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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] Natur; eine Verbindung des Glückes/ und
der Sterblichen.

Der Fürst Zeno pflichtete dem Feldherrn
bey/ und vermeldete/ daß die Serer fast alle
Wolthaten der Natur/ ihrer Könige Tugenden
zueigneten/ und hätte er auff dieser seiner Reise
hierüber unzehlbare Merckmahle der Danck-
barkeit an Marmel- und Ertzt-Säulen gefun-
den. Unter andern hätten sie ihm auch in der
Landschafft Hanan/ bey Vorbeysegelung des
von ferne sich zeigenden Gebürges Tai nahe an
der Stadt Honui/ erzehlet/ daß unter eben selbi-
gem frommen Könige ein entzwey spaltender
Felß eine Höle von drey hundert Mäß-Ruthen
geöffnet hätte/ daraus ein zehes Wasser flüsse/
welches man in vielen Dingen nützlich für Oel
brauchte. Auser diesen natürlichen/ wäre diß
Reich mit kunstreichen Wolthaten ihrer Könige
durch und durch überfüllet. Die auf dieser sei-
ner Schiffarth angemerckte Verwahrung des
überaus grossen und schnellen Saffran-Flusses/
da nehmlich alle seine Ufer auff flachem Lande/
und insonderheit in dem viel niedriger liegendem
Reiche Honan mit grossen viereckichten Werck-
stücken zu Beschirmung des sonst leicht ersauf-
fenden Landes befestigt stünden/ wäre ein rech-
tes Wunderwerck; zugeschweigen/ daß dieser
Strom vor Zeiten durch das Reich Pecheli ge-
lauffen/ und durch Kunst hieher geleitet worden.
Nichts minder wäre der obersten Reichs-Räthe
fürnehmste Sorge/ entweder durch ein nützli-
ches Gebäue oder eine kluge Erfindung dem
Vaterlande ihr Gedächtnüß zu verlassen/ daß
sie ihrer anvertrauten Würde werth gewest.
Unter diesen wäre für andern berühmt der für
1100. Jahren abgelebte Weltweise Cheucung/
dessen Thurm zum Sternsehen nebst allerhand
Mäßzeuge ihm allhier in Honan gezeugt wor-
den. Diese Erfindung aber wäre ihm nimmer-
mehr zu verdancken/ daß er den Serern gewie-
sen/ wie der Magnet sich gegen dem Mitter-
nächtigen Angelsterne aus eben der Ursache/ als
[Spaltenumbruch] die Sonnen-Wende sich der Sonnen zu wen-
de/ und also die darvon gemachte Weiser oder
Magnet-Nadel einen klugen Wegweiser aller
unbekandten Schiffarthen abgäbe. Welch
Geheimnüß ihm der Steuermann vertrauet/
und zu seiner Verwunderung gewiesen hätte.
Hertzog Herrmann fragte aus Begierde dieses
herrliche Mittel recht zu erforschen um alle Be-
schaffenheit; die ihm Zeno nicht allein umständ-
lich auslegte/ sondern denen Anwesenden auch
einen bey sich habenden See-Compaß zeigte.
Dieser gab ihnen nichts minder Vergnüg-als
Verwunderung/ und fing Rhemetalces an/
daß dieser einigen Kunst wegen/ da doch viel an-
dere herrliche Eigenschafften in diesem Steine
steckten/ der Magnet allen Perlen und Edel-
gesteinen weit fürzuziehen wäre/ der Erfinder
aber eine güldene Ehren-Säule verdienet habe.
Er hat sie verdient/ sagte Zeno; zumal er seinen
Landsleuten noch ein in der Landschafft Qvan-
tung wachsendes Kraut gezeiget/ aus dessen
Knoten zu erkennen seyn soll/ wie viel folgendes
Jahr Sturmwinde/ und um welche Monat-
Zeit sie kommen würden; daher hat er sie auch
erlangt. Denn mitten in dem Saffran-Flus-
se auf einer hohen Klippe stehet eine Marmel-
Säule/ und dieses Erfinders aus Ertzt gegosse-
nes und vergoldetes Bild in Lebensgrösse/ un-
ten aber am Fusse ist zu lesen:

Jhr Sternen/ die ihr sonst Wegweiser pflegt zu seyn/
Denn Schiffern durch den Schaum der ungebähnten Wässer;
Räumt euren güldnen Sitz nunmehr den Steinen ein/
Nun ein so klein Magnet zeigt alle Seefarth besser.
Jhr Götter aber ihr/ die ihr Belohner heist
Der Weißheit/ die mit Nutz sich sehn läst auf der Erde.
Ver göttert Cheucungs Seel'/ und schaffet/ daß sein Geist
Jm Himmel ein Gestirn/ im Meer ein Pharos werde.

Mich wundert derogestalt/ fuhr Rhemetalces
fort/ daß dieses Geheimnüß allen andern Völ-
ckern/ insonderheit denen tiefsinnigen Egy-
ptiern/ welche doch den Magnet als einen Gott
verehret/ so lange verborgen blieben/ oder auch
durch eigenes Nachdencken nicht ergrübelt wor-

den

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] Natur; eine Verbindung des Gluͤckes/ und
der Sterblichen.

Der Fuͤrſt Zeno pflichtete dem Feldherrn
bey/ und vermeldete/ daß die Serer faſt alle
Wolthaten der Natur/ ihrer Koͤnige Tugenden
zueigneten/ und haͤtte er auff dieſer ſeiner Reiſe
hieruͤber unzehlbare Merckmahle der Danck-
barkeit an Marmel- und Ertzt-Saͤulen gefun-
den. Unter andern haͤtten ſie ihm auch in der
Landſchafft Hanan/ bey Vorbeyſegelung des
von ferne ſich zeigenden Gebuͤrges Tai nahe an
der Stadt Honui/ erzehlet/ daß unter eben ſelbi-
gem frommen Koͤnige ein entzwey ſpaltender
Felß eine Hoͤle von drey hundert Maͤß-Ruthen
geoͤffnet haͤtte/ daraus ein zehes Waſſer fluͤſſe/
welches man in vielen Dingen nuͤtzlich fuͤr Oel
brauchte. Auſer dieſen natuͤrlichen/ waͤre diß
Reich mit kunſtreichen Wolthaten ihrer Koͤnige
durch und durch uͤberfuͤllet. Die auf dieſer ſei-
ner Schiffarth angemerckte Verwahrung des
uͤbeꝛaus groſſen und ſchnellen Saffran-Fluſſes/
da nehmlich alle ſeine Ufer auff flachem Lande/
und inſondeꝛheit in dem viel niedrigeꝛ liegendem
Reiche Honan mit groſſen viereckichten Werck-
ſtuͤcken zu Beſchirmung des ſonſt leicht erſauf-
fenden Landes befeſtigt ſtuͤnden/ waͤre ein rech-
tes Wunderwerck; zugeſchweigen/ daß dieſer
Strom vor Zeiten durch das Reich Pecheli ge-
lauffen/ und durch Kunſt hieher geleitet worden.
Nichts minder waͤre der oberſten Reichs-Raͤthe
fuͤrnehmſte Sorge/ entweder durch ein nuͤtzli-
ches Gebaͤue oder eine kluge Erfindung dem
Vaterlande ihr Gedaͤchtnuͤß zu verlaſſen/ daß
ſie ihrer anvertrauten Wuͤrde werth geweſt.
Unter dieſen waͤre fuͤr andern beruͤhmt der fuͤr
1100. Jahren abgelebte Weltweiſe Cheucung/
deſſen Thurm zum Sternſehen nebſt allerhand
Maͤßzeuge ihm allhier in Honan gezeugt wor-
den. Dieſe Erfindung aber waͤre ihm nimmer-
mehr zu verdancken/ daß er den Serern gewie-
ſen/ wie der Magnet ſich gegen dem Mitter-
naͤchtigen Angelſterne aus eben der Urſache/ als
[Spaltenumbruch] die Sonnen-Wende ſich der Sonnen zu wen-
de/ und alſo die darvon gemachte Weiſer oder
Magnet-Nadel einen klugen Wegweiſer aller
unbekandten Schiffarthen abgaͤbe. Welch
Geheimnuͤß ihm der Steuermann vertrauet/
und zu ſeiner Verwunderung gewieſen haͤtte.
Hertzog Herrmann fragte aus Begierde dieſes
herrliche Mittel recht zu erforſchen um alle Be-
ſchaffenheit; die ihm Zeno nicht allein umſtaͤnd-
lich auslegte/ ſondern denen Anweſenden auch
einen bey ſich habenden See-Compaß zeigte.
Dieſer gab ihnen nichts minder Vergnuͤg-als
Verwunderung/ und fing Rhemetalces an/
daß dieſer einigen Kunſt wegen/ da doch viel an-
dere herrliche Eigenſchafften in dieſem Steine
ſteckten/ der Magnet allen Perlen und Edel-
geſteinen weit fuͤrzuziehen waͤre/ der Erfinder
aber eine guͤldene Ehren-Saͤule verdienet habe.
Er hat ſie verdient/ ſagte Zeno; zumal er ſeinen
Landsleuten noch ein in der Landſchafft Qvan-
tung wachſendes Kraut gezeiget/ aus deſſen
Knoten zu erkennen ſeyn ſoll/ wie viel folgendes
Jahr Sturmwinde/ und um welche Monat-
Zeit ſie kommen wuͤrden; daher hat er ſie auch
erlangt. Denn mitten in dem Saffran-Fluſ-
ſe auf einer hohen Klippe ſtehet eine Marmel-
Saͤule/ und dieſes Erfinders aus Ertzt gegoſſe-
nes und vergoldetes Bild in Lebensgroͤſſe/ un-
ten aber am Fuſſe iſt zu leſen:

Jhr Sternen/ die ihr ſonſt Wegweiſer pflegt zu ſeyn/
Denn Schiffern durch den Schaum der ungebaͤhnten Waͤſſer;
Raͤumt euren guͤldnen Sitz nunmehr den Steinen ein/
Nun ein ſo klein Magnet zeigt alle Seefarth beſſer.
Jhr Goͤtter aber ihr/ die ihr Belohner heiſt
Der Weißheit/ die mit Nutz ſich ſehn laͤſt auf der Erde.
Ver goͤttert Cheucungs Seel’/ und ſchaffet/ daß ſein Geiſt
Jm Himmel ein Geſtirn/ im Meer ein Pharos werde.

Mich wundert derogeſtalt/ fuhr Rhemetalces
fort/ daß dieſes Geheimnuͤß allen andern Voͤl-
ckern/ inſonderheit denen tiefſinnigen Egy-
ptiern/ welche doch den Magnet als einen Gott
verehret/ ſo lange verborgen blieben/ oder auch
durch eigenes Nachdencken nicht ergruͤbelt wor-

den
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/692>, abgerufen am 28.09.2024.