten. Dieſem Brieffe war beygefuͤgt eine Vorbitt-Schrifft der friedliebenden Koͤnigin Syrmanis/ und recht koͤnigliche Geſchencke. Dieſes bewegte den ohne diß nicht blutduͤrſtigen Huhanſien/ daß er die Stadt Jengan in Xenſi/ weil ſie fuͤr Zeiten den Scythen zugehoͤrt/ zuꝛ Friedens-Handlung beliebte/ auch mich und zwey andere Scythiſche Fuͤrſten darzu vollmaͤchtigte. Wir wurden da- ſelbſt aufs praͤchtigſte bewillkommt/ und nach zweyen Tagen auſer der Stadt auf dem Berge Chingleang in eine ihnen uͤberaus heilige und fuͤr einen Tempel der Eintracht gehaltene Hoͤle/ in welcher 10000. ſteinerne-von einem einigen in dieſe Einſamkeit ſich verkrichenden Koͤnige aufgerichtete Goͤtzenbilder ſtanden/ begleitet; nach zehntaͤgichter Unterhandlung auch der Friede derogeſtalt beſchloſſen/ daß die beyden Reiche Suchuen und Xenſi dem Koͤnige Hu- hanſien voͤllig und ewig verbleiben/ deſſen Bru- der/ der Koͤnig in Tibet/ des verſtorbenen Koͤnig Juens Schweſter heyrathen/ und hiermit alle zwiſchen beyden Voͤlckern erwachſene alte und neue Anſpruͤche von Grund aus aufgehoben ſeyn ſolten. Demnach nun dieſer Friede von dem wiewol noch ſo jungen Koͤnige/ und denen oberſten Reichs-Raͤthen beſchworen werden ſolte; bat ich mir bey dem Scythiſchen Koͤnige aus/ die Bot- ſchafft dahin zu uͤbernehmen. Alſo ſchiffte ich auf dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und von dieſem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche Xanſi/ allwo ich austrat das Gebuͤrge Lie zu be- ſchauen/ auf welchem der fromme Ackersmann Xuno/ der hernach der Serer Koͤnig worden/ das Feld gebauet/ darauf ſeiner Tugenden we- gen ſeit derſelben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/ noch einige ſchaͤdliche Staude wachſen ſoll. Rhe- metalces fragte alſofort: Ob er diß alſo wahr be- funden? Denn auf ſolchen Fall hielte er es fuͤr ein ungemeines Wunderwerck. Zeno verſetzte: das Wachsthum dieſes Berges waͤre allerdinges dem Ruffe gemaͤß; ob er aber fuͤr dem Koͤnige Xuno was ſchaͤdliches getragen/ waͤre mehr be- dencklich. Der Feldherr fuͤgte bey: Er hielte diß nicht fuͤr ſo unglaublich/ nachdem es die unge- zweiffelte Warheit waͤre/ daß die Froͤmmigkeit eines Fuͤrſten einem gantzen Reiche Segen/ ſein Laſter aber goͤttliche Straffe zuziehe. Dahero haͤtten die Egyptier ihren Koͤnigen alle boͤſe und gute Begebungen/ und alſo auch bloſſe Zufaͤlle ſeiner Schuld beygemeſſen; die Maſſynecier ihꝛ Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge- ſtraft. Bey welchem Verſtande deñ dieſelben Koͤ- nige/ welche ſich Bruͤder der Sternẽ und Soͤhne der Soñen; oder auch/ daß ſie ſich mit dem Mon- den vermiſchten/ ruͤhmeten/ ſo ſehꝛ nicht zu verla- chen waͤren; denn die Froͤmmigkeit waͤre ſicher ein Schluͤſſel zum Himmel; eine Meiſterin der Natur; L l l l 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/691>, abgerufen am 28.09.2024.