Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] haften Frauen-Gestalt die Göttin Puße aus
überaus wohlrüchendem Calambi-Holtze ge-
macht/ das in den Landschafften Jnunan und
Chiamsi auf den allerhöchsten Steinklippen
wächst. Jhr Rock war oben blau und feuer-
farbicht/ unten aber grün und weiß; von wel-
chem aber allerhand mit Blumen und Sternen
gestückte Binden hin und her flatterten. Das
Haupt und die Schläffe waren mit allerhand
Früchten beschattet. Aus ieglicher Seite gin-
gen acht Armen/ welche Schwerdter/ Spiesse/
Kräuter/ Räder/ Flaschen/ Bücher/ und andere
mir unkenntliche Zierrathen in Händen hielten.
Für diesem Bilde fielen die Reichs-Räthe nie-
der/ und beschwuren gleichfalls den Frieden/ sich
dieser Göttin Hülffe entäusernde/ da sie selbtem
iemals widerkommen würden. Diese erzehl-
ten mir von diesem Abgotte allerhand seltzame
Geschichte/ insonderheit daß sie vom Himmel
auf Erden kommen/ von einer genossenen Frucht
schwanger worden wäre/ und einen fürtreffli-
chen Sohn gebohren hätte/ dessen Nachkommen
das Serische Reich 1600. Jahr glücklich beherr-
schet hätten. Jn dem grossen Reiche Zipangri/
welches als eine Halb-Jnsel in den grossen Welt-
Meere noch weiter gegen Morgen liegt/ gegen
Nord aber an dem äusersten Ecke des Scythi-
schen Reiches henckt/ würde diese Göttin/ wie-
wohl in Gestalt eines mit der Sonne bekleideten
schönen Antlitzes verehrt/ welches im Wasser
über zusammen gefügten Kirsch - Stämmen/
schwartzen Elefanten-Zähnen und güldenen
Blumen auf einer Muschel stünde/ und mit
Abschlachtung eines Bocks versöhnt würde.
Kurtz zu melden: Es scheinet mir hier durch der
Egyptier viel-gebrüstete Jsis und die durch un-
sere Cybele abgebildete Zeuge-Mutter die güti-
ge Natur für gestellet zu seyn. Nach dem nun
derogestalt der Friede bestätigt war/ ließ der Kö-
nig mir folgenden Tag unter dem Schein einer
sonderbaren Höfligkeit die Abschieds-Verhör
selbst andeuten. Sintemal die arggedenckli-
[Spaltenumbruch] chen Serer denen Ausländern schwer ihre Ein-
kunft/ noch schwerer aber langen Aufenthalt er-
lauben. Nach meinem Abschiede brachten mir
die Königlichen Trabanten die dem Huhansien
bestimmten Geschencke/ welches nebst köstlichen
Edelgesteinen/ darunter einer/ der in des Se-
rischen Feinxes oder des Vogels Fum Neste/
auf dem Berge Fungsao gefunden worden/ für
unschätzbar gehalten wird/ an allerhand seltza-
men Thieren und Gewächsen bestand. Darunter
waren die fürnehmften ein wohlrüchender Hirsch
aus der Landschaft Yundan/ aus dessen Nabel der
Musch geschnitten wird/ etliche rechte Schaf-
Wolle tragende Hüner/ der schöne Vogel Fum/
und der oben schon beschriebene fremde Wun-
der-Vogel/ welchen man Kanib hieß. Auch
waren hierbey eine Kiste knorpelne Vogel-Ne-
ster/ welche auf dem felsichten Gestade der Land-
schafft Tungking/ und der Jnsel Aynan aus ei-
nem von ihnen selbst ausgespeytem Talcke berei-
tet/ und für die niedlichste Speise gessen werden.
Unter denen Gewächsen waren etliche seltzame
Rosen-Sträuche/ etliche junge Stauden/ wor-
aus die Bäume in Quangsi wachsen/ die statt
des Kernes köstliches Brodt-Meel haben; das
tausend Jahr tauernde Kraut Pusu aus Hu-
quang/ welches alte Leute zu verjüngern/ und die
unserm Alrau fast ähnliche Wurzel Ginseng aus
Leabtung/ welches denen Halb-Todten noch eine
empfindliche Lebens-Krafft zu geben mächtig
seyn soll; nichts minder das Kraut Yu aus Fokien/
welches wie Seide gewebt/ aber viel köstlicher ge-
halten wird. Uber diß war eine Schachtel voll des
Krautes Quei/ das alsofort die Traurigkeit ver-
treibet; und etliche Kisten von dem besten Trinck-
Kraute Snuglocha/ das in Kiangnan bey der
Stadt Hoeicheu wächst/ und wider den Stein/ die
Gicht und Schlafsucht eine unvergleichliche
Artzney ist; endlich so viel der gelben Winter-
Wurtzel Rheubarbara/ die in rothen Leime an der
grossen Mauer am besten gezeugt wird. Alles
dieses ließ ich auf dem Strome Kiang in der

Köni-

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] haften Frauen-Geſtalt die Goͤttin Puße aus
uͤberaus wohlruͤchendem Calambi-Holtze ge-
macht/ das in den Landſchafften Jnunan und
Chiamſi auf den allerhoͤchſten Steinklippen
waͤchſt. Jhr Rock war oben blau und feuer-
farbicht/ unten aber gruͤn und weiß; von wel-
chem aber allerhand mit Blumen und Sternen
geſtuͤckte Binden hin und her flatterten. Das
Haupt und die Schlaͤffe waren mit allerhand
Fruͤchten beſchattet. Aus ieglicher Seite gin-
gen acht Armen/ welche Schwerdter/ Spieſſe/
Kraͤuter/ Raͤder/ Flaſchen/ Buͤcher/ und andere
mir unkenntliche Zierrathen in Haͤnden hielten.
Fuͤr dieſem Bilde fielen die Reichs-Raͤthe nie-
der/ und beſchwuren gleichfalls den Frieden/ ſich
dieſer Goͤttin Huͤlffe entaͤuſernde/ da ſie ſelbtem
iemals widerkommen wuͤrden. Dieſe erzehl-
ten mir von dieſem Abgotte allerhand ſeltzame
Geſchichte/ inſonderheit daß ſie vom Himmel
auf Erden kommen/ von einer genoſſenen Frucht
ſchwanger worden waͤre/ und einen fuͤrtreffli-
chen Sohn gebohren haͤtte/ deſſen Nachkommen
das Seriſche Reich 1600. Jahr gluͤcklich beherr-
ſchet haͤtten. Jn dem groſſen Reiche Zipangri/
welches als eine Halb-Jnſel in dẽ groſſen Welt-
Meere noch weiter gegen Morgen liegt/ gegen
Nord aber an dem aͤuſerſten Ecke des Scythi-
ſchen Reiches henckt/ wuͤrde dieſe Goͤttin/ wie-
wohl in Geſtalt eines mit der Sonne bekleideten
ſchoͤnen Antlitzes verehrt/ welches im Waſſer
uͤber zuſammen gefuͤgten Kirſch - Staͤmmen/
ſchwartzen Elefanten-Zaͤhnen und guͤldenen
Blumen auf einer Muſchel ſtuͤnde/ und mit
Abſchlachtung eines Bocks verſoͤhnt wuͤrde.
Kurtz zu melden: Es ſcheinet mir hier durch der
Egyptier viel-gebruͤſtete Jſis und die durch un-
ſere Cybele abgebildete Zeuge-Mutter die guͤti-
ge Natur fuͤr geſtellet zu ſeyn. Nach dem nun
derogeſtalt der Friede beſtaͤtigt war/ ließ der Koͤ-
nig mir folgenden Tag unter dem Schein einer
ſonderbaren Hoͤfligkeit die Abſchieds-Verhoͤr
ſelbſt andeuten. Sintemal die arggedenckli-
[Spaltenumbruch] chen Serer denen Auslaͤndern ſchwer ihre Ein-
kunft/ noch ſchwerer aber langen Aufenthalt er-
lauben. Nach meinem Abſchiede brachten mir
die Koͤniglichen Trabanten die dem Huhanſien
beſtim̃ten Geſchencke/ welches nebſt koͤſtlichen
Edelgeſteinen/ darunter einer/ der in des Se-
riſchen Feinxes oder des Vogels Fum Neſte/
auf dem Berge Fungſao gefunden worden/ fuͤr
unſchaͤtzbar gehalten wird/ an allerhand ſeltza-
men Thierẽ und Gewaͤchſen beſtand. Darunter
waren die fuͤrnehmften ein wohlruͤchender Hirſch
aus der Landſchaft Yuñan/ aus deſſen Nabel der
Muſch geſchnitten wird/ etliche rechte Schaf-
Wolle tragende Huͤner/ der ſchoͤne Vogel Fum/
und der oben ſchon beſchriebene fremde Wun-
der-Vogel/ welchen man Kanib hieß. Auch
waren hierbey eine Kiſte knorpelne Vogel-Ne-
ſter/ welche auf dem felſichten Geſtade der Land-
ſchafft Tungking/ und der Jnſel Aynan aus ei-
nem von ihnen ſelbſt ausgeſpeytem Talcke berei-
tet/ und fuͤr die niedlichſte Speiſe geſſen werden.
Unter denen Gewaͤchſen waren etliche ſeltzame
Roſen-Straͤuche/ etliche junge Stauden/ wor-
aus die Baͤume in Quangſi wachſen/ die ſtatt
des Kernes koͤſtliches Brodt-Meel haben; das
tauſend Jahr tauernde Kraut Puſu aus Hu-
quang/ welches alte Leute zu verjuͤngern/ und die
unſerm Alrau faſt aͤhnliche Wurzel Ginſeng aus
Leabtung/ welches denen Halb-Todten noch eine
empfindliche Lebens-Krafft zu geben maͤchtig
ſeyn ſoll; nichts minder das Kraut Yu aus Fokiẽ/
welches wie Seide gewebt/ aber viel koͤſtlicher ge-
haltẽ wird. Uber diß war eine Schachtel voll des
Krautes Quei/ das alſofort die Traurigkeit ver-
treibet; und etliche Kiſten von dem beſten Trinck-
Kraute Snuglocha/ das in Kiangnan bey der
Stadt Hoeicheu waͤchſt/ und wider den Stein/ die
Gicht und Schlafſucht eine unvergleichliche
Artzney iſt; endlich ſo viel der gelben Winter-
Wurtzel Rheubarbara/ die in rothẽ Leime an der
groſſen Mauer am beſten gezeugt wird. Alles
dieſes ließ ich auf dem Strome Kiang in der

Koͤni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0698" n="642"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
haften Frauen-Ge&#x017F;talt die Go&#x0364;ttin Puße aus<lb/>
u&#x0364;beraus wohlru&#x0364;chendem Calambi-Holtze ge-<lb/>
macht/ das in den Land&#x017F;chafften Jnunan und<lb/>
Chiam&#x017F;i auf den allerho&#x0364;ch&#x017F;ten Steinklippen<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t. Jhr Rock war oben blau und feuer-<lb/>
farbicht/ unten aber gru&#x0364;n und weiß; von wel-<lb/>
chem aber allerhand mit Blumen und Sternen<lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;ckte Binden hin und her flatterten. Das<lb/>
Haupt und die Schla&#x0364;ffe waren mit allerhand<lb/>
Fru&#x0364;chten be&#x017F;chattet. Aus ieglicher Seite gin-<lb/>
gen acht Armen/ welche Schwerdter/ Spie&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
Kra&#x0364;uter/ Ra&#x0364;der/ Fla&#x017F;chen/ Bu&#x0364;cher/ und andere<lb/>
mir unkenntliche Zierrathen in Ha&#x0364;nden hielten.<lb/>
Fu&#x0364;r die&#x017F;em Bilde fielen die Reichs-Ra&#x0364;the nie-<lb/>
der/ und be&#x017F;chwuren gleichfalls den Frieden/ &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;er Go&#x0364;ttin Hu&#x0364;lffe enta&#x0364;u&#x017F;ernde/ da &#x017F;ie &#x017F;elbtem<lb/>
iemals widerkommen wu&#x0364;rden. Die&#x017F;e erzehl-<lb/>
ten mir von die&#x017F;em Abgotte allerhand &#x017F;eltzame<lb/>
Ge&#x017F;chichte/ in&#x017F;onderheit daß &#x017F;ie vom Himmel<lb/>
auf Erden kommen/ von einer geno&#x017F;&#x017F;enen Frucht<lb/>
&#x017F;chwanger worden wa&#x0364;re/ und einen fu&#x0364;rtreffli-<lb/>
chen Sohn gebohren ha&#x0364;tte/ de&#x017F;&#x017F;en Nachkommen<lb/>
das Seri&#x017F;che Reich 1600. Jahr glu&#x0364;cklich beherr-<lb/>
&#x017F;chet ha&#x0364;tten. Jn dem gro&#x017F;&#x017F;en Reiche Zipangri/<lb/>
welches als eine Halb-Jn&#x017F;el in de&#x0303; gro&#x017F;&#x017F;en Welt-<lb/>
Meere noch weiter gegen Morgen liegt/ gegen<lb/>
Nord aber an dem a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Ecke des Scythi-<lb/>
&#x017F;chen Reiches henckt/ wu&#x0364;rde die&#x017F;e Go&#x0364;ttin/ wie-<lb/>
wohl in Ge&#x017F;talt eines mit der Sonne bekleideten<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Antlitzes verehrt/ welches im Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
u&#x0364;ber zu&#x017F;ammen gefu&#x0364;gten Kir&#x017F;ch - Sta&#x0364;mmen/<lb/>
&#x017F;chwartzen Elefanten-Za&#x0364;hnen und gu&#x0364;ldenen<lb/>
Blumen auf einer Mu&#x017F;chel &#x017F;tu&#x0364;nde/ und mit<lb/>
Ab&#x017F;chlachtung eines Bocks ver&#x017F;o&#x0364;hnt wu&#x0364;rde.<lb/>
Kurtz zu melden: Es &#x017F;cheinet mir hier durch der<lb/>
Egyptier viel-gebru&#x0364;&#x017F;tete J&#x017F;is und die durch un-<lb/>
&#x017F;ere Cybele abgebildete Zeuge-Mutter die gu&#x0364;ti-<lb/>
ge Natur fu&#x0364;r ge&#x017F;tellet zu &#x017F;eyn. Nach dem nun<lb/>
deroge&#x017F;talt der Friede be&#x017F;ta&#x0364;tigt war/ ließ der Ko&#x0364;-<lb/>
nig mir folgenden Tag unter dem Schein einer<lb/>
&#x017F;onderbaren Ho&#x0364;fligkeit die Ab&#x017F;chieds-Verho&#x0364;r<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t andeuten. Sintemal die arggedenckli-<lb/><cb/>
chen Serer denen Ausla&#x0364;ndern &#x017F;chwer ihre Ein-<lb/>
kunft/ noch &#x017F;chwerer aber langen Aufenthalt er-<lb/>
lauben. Nach meinem Ab&#x017F;chiede brachten mir<lb/>
die Ko&#x0364;niglichen Trabanten die dem Huhan&#x017F;ien<lb/>
be&#x017F;tim&#x0303;ten Ge&#x017F;chencke/ welches neb&#x017F;t ko&#x0364;&#x017F;tlichen<lb/>
Edelge&#x017F;teinen/ darunter einer/ der in des Se-<lb/>
ri&#x017F;chen Feinxes oder des Vogels Fum Ne&#x017F;te/<lb/>
auf dem Berge Fung&#x017F;ao gefunden worden/ fu&#x0364;r<lb/>
un&#x017F;cha&#x0364;tzbar gehalten wird/ an allerhand &#x017F;eltza-<lb/>
men Thiere&#x0303; und Gewa&#x0364;ch&#x017F;en be&#x017F;tand. Darunter<lb/>
waren die fu&#x0364;rnehmften ein wohlru&#x0364;chender Hir&#x017F;ch<lb/>
aus der Land&#x017F;chaft Yun&#x0303;an/ aus de&#x017F;&#x017F;en Nabel der<lb/>
Mu&#x017F;ch ge&#x017F;chnitten wird/ etliche rechte Schaf-<lb/>
Wolle tragende Hu&#x0364;ner/ der &#x017F;cho&#x0364;ne Vogel Fum/<lb/>
und der oben &#x017F;chon be&#x017F;chriebene fremde Wun-<lb/>
der-Vogel/ welchen man Kanib hieß. Auch<lb/>
waren hierbey eine Ki&#x017F;te knorpelne Vogel-Ne-<lb/>
&#x017F;ter/ welche auf dem fel&#x017F;ichten Ge&#x017F;tade der Land-<lb/>
&#x017F;chafft Tungking/ und der Jn&#x017F;el Aynan aus ei-<lb/>
nem von ihnen &#x017F;elb&#x017F;t ausge&#x017F;peytem Talcke berei-<lb/>
tet/ und fu&#x0364;r die niedlich&#x017F;te Spei&#x017F;e ge&#x017F;&#x017F;en werden.<lb/>
Unter denen Gewa&#x0364;ch&#x017F;en waren etliche &#x017F;eltzame<lb/>
Ro&#x017F;en-Stra&#x0364;uche/ etliche junge Stauden/ wor-<lb/>
aus die Ba&#x0364;ume in Quang&#x017F;i wach&#x017F;en/ die &#x017F;tatt<lb/>
des Kernes ko&#x0364;&#x017F;tliches Brodt-Meel haben; das<lb/>
tau&#x017F;end Jahr tauernde Kraut Pu&#x017F;u aus Hu-<lb/>
quang/ welches alte Leute zu verju&#x0364;ngern/ und die<lb/>
un&#x017F;erm Alrau fa&#x017F;t a&#x0364;hnliche Wurzel Gin&#x017F;eng aus<lb/>
Leabtung/ welches denen Halb-Todten noch eine<lb/>
empfindliche Lebens-Krafft zu geben ma&#x0364;chtig<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;oll; nichts minder das Kraut Yu aus Fokie&#x0303;/<lb/>
welches wie Seide gewebt/ aber viel ko&#x0364;&#x017F;tlicher ge-<lb/>
halte&#x0303; wird. Uber diß war eine Schachtel voll des<lb/>
Krautes Quei/ das al&#x017F;ofort die Traurigkeit ver-<lb/>
treibet; und etliche Ki&#x017F;ten von dem be&#x017F;ten Trinck-<lb/>
Kraute Snuglocha/ das in Kiangnan bey der<lb/>
Stadt Hoeicheu wa&#x0364;ch&#x017F;t/ und wider den Stein/ die<lb/>
Gicht und Schlaf&#x017F;ucht eine unvergleichliche<lb/>
Artzney i&#x017F;t; endlich &#x017F;o viel der gelben Winter-<lb/>
Wurtzel Rheubarbara/ die in rothe&#x0303; Leime an der<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Mauer am be&#x017F;ten gezeugt wird. Alles<lb/>
die&#x017F;es ließ ich auf dem Strome Kiang in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ko&#x0364;ni-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[642/0698] Fuͤnfftes Buch haften Frauen-Geſtalt die Goͤttin Puße aus uͤberaus wohlruͤchendem Calambi-Holtze ge- macht/ das in den Landſchafften Jnunan und Chiamſi auf den allerhoͤchſten Steinklippen waͤchſt. Jhr Rock war oben blau und feuer- farbicht/ unten aber gruͤn und weiß; von wel- chem aber allerhand mit Blumen und Sternen geſtuͤckte Binden hin und her flatterten. Das Haupt und die Schlaͤffe waren mit allerhand Fruͤchten beſchattet. Aus ieglicher Seite gin- gen acht Armen/ welche Schwerdter/ Spieſſe/ Kraͤuter/ Raͤder/ Flaſchen/ Buͤcher/ und andere mir unkenntliche Zierrathen in Haͤnden hielten. Fuͤr dieſem Bilde fielen die Reichs-Raͤthe nie- der/ und beſchwuren gleichfalls den Frieden/ ſich dieſer Goͤttin Huͤlffe entaͤuſernde/ da ſie ſelbtem iemals widerkommen wuͤrden. Dieſe erzehl- ten mir von dieſem Abgotte allerhand ſeltzame Geſchichte/ inſonderheit daß ſie vom Himmel auf Erden kommen/ von einer genoſſenen Frucht ſchwanger worden waͤre/ und einen fuͤrtreffli- chen Sohn gebohren haͤtte/ deſſen Nachkommen das Seriſche Reich 1600. Jahr gluͤcklich beherr- ſchet haͤtten. Jn dem groſſen Reiche Zipangri/ welches als eine Halb-Jnſel in dẽ groſſen Welt- Meere noch weiter gegen Morgen liegt/ gegen Nord aber an dem aͤuſerſten Ecke des Scythi- ſchen Reiches henckt/ wuͤrde dieſe Goͤttin/ wie- wohl in Geſtalt eines mit der Sonne bekleideten ſchoͤnen Antlitzes verehrt/ welches im Waſſer uͤber zuſammen gefuͤgten Kirſch - Staͤmmen/ ſchwartzen Elefanten-Zaͤhnen und guͤldenen Blumen auf einer Muſchel ſtuͤnde/ und mit Abſchlachtung eines Bocks verſoͤhnt wuͤrde. Kurtz zu melden: Es ſcheinet mir hier durch der Egyptier viel-gebruͤſtete Jſis und die durch un- ſere Cybele abgebildete Zeuge-Mutter die guͤti- ge Natur fuͤr geſtellet zu ſeyn. Nach dem nun derogeſtalt der Friede beſtaͤtigt war/ ließ der Koͤ- nig mir folgenden Tag unter dem Schein einer ſonderbaren Hoͤfligkeit die Abſchieds-Verhoͤr ſelbſt andeuten. Sintemal die arggedenckli- chen Serer denen Auslaͤndern ſchwer ihre Ein- kunft/ noch ſchwerer aber langen Aufenthalt er- lauben. Nach meinem Abſchiede brachten mir die Koͤniglichen Trabanten die dem Huhanſien beſtim̃ten Geſchencke/ welches nebſt koͤſtlichen Edelgeſteinen/ darunter einer/ der in des Se- riſchen Feinxes oder des Vogels Fum Neſte/ auf dem Berge Fungſao gefunden worden/ fuͤr unſchaͤtzbar gehalten wird/ an allerhand ſeltza- men Thierẽ und Gewaͤchſen beſtand. Darunter waren die fuͤrnehmften ein wohlruͤchender Hirſch aus der Landſchaft Yuñan/ aus deſſen Nabel der Muſch geſchnitten wird/ etliche rechte Schaf- Wolle tragende Huͤner/ der ſchoͤne Vogel Fum/ und der oben ſchon beſchriebene fremde Wun- der-Vogel/ welchen man Kanib hieß. Auch waren hierbey eine Kiſte knorpelne Vogel-Ne- ſter/ welche auf dem felſichten Geſtade der Land- ſchafft Tungking/ und der Jnſel Aynan aus ei- nem von ihnen ſelbſt ausgeſpeytem Talcke berei- tet/ und fuͤr die niedlichſte Speiſe geſſen werden. Unter denen Gewaͤchſen waren etliche ſeltzame Roſen-Straͤuche/ etliche junge Stauden/ wor- aus die Baͤume in Quangſi wachſen/ die ſtatt des Kernes koͤſtliches Brodt-Meel haben; das tauſend Jahr tauernde Kraut Puſu aus Hu- quang/ welches alte Leute zu verjuͤngern/ und die unſerm Alrau faſt aͤhnliche Wurzel Ginſeng aus Leabtung/ welches denen Halb-Todten noch eine empfindliche Lebens-Krafft zu geben maͤchtig ſeyn ſoll; nichts minder das Kraut Yu aus Fokiẽ/ welches wie Seide gewebt/ aber viel koͤſtlicher ge- haltẽ wird. Uber diß war eine Schachtel voll des Krautes Quei/ das alſofort die Traurigkeit ver- treibet; und etliche Kiſten von dem beſten Trinck- Kraute Snuglocha/ das in Kiangnan bey der Stadt Hoeicheu waͤchſt/ und wider den Stein/ die Gicht und Schlafſucht eine unvergleichliche Artzney iſt; endlich ſo viel der gelben Winter- Wurtzel Rheubarbara/ die in rothẽ Leime an der groſſen Mauer am beſten gezeugt wird. Alles dieſes ließ ich auf dem Strome Kiang in der Koͤni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/698
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/698>, abgerufen am 29.06.2024.